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Werkvertrag – Fussbodenaufbau – zu geringer Estrich – geringerer Mietwert

Oberlandesgericht Köln

Az: 11 U 165/05

Urteil vom 23.08.2006


I.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 18.8.2005 (7 O 570/03) wie folgt abgeändert:

1.

Unter Abweisung der weitergehenden Klage wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 41.722,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.1.2004 zu zahlen.

2.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen weiteren Aufwand und Schaden zu ersetzen, der darauf zurückzuführen ist, dass aufgrund von Planungs- und Überwachungsfehlern des Beklagten Risse in den Sozialräumen im Obergeschoss des Gebäudes S-Straße 1 entstanden sind.

II.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen

III.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien wie folgt:

1.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Klägerin zu 58 % und der Beklagte zu 42 %. Die erstinstanzlichen Kosten des Streithelfers trägt dieser selbst zu 58 % und der Beklagte zu 42%.

2.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 37 % und der Beklagte zu 63 %. Die im Berufungsverfahren entstandenen Kosten des Streithelfers trägt dieser selbst zu 37 % und der Beklagte zu 63 %.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Wegen des Sachverhalts wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die geltend gemachten Gewährleistungsansprüche seien verjährt. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Hinsichtlich der Höhe des Schadens bezieht sie sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Mit dem Klageantrag zu 1) verlangt sie die Erstattung von Instandsetzungskosten nach § 635 BGB gemäß der Berechnung in der Klageschrift (S. 5 f. = Bl. 5 f. d.A.); allerdings macht sie lediglich den Nettobetrag in einer Gesamthöhe von 35.486,30 Euro geltend. Mit dem Klageantrag zu 2) fordert sie die Erstattung merkantilen Minderwertes in Höhe von 34.000,00 Euro.

Die Klägerin und der Streithelfer beantragen, unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils,

1.

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 35.486,30 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.1.2004 zu zahlen,

2.

den Beklagten weiter zu verurteilen, 34.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.1.2004 zu zahlen,

3.

festzustellen, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen weiteren Aufwand und Schaden zu ersetzen, der darauf zurückzuführen ist, dass aufgrund von Planungs- und Überwachungsfehlern des Beklagten Risse in den Sozialräumen im Obergeschoss des Gebäudes S-Straße 1 entstanden sind.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Insbesondere wendet er ein, dass der Streithelfer für die Schäden verantwortlich sei; sein Fehlverhalten müsse sich die Klägerin zurechnen lassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie die sonstigen zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.

1.

Wie der Senat in dem Hinweisbeschluss vom 3.3.2006 ausgeführt hat, ist der Beklagte für die entstandenen Mängel nach § 635 BGB einstandspflichtig. Die Gewährleistungsansprüche sind – wie ebenfalls im Einzelnen ausgeführt worden ist – nicht verjährt. Auf diese Ausführungen, gegen die der Beklagte keine Einwendungen mehr erhoben hat, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

2.

Hinsichtlich der Höhe des nach den Klageanträgen zu 1. und 2. zu ersetzenden Schadens gilt im Einzelnen folgendes:

a)

Mit dem Klageantrag zu 1) begehrt die Klägerin die Erstattung der Kosten für die Sanierungsarbeiten gemäß Seite 5 f. der Klageschrift (Bl. 5 f. d.A.). Diese Kosten sind entsprechend den Ausführungen des vom Landgericht beauftragten Sachverständigen Dipl. Ing. in Höhe von 28.122,00 Euro ersatzfähig. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass zur Ausschließung weiterer Rissbildung die Mauerwerkswände durch eine Leichtbauwandkonstruktion ersetzt werden müssten. Allerdings sei es nicht erforderlich, den Bodenbelag abzubrechen, um diesen durch den Aufbau eines Bodens mit geringerem Gewicht zu ersetzen. Die Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit der Geschossdecke sei rechnerisch mit dem vorhandenen Bodenaufbau unter der Verwendung von Leichtbauwänden gewährleistet. Unter Abzug der für die Bodenbelagsarbeiten geltend gemachten Kosten hat er rechnerisch korrekt einen Gesamtbetrag von 28.122,00 Euro errechnet (vgl. Sachverständigengutachten vom 2.2.2005, S. 10 f. = Bl. 212 f. d.A.).

Die Klägerin meint, sie habe auch einen Anspruch auf Erneuerung des Fußbodenaufbaus. Vertraglich geschuldet sei ein Fußbodenaufbau mit 6 cm Wärmedämmung und 5 cm Estrich und nicht die tatsächliche Ausführung von 4 cm Wärmedämmung und 6,5 cm Estrich. Richtig ist, dass – wie der Sachverständige Prof. Dr. in dem Verfahren 7 OH 43/02 erstatteten Gutachten festgestellt hat (dort Seite 31 = LG Bonn 7 OH 43/02 Bl. 88) – die Estrich- und Dämmstärke mit 6,5 cm bzw. 4 cm nicht den planerischen Vorgaben des Beklagten (5 cm bzw. 6 cm) entsprechen. Aus den planerischen Vorgaben folgt jedoch nicht, dass die Klägerin einen Anspruch auf Ausführung dieser Dämm- und Estrichstärke hat. Der Architekt schuldet wie jeder Werkunternehmer ein mängelfreies und funktionstaugliches Werk (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Aufl., Rdn. 1476; Palandt-Sprau, BGB, 65. Aufl., § 633 Rdn. 11). Dazu gehört, dass das nach den Planungen des Architekten errichtete Bauwerk funktionstauglich ist und den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Dass der Bodenaufbau dann, wenn Leichtbauwände errichtet werden, den technischen Anforderungen genügt, hat der Sachverständige Dipl. Ing. überzeugend ausgeführt. Einen weitergehenden Anspruch darauf, dass die Estrich- und Dämmstärke auch den planerischen Vorgaben des Beklagten entspricht, hätte die Klägerin nur dann, wenn dies vertraglich vereinbart worden wäre (vgl. Werner/Pastor a.a.O.; Wirth in: Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 6. Aufl., Einf. Rdn. 197 ff.). Dafür ist nichts vorgetragen. Soweit die Klägerin ferner geltend macht, die Gipskartonwände seien dünner als die vorhandenen abzubrechenden Mauerwerke, so dass ein Anschluss geschaffen werden müsse, fehlt es an einer konkreten Darlegung, warum diese Aufwendungen in dem vom Sachverständigen Dipl. Ing. ermittelten Sanierungsaufwand nicht mit umfasst sind.

