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Änderungskündigung (außerordentliche) – Pflicht zur Abmahnung


LAG Mainz

Az: 8 Sa 312/11

Urteil vom 16.11.2011


Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – vom 30.3.2011 – Az.: 1 Ca 1327/10, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Änderungskündigung sowie über Ansprüche des Klägers aus Zahlung von Arbeitsvergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges.

Der 55 Jahre alte, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger war seit dem 01.02.1990 bei der Beklagten, zuletzt als Leiter der Finanzbuchhaltung beschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) des Z Kirche Anwendung. Der Kläger war zuletzt in die Entgeltgruppe 11 AVR eingruppiert.

Mit Schreiben vom 31.08.2010 (Bl. 17 f d. A.) erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung, weil dieser nach Ansicht der Beklagten nur unzureichend bei der Aufklärung der einem früheren Vorstandsmitglied der Beklagten angelasteten Unregelmäßigkeiten mitgewirkt habe.

Mit Schreiben vom 15.09.2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, verbunden mit dem Angebot, den Kläger fortan als Sachbearbeiter in der kaufmännischen Abteilung der Werkstatt für behinderte Menschen und Eingruppierung in die Entgeltgruppe 7 weiterzubeschäftigen. Der damit verbundene Einkommensverlust des Klägers beläuft sich auf ca. 1.700,– € brutto monatlich.

Der Kläger nahm das Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen mit Schreiben vom 16.09.2010 unter dem Vorbehalt der Rechtswirksamkeit der Kündigung an.

Gegen die Änderungskündigung richtet sich die vom Kläger am 28.09.2010 beim Arbeitsgericht eingereichte Änderungsschutzklage. Zugleich begehrt der Kläger von der Beklagten die Nachzahlung der infolge der Änderungskündigung entstandenen Gehaltsdifferenzen für den Zeitraum vom 15.09.2010 bis Januar 2011 einschließlich der mit dem Novembergehalt fällig gewordenen anteiligen Jahressonderzahlung.

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, die streitgegenständliche Änderungskündigung sei in Ermangelung eines den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung rechtfertigenden Grundes unwirksam. Ein Teil der von der Beklagen vorgebrachten Kündigungsgründe sei bereits Gegenstand der ungerechtfertigten Abmahnung vom 31.08.2010 gewesen. Jedenfalls sei die Kündigung unverhältnismäßig. Die Mitarbeitervertretung sei vor Kündigungsausspruch nicht ordnungsgemäß angehört worden.

Der Kläger hat (zuletzt) beantragt: Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung der Beklagten vom 15.09.2010 sozial nicht gerechtfertigt ist.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 843,13 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2010 1.669,76 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2010 1.715,89 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2010 1.669,76 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2011 1.669,76 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2011 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, im Zuge der internen Aufarbeitung der ihrem ehemaligen Direktor angelasteten Unregelmäßigkeiten sei festgestellt worden, dass der Kläger seine Kenntnisse als Leiter der Finanzabteilung nicht vollständig offenbart habe. Die Abmahnung vom 31.08.2010 sei daher dem Kläger zu Recht erteilt worden. Das bereits dadurch erschütterte Vertrauensverhältnis mit dem Kläger sei dadurch noch weiter beschädigt worden, dass dieser gegenüber dem Leiter der Bewohnerverwaltung während einer Fahrt am 31.08.2010 geäußert habe, infolge der im Hinblick auf die Unregelmäßigkeiten des früheren Direktors der Beklagen durchgeführten Sonderprüfung im Jahr 2010 könnten alle Mitarbeiter der Beklagten keine Sonderzahlung erhalten. Der wirtschaftliche Schaden, welcher der frühere Direktor verursacht habe, sei mit 40 bis 50 Millionen Euro zu beziffern. Auch habe der Kläger gegenüber einem Mitarbeiter seiner Abteilung geäußert, dass die Kosten der Sonderprüfung im Jahre 2010 dazu führten, dass an die Mitarbeiter keine Sonderzahlung erfolgen könne. Durch diese vom Kläger in die Welt gesetzten Gerüchte sei der Betriebsfrieden massiv beschädigt worden. Die Äußerungen des Klägers seien auch kreditgefährdend. Das Vertrauensverhältnis zwischen Vorstand und dem Kläger sei endgültig dadurch zerstört worden, dass der Kläger in einem Personalgespräch am 01.09.2010 gegenüber einem Vorstandsmitglied versichert habe, die betreffenden Aussagen nicht getätigt zu haben.

