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Garagenüberbau als Störung und Eigentumsbeeinträchtigung

AG Dinslaken – Az.: 36 C 13/15 – Urteil vom 15.12.2016

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Auf dem Grundstück des Klägers befindet sich eine Garage; auf dem Grundstück der Beklagten befinden sich zwei Garagen. Eine Garage der Beklagten verläuft in etwa parallel zur Garage des Klägers. Die sich auf dem Grundstück der Beklagten befindlichen Garagen wurden von deren Rechtsvorgängern …/… über die Grundstücksgrenze gebaut, so dass sie in einer Tiefe von 42 cm bis 50 cm auf das Grundstück des Kläger hinüber ragen.

Am 19.10.2013 führten die Beklagten Bauarbeiten an ihrer sich an der Grundstücksgrenze zum Grundstück des Klägers befindlichen Garage durch, wobei es zu einer Erhöhung des Garagendaches der Beklagte kam. Ob und inwieweit weitere Veränderungen gegenüber dem vorherigen Zustand im Rahmen der Bauarbeiten der Beklagten vorgenommen worden sind, ist zwischen den Parteien streitig.

Der Kläger behauptet, vor Durchführung der Bauarbeiten der Beklagten hätte zwischen den beiden Garagen ein Spalt von ca. 15 cm bestanden, der für den Wasserablauf notwendig gewesen sei, damit die Außenwände der jeweiligen Garage mittels eines Siebgitterelements abtrocknen können. Auf dem Garagendach der Beklagten habe sich vor dem 19.10.2013 ein Randelement, und auf der klägerischen Garage eine Zinkblechabdeckung mit einem Zaun befunden. Wegen der weiteren Einzelheiten des klägerseits behaupteten Zustandes der Garagen vor dem 19.10.2013 wird auf die Skizze Bl. 9 GA verwiesen. Der Kläger behauptet, im Rahmen der Bauarbeiten vom 19.10.2013 hätten die Beklagten den bislang zwischen den Garagen bestehenden Spalt verschlossen und an der Längsseite ihrer Garage eine Attika mit einer Zinkblechabdeckung angebracht. Die Attika rage über den Spalt und auf das klägerische Grundstück hinüber. Die Attika sei von den Beklagten mit einer Dachpappe verklebt worden, welche die gesamte Attika überziehe. Die Dachpappe sei von den Beklagten zudem mit einer Bitumenmasse auf der Zinkblechabdeckung der klägerischen Garage fest verklebt worden. Ein Spalt sei zwischen den Garagen daher nunmehr nicht mehr vorhanden; außerdem sei die klägerische Zinkblechabdeckung samt Zaunfundament für die Baumaßnahme der Beklagten in Anspruch genommen worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des klägerseits behaupteten Zustandes der Garagen nach dem 19.10.2013 wird auf die Skizze Bl. 10 GA verwiesen. Schließlich sei von den Beklagten eine neue und höher angesetzte Dachrinne angebracht worden, die ebenfalls in den klägerischen Grundstücksraum hineinrage.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage, dass die Beklagten die Attika mitsamt Dachpappe und Bitumenmasse sowie die Dachrinne so entfernen, dass beide nicht mehr auf das klägerische Garagendach hinüber ragen, sondern bündig mit dem Garagendach der Beklagten abschließen.

Das Gericht hat am 08.04.2015 gemäß dem ursprünglich noch geringfügig anders formulierten Antrag des Klägers ein Versäumnisurteil erlassen. Die Beklagten haben hiergegen mit Schriftsatz vom 13.04.2015 Einspruch eingelegt.

Der Kläger beantragt nunmehr, das Versäumnisurteil vom 08.04.2015 dergestalt aufrechtzuerhalten, dass die Beklagten verurteilt werden,

1. die ca. 25 cm hohe, 15 cm breite und 11,85 m lange, auf dem Garagendach der Beklagten angebrachte Attika so zu entfernen, dass diese nicht mehr über die auf dem Grundstück des Klägers liegende Seite des Garagendachs herüber ragt, sondern bündig mit dem Garagendach abschließt;

2. die von den Beklagten auf einer Länge von ca. 11,85 m über der in der Ziffer 1. genannten Attika verklebte Dachpappe und die Bitumenmasse von der Zinkblechabdeckung der Garage des Klägers und dem sich daran anschließenden Zaunelement so zu entfernen, dass diese nicht mehr über die auf dem Grundstück des Klägers liegende Seite des Garagendaches herüber ragt, sondern bündig mit dem Garagendach abschließt;

3. die von den Beklagten an der Stirnseite ihrer Garage angebrachte Dachrinne so zu entfernen, dass diese nicht mehr über die auf dem Grundstück des Klägers liegende Seite des Garangedachtes hinaus ragt, sondern bündig mit dem Garagendach abschließt.

