Gartenteich oder Pool im Garten – Rechtslage bei einem Unfall
I. Einleitung zum Thema Gartenteich
Viele Gartenteich-, Regentonnen- und Poolbesitzer (hierunter fallen auch „Planschbeckenbesitzer“) sind sich nicht über die Gefahren und Haftungsrisiken derselben bewusst.
Kinder können auch in einem flachen Gartenteich, in einer kleinen Regentonne oder in einem Planschbecken ertrinken. Jedoch ertrinken Kinder häufig gar nicht, sondern sie ersticken. Ärzte sprechen in diesen Fällen vom „trockenen Ertrinken“, da sich aufgrund der Schockreaktion häufig die Stimmritze im Rachenraum schließt, die Atmung dadurch unmöglich wird und das Kind im Wasser erstickt.
Übersicht:
- Gartenteich oder Pool im Garten – Rechtslage bei einem Unfall
- I. Einleitung zum Thema Gartenteich
- II. Verkehrssicherungspflicht des Gartenteich-, Regentonnen & Poolbesitzers
- 1. Grundsätzliches / Rechtslage
- 2. Was versteht man eigentlich unter der Verkehrssicherungspflicht?
- 3. Wie wirkt sich die Verkehrssicherungspflicht nun für einen Gartenteich-, Regentonnen- oder Poolbesitzer aus?
- 4. Was können Nachbarn gegen einen ungesicherten Gartenteich, eine Regentonne oder einen Pool unternehmen?
- 5. Wie wirkt sich die Aufsichtspflichtverletzung des Aufsichtspflichtigen auf die Verkehrspflicht aus?
- III. Exemplarische Einzelfälle:
Im Jahre 2000 starben 17 Personen in Deutschland (meistens kleine Kinder) bei Unfällen im Gartenteich oder privaten Swimmingpools (Quelle: DLRG).
Glücklicherweise kommt es nur selten zu solch schlimmen Unfällen. Jedoch birgen der Gartenteich, die Regentonne und der Pool auch andere Haftungsrisiken. Es stellt sich somit die Frage: „Wer haftet eigentlich bei einem Unfall?
II. Verkehrssicherungspflicht des Gartenteich-, Regentonnen & Poolbesitzers
Kommt es wegen einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zu einem Unfall im Zusammenhang mit dem Gartenteich oder Gartenpool, so haftet der Verkehrssicherungspflichtige aus „unerlaubter Handlung“ gem. § 823 BGB auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Der Verkehrssicherungspflichtige muss jedoch nicht zwangsläufig auch der Eigentümer sein.
1. Grundsätzliches / Rechtslage
Generell ist der Eigentümer eines Grundstücks bzw. derjenige auf den die Verkehrssicherungspflicht übertragen wurde (z.B. Mieter, Pächter, etc.), für den Zustand eines Grundstücks verantwortlich. Diese Zustandsverantwortlichkeit umfasst auch die sog. „Verkehrssicherungspflicht“.
2. Was versteht man eigentlich unter der Verkehrssicherungspflicht?
a. Wer einen „Verkehr“ (z.B. Straßenverkehr, Baugrube, Gehweg, etc.) eröffnet oder den „öffentlichen Verkehr“ (Fußgänger, Kinder, Nachbarn etc.) auf seinem Grundstück duldet, hat eine Rechtspflicht, die nötigen Vorkehrungen zum Schutze dieser Dritten zu schaffen und diese auch aufrechtzuerhalten.
Der Verkehrssicherungspflichtige muss für einen verkehrssicheren Zustand seines Grundstücks etc. sorgen, dass heißt, er ist verpflichtet, Straßen und Wege in einem ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten, zu beleuchten, bei Glatteis zu streuen, Geländer anzubringen, Baustellen ordnungsgemäß abzusichern, Gefahrstellen abzusperren usw.. Ferner muss er unter Umständen diejenigen beaufsichtigen, denen er seine Verkehrssicherungspflicht übertragen hat.
