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Gebrauchwagengarantieversicherung – Händlervorgaben durch Versicherer

Oberlandesgericht Celle

Az: 8 U 205/07

Urteil vom 27.03.2008


In dem Rechtsstreit hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2008 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 2. August 2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hannover abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung einer nachträglichen Prämienerhöhung für eine Garantieversicherung.

Die Klägerin ist eine Versicherungsgesellschaft, die Garantiezusagen von Autohändlern versichert. Die Beklagte betreibt einen Kfz.Handel, insbesondere für amerikanische Fahrzeugmodelle. Die Klägerin schloss mit der Beklagten am … .2005 einen „Versicherungsvertrag über die Vergabe von Garantien für Kraftfahrzeuge“ (Bl. 6 f. d. A.) ab, die die Beklagte im Rahmen von Verkaufsgeschäften erteilen sollte. In der Anlage A zum Versicherungsvertrag (Bl. 43 d. A.) heißt es:

„Die G. gewährt dem Händler folgende Prämien für das Standardpaket der Gebrauchtwagen-Garantie: 164,54 EUR für 12 Monate. Dafür verpflichtet sich der Händler, der G. jährlich mindestens 200 annahmefähige Garantievereinbarungen aus diesem Vertrag zur Berechnung einzureichen. Wird diese Sollzahl in einem Jahr nicht erreicht, erklärt sich der Händler damit einverstanden, dass die fehlende Anzahl an Garantievereinbarungen am Ende des Jahres – mit der niedrigsten Prämie für Gebrauchtwagen – als Prämienerhöhung nachberechnet wird.

…“

Da die Beklagte bis zum … 06.2006 lediglich 68 Garantievereinbarungen eingereicht hatte, stellte ihr die Klägerin unter dem … 07.2006 die Prämie für 132 Einheiten mit der Mindestprämie von jeweils 164,54 EUR, insgesamt 21.719,28 EUR, in Rechnung (Bl. 8 d. A.). Dem vereinbarten Bankeinzug widersprach die Beklagte, weshalb Rückbelastungskosten in Höhe von 5,56 EUR entstanden. Mit anwaltlichem Mahnschreiben wurde die Beklagte vorgerichtlich zur Zahlung aufgefordert.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei zur Zahlung der nachberechneten Prämien sowie zum Ersatz der vorgerichtlichen Kosten verpflichtet. Die Klausel zur Nachberechnung der Prämien in Anlage A zum Versicherungsvertrag sei wirksam. Die Beklagte kenne als Kaufmann ihren Jahresumsatz und könne in etwa einschätzen, wie viele Fahrzeuge sie monatlich an Endverbraucher verkaufe und an wie viele von diesen Endverbrauchern sie möglicherweise die von der Klägerin angebotenen Garantien verkaufen könne (Bl. 38 d. A.). Die vereinbarte Zahlung für nicht vermittelte Grundpakete führe dazu, einen Anreiz bei der Beklagten zu schaffen, möglichst viele Grundpakete an den Endverbraucher zu vermitteln. Ein auffälliges Leistungsmissverhältnis sei bei der Vertragsgestaltung nicht zu erkennen (Bl. 38 d. A.). Ferner hat sie behauptet, in Deutschland gebe es keine Versicherung, die die bezeichneten Fahrzeuge versichere (Bl. 38 d. A.).

Die Klägerin hat beantragt (Bl. 3, 63 d. A.),

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 21.719,28 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 23.08.2006 sowie weitere Kosten in Höhe von 5,56 EUR zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 498,68 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt (Bl. 18, 63 d. A.),

