Oberlandesgericht Köln
Az.: 5 U 180/05
Urteil vom 25.04.2007
Vorinstanz: Landgericht Aachen, Az.: 11 O 201/03
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 26. Oktober 2005 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Aachen 11 O 201/03 – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert.
Die Beklagten zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 40.000,- € nebst 4 % Zinsen seit dem 22. März 2003 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche künftige immateriellen sowie alle vergangenen und alle künftigen materiellen Schäden, die ihr infolge der am 17. März 2000 durchgeführten Behandlung entstanden sind bzw. noch entstehen, zu ersetzen, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Gerichtskosten in beiden Instanzen tragen die Klägerin zu 45% und die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu 55%.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen tragen die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu 55%.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 2) in beiden Instanzen trägt die Klägerin zu 18%.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3) in beiden Instanzen trägt die Klägerin zu 100%.
Im übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn die gegnerische Partei nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Aufgrund eines suspekten histologischen Befundes (PAP IV a) im Rahmen einer Krebsvorsorgeuntersuchung im Jahr 2000 wurde die am 28. Februar 1972 geborene, seit 1999 verheiratete, kinderlose Klägerin durch ihren behandelnden Gynäkologen zur Durchführung einer Konisation in das Krankenhaus der Beklagten zu 1) überwiesen. Am 15. März 2000 führte der Beklagte zu 2) mit der Klägerin ein Aufklärungsgespräch unter Verwendung eines Aufklärungsbogens (Anlage I zur Akte). Die Klägerin wurde am 17. März 2000 stationär aufgenommen.
Am gleichen Tag wurde eine Messerkonisation mit einer fraktionierten Abrasio bei Karzinoma in situ durch den Beklagten zu 2) unter Assistenz der Beklagten zu 3) durchgeführt. Ein Blasenkatheter wurde der Klägerin nicht gelegt. Das Operationsfeld wurde vernäht, wobei die vorderen und hinteren Muttermundslippen nicht durch die Einlegung eines Fehling-Röhrchens in den Gebärmutterhalskanal getrennt wurden. Eine nach dem Eingriff angebrachte Salbentamponade wurde kurz nach der Operation wieder entfernt.
Am 05. April 2002 unterzog sich die Klägerin einer Nachoperation, bei der versucht wurde, den inzwischen verschlossenen Gebärmutterhals wieder zu öffnen; der Eingriff wurde ohne Erfolg abgebrochen.
Die Klägerin hat behauptet, die Messerkonisation sei fehlerhaft zu tief und zu breit erfolgt. Die zugleich durchgeführte Abrasio sei nicht indiziert gewesen; die Gebärmutterschleimhaut sei zu tief abgetragen worden. Ein weiterer Verstoß gegen die Regeln der ärztlichen Kunst sei darin zu sehen, dass das Operationsfeld nicht nur verödet, sondern auch genäht worden sei. Das unterlassene Einlegen eines Fehling-Röhrchens bei der Vernähung habe dazu geführt, dass der Gebärmutterhals vollständig und irreparabel verschlossen worden sei. Ferner sei das Anlegen eines sterilen Blasenkatheders erforderlich gewesen. Im Rahmen der Nachsorge sei fehlerhaft die eingebrachte Salbentamponade nicht erneuert worden.
Die Klägerin hat schließlich die Ansicht vertreten, dass die Aufklärung unzureichend gewesen sei. Über die Durchführung einer Abrasio sei nicht gesprochen worden; vielmehr sei die Operation insoweit eigenmächtig erweitert worden.