Die Beklagten beantragen, das Versäumnisurteil vom 08.04.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, es sei bereits vor dem 19.10.2013 eine Attika auf ihrem Garagendach vorhanden gewesen, die am 19.10.2013 lediglich leicht erhöht und mit einer Zinkblechabdeckung versehen worden sei, um ein Abfließen von Wasser vom Garagendach der Beklagten zu verhindern. Es sei vor dem 19.10.2013 zudem bereits eine Pappabdeckung vorhanden gewesen, die schon auf das klägerische Grundstück hinüber geführt und dort verklebt gewesen sei. Einen offenen Spalt zwischen den beiden Garagen habe es daher nie gegeben; vielmehr sei dieser wegen der verklebten Dachpappe schon immer geschlossen gewesen. Im Rahmen der geringfügigen Erhöhung der Attika sei die Dachpappe lediglich erneuert worden. Die Dachrinne sei ebenfalls zwar geringfügig höher angebracht, jedoch nicht verlängert worden und habe bereits zuvor auf das klägerische Grundstück geragt.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 27.08.2016, Bl. 180 ff. GA, und vom 10.11.2016, Bl. 202 ff. GA, Bezug genommen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Garagenüberbau als Störung und Eigentumsbeeinträchtigung
(Symbolfoto: Dariusz Jarzabek/Shutterstock.com)

Das Versäumnisurteil vom 08.04.2015 war aufzuheben. Der form- und fristgerechte eingelegte Einspruch hat in der Sache Erfolg. Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Dem Kläger steht der gegen die Beklagten geltend gemachte Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Ein Anspruch ergibt sich insbesondere weder aus § 1004 BGB noch aus §§ 862, 858 BGB.

Die behauptete Eigentumsbeeinträchtigung bzw. Besitzstörung durch die Bauarbeiten der Beklagten vom 19.10.2013, gegen die sich der Kläger vorliegend wendet, vermochte der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht zu beweisen.

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage dagegen, dass durch die von den Beklagten am 19.10.2013 durchgeführten Baumaßnahmen an ihrem Garagendach erstmals ein zuvor bereits vorhandenes „Randelement“ nunmehr als Attika auch das klägerische Garagendach erreiche und aufgrund der angebrachten Zinkblechabdeckung mitsamt Dachpappenüberklebung sogar auf das klägerische Garagendach hinüber rage. Vor den streitgegenständlichen Bauarbeiten hätten ausweislich des Klägervorbringens sowohl das „Randelement“ als auch die Dachrinne bündig mit dem Garagendach der Beklagten abgeschlossen, so dass es nicht zum einem Hineinragen auf das klägerische Garagendach gekommen sei. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu berücksichtigen, dass es zwischen den Parteien unstreitig ist, dass sich die Garagen der Beklagten bereits seit …/… in einer Tiefe von 42 cm bis 50 cm über der Grundstücksgrenze befinden und seither im hier streitgegenständlichen Bereich ein von dem Kläger zu duldender Überbau vorliegt (vgl. auch Bl. 13 GA). Gegen diesen ursprünglichen Überbau wendet sich der Kläger nicht, sondern er verlangt allein die Beseitigung eines vermeintlich erstmals am 19.10.2013 eingetretenen (weiteren) Überbaus. Eine spätere horizontale Erweiterung eines bereits bestehenden Überbaus – wie sie der Kläger hier behauptet – braucht grundsätzlich nicht geduldet zu werden. Sie stellt vielmehr eine erneute Eigentums- bzw. Besitzbeeinträchtigung dar, denn der Überbau muss nur in seinen ursprünglichen Abmessungen geduldet werden. Für das Vorliegen einer horizontalen Erweiterung des bereits bestehenden Überbaus ist jedoch der Kläger als gestörter Nachbar beweisbelastet, der sich auf diesen neuen Überbau beruft (vgl. Staudinger/Roth, BGB, § 912, Rn 19, 73 ,83).