b. Kommt es aufgrund der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zu einem Unfall, so haftet der Verkehrssicherungspflichtige (dies muss nicht immer der Eigentümer sein!) aus „unerlaubter Handlung“ gem. § 823 BGB auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Schmerzensgeldansprüche können hier schnell zwischen 7.500 bis 10.000 Euro betragen. Auch eine lebenslange Rentenzahlung zum Ausgleich künftiger Nachteile ist denkbar! Im Todesfall eines Kindes können auch die Eltern sowohl Schadensersatz als auch Schmerzensgeld (aus einem sog. „Schockschaden“) geltend machen.
c. Verletzt sich eine Person aufgrund der Nichtbeachtung der Verkehrssicherungspflicht könnte dies auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Unter Umständen wird ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung gem. § 229 StGB eingeleitet bzw. der Geschädigte stellt Strafantrag gem. §§ 229, 230 StGB. Dies kann zu einer Geldstrafe oder sogar zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe führen!
3. Wie wirkt sich die Verkehrssicherungspflicht nun für einen Gartenteich-, Regentonnen- oder Poolbesitzer aus?
a. Nach der älteren Rechtsprechung (siehe unten unter III 2 b), muss der Verkehrssicherungspflichtige sein Grundstück so einzäunen, daß Dritte das Grundstück nicht einfach betreten und zum Gartenteich, zur Regentonne und/oder zum Pool gehen können. Ist es nicht möglich, das Grundstück gegen unbefugtes Betreten zu schützen, so muss die Wasseroberfläche so abgedeckt werden, daß ein Hineinfallen oder gar ein Ertrinken ausgeschlossen ist. Dies kann durch Gitterroste, Planen, Holzverschläge etc. geschehen. Die Pflicht, die Wasseroberfläche wirksam abzudecken, besteht vor allem dann, wenn es in der Nachbarschaft Kleinkinder gibt. Denn es ist in diesen Fällen immer damit zu rechnen, dass die Kleinkinder die Gefahren, die von einem Gartenteich, einer Regentonne oder einem Pool ausgehen, nicht richtig einschätzen und dass es so zu einem Unfall kommt.
b. Nach der neueren Rechtsprechung bedürfen Kleinkinder ständiger Aufsicht, so dass ein Gartenteich-, Regentonnen- oder Poolbesitzer in der Regel nicht mit einem Aufsichtsversagen des Aufsichtspflichtigen rechnen muss. Hier ist jedoch zu beachten, dass dies keine feststehende Rechtsprechung ist. Im Einzelfall kann es daher immer noch zu einer Haftung eines Gartenteich-, Regentonnen- oder Poolbesitzer kommen. Selbst wenn der Gartenteich-, Regentonnen- oder Poolbesitzer haftpflichtversichert ist, kann es unter Umständen zu einer Haftung kommen. Nämlich in den Fällen, in denen die Haftpflichtversicherung von ihrer Leistungspflicht aufgrund eines grob fahrlässigen Verhaltens des Verkehrssicherungspflichtigen befreit ist. Seien Sie daher immer sehr umsichtig, wenn es um die Verkehrssicherungspflicht bzgl. Ihres Gartenteiches, Ihrer Regentonne oder Ihres Pools geht!
4. Was können Nachbarn gegen einen ungesicherten Gartenteich, eine Regentonne oder einen Pool unternehmen?
Wurde das Grundstück durch den Verkehrssicherungspflichtigen gegen mögliche Unfälle nicht ausreichend abgesichert, so können die (lieben) Nachbarn sogar auf die Vornahme einer notwendigen Sicherungsmaßnahme klagen. Dem Verkehrssicherungspflichtigen obliegt nämlich gegenüber den Kindern aus der Nachbarschaft eine sog. „gesteigerte Verkehrssicherungspflicht“, d.h. er muss wirksame und auf Dauer angelegte Schutzmaßnahmen ergreifen, „um Kinder vor den Folgen ihrer Unerfahrenheit und Unbesonnenheit zu schützen“. Dies gilt vor allem in den Fällen, in denen der Verkehrssicherungspflichtige weiß, dass die Nachbarkinder auf seinem Grundstück spielen, selbst wenn er es ausdrücklich verboten hat!