Als Folge der Behandlungsfehler seien bei ihr eine Amenorrhoe (Ausbleiben der Regelblutung), ein vollständiger Verschluss der Gebärmutter und ein irreparables Ashermann-Syndrom mit kompletter Cervix-Stenose (Verklebung des Uteruskavums durch Bildung bindegewebiger Narbenzüge) entstanden, aufgrund dessen ihr bestehender Kinderwunsch nicht mehr realisierbar sei. Seither sei sie psychisch stark depressiv belastet. Sie habe auch gesteigerte Angst, an Krebs zu erkranken, da Früherkennungsuntersuchungen wegen der Cervix-Stenose nur unzureichend möglich seien. Auch müsse möglicherweise die Gebärmutter vollständig entfernt werden.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie aus Anlass der ärztlichen Behandlung vom 17. März 2000 ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 50.000,-€ nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 9. Juni 1998 seit dem 22. März 2003,
2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr sämtliche künftige immaterielle sowie alle vergangenen und künftigen materiellen Schäden, die ihr aus der fehlerhaften Behandlung vom 17. April 2000 entstanden sind bzw. noch entstehen, zu ersetzen, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie haben behauptet, die – indizierte – Konisation sei fachgerecht durchgeführt worden. Das Setzen einer Naht sei wegen einer akuten Gefäßblutung notwendig geworden. Vordere und hintere Muttermundslippe seien getrennt angenäht worden. Der Muttermund sei offen geblieben. Dass bei Konisationen Vernarbungen im Bereich des Gebärmutterhalses auftreten könnten, sei ein typisches Operationsrisiko. Die gleichzeitig durchgeführte Abrasio sei vor allem zur Gewinnung von Endometriummaterial und zur weiteren histologischen Abklärung indiziert gewesen. Die Ausschabung habe keine gravierenden Schleimhautschäden verursacht. Ob bei der Klägerin ein Ashermann-Syndrom vorliege, sei nicht gesichert. Dieses führe auch in der Regel nicht zu einer untherapierbaren Sterilität. Ein Blasenkatheder habe nicht gelegt werden müssen, weil die Klägerin nicht über Blasenfunktionsstörungen geklagt habe. Die eingebrachte Salbentamponade habe nicht erneuert werden müssen.
Die Klägerin sei 2 Tage vor dem Eingriff unter Verwendung eines Q.-Bogens über alle relevanten Risiken der Operation aufgeklärt worden. Im übrigen habe es therapeutisch keine Alternative gegeben.
Das Landgericht hat die Klage – sachverständig beraten – mit Urteil vom 26. Oktober 2005, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Klageanträge in vollem Umfang weiterverfolgt, wobei sie Zinsen auf das Schmerzensgeld nunmehr bereits ab dem 17. März 2000
beansprucht.
Die Klägerin behauptet weiterhin, die Durchführung der Konisation sei behandlungsfehlerhaft durchgeführt worden, und stützt sich insoweit auf ein von ihr eingeholtes Privatgutachten von PD Dr. D. vom 4. Februar 2006. Es sei eine vorherige Knipsbiopsieentnahme und eine Kolposkopie mit einer Essig-/Joddarstellung erforderlich gewesen. Bei der Einhaltung dieses Verfahrens sei nur die Entfernung eines Konus mit einer Tiefe von 0,6 cm erforderlich gewesen.
Tatsächlich habe die Konisationstiefe 2,5 cm betragen, wie es auch in einem der Operationsberichte aufgeführt sei. Eine Konisation mit dieser Tiefe sei nicht gerechtfertigt gewesen.
Ferner behauptet die Klägerin, nur die Ausschabung des Gebärmutterhalses, nicht aber die Ausschabung der Gebärmutterhöhle sei indiziert gewesen. Bei der Gebärmutterspiegelung sei erkennbar gewesen, dass keine krankhaften Veränderungen in der Gebärmutterhöhle vorgelegen hätten Zudem würden Endometriumkarzinome nur bei ab einem Alter von 40 Jahren auftreten. Bei ihr hätten ferner keine der typischen Symptome vorgelegen. Die Dysplasieareale und das Carcinoma in Situ hätten sich nach dem histologischen Befund nur im äußeren, sichtbaren Bereich der Portio in größerem Abstand zum Cervixkanal befunden, was auch nach einer ordnungsgemäßen Essig-/Joddarstellung zu erkennen gewesen sei; der Gebärmutterkanal und die Gebärmutterhöhle seien gesund gewesen. Auch vor der Operation sei aus der Tatsache, dass die dysplastischen Areale Schleimhaut aufwiesen, kein anderer Schluss zu ziehen gewesen. Bei ihr habe eine Ektopie vorgelegen, was bedeute, dass der Übergang von Schleimhaut zu Haut weiter außen auf der Portio gelegen habe, so dass bei ihr auch extrazervikal Schleimhaut aufzufinden sei.