b)

Ein Anspruch auf Ersatz merkantilen Minderwerts steht der Klägerin in Höhe von 13.600,00 Euro zu. Die Klägerin verlangt einen Betrag von 34.000,00 Euro, den der vom Landgericht beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. in seinem Gutachten vom 14.7.2004 (Bl. 121 ff. d.A.) ermittelt hat. Der Sachverständige hat hierbei einen reduzierten Mietwert für den von dem Baumangel betroffenen Sozialbereich im ersten Obergeschoss zugrunde gelegt und für eine Restnutzungsdauer von 23 Jahren mit einem Liegenschaftszins von 6,75 % kapitalisiert. Dies ist eine nach den Bestimmungen der Wertermittlungsverordnung (§§ 15 ff. WertV) zulässige Berechnungsweise, gegen die grundsätzlich keine Bedenken bestehen. Dem Sachverständigen kann allerdings insoweit nicht gefolgt werden, als er eine Mietminderung von 25 % angenommen hat. Der Sachverständige Dipl. Ing. hat in seinem Gutachten vom 2.2.2005 festgestellt, dass bei einer Erneuerung der Innenwände mit Gipskartonständerwänden ein besonderer Minderwert nicht mehr anzunehmen sei. Die im Vorgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. genannte Minderung falle nur bei einer verminderten Verwendungseignung infolge eingeschränkter Nutzlast an. Diese Einschränkung werde jedoch bei Verwendung leichter Innenwände wieder aufgehoben. Die Tragfähigkeit und Belastbarkeit der Geschossdecke sei dann nicht mehr beeinträchtigt. Nach diesen überzeugenden Ausführungen ist eine Minderung von 25 % nicht angemessen ist. Andererseits wäre es nicht angemessen, wegen der verbleibenden Durchbiegung der Geschossdecke eine weitere Minderung gänzlich auszuschließen. Der Senat nimmt im Rahmen des ihm zustehenden richterlichen Schätzungsermessens nach § 287 ZPO eine berechtigte Mietminderung von 10 % an. Danach ergibt sich entsprechend der Berechnungsweise des Sachverständigen C eine Minderung des Rohertrages von 1.177,5 Euro pro Jahr (7,85 Euro/qm und Monat x 0,10 x 125 qm x 12 Monate pro Jahre). Bei einem Ertragsvervielfältiger von 11,517 Euro errechnet sich demnach eine Minderung von gerundet 13.600,00 Euro.

c)

Wie der Senat bereits in seinem Hinweisbeschluss vom 3. März 2006 ausgeführt hat, kann sich der Beklagte nicht auf ein Mitverschulden der Klägerin bzw. des von ihr beauftragten Streithelfers berufen. Der Statiker ist gegenüber dem Architekten grundsätzlich nicht Erfüllungsgehilfe des Bauherrn (BGH BauR 2002, 1719, 1720 = NZBau 2002, 616 = NJW-RR 2002, 1531; BauR 2003, 1918, 1920 = NZBau 2003, 567 = NJW-RR 2003, 1454; OLG Schleswig, Urteil vom 11.4.2006 – 3 U 78/03). Zwar kann der Statiker als Sonderfachmann ausnahmsweise als Erfüllungsgehilfe des Bauherrn handeln. Dies ist jeweils anhand der konkreten vertraglichen Beziehungen zu beurteilen (BGH a.a.O.). Derartige besonderen Gesichtspunkte hat der Beklagte indes nicht aufgezeigt, so dass es beim Regelfall bleibt, dass der Statiker nicht Erfüllungsgehilfe des Bauherrn ist.

d)

Der auf die Klageanträge zu 1.und 2. zuzusprechende Schadensersatz beläuft sich mithin auf insgesamt 41.722,– Euro (28.122,– Euro und 13.600,– Euro).

3.

Dem Feststellungsantrag war in vollem Umfange stattzugeben. Da die Möglichkeit eines weiteren Sanierungsaufwandes besteht, hat die Klägerin ein nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliches Interesse an der Feststellung, dass der Beklagte zum Ersatz weiteren Aufwandes und Schadens verpflichtet ist, der darauf zurückzuführen ist, dass aufgrund der Planungs- und Überwachungsfehler Risse in den Sozialräumen entstanden sind. Die Begründetheit des Antrages ergibt sich aus § 635 BGB.

III.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die dafür nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 2 ZPO erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind.

Berufungsstreitwert: 74.486,30 Euro (Klageantrag zu 1. 35.486,30 Euro, Klageantrag zu 2. 34.000,00 Euro, Klaggeantrag zu 3. 5.000,00 Euro).

 

 

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