Das Gericht ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mit der gemäß § 286 ZPO erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass die klägerseits behauptete und mit seiner Klage angegriffene horizontale Erweiterung des Überbaus, nämlich das nicht (mehr) bündige Abschließen der Attika bzw. der Dachrinne mit der Garage der Beklagten, tatsächlich erst – wie der Kläger behauptet – durch die Baumaßnahmen vom 19.10.2013 eingetreten ist. Vielmehr erscheint es nach Vernehmung der hierzu vernommenen Zeugen gleichermaßen möglich, dass dieser Zustand bereits seit der Garagenerrichtung durch die Rechtsvorgänger der Beklagten …/… vorliegt und daher dem ursprünglichen und vom Kläger zu duldenden Überbau unterfällt. Diese streitige Frage konnte für das Gericht letztlich nicht mit mehr der erforderlichen Gewissheit aufgeklärt werden, was hier zu Lasten des Klägers geht.

Zwar hat der Zeuge L im Rahmen seiner Vernehmung bekundet, dass er den Zustand der beiden Garagendächer vor dem 19.10.2013 so wahrgenommen habe, dass sowohl das „Randelement“ als auch die Dachrinne nicht über den zwischen den Garagen befindlichen Spalt hinüber geragt hätten; dort also „von oben betrachtet“ ein fingerbreiter Spalt zu sehen gewesen sei, was für den klägerischen Vortrag spricht. Gegen die Behauptungen des Klägers spricht indes die Aussage seiner Ehefrau, der Zeugin X, die ausgesagt hat, dass ein Spalt bereits vor dem 19.10.2013 nicht vorhanden gewesen sei; vielmehr das von ihr als Kante bzw. Umrandung bezeichnete „Randelement“ mit einer Dachpappe beklebt gewesen und der Spalt verschlossen gewesen sei. Zwar konnte sich die Zeugin nicht mehr daran erinnern, ob das „Randelement“ bzw. die Dachrinne auf das klägerische Grundstück bereits hinüber ragte. Ihre weiteren Bekundungen, dass im Falle eines offenes Hohlraums zwischen den Garagendächern Dreck oder Laub vom klägerischen Zinkblech hätte hinab fallen können und dies nicht geschehen sei, spricht jedoch ebenfalls gegen das von dem Kläger behauptete bündige Abschließen des „Randelements“ vor dem 19.10.2013. Auch der Zeuge G hat in seiner Vernehmung angegeben, dass die Dachumrandung bereits vor den hier streitgegenständlichen Baumaßnahmen auf das Garagendach des Klägers hinüber geragt habe, was auch der Zeuge K letztlich bestätigt hat, ausweislich dessen Aussage die Umrandung zwar bündig mit dem Garagendach der Beklagten abgeschlossen habe; aber bereits vor dem 19.10.2013 eine auf dem Randelement aufgebrachte Dachpappe ca. 10 bis 12 cm auf das Garagendach des Klägers hinüber geragt habe. Die Aussage des Zeugen T war bereits unergiebig. Denn der Zeuge konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann er das Garagendach der Beklagten erstmals in Augenschein genommen hat. Angesichts des Inhalts seiner gesamten Aussage ist vielmehr davon auszugehen, dass er den Zustand erstmals wahrgenommen hat, als die Bauarbeiten vom 19.10.2013 bereits abgeschlossen waren.

Insgesamt verbleiben für das Gericht daher erhebliche Zweifel, ob der von dem Kläger gerügte Zustand tatsächlich erst durch die Baumaßnahmen vom 19.10.2013 herbeigeführt worden ist oder bereits seit Errichtung der Garagen besteht. Hierbei verkennt das Gericht nicht, dass der Zeuge G im Lager der Beklagten besteht. Gleichwohl lässt sich der Zustand vor dem 19.10.2013 – insbesondere vor dem Hintergrund der Aussage der Zeugin X und der deutlichen Widersprüche zwischen den Aussagen beinahe sämtlicher Zeugen – für das Gericht nicht mehr mit der erforderlichen Gewissheit aufklären. Insoweit kann nach Auffassung des Gerichts auch ein Sachverständigengutachten keine weitere Aufklärung leisten. Auch wenn ein Sachverständiger feststellen würde, dass auf der Zinkblechabdeckung auf dem klägerischen Garagendach keinerlei Anhaftungen von älterer Dachpappe vorhanden sind, besteht weiterhin die Möglichkeit, dass die Attika – wie auch auf der Skizze des Klägers (Bl. 10 GA) zu sehen ist – ohne Dachpappenanhaftung an der Zinkblechabdeckung des Klägers bereits vor dem 19.10.2013 hinüber ragte und gerade kein bündiger Abschluss mit dem Garagendach der Beklagten vorhanden war.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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