Die nicht indizierte Ausschabung der Gebärmutterhöhle sei zudem übertrieben scharf vorgenommen worden, was zu einer Zerstörung der Basalis, einer Verklebung des Gebärmutterhalses und dem Entstehen des Ashermann-Syndroms geführt habe. Dies lasse sich durch den histologischen Befund belegen, der besagte, dass sich Stroma, also Bindegewebe, im Abradat befunden habe; die allein auszuschabende Funktionalis bestehe aber nicht aus Bindegewebe. Die Verletzung der Basalis sei ausreichend zum Hervorrufen eines Ashermann-Syndroms. Auch die Menge des ausgeschabten Materials sei groß in Anbetracht der Tatsache, dass sie, die Klägerin, drei Tage vor der Operation ihre Regelblutung gehabt und antikonzeptionell verhütet habe. Zudem könne das Ashermann-Syndrom nur nach einer Schädigung der Basalis aufgrund einer zu intensiven Ausschabung entstehen, nicht auch nach einer kunstgerechten Ausschabung, zumal eine Infektion als Ursache ausscheide.
Darüber hinaus habe das Gericht unberücksichtigt gelassen, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. T. eine Aufklärung über das Risiko des Auftretens eines Ashermann-Syndroms erforderlich gewesen sei; in dem verwendeten Aufklärungsbogen fehle jedoch ein solcher Hinweis. Zudem sei sie überhaupt nicht darüber aufgeklärt worden, dass eine Ausschabung der Gebärmutterhöhle vorgenommen werden sollte. Wäre dies angesprochen worden, hätte sie dem Eingriff nicht ohne weiteres zugestimmt, sondern zunächst Rücksprache mit ihrem behandelnden Gynäkologen Dr. X. gehalten, da dieser ihr im Vorfeld erklärt habe, dass eine Ausschabung der Gebärmutterhöhle nicht erforderlich sei.
Die Beklagten, die die Zurückweisung der Berufung beantragen, behaupten, die Konisation sei nicht zu tief oder zu groß gewesen. Die Ausschabung der Gebärmutterhöhle sei indiziert gewesen zur Untersuchung der dortigen Zellen. Die Ausschabung sei zudem nicht zu scharf vorgenommen worden. Nach der histologischen Untersuchung sei die Menge an gewonnenem Gewebematerial normal gewesen, auch unter Berücksichtigung eines flachen Endometriums. Die Menge sei nicht so groß, dass auf eine scharfe oder zu umfangreiche Ausschabung geschlossen werden könne. Darüber hinaus könne eine zu scharfe Ausschabung nicht zu dem Ausbleiben der Regelblutung geführt haben.
Zu Frage der Aufklärung über ein mögliches Auftreten des Ashermann-Syndroms tragen die Beklagten vor, selbst wenn hierüber gesondert hätte aufgeklärt werden müssen, sei von einer hypothetischen Einwilligung der Klägerin auszugehen. Sie sei auf das Risiko, dass in seltenen Fällen eine Entfernung der Gebärmutter erforderlich sein könne, hingewiesen worden. Damit sei ihr bewusst gewesen, dass nach dem Eingriff unter Umständen eine Sterilität wie sie auch beim Ashermann-Syndrom gegeben sei – auftreten könne. Gleichwohl sei sie mit dem Eingriff einverstanden gewesen.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat gemäß dem Beschluss vom 19. Mai 2006 Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die ergänzende gutachterliche Stellungnahme des schon erstinstanzlich herangezogenen Sachverständigen Prof. Dr. T. vom 19. Juli 2006 (Bl. 392 ff. d.A.) und auf das Protokoll der Sitzung des Senats vom 26. Februar 2007 (Bl. 474 a ff. d.A.) verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache zum überwiegenden Teil Erfolg.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 40.000,- € und auf Schadensersatz.
1.
Auch unter Berücksichtigung der zweitinstanzlich ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme steht allerdings nicht zur sicheren Überzeugung des Senats (§ 286 ZPO) fest, dass den Beklagten zu 2) und 3) bei dem am 17. März 2000 durchgeführten operativen Eingriff schadensursächliche Behandlungsfehler unterlaufen sind.
a) Ob das Verfahren im Vorfeld der Konisation fehlerhaft war, weil die von PD Dr. D. geforderten Maßnahmen (Knipsbiopsieentnahme und der Essig-/Joddarstellung) nicht vorgenommen wurden, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Nach der allerdings durchaus überzeugenden Darstellung von Prof. T. in seinem Ergänzungsgutachten entspricht das von den Beklagten zu 2) und 3) durchgeführte Verfahren dem allgemeinen Standard. Auch die Größe des Konus ist nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. T. nicht zu beanstanden.