Zur Darstellung aller weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 30.03.2011 (Bl. 183 – 187 d. A.).

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 30.03.2011 stattgegeben. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 6 – 9 dieses Urteils (= Bl. 187 – 190 d. A.) verwiesen.

Gegen das ihr am 09.05.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 06.06.2011 Berufung eingelegt und diese am 07.07.2011 begründet.

Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend, der Kläger habe gegen die ihm in seiner Funktion als Leiter der Finanzbuchhaltung obliegenden Pflichten massiv verstoßen, indem er gegenüber anderen Mitarbeitern, ohne hierzu berechtigt zu sein, falsche Angaben über die finanzwirtschaftliche Situation seiner Arbeitgeberin gemacht habe. Zum maßgeblichen Zeitpunkt sei der Kläger zwar von seiner Funktion vorübergehend entbunden gewesen, es sei jedoch seinerzeit beabsichtigt gewesen, ihn nach Aufklärung der gegen ihren ehemaligen Vorstand bestehenden Vorwürfe in seiner ursprünglichen Funktion wieder einzusetzen. Der Kläger habe, wie bereits erstinstanzlich vorgetragen und unter Beweis gestellt, gegenüber dem Mitarbeiter Y erklärt, die Kosten der im Jahr 2010 durchgeführten Sonderprüfung, die wegen der Verfehlungen eines früheren Vorstandsmitgliedes notwendig gewesen seien, seien so hoch gewesen, dass den Mitarbeitern im Jahre 2010 keine Sonderzahlung geleistet werden könne. Tatsächlich habe der Kläger jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür gehabt, wie hoch die Kosten der durchgeführten Sonderprüfung tatsächlich seien. Die Sonderzahlungen seien zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen und an alle Mitarbeiter vollumfänglich ausgezahlt worden. Des Weiteren habe der Kläger gegenüber einem anderen Mitarbeiter, dem Leiter der Bewohnerverwaltung, während einer Dienstfahrt am 31.08.2010 erklärt, dass aufgrund der Verfehlungen des früheren Vorstandsmitgliedes ein wirtschaftlicher Schaden in Höhe von 40 bis 50 Millionen Euro entstanden sei. Auch diesbezüglich habe der Kläger keine konkreten Anhaltspunkte gehabt. Er habe somit völlig unberechtigt falsche Angaben über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens gemacht. Diese Informationen seien prinzipiell dazu geeignet gewesen, den Betriebsfrieden massiv zu stören und darüber hinaus kreditgefährdende Wirkungen zu entfalten. Durch sein Verhalten habe der Kläger massiv die notwendige Vertrauensgrundlage für eine Weiterbeschäftigung in der Funktion als Leiter der Finanzbuchhaltung beschädigt. Hinzu komme, dass der Kläger in einem persönlichen Gespräch mit dem Vorstand am 01.09.2010 wahrheitswidrig bestritten habe, die betreffenden Aussagen gegenüber Mitarbeitern über die Kosten der Sonderprüfung und über die Höhe des vom ehemaligen Vorstandsmitglied verursachten Schadens getätigt zu haben. Das Arbeitsgericht habe auch nicht hinreichend gewürdigt, dass das Arbeitsverhältnis bereits dadurch erheblich belastet gewesen sei, dass der Kläger erst nach mehrfacher Aufforderung dazu bereit gewesen sei, von ihm gesammelte Informationen über die Verfehlungen des ehemaligen Vorstandsmitgliedes an den Sonderprüfer herauszugeben. Im Interesse des Klägers an einem Fortbestand seines Dienstverhältnisses sei vom Ausspruch einer Beendigungskündigung abgesehen worden und dem Kläger stattdessen im Wege der Änderungskündigung ein Arbeitsplatz als Sachbearbeiter in der kaufmännischen Abteilung der Werkstatt für Behinderte in der Entgeltgruppe 7 angeboten worden. Eine andere Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger habe nicht existiert.

Zur Darstellung aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf deren Berufungsbegründungsschrift vom 07.07.2011 (Bl. 224 – 232 d. A.) sowie auf deren Schriftsatz vom 07.011.2011 (Bl. 270 – 279 d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt, das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 11.08.2011 (Bl. 256 – 269 d. A.) auf den Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

I. Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das somit insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat der Klage vielmehr sowohl im Ergebnis zu Recht als auch mit zutreffender Begründung insgesamt stattgegeben.

