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Gebrauchtwagenkaufvertrag – Berechnung der Gebrauchsvorteile bei Rückabwicklung


Bundesgerichtshof

Az: VIII ZR 215/13

Urteil vom 09.04.2014


Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg – Zivilkammer 20 – vom 28. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen


Tatbestand

Die Parteien streiten im Rahmen der Rückabwicklung eines Kaufvertrages über die Frage, in welcher Weise die Mehrwertsteuer bei der Ermittlung des Wertes der anzurechnenden Gebrauchsvorteile zu berücksichtigen ist.

Der Kläger kaufte von der Beklagten mit Vertrag vom 15. Juni 2010 einen Pkw VW Touareg zum Preis von 75.795 € brutto zuzüglich Überführungs- und Zulassungskosten. Unter Berufung auf diverse Mängel des Fahrzeugs verlangte er die Rückabwicklung des Vertrages, mit der sich die Beklagte schließlich einverstanden erklärte. Die Beklagte erstattete dem Kläger einen Betrag von 67.664,69 €. Dabei hatte sie für die vom Kläger mit dem Fahrzeug gefahrenen 24.356 Kilometer einen Nutzungswert von 9.230,32 € errechnet und diesen Betrag vom zu erstattenden Bruttokaufpreis abgezogen.

Mit seiner Klage hat der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 3.759,47 € nebst Zinsen sowie zur Freihaltung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 213,31 € begehrt. Das Amtsgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.846,07 € nebst Zinsen zu zahlen und ihn von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 126,68 € freizuhalten; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht – unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen – die Verurteilung der Beklagten hinsichtlich der Hauptforderung auf 1.605,07 € nebst Zinsen ermäßigt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der sie die Abweisung der Klage in Höhe weiterer 1.403,30 € begehrt.


Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

Das Berufungsgericht (LG Hamburg, DAR 2013, 652) hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

Zu Recht habe das Amtsgericht dem Kläger im Rahmen des Rückabwicklungsverhältnisses einen restlichen Zahlungsanspruch in Höhe von 1.846,07 € zugesprochen. Es sei dabei für die Ermittlung der Gebrauchsvorteile so vorgegangen, dass es von dem – um die Zulassungs- und Überführungskosten bereinigten – Bruttokaufpreis in Höhe von 75.795 € ausgegangen und den Wert der Gebrauchsvorteile nach der von keiner der Parteien in Frage gestellten kilometeranteiligen Wertminderung errechnet habe. Die Differenz zwischen dem nach der üblichen Formel (Bruttokaufpreis x gefahrene Kilometer ./. erwartete Gesamtfahrleistung) errechneten Wert der Gebrauchsvorteile in Höhe von 7.384,25 € und dem von der Beklagten angerechneten Betrag von 9.230,32 € belaufe sich auf 1.846,07 €. Dieser Betrag stehe dem Kläger noch zu.

Entgegen der Auffassung der Beklagten sei zusätzlich zu dem vom Amtsgericht ermittelten Nutzungswert von 7.384,25 € nicht noch die Mehrwertsteuer aus diesem Betrag in Höhe von 1.403,30 € in Ansatz zu bringen. Allerdings sei die Frage, ob die Umsatzsteuer bei der Ermittlung der Nutzungsvergütung nur einmal – nämlich durch Zugrundelegung des Bruttokaufpreises – zu veranschlagen sei, oder ein zweites Mal durch den Aufschlag auf den auf der Basis des Bruttokaufpreises errechneten Nutzungswert, höchstrichterlich noch nicht entschieden. Die Kammer schließe sich der Auffassung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (Urteil vom 28. November 2007, juris) an, das einen zweimaligen Ansatz der Umsatzsteuer für falsch halte.

Die sonach vom Amtsgericht dem Kläger mit Recht zugesprochene Forderung von 1.846,07 € vermindere sich jedoch um den Betrag von 241 €, mit welchem die Beklagte in der Berufungsinstanz die Aufrechnung erklärt habe, die auch durchgreife. Die dem Kläger zustehende Hauptforderung des Klägers reduziere sich damit auf 1.605,07 €.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Revision ist daher zurückzuweisen.

Im Revisionsverfahren ist nur noch im Streit, ob zu dem von den Vorinstanzen auf der Grundlage des (bereinigten) Bruttokaufpreises von 75.795 € zutreffend errechneten Nutzungswert in Höhe von 7.384,25 € die Mehrwertsteuer aus diesem Betrag in Höhe von 1.403,30 € hinzu kommt und damit von dem zu erstattenden Kaufpreis abzuziehen ist. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht dies mit Recht verneint.

1. Bei der Rückabwicklung eines Gebrauchtwagenkaufs ist der Wertersatz nach § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB für herauszugebende Nutzungen auf der Grundlage des Bruttokaufpreises zu schätzen (st. Rspr.; Senatsurteile vom 26. Juni 1991 – VIII ZR 198/90, BGHZ 115, 47, 49 ff.; vom 2. Juni 2004 – VIII ZR 329/03, NJW 2004, 2299 unter II 3, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 159, 215).

Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass die Anknüpfung an den Bruttokaufpreis bei einer Bewertung des Gebrauchsnutzens in Abhängigkeit vom Kaufpreis und von der voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer dem Interesse der Vertragsbeteiligten entspricht. Denn im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander hat der Käufer den Bruttokaufpreis zu entrichten. Dann aber kann im Verhältnis der Vertragspartner zueinander auch der als Bewertungsmaßstab heranzuziehende Kaufpreis nur der Bruttopreis sein. Andernfalls würde der Verkäufer eine verhältnismäßig geringere Nutzungsvergütung erhalten, als sie dem Wert des von ihm zurückzuerstattenden Kaufpreises entspricht. Das wird besonders deutlich, wenn der Gebrauch durch den Käufer nahezu oder vollständig die mögliche Nutzungszeit erreicht. In diesem Fall würde der Verkäufer weniger als den Kaufpreis erhalten, obwohl der Gebrauchswert völlig aufgezehrt ist und der vertragsmäßige Bruttopreis voll an den Käufer zurückgezahlt werden muss (Senatsurteil vom 26. Juni 1991 – VIII ZR 198/90, aaO S. 51 f.).

2. Aus dieser Rechtsprechung des Senats hat das Berufungsgericht mit Recht hergeleitet, dass zu dem auf der Grundlage des Bruttokaufpreises ermittelten Nutzungswertersatz nicht noch die Mehrwertsteuer hinzuzurechnen ist; diese ist vielmehr von dem auf diese Weise ermittelten Nutzungswertersatz bereits umfasst (ebenso OLG Brandenburg, Urteil vom 28. November 2007 – 4 U 68/07, juris Rn. 25 ff.; KG, DAR 2013, 514, 515 f.). Das Vorbringen der Revision rechtfertigt keine andere Beurteilung.

a) Wie die Revision selbst einräumt, hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 26. Juni 1991 (VIII ZR 198/90, aaO S. 52) den Gebrauchswert auf der Grundlage des Bruttokaufpreises und nach dem Verhältnis der tatsächlichen Nutzungsdauer zur höchstmöglichen Nutzungsdauer errechnet, ohne den so ermittelten Gebrauchswert um die Mehrwertsteuer aus diesem Betrag zu erhöhen. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht mithin im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats.

Insbesondere stehen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Anknüpfung der Wertminderung an den (Netto-)Sachwert entgegen der Auffassung der Revision nicht im Widerspruch zum genannten Senatsurteil. Hierbei handelt es sich nur um eine hypothetische Kontrollrechnung des Berufungsgerichts, die verdeutlicht, dass die Umsatzsteuer bei der Berechnung der Gebrauchsvorteile in verschiedener Weise – mit jeweils gleichem Ergebnis – berücksichtigt werden kann.

b) Die Auffassung der Revision, dass zu dem auf der Grundlage des Bruttokaufpreises nach der üblichen Formel errechneten Wert der erlangten Gebrauchsvorteile die Mehrwertsteuer (nochmals) hinzugeschlagen sei (Nachweise zum Streitstand bei Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl., Rn. 1179), trifft nicht zu. Das ergibt sich bereits aus dem Senatsurteil vom 26. Juni 1991 und dem dort gebildeten Beispiel (VIII ZR 198/90, aaO).

Würde nämlich, wie die Revision meint, der nach der Formel errechnete Nutzungswert um die Mehrwertsteuer erhöht, könnte der Verkäufer vom Käufer, wenn dieser die mögliche Nutzungszeit vollständig ausgeschöpft hätte, für die erlangten Gebrauchsvorteile einen höheren Betrag beanspruchen als den Bruttokaufpreis, den der Käufer seinerzeit gezahlt und der Verkäufer dem Käufer zu erstatten hat. Der Käufer hätte in diesem Fall als Nutzungswertersatz den vollen Bruttokaufpreis zuzüglich der Mehrwertsteuer aus diesem Betrag zu erstatten. Er würde damit im Zuge der Rückabwicklung, soweit es um den Wertersatz für die Gebrauchsvorteile geht, mit der Mehrwertsteuer doppelt belastet. Dass dies nicht richtig wäre, liegt auf der Hand. Das Berufungsgericht hat einen zweimaligen Ansatz der Mehrwertsteuer deshalb mit Recht abgelehnt (ebenso KG, aaO).

c) Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Berufungsgericht – im Wege einer Kontrollrechnung – den Nutzungswert auf der Grundlage des Nettokaufpreises berechnet und den so ermittelten Betrag um die Mehrwertsteuer erhöht hat. Denn beide Berechnungsweisen führen, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, zum selben Ergebnis.

d) Aus dem Senatsurteil vom 18. Mai 2011 (VIII ZR 260/10, WM 2011, 2141 Rn. 12 f.), auf das die Revision verweist, und aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur (fehlenden) Umsatzsteuerpflichtigkeit des Minderwertausgleichs beim Leasingvertrag ergibt sich für den vorliegenden Fall nichts Anderes. Gegenteiliges wird auch von der Revision nicht ausgeführt. Sie räumt ein, dass die hier zu entscheidende Frage von dieser Rechtsprechung nicht beantwortet wird.

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