Entscheidend ist allerdings, dass nach den klaren – auch von dem bei der mündlichen Anhörung anwesenden Privatgutachter PD Dr. D. nicht beanstandeten – Ausführungen von Prof. T. das Ashermann-Syndrom, das ganz im Mittelpunkt der dauerhaften Folgen des gesamten operativen Eingriffs der Beklagten zu 2) und 3) steht, mit Sicherheit nicht durch die Konisation ausgelöst worden ist. Die Konisation kann nach den insoweit eindeutigen Feststellungen des Sachverständigen höchstens zu einer Verklebung des Gebärmutterhalses, nicht aber zu einer Verklebung der Gebärmutterhöhle führen.
b) Die Ausschabung der Gebärmutterhöhle war nach den auch insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. T. in seinem vom Senat eingeholten Ergänzungsgutachten und bei seiner mündlichen Anhörung indiziert.
Er hat zwar in Auseinandersetzung mit den Ausführungen von Dr. D. sowie den Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie zugestanden, dass es sich bei der Frage der Erforderlichkeit einer Ausschabung auch der Gebärmutterhöhle in einem Fall wie dem vorliegenden um eine in der Medizin umstrittene Frage handele, hat aber klar festgestellt, dass in der Mehrzahl deutscher Kliniken und auch in deutschen und angloamerikanischen Lehrbüchern mit einer Probeentnahme verdächtiger Zellen – hier mittels Konisation – standardmäßig eine Ausschabung der Gebärmutter zur umfassenden Abklärung der Situation verbunden werde, und zwar auch bei jüngeren Frauen. Deren Kinderwunsch müsse zwar in Rechnung gestellt werden, aber angesichts der Risikoarmheit der Ausschabung einerseits und dem durchaus auch bei jüngeren Frauen bestehenden Krebsrisiko, das nur mit einer Ausschabung sicher abgeklärt werden könne, sei eine Abrasio regelmäßig indiziert. Auch eine hier durchgeführte scharfe Abrasio entspreche dem Standard. Eine stumpfe Ausschabung sei hier nicht in Betracht gekommen; sie werde nur nach einer Fehlgeburt oder zur Entfernung verbleibender Placenta-Reste durchgeführt, weil die Gebärmutter dann weich und besonders verletzungsanfällig sei.
Es steht auch nicht fest, dass die Ausschabung übertrieben scharf durchgeführt wurde. Weder die Menge des Abradats noch seine Beschaffenheit, wie sie im histologischen Befund festgestellt worden ist, lassen nach den eingehenden Ausführungen von Prof. T. hierauf schließen.
c) Ein behandlungsfehlerhafter operativer Verschluss des Gebärmutterhalses durch die Anbringung einer fehlerhaften Naht liegt nach den überzeugenden Ausführungen von Prof. T. ebenfalls nicht vor. Prof. T. hat in seinem Ergänzungsgutachten insoweit erneut betont, dass die angebrachte blutstillende Naht am Muttermund nicht zu einem kompletten Verschluss geführt haben kann, weil regulär Blut und Sekret abgeflossen ist; anderenfalls hätten sich im Ultraschall Blut und Blutbestandteile im Wundgebiet hätten finden müssen, was hier nicht der Fall gewesen sei. Im übrigen könne die Naht – wie der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung ausgeführt hat – nicht (mit-)ursächlich für das Entstehen des Ashermann-Syndroms sein.
d) Behandlungsfehler bezogen auf die unterlassene Anlegung eines Blasenkatheters und der verfrühten Entfernung der Salbentamponade werden in der Berufungsinstanz nicht mehr substantiiert behauptet. Die Begutachtung in der ersten Instanz hat insoweit auch keine Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten ergeben.
2.