II. 1. Die Änderungsschutzklage ist begründet.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat durch die streitbefangene fristlose Änderungskündigung keine Änderung erfahren. Die Änderungskündigung erweist sich als unwirksam.

Eine außerordentliche Kündigung kann auch zur Änderung der vertraglichen Arbeitsbedingungen eingesetzt werden. Der wichtige Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB bzw. i. S. d. vorliegend auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden § 32 AVR-X setzt voraus, dass dem Kündigenden die Fortsetzung derjenigen Bedingungen, deren Änderung er erstrebt und nicht kraft Weisungsrecht erreichen kann, unzumutbar geworden ist. Die vorgesehenen Änderungen müssen einerseits für den Kündigenden unabweisbar notwendig und andererseits dem Arbeitnehmer zumutbar, also vom Arbeitnehmer billigerweise hinzunehmen sein (vgl. Müller-Glöge, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 11. Auflage, § 626 BGB Rdnr. 191 m.N.a.d.Rspr.). Für die fristlose außerordentliche Änderungskündigung bedeutet dies, dass gemäß §§ 626 Abs. 1 BGB, 32 AVR-X Tatsachen vorliegen müssen, aufgrund derer es dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis noch bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu unveränderten Bedingungen fortzusetzen. Es ist daher zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, d. h. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann wird erst bei der weiteren Prüfung untersucht, ob dem Kündigenden die unveränderte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht.

Bei Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die streitbefangene fristlose Änderungskündigung als unwirksam.

Zwar teilt das Berufungsgericht die von der Beklagten vertretene Ansicht, wonach die von ihr behaupteten Äußerungen des Klägers gegenüber zwei anderen Mitarbeitern der Beklagten bezüglich der Höhe der durch die im Jahre 2010 durchgeführten Sonderprüfung und einer damit verbundenen Gefährdung der Ansprüche der Mitarbeiter auf Leistung einer Jahressonderzahlung sowie bezüglich der Höhe eines von einem ehemaligen Vorstandsmitglied verursachten Schadens eine nicht unerhebliche Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten durch den Kläger darstellen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die herausgehobene Stellung des Klägers als Leiter der Finanzbuchhaltung. Auch das von der Beklagten behauptete wahrheitswidrige Leugnen der betreffenden Äußerungen durch den Kläger bei seiner Befragung durch den Vorstand der Beklagten am 01.09.2010 stellt zweifellos eine Pflichtwidrigkeit dar, die sich jedoch im Vergleich zu den maßgeblichen Äußerungen als weniger gravierend erweist.

Aber selbst dann, wenn man diese Fehlverhaltensweise des Klägers im Einzelnen oder in ihrer Gesamtheit als geeignet ansieht, einen wichtigen Grund i. S. v. §§ 626 Abs. 1 BGB, 32 AVR-X zu bilden, so erweist sich die streitbefangene fristlose Änderungskündigung gleichwohl bei Beachtung aller Umstände des vorliegenden Falles und nach Abwägung der widerstreitenden Interessen als nicht gerechtfertigt. Als Reaktion der Beklagten auf das behauptete Fehlverhalten des Klägers hätte nämlich eine Abmahnung ausgereicht.

Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, so ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Die ordentliche wie auch die außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzt deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Dies gilt uneingeschränkt selbst bei Störungen des Vertrauensbereichs (BAG v. 23.06.2009 – 2 AZR 103/08 – AP Nr. 59 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung). Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist nämlich eine Kündigung nicht gerechtfertigt, wenn es mildere Mittel gibt, eine Vertragsstörung zu beseitigen. Dieser Aspekt hat durch die Regelung des § 314 Abs. 2 BGB i. V. m. § 323 Abs. 2 BGB eine gesetzgeberische Bestätigung erfahren. Einer Abmahnung bedarf es in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes deshalb nur dann nicht, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (BAG v. 10.06.2010 – 2 AZR 441/09 – AP Nr. 229 zu § 626 BGB, m. w. N.).

