Oberlandesgericht Köln
Az: 16 WX 56/96
Beschluss vom 26.04.1996
Das OLG Köln hat am 26.04.1996 beschlossen:
Die sofortige weitere Beschwerde ist nach §§ 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG, 20, 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des Gesetzes im Sinne der §§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO.
Das Landgericht hat verkannt, daß dem Antragsteller derzeit kein Recht auf Zugang sowie zur Nutzung des Gartens zusteht, weil die Gartennutzung aufgrund einer stillschweigenden Gebrauchsregelung der Wohnungseigentümer im Sinne des § 15 WEG den Eigentümern der zum Garten gelegenen Erdgeschoßwohnungen vorbehalten ist.
Es kann dahinstehen, ob während der Bauphase eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer getroffen worden ist, den Garten an die Erdgeschoßwohnungen „anzubinden“, wie es das Amtsgericht nach Würdigung der von ihm erhobenen Beweise angenommen hat. Es kann des weiteren dahinstehen, wann eine solche Vereinbarung getroffen worden ist und ob und unter welchen Voraussetzungen eine mögliche Vereinbarung vor Teilung überhaupt Wirksamkeit für die Wohnungseigentümergemeinschaft entfalten könnte.
Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, daß vorliegend von der Vereinbarung eines Sondernutzungsrechtes mit dinglicher Wirkung im Sinne des § 10 Abs. 2 WEG nicht ausgegangen werden kann. Allerdings ist aufgrund der langjährigen faktischen Nutzung mit Billigung aller Wohnungseigentümer eine schuldrechtliche Verpflichtung der Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 WEG zur Gebrauchsüberlassung zugunsten der Wohnungseigentümer der gartenwärtigen Erdgeschoßwohnungen entstanden, die auch gegenüber dem Antragsteller wirksam ist.
Es ist anerkannt, daß durch Vereinbarung aller Wohnungseigentümer ein Teil des gemeinschaftlichen Eigentums einem oder mehreren Wohnungseigentümern zur ausschließlichen Nutzung (Sondernutzung) überlassen werden kann (vgl. nur Weitnauer/ Lüke, WEG, 8. Aufl. 1995, § 15 Rdnr. 23, 25 m.w.Nw.). Eine solche, das Gemeinschaftsverhältnis gestaltende Vereinbarung ist schuldrechtlicher Natur, sie gewährt dem begünstigten Wohnungseigentümer einen Rechtsanspruch gegen die übrigen auf Gewährung des ausschließlichen Gebrauchs und ist ihrer Art nach nicht von dem Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Gewährung des Mietgebrauchs verschieden (vgl. Weitnauer/ Lüke, a.a.O., § 15 Rdnr. 25). Eine solche Vereinbarung ist als schuldrechtlicher Vertrag formlos gültig (vgl. BGH DNotZ 1984, 238, 240; BayObLG DWE 1986, 29) und kann auch stillschweigend geschlossen werden (vgl. KG NJW-RR 1989, 976; Weitnauer/Lüke, a.a.O., § 15 Rdnr. 29 m.w.Nw.). Dabei muß den Wohnungseigentümern – über eine momentane Einigkeit hinaus – bewußt sein, daß sie eine Regelung treffen, die auch für die Zukunft Geltung beansprucht (KG, a.a.O., S. 976).
Diese Voraussetzungen liegen entgegen der Auffassung des Landgerichts vor. Bereits während der Bauphase wurden – zunächst nicht vorgesehene – Treppen errichtet, die den Bewohnern der Erdgeschoßwohnungen unmittelbaren Zugang von den Balkonen in den Garten gestatteten. Dies geschah nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen mit Zustimmung des Antragstellers und mit jedenfalls stillschweigender Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer. Selbst wenn die Zustimmung des Antragstellers zu diesem Zeitpunkt noch nicht dahingehend verstanden werden durfte, daß den Wohnungseigentümern der fraglichen Erdgeschoßwohnungen ein Sondernutzungsrecht am Garten eingeräumt werden sollte, und es diesem – wie er vortragen läßt – nur darum ging, den Bewohnern der Erdgeschoßwohnungen den Zugang zum Garten zu erleichtern, ist die von allen Wohnungseigentümern stillschweigend gebilligte Ausgestaltung der Gartennutzung in der Folgezeit, von der Anlegung des Gartens im Jahre 1984 bis in das Jahr 1992, als der Antragsteller in der Wohnungseigentümerversammlung vom 24. März 1992 den Antrag stellte, den Garten auch den anderen Wohnungseigentümern zur Benutzung zu überlassen, im diesem Sinne zu verstehen. Nach der Anlage des Gartens wurde der in Rede stehende Bereich ausschließlich von den jeweiligen Bewohnern der beiden Erdgeschoßwohnungen benutzt, diese übernahmen auch fortan die Pflege- und Unterhaltungskosten des Gartens. Vor allem aber wurde das Gartengelände von den Nutzern eingefriedet und in zwei Parzellen aufgeteilt, zu denen die übrigen Hausbewohner keinen Zugang hatten. Darin, daß die Wohnungseigentümer diese Sondernutzung, für die die baulichen Voraussetzungen ersichtlich bereits durch Installation der Treppen geschaffen worden waren, über Jahre hinweg billigten und auf die eigene Nutzung und einen eigenen Zugang verzichteten, ist entgegen der Auffassung des Landgerichts die stillschweigende Vereinbarung eines Sondernutzungsrechtes zu sehen; denn damit war aus der verständigen Sicht aller Wohnungseigentümer klar, daß eine Nutzungsregelung getroffen worden war, die auch für die Zukunft Geltung beanspruchte.
Soweit die sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümer ihr Wohnungseigentum zwischenzeitlich veräußert haben, ist davon auszugehen, daß sie das Sondernutzungsrecht auf die Erwerber übertragen haben; allerdings wirkt das Sondernutzungsrecht gegenüber künftigen Rechtsnachfolgern der mit dem Sondernutzungsrecht belasteten Wohnungseigentümer nicht, da es nur schuldrechtliche Wirkung entfaltet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Weil der Antragsteller im Rechtsbeschwerdeverfahren unterlegen ist, entspricht es billigem Ermessen, ihm die Gerichtskosten aller Instanzen aufzuerlegen. Demgegenüber entspricht es keinem Gebot der Billigkeit, abweichend von dem Kostengrundsatz des § 47 Satz 2 WEG eine Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 48 Abs. 2 WEG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Wertfestsetzung der Instanzgerichte.