Die Beklagten zu 1) und 2) haften jedoch, weil der Beklagte zu 2) die Klägerin nicht hinreichend über die mit einer Ausschabung der Gebärmutterhöhle verbundenen Risiken – vor allem das Entstehen eines Ashermann-Syndroms – aufgeklärt hat.
a) Ob die Klägerin überhaupt hinreichend darüber in Kenntnis gesetzt worden war, dass bei ihr nicht nur eine Konisation, sondern auch eine Ausschabung der Gebärmutterhöhle durchgeführt werden sollte, bedarf keiner Entscheidung. Die Klägerin hätte jedenfalls darüber aufgeklärt werden müssen, dass auch bei regelgerechter Vornahme einer Ausschabung das – wenn auch seltene – Risiko des Auftretens eines Ashermann-Syndroms mit der Folge einer kompletten Unfruchtbarkeit besteht. Eine solche Aufklärung hat der Beklagte zu 2) nicht behauptet; in dem verwendeten Aufklärungsbogen der Firma Q. ist dieses Risiko nicht erwähnt.
Die Aufklärung über das Risiko einer Unfruchtbarkeit durch das Ashermann-Syndrom war aber erforderlich. Grundsätzlich reicht eine Aufklärung des Patienten „im großen und ganzen“ aus, dem Patienten muss aber eine allgemeine Vorstellung von dem Ausmaß der mit dem Eingriff verbundenen Gefahren vermittelt werden (BGH, VersR 1992, 960, 961). Entscheidend für die ärztliche Hinweispflicht ist nicht ein bestimmter Grad der Risikodichte oder Statistik.
Maßgebend ist, ob das betreffende Risiko dem Eingriff speziell anhaftet und es bei seiner Verwirklichung die Lebensführung des Patienten besonders belastet (BGH, VersR 2000, 725, 726). Das Risiko einer kompletten, nicht therapierbaren Unfruchtbarkeit aufgrund des Ashermann-Syndroms bei einer Ausschabung der Gebärmutterhöhle beträgt nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. T. 1:1.000. Eine durch einen operativen – hier nicht einmal zwingend erforderlichen – Eingriff hervorgerufene Unfruchtbarkeit stellt für eine junge Frau mit Kinderwunsch eine erhebliche Belastung der Lebensführung dar. Darauf muss deshalb hingewiesen werden. Eine gesonderte Aufklärung über dieses Risiko war auch nicht deshalb entbehrlich, weil über das Risiko einer Verletzung der Gebärmutter – mit der möglichen Folge der Entfernung und der daraus folgenden Fortpflanzungsunfähigkeit – aufgeklärt wurde, da dieses Risiko weitaus geringer als das Risiko des Entstehens eines Ashermann-Syndroms ist, denn es verwirklicht sich nach den Ausführungen von Prof. T. nur in einem von 10.000 Fällen.
Der Beklagte zu 2) hat die unterlassene Aufklärung auch zu vertreten. Er kann insbesondere nicht darauf verweisen, das hier in Rede stehende Risiko sei in dem verwendeten Q.-Bogen nicht aufgeführt. Ein Arzt darf sich nicht darauf verlassen, dass in einem von ihm benutzten Aufklärungsbogen alle tatsächlich aufklärungsbedürftigen Risiken aufgelistet sind. Er muss das Gespräch mit dem Patienten vielmehr eigenverantwortlich gestalten und selbst prüfen, über welche Risiken er aufzuklären hat. Es handelt sich bei dem in Frage stehenden Risiko um ein wenn auch selten, so doch typischerweise als Folge einer Abrasio auftretendes Risiko, das dem Beklagten zu 2) bekannt sein musste und über das er die Klägerin aufzuklären hatte.
Der Beklagte zu 2) kann sich nicht darauf berufen, die Klägerin hätte den Eingriff auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung in gleicher Weise durchführen lassen. Die Klägerin hat vielmehr einen Entscheidungskonflikt plausibel gemacht. Sie hat bei ihrer Anhörung vor dem Senat dargelegt, dass sie, wenn sie vom Beklagten zu 2) über die beabsichtigte Abrasio und deren Risiken aufgeklärt worden sei, zunächst Rücksprache mit ihrem behandelnden Gynäkologen Dr. X. gehalten hätte, weil dieser ihr erklärt habe, eine Ausschabung der Gebärmutterhöhle sei bei ihr nicht erforderlich. Es ist – nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund, dass eine Ausschabung nicht zwingend indiziert war – nahe liegend, dass die Klägerin sich jedenfalls nicht sogleich zur Durchführung des vom Beklagten zu 2) beabsichtigten Eingriffs entschlossen hätte, sondern weiteren ärztlichen Rat eingeholt hätte. Dann aber wäre der Eingriff jedenfalls nicht schon am 17. März 2000 durchgeführt worden.
