AG Köln, Urteil vom 25.03.2008, Aktenzeichen: 219 C 554/07
Der Beklagte wird verurteilt, die in der 1. Etage links des Hauses … in … Köln gelegene Mietwohnung, bestehend aus 2 Zimmern, Wohnküche, Bad, WC, Diele, Loggia nebst dazugehörigem Kellerraum zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben und an die Klägerin 316, 18 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.10.2007 zu zahlen.
Dem Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 30.6.2008 gewährt.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der vollstreckbaren Forderung, wobei der Räumungsausspruch mit 2.000,– Euro zu berücksichtigen ist, abwenden, wenn nicht die Klägerin in dieser Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Der Beklagte mietete die von ihm bewohnte Wohnung von der Klägerin ab September 2002. Die Polizei stellte am 18.9.2007 in der Wohnung 17 Marihuanapflanzen und 43 Blumentöpfe mit Reststengeln unter anderem laut vorliegender Asservatenliste aus dem Strafverfahren 187 Js 1011/07 StA Köln sicher. Die Klägerin kündigte dem Beklagten unter dem 5.10.2007 fristlos hilfsweise fristgerecht wegen professionellen Anbaus von Cannabis und Ernte, Konsum und Weitergabe an Dritte. Der Beklagte hält dem entgegen, er habe nur einige Pflanzen für den Eigenbedarf gezogen und nicht weitergeben sondern die nervliche Belastung aus dem Verlust des Arbeitsplatzes und der Pflege seiner todkranken Mutter abmildern wollen.
Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe in der Wohnung in erheblichem Umfang Cannabis-Pflanzen angebaut, geerntet, konsumiert und an Dritte weitergegeben. Er habe Nachbarn mit dem typisch süßlichen Geruch belästigt und unerwünschte Personen in das Mietshaus eingelassen.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die in der 1. Etage links des Hauses … in … Köln gelegene Mietwohnung, bestehend aus 2 Zimmern, Wohnküche, Bad, WC, Diele, Loggia nebst dazugehörigem Kellerraum zu räumen und geräumt an sie herauszugeben und an sie 316,18 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.10.2007 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, äußerst hilfsweise, ihm eine angemessene Räumungsfrist zu gewähren.
Der Beklagte behauptet, er habe mit der Eigenzucht strafbares Verhalten umgehen wollen. Mit nachgelassenem Schriftsatz wird ausgeführt, er habe sich Dünger und Fachliteratur in Geschäften besorgt und nicht gewusst, wie viel er bei seiner ersten Aussaat ernten würde, sich jedoch schon für wenigstens ein halbes Jahr eindecken wollen. Er sei einsichtig und habe das Verständnis der Mitmieter bis auf die Anzeigenerstatterin gefunden. Der Beklagte meint, aus den von ihm angeführten Gründen und weil er schon über 16 Jahre beanstandungslos Mieter der Klägerin sei, habe diese ihn zunächst abmahnen müssen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der Beweiserbieten wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin kann gemäß § 546 I BGB die Herausgabe der Wohnung verlangen, weil durch ihre fristlose Kündigung gemäß §§ 542 I, 543 I, III Nr. 2 BGB das Mietverhältnis mit dem Beklagten beendet worden ist. Der Beklagte hat das Vertragsverhältnis dadurch in seiner Grundlage entscheidend erschüttert, dass er die Wohnung genutzt hat, um in erheblichem Umfang Rauschgift zu produzieren. Bei einem Missbrauch der Mietsache im vorliegenden Umfang ist es dem Vermieter weder zuzumuten, sich zunächst mit einer Abmahnung zu begnügen, noch, dass Mietverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen.
Der Beklagte kann sein Fehlverhalten nicht damit abmildern, dass er von einigen Marihuana-Pflanzen und keineswegs professionellem Vorgehen redet. Die Liste über die asservierten Gegenstände, deren Richtigkeit nicht in Frage gestellt worden ist, spricht für sich. Das Schlafzimmer war mit 17 Marihuanapflanzen von 1,10 m Höhe und 19 Blumentöpfen mit Reststengel völlig zweckentfremdet. Auf dem Balkon standen weitere 24 Blumentöpfe mit Reststengel neben drei Marihuanapflanzen, wobei die dazu angegebenen Höhen von 45, 70 und 71 cm im Zusammenhang mit dem vorgefundenen Cannabissamen belegen, dass auch nicht nur eine einzige Aussaat angenommen werden kann. Die weiter sichergestellten Gerätschaften bis zu einem angerauchten Joint belegen das zielgerichtete Vorgehen des Beklagten in großem Stil. Er wird nicht ernsthaft glauben machen wollen, er sei von dem Ergebnis seiner Produktion überrollt worden. Der Ablauf ist von ihm auch hinsichtlich der dabei auf die erworbene Fachliteratur aufbauend gewonnenen Erkenntnisse nach wie vor nicht plausibel dargestellt worden. Angesichts des nicht zu bestreitenden Bestandes hat sich der Beklagte in dem nachgelassenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten immerhin bemüßigt gesehen, eine Absicht dahin zu verlautbaren, dass ein Vorrat für ihn für wenigstens ein halbes Jahr entstehen sollte. Wenngleich wie gesagt von Seiten des Beklagten zu den hergestellten und verbrauchten Mengen konkret nichts gesagt wird, muss eine Weitergabe an Dritte unter den festzustellenden Umständen wenigstens in Betracht gezogen werden. Dass der Beklagte durch die Anzeige einer Mitmieterin und das Einschreiten der Polizei an der Fortsetzung seines Unterfangens gehindert worden ist, kann er nicht für sich anführen. Er hat die zu Wohnzwecken überlassenen Räumen in einer Weise zu anderen Zwecken missbraucht, die der Vermieter nicht hinnehmen muss.
Demgegenüber hilft es dem Beklagten nicht, dass er als Mieter bisher nicht auffällig geworden ist und auch schon andere Mietverhältnisse mit der Klägerin bestanden haben. Nachsicht der Mitmieter hat auf die nach den Entdeckungen vom 18.9.2007 am 5.10.2007 ausgesprochene fristlose Kündigung keine Auswirkung. Zudem zeigt allein die eingeräumte Ausnahme der Anzeigenerstatterin, dass die Rauschgiftherstellung zumindest nicht durchgängig toleriert wird. Entscheidend bleibt das Ausmaß der Verletzung des Vertrages mit der Klägerin. Zudem hat der Beklagte das Haus in Verruf gebracht durch die herauf beschworene Polizeiaktion und zusätzlich seine Festnahme. Insoweit kann sich der Beklagte schließlich dem Räumungsverlangen auch nicht mit Erfolg dahin widersetzen, er habe für seine in der Nähe wohnende Mutter zu sorgen.
Letzterer Umstand im Zusammenhang damit, dass augenblicklich wohl keine weiteren Nachteile für die Klägerin drohen, rechtfertigen gemäß § 721 ZPO die eingeräumte Räumungsfrist, die es dem Beklagten ermöglicht, eine nahegelegene Wohnung zu finden. Etwaige Folgen des laufenden Strafverfahrens hat er sich selbst zuzuschreiben.
Als Nebenforderung sind die vorgerichtlichen Anwaltskosten zuzusprechen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 7, 11, 711 ZPO.
Die Akte wird im Hinblick auf die gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe von dem Beklagten eingelegte Beschwerde dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Streitwert: 2.583,60 Euro