Danach war eine Abmahnung vorliegend nicht entbehrlich. Mit den von der Beklagten behaupteten unwahren Äußerungen des Klägers gegenüber zwei Mitarbeitern und seiner anschließenden Leugnung dieses Verhaltens gegenüber dem Vorstand der Beklagten hat der Kläger in nicht unerheblicher Weise seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt. Das betreffende Verhalten des Klägers ist auch geeignet, das Vertrauen der Beklagten in die zuverlässige Erfüllung der dem Kläger als Leiter der Finanzbuchhaltung übertragenen Aufgaben zu erschüttern. Die Beklagte muss ich auf die Loyalität eines in einer solch herausgehobenen Position beschäftigten Arbeitnehmers in besonderem Maße verlassen dürfen. Es ist auch davon auszugehen, dass die Äußerungen des Klägers im Falle ihrer Verbreitung geeignet waren, Unruhe innerhalb der Belegschaft der Beklagten herbeizuführen. Für die Behauptung der Beklagten, die Äußerung des Klägers bezüglich der Höhe des von einem früheren Vorstandsmitglied verursachten Schadens sei geeignet, ihre Kreditwürdigkeit zu gefährden, fehlt es indessen an jeglichen tatsächlichen Anhaltspunkten. Zu Gunsten des Klägers spricht indessen der Umstand, dass er keineswegs davon ausgehen musste, dass seine Äußerungen in der Belegschaft verbreitet würden. Von erheblicher Bedeutung ist vorliegend jedoch insbesondere, dass der Kläger bereits geraume Zeit in einer Vertrauensstellung beschäftigt war, ohne vergleichbare Pflichtverletzungen begangen zu haben. Eine für lange Jahre ungestörte Vertrauensbeziehung zweier Vertragspartner wird nicht notwendig schon durch eine erstmalige Vertrauensenttschäuschung vollständig und unwiederbringlich zerstört. Je länger eine Vertragsbeziehung bestanden hat, desto eher kann die Prognose berechtig zu sein, dass der dadurch erarbeitete Vorrat an Vertrauen durch einen erstmaligen Vorfall nicht vollständig aufgezehrt wird (BAG v. 10.06.2010 – 2 AZR 541/09 – AP Nr. 229 zu § 626 BGB). Der Kläger hat durch seine beanstandungsfreie Tätigkeit bei der Beklagten über 30 Jahre hinweg Loyalität zu seiner Arbeitgeberin gezeigt. Es ist davon auszugehen, dass diese Zeit ohne rechtlich relevante Beanstandungen verlaufen ist. Der Inhalt der dem Kläger mit Schreiben vom 31.08.2010 erteilten Abmahnung steht mit dem Kündigungsvorwurf in keinerlei Zusammenhang; es handelt sich insoweit nicht um ein gleichgelagertes Fehlverhalten. Das in der langjährigen Beschäftigungszeit vom Kläger erworbene Maß an Vertrauen in die Korrektheit seiner Aufgabenerfüllung und in seine Loyalität wirkt sich erheblich zu seinen Gunsten aus. Das Vertrauensverhältnis der Parteien ist nicht derart erschüttert, dass dessen vollständige Wiederherstellung und eine künftig störungsfreie Zusammenarbeit nicht erwartet werden kann. In Ansehung all dieser Umstände musste der Kläger nicht davon ausgehen, dass eine Hinnahme seines Verhaltens durch die Beklagte offensichtlich ausgeschlossen ist und diese – ohne vorherige Abmahnung – das Arbeitsverhältnis kündigt.

2. Auch die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung unter Wahrung einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist liegen nicht vor.

Auch insoweit wäre es der Beklagten aus den dargelegten Gründen zuzumuten, auf das mildere Mittel der Abmahnung zurückzugreifen.

Eine Umdeutung der seitens der Beklagten ausgesprochenen außerordentlichen Änderungskündigung in eine ordentliche Kündigung kommt (ebenfalls) nicht in Betracht, da der Kläger im Hinblick auf seine Beschäftigungszeit bei der Beklagten und sein Lebensalter nach § 30 Abs. 3 AVR-X ordentlich nicht mehr kündbar ist.

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3. Auch der Zahlungsantrag ist begründet.

Infolge der Unwirksamkeit der streitbefangenen außerordentlichen Kündigung hat der Kläger gegen die Beklagte nach § 615 Abs. 1 BGB über den Zeitpunkt des Kündigungsausspruches hinaus Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung (einschließlich der mit dem Novembergehalt fällig gewordenen anteiligen Jahressonderzahlung) unter Zugrundelegung seiner vertragsgemäßen Tätigkeit als Leiter der Finanzbuchhaltung und entsprechender Eingruppierung.

III. Nach alledem war die Berufung der Beklagen mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

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