Die unterlassene Aufklärung war auch ursächlich für den bei der Klägerin eingetretenen Schaden, denn es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass das Ashermann-Syndrom als Folge der am 17. März 2000 vorgenommenen Abrasio aufgetreten ist. Die insoweit notwendige Überzeugungsbildung setzt einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit voraus, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGHZ 53, 245, 255; VersR 1994, 52). Der Sachverständige Prof. T. hat ausgeführt, es sei sehr wahrscheinlich, dass es nicht zu einem vollständigen Verlust des Endometriums gekommen wäre, wenn die Ausschabung unterblieben wäre. Den Grad der Wahrscheinlichkeit hat er auf Nachfrage mit 90% angegeben, ohne allerdings angeben zu können, durch welche anderen, hier konkret in Betracht kommenden Umstände ebenso ein Endometriumverlust hätte eintreten können. Lediglich theoretische Vorbehalte reichen insoweit indes nicht aus. Der Senat ist deswegen davon überzeugt, dass aufgrund der am 17. März 2000 durchgeführten Ausschabung der Gebärmutterhöhle das Ashermann-Syndrom aufgetreten ist.
b) Die Haftung aus unvollständiger Risikoaufklärung trifft auch die Beklagte zu 1).
Dagegen haftet die Beklagte zu 3), die bei dem Eingriff lediglich assistiert und in die Aufklärung der Klägerin nicht eingebunden war, nicht. Sie durfte sich darauf verlassen, dass der Beklagte zu 2), der als Chefarzt die Aufklärung übernommen hatte, die Klägerin hinreichend über die mit dem Eingriff verbundenen Risiken aufgeklärt hatte.
c) Der Senat hält unter Abwägung aller Umstände ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000,- € für angemessen. Die Klägerin ist als Folge des Eingriffs endgültig unfruchtbar; das hat der Sachverständige Prof. T. in seinem erstinstanzlich erstellten Gutachten unter Auswertung der Ergebnisse einer am 5. April 2002 in der Frauenklinik des Universitätsklinikums B. durchgeführten Untersuchung klar ausgeführt. In der Gebärmutter ist keine Schleimhauthöhle mehr vorhanden, so dass keine Möglichkeit mehr gegeben ist, in der Gebärmutter eine Schwangerschaft auszutragen. Im Zeitpunkt der Behandlung war die Klägerin 28 Jahre alt, also in einem Alter, in dem normalerweise eine Familienplanung stattfindet. Sie ist verheiratet und hat nachvollziehbar einen Kinderwunsch geäußert. Dass dieser nicht mehr erfüllt werden kann, stellt für die Klägerin eine gravierende Beeinträchtigung dar, die – wie die vorgelegte Bescheinigung von Dr. V. vom 15. Mai 2003 belegt – auch zu nicht unerheblichen psychischen Belastungen geführt hat. Der Senat hat in einem ähnlich gelagerten Fall bei allerdings abgeschlossener Familienplanung ein Schmerzensgeld von 25.000,- € als gerechtfertigt angesehen (VersR 2004,926). Kann allerdings – wie hier – durch eine rechtswidrige ärztliche Maßnahme ein bestehender Kinderwunsch nicht mehr erfüllt werden und muss die Patientin deshalb kinderlos bleiben, hält es der Senat für angemessen, das Schmerzensgeld deutlich höher anzusetzen.
Zinsen werden nicht in der geltend gemachten Höhe, sondern nur in Höhe von 4% nach § 288 Abs. 1 BGB in der am 17. März 2000 geltenden Fassung geschuldet. § 288 Abs. 1 BGB in der Fassung vom 1. Mai 2000 gilt gemäß Art 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB nicht, da er nur auf Forderungen anwendbar ist, die nach dem 1. Mai 2000 fällig geworden sind. Deliktische Schadensersatzansprüche entstehen indes sogleich mit Vornahme der unerlaubten Handlung. Verzug ist allerdings erst zum 22. März 2003 eingetreten.
3.
Auch dem Feststellungsantrag ist stattzugeben, da weitere Schäden nicht auszuschließen sind.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.