AG Wedding, Az.: 15a C 331/16, Urteil vom 05.07.2017
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Tatbestand
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks ….
Die Beklagten sind Eigentümer des straßenseitig betrachtet rechts befindlichen Nachbargrundstücks ….
Zum Zeitpunkt der Eintragung der Kläger und der Beklagten in die Grundbücher der jeweiligen Grundstücke befand sich an der heutigen Stelle die Garage der Beklagten. Sie wurde spätestens 1970 errichtet. Die Mauern der von den Klägers vor ca. 20 Jahren errichteten Garage überlappen sich teilweise mit der rückwärtig liegenden Mauer der Garage der Beklagten.
Die Kläger forderten die Beklagten auf, einen Rückbau ihrer Garage um ca. 30 cm vom Grundstück der Kläger vorzunehmen
Die Kläger behaupten, das sich die Garage der Beklagten mit einer Breite von ca. 30 cm auf dem Grundstück der Kläger befinde. Ein Rückbau sei unproblematisch möglich, da lediglich die seitliche Begrenzungswand der Garage etwas nach innen versetzt und der Überbau abgerissen werden müsste. Die Kläger bestreiten, dass je eine Genehmigung des Garagenanbaus erfolgt sei. Sie tragen vor, dass vielmehr mit der verstorbenen früheren Eigentümerin immer Einigkeit darüber bestanden habe, dass der Überbau zu beseitigen sei. Im Hinblick auf das seinerzeit gutnachbarschaftliche Verhältnis sei die Beseitigung lediglich zurückgestellt worden.
Die Kläger beantragen, die Beklagten zu verurteilen, den auf dem Grundstück der Kläger befindlichen Garagenüberbau (siehe Bild, Anlage K2) zu beseitigen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten sind der Ansicht, es liege ein nach § 912 BGB geduldeter Überbau vor, da keiner der Voreigentümer, welchen das Grundstück der Kläger gehörte, je einen Widerspruch erhoben habe. Zudem hätten die Kläger mit ihrem Garagenbau vor ca. 20 Jahren einen eventuell vorhandenen Überbau genehmigt, weil sie einen Teil der Rückwand der streitbefangenen Garage verwandt hätten. Im Übrigen behaupten sie, dass ein Rückbau kostenintensive Statik- und Umbaumaßnahmen erfordern würde. Ferner haben die Beklagten die Einrede der Verjährung erhoben und berufen sich ergänzend auf eine Verwirkung des Rückbauanspruchs.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.07.2017 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Kläger haben gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Beseitigung eines etwaigen Überbaus der Garage der Beklagten gemäß § 1004 Abs. 1 BGB. Dabei kann dahin stehen, ob die Garage der Beklagten tatsächlich ca. 30 cm auf das Grundstück der Kläger überragt. Denn ein solcher Beseitigungs- bzw. Rückbauanspruch nach § 1004 BGB ist jedenfalls gemäß §§ 195 (a. F.), 199 Abs. 1, 4, 5 BGB für die spätestens im Jahr 1970 errichtete Garage inzwischen verjährt. Die Verjährungsfrist begann gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB am 31.12.1970 und endete nach § 195 BGB a. F. am 31.12.2000.
Die Verjährung eines Beseitigungsanspruchs nach § 1004 BGB beginnt mit der Anspruchsentstehung durch Beginn der Beeinträchtigung (Herler in: Palandt, BGB, 76. Aufl., 2017, § 1004, Rn. 45 m. Vw. a. BGB NJW 1994, 999 zu Bebauung fremden Grundstücks) und auch mit dem Wechsel des Eigentümers am gestörten Grundstück beginnt keine neue Verjährungsfrist (wie zuvor.) Demnach begann die Verjährungsfrist gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB am 31.12.1970 unabhängig von der Zahl zwischenzeitlich erfolgter Eigentümerwechsel. Demnach endete die Verjährungsfrist für einen Beseitigungs- bzw. Rückbauanspruch gemäß § 1004 BGB mit dem 31.12.2000.
Schließlich kann auch von einer Hemmung der Verjährung nach §§ 203 ff BGB, einer Verjährungsvereinbarung oder einem Verzicht auf die Einrede der Verjährung vorliegend nicht ausgegangen werden. Der Vortrag der Kläger zu einer (einvernehmlichen) „Zurückstellung“ der Beseitigung der Garage mit der verstorbenen früheren Eigentümerin des Grundstücks der Beklagten bietet jedenfalls keine ausreichende Tatsachengrundlage für die Annahme, ein eventueller Beseitigungsanspruch könne durch schwebende Verhandlungen (§ 203 BGB) gehemmt (gewesen) sein. Weder ist insoweit konkret vorgetragen worden, zwischen welchen Personen genau es wann (vor dem Jahr 2000?) und mit welchem konkreten Inhalt zu einer Unterredung oder Verhandlung gekommen sein soll, noch ist dem Vortrag zu entnehmen, wann eine mögliche Hemmung (demnach) begann oder endete. Entsprechendes gilt für eine mögliche mündliche Vereinbarung der Kläger mit der verstorbenen früheren Eigentümerin zur Verjährung. Für einen Verzicht der verstorbenen früheren Eigentümerin auf die Einrede der Verjährung gibt der Vortrag der Kläger bereits keine Anhaltspunkte.
Weitere Rechtsgrundlagen, die den geltend gemachten Rückbauanspruch der Kläger tragen könnten, sind nicht ersichtlich.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.