Diese gesteigerte Verkehrssicherungspflicht besteht jedoch nur bezüglich der Gefahren, die das Kind aus Unerfahrenheit und Unbesonnenheit nicht erkennt oder nicht einschätzen kann. In den Fällen, in denen das „natürliche Angstgefühl“ eines durchschnittlichen Kindes dieses zur Vorsicht und Wachsamkeit auffordert und eine Gefahrenlage ohne weiteres erkennbar ist, endet die Verkehrssicherungspflicht des Verkehrssicherungspflichtigen.
5. Wie wirkt sich die Aufsichtspflichtverletzung des Aufsichtspflichtigen auf die Verkehrspflicht aus?
Der Verkehrssicherungspflichtige darf sich nicht generell einfach darauf verlassen, daß die Aufsichtspflichtigen ihrer Aufsichtspflicht nachkommen. Die allgemeine Aufsichtspflicht geht jedoch der Verkehrssicherungspflicht in der Regel vor, so dass die Verkehrssicherungspflicht nur dann zum tragen kommt, wenn die Aufsichtspflichtigen ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt haben. So zum Beispiel, wenn ein Kind ohne Verschulden der Aufsichtspflichtigen das Grundstück des Nachbarn betritt und es dann zu einem Unfall kommt.
III. Exemplarische Einzelfälle:
1. Aufsichtspflichtverletzung des Aufsichtspflichtigen
a. BGH, Az.: VI ZR 29/92, Urteil vom 16.02.1993: Ein 22 Monate altes Kind, das in einen Zierteich stürzt und dadurch schwere Hirnschäden erleidet, kann von seiner Tante wegen verletzter Aufsichtspflicht Schadensersatz und Schmerzensgeld verlangen. Die Tante hatte das Kind zum Einkaufen mitgenommen und im Laden 8 Minuten unbeaufsichtigt gelassen.
b. BGH, Az.: VI ZR 270/95, Urteil vom 12.11.1996: Sowohl Grundstückseigentümer als auch ein Architekt und ein Bauunternehmer verletzen ihre Verkehrssicherungspflicht, wenn bauordnungswidrig ein für Kinder gefährlicher Löschwasserteich nicht eingezäunt wird. Fällt ein 6-jähriges Kind beim Spielen in den Teich, haften sie gesamtschuldnerisch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.
c. OLG Oldenburg, Az.: 5 U 161/93, Urteil vom 12.04.1994: Der Aufsichtspflichtige muss bei einem außerhalb des Hausgrundstücks spielenden 2-jährigem Kind stets darauf achten, dass er Gefahrensituationen in kürzester Zeit erkennt und ihnen auch entgegenwirken kann. Verletzt er seine Aufsichtspflicht und fällt das Kind auf einem fremden Grundstück in einen Gartenteich, so haftet er auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.
2. Haftung des Gartenteichbesitzers
a. OLG Hamm, Az.: 13 U 253/00 Urteil vom 23.05.2001; BGH, Az.: VI ZR 164/95, Urteil vom 30.01.1996: Kleinkinder bedürfen ständiger Aufsicht, daher muss der verkehrssicherungspflichtige Gartenteichbesitzer nicht mit einem Aufsichtsversagen des Aufsichtspflichtigen rechnen (hier: kein Anspruch des Kleinkindes gegenüber dem Nachbarn nach Sturz in dessen ungesicherten Gartenteich).
b. ältere Rechtsprechung des Oberlandesgericht in Düsseldorf, Az.: 22 U 272/92: Ein Grundstückseigentümer verletzt seine Verkehrssicherungspflicht, wenn er einen Gartenteich auf seinem Grundstück unterhält und diesen Teich nicht so absichert, daß insbesondere fremde Kinder in diesen hineinfallen können. Eine sichtbare Abgrenzung des Grundstückes reicht in der Regel nicht aus, vielmehr muß eine Grundstücksabgrenzung in der Weise erfolgen, dass Kinder nicht ungehindert auf das Grundstück gelangen können. Der Teichbesitzer ist daher in der Regel verpflichtet, Sicherheitsvorkehrungen in ihm zumutbarer Weise zu tätigen.