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Klausel für unwirksam gehalten. Hinsichtlich der geltend gemachten Prämien seien von der Klägerin keine Versicherungsverträge eingegangen worden. Die Klägerin beanspruche somit Prämien für die Übernahme von Risiken, welche von ihr tatsächlich nicht übernommen worden seien. Ein Prämienanspruch sei demzufolge mangels Gegenleistung nicht entstanden. Die Klausel halte auch einer Inhaltskontrolle als AGB nicht stand. Die Regelung benachteilige die Beklagte entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, da die Regelung gegen das für synallagmatische Verträge wesentliche Prinzip der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung verstoße und damit von gesetzlichen Regelungen abweiche und mit deren wesentlichen Grundgedanken nicht vereinbar sei. Im Übrigen stelle die Regelung ein übermäßiges Vertragsstrafeversprechen mit der Rechtsfolge der Unwirksamkeit dar. Ferner sei dieses Vertragsstrafeversprechen auch deshalb unwirksam, weil die Verwirkung der Vertragsstrafe nicht von einem Verschulden der Beklagten abhängig gemacht werde. Die Klausel begründe auch keinen Anspruch auf rückwirkende Erhöhung der jeweiligen Prämien für die bereits abgeschlossenen Garantieverträge, weil die Änderungsvoraussetzungen nicht konkret festgelegt und inhaltlich angemessen seien. Schließlich hat die Beklagte ein kollusives Zusammenwirken zwischen ihrem Geschäftsführer und dem Vertreter der Klägerin behauptet (Bl. 30 d. A.). Die Beklagte sei erst ab dem … . April 2005 Vertragshändlerin der Firma C. … GmbH, weshalb zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages mit der Klägerin am 30.05.2005 nicht habe eingeschätzt werden können, wie viele Garantieverträge innerhalb eines Jahres zustandekommen würden.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Beklagte antragsgemäß in vollem Umfange verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die in der Anlage A getroffene Vereinbarung über die Nachberechnung bei Nichterreichen der im Vertrag genannten Mindestanzahl von 200 eingereichten Garantiezusagen sei entgegen der Ansicht der Beklagten wirksam. Unschädlich sei, dass den nachberechneten Prämien für 132 Einheiten keine Gegenleistung gegenüberstehe, weil die in der Anlage A getroffene Vereinbarung gerade den Fall betroffen habe, dass es zu weniger Garantievereinbarungen kommen würde. Die Vereinbarung sei auch nicht nach den Vorschriften über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu beanstanden. Hinsichtlich des Vorwurfs des kollusiven Zusammenwirkens des Geschäftsführers der Beklagten mit dem Vertreter der Klägerin fehle es an hinreichend konkretem und substantiiertem Vorbringen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Die Beklagte wiederholt ihre bereits in erster Instanz geäußerte Rechtsansicht, wonach die in Anlage A zum Versicherungsvertrag geregelte Nachberechnungsklausel gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sei, weil es sich zum einen um eine benachteiligende Vertragsstrafenregelung handele, die noch nicht einmal an das Verschulden des Verpflichteten anknüpfe, zum anderen mit dem im Versicherungsrecht wesentlichen Grundgedanken, dass sich die Versicherungsprämie nach dem versicherten Risiko bemesse, nicht zu vereinbaren sei und ferner die mit der Regelung einhergehende rückwirkende Prämienerhöhung nicht konkret festgelegt und inhaltlich angemessen sei.

Die Beklagte beantragt (Bl. 108 d. A.),

das am 02.08.2007 verkündete Urteil des Landgerichts Hannover, Az.: 8 O 9/07, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt (Bl. 97 d. A.),

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Ergänzend behauptet sie, die Parteien hätten individuell eine für die Beklagte besonders günstige Sonderprämie ausgehandelt und vereinbart (Bl. 129 d. A.).

II.

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546 ZPO). Auch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen die angefochtene Entscheidung nicht (§ 513 Abs. 1, 2. Alt. ZPO). Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus der Anlage A zum Versicherungsvertrag über die Vergabe von Garantien für Kraftfahrzeuge vom … .05./ … .06.2005 kein Anspruch auf Zahlung von 21.719,28 EUR zu, weil die Klausel in Anlage A zum Versicherungsvertrag, auf die sich die Klägerin mit ihrer Klage stützt, unwirksam ist.

1. Bei den Regelungen sowohl im Hauptvertrag (Bl. 6 d. A.) als auch in dessen Anlage A (Bl. 43 d. A.) handelt es sich um Vertragsbedingungen der Klägerin, die diese für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert hat und die sie der Beklagten bei Abschluss des Vertrages gestellt hat. Diese Vertragsbedingungen werden nicht etwa dadurch zu Individualvereinbarungen, dass dort bspw. bei der einzutragenden Bankverbindung, der Höhe der Prämie oder der Anzahl der abzunehmenden Garantievereinbarungen Leerräume vorhanden sind, die noch ausgefüllt werden müssen. Abgesehen davon, dass die hier streitgegenständliche Klausel in Absatz 3 der Anlage A keine ausfüllungsbedürftigen Leerräume enthielt, sondern im Ganzen vorformuliert war, sind auch Klauseln mit ausfüllungsbedürftigen Leerräumen AGB, wenn es um unselbständige Ergänzungen, wie etwa die Einfügung von Namen oder des Vertragsobjektes geht (BGHZ 99, 205. 118, 238. NJW 1998, 2815). Ein der Inhaltskontrolle unterliegender Formularvertrag liegt auch in diesem Fall vor. Die Klägerin hat auch nicht ausreichend vorgetragen, dass die Bestimmung im Einzelnen ausgehandelt worden ist. Dazu gehört nicht lediglich das Erörtern von Einzelheiten, sondern die reale Möglichkeit, dass der Vertragspartner den Inhalt der Vertragsbedingungen beeinflussen konnte und in aller Regel auch, kenntlich an textlichen Änderungen, beeinflusst hat (BGHZ 153, 311 ff.). War der Text – wie hier – weitestgehend vorgegeben, kommt die Annahme einer Individualvereinbarung, die nicht der Inhaltskontrolle unterliegt, nicht in Betracht.

Die Inhaltskontrolle ist auch nicht nach § 310 Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Denn nach Abs. 2 dieser Vorschrift finden § 307 Abs. 1 und 2 ausdrücklich auch auf Verträge zwischen Unternehmen Anwendung.

2. Nach der hier streitgegenständlichen Klausel wird für den Fall, dass die vereinbarte Sollzahl an Garantieverträgen in einem Jahr nicht erreicht wird, die fehlende Anzahl an Garantievereinbarungen am Ende des Jahres mit der niedrigsten Prämie für Gebrauchtwagen als Prämienerhöhung nachberechnet. Nach dem Inhalt dieser Klausel hat die Beklagte als Mindestprämie pro Jahr mindestens 32.908,00 EUR zu zahlen, unabhängig davon, wie viele Garantieverträge sie tatsächlich vermittelt hat. Es handelt sich damit um eine (Mindest) Preisvereinbarung, die dazu führt, dass die Höhe der Prämie pro Garantievereinbarung letztlich erst am Ende des Geschäftsjahres feststeht. Im Extremfall führt die Klausel dazu, dass die Klägerin ohne entsprechende Gegenleistung die volle Prämie von 32.908,00 EUR beanspruchen kann, wenn etwa die Beklagte keine einzige Garantievereinbarung vermittelt haben sollte.

Diese Nachberechnungsklausel hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht stand. Sie ist unwirksam, weil sie die Beklagte entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

Wie § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ausdrücklich klarstellt, kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch aus der Unklarheit oder Undurchschaubarkeit der AGB ergeben. Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners in den AGB möglichst klar und durchschaubar darzustellen (BGHZ 106, 49. NJW 2000, 651). Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann.

Insoweit verstößt die hier streitgegenständliche Klausel zunächst gegen das Verständlichkeitsgebot als Ausgestaltung des Transparenzgebots. Denn nachdem in der Anlage A zum Versicherungsvertrag die Prämie für jede abgeschlossene Garantievereinbarung zunächst mit 164,54 EUR angegeben ist, ist es auch für den aufmerksamen und sorgfältigen Vertragspartner nicht ohne weiteres verständlich, wenn sodann im übernächsten Absatz der Anlage A für den Fall, dass die vereinbarte Sollzahl nicht erreicht wird, vereinbart wird, dass die fehlende Anzahl an Garantievereinbarungen am Ende des Jahres mit der niedrigsten Prämie für Gebrauchtwagen als Prämienerhöhung nachberechnet wird. Aus diesem Zusammenspiel der Erklärungen wird nicht ausreichend verständlich, dass die Beklagte in jedem Falle Prämien für 200 Garantiezusagen entrichten musste, auch wenn sie eine solche Anzahl von Garantiezusagen gar nicht abschließen konnte. Damit erhöht sich für die Beklagte aber der Kostenaufwand für die tatsächlich zum Abschluss gebrachten Garantievereinbarungen. Dies wird aus der Anlage A zum Versicherungsvertrag nicht deutlich.

Zudem verstößt diese Klausel auch gegen das Bestimmtheitsgebot als Einzelausprägung des Transparenzgebotes, weil sie eine Preiserhöhungsklausel darstellt, ohne dass die Voraussetzungen und der zulässige Umfang der Erhöhung im Einzelnen konkretisiert werden. So hängt der tatsächliche Aufwand der Beklagten für jeden einzelnen der von ihr zum Abschluss gebrachten Garantieverträge allein davon ab, wie viele Garantieverträge sie vermitteln kann bzw. innerhalb eines Jahres nicht vermittelt hat. Die Prämiennachberechnung orientiert sich damit nicht an versicherungsmathematischen Notwendigkeiten, sondern erfolgt mehr oder weniger beliebig.

Diese Verstöße gegen das Transparenzgebot führen auch zu einer inhaltlichen Benachteiligung der Beklagten. Denn obwohl der Aufwand für die einzelne Garantiezusage je nach Anzahl der vermittelten Garantieversicherungen unterschiedlich ist und im Extremfall das Vielfache der kalkulierten Prämie ausmachen kann, kann die Beklagte selbst ihren Kunden lediglich die kalkulierte Prämie weiterberechnen, weil zum Zeitpunkt der Vermittlung der Garantieversicherung noch gar nicht abschätzbar ist, was an Prämiennachberechnung auf sie zukommt. Im Gegenzug dazu geht die Klägerin überhaupt kein Risiko ein, weil sie in jedem Falle ihre Prämien für 200 Garantiezusagen erhält, obwohl sie unter Umständen ein wesentlich geringeres Risiko übernimmt. Hierin ist eine entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessene Benachteiligung der Beklagten zu sehen.

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3. Aber auch wenn man in der streitgegenständlichen Klausel nicht eine Preisvereinbarung, sondern ein Vertragsstrafeversprechen sehen wollte, hielte sie einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht stand. Denn eine unangemessene Benachteiligung ist gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Zweifel auch dann anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Der Klauselkontrolle unterliegen nach §§ 307, 310 Abs. 1 Satz 2 BGB auch die in § 309 Nrn. 5 und 6 BGB angeführten Bestimmungen über pauschalierten Schadensersatz und Vertragsstrafen, soweit die nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB vorzunehmende Prüfung zur Unwirksamkeit solcher Klauseln führt.

Um einen wirksam vereinbarten pauschalierten Schadensersatz handelt es sich bei der streitgegenständlichen Klausel nicht, weil die Nachvergütungsregelung gerade losgelöst von jedem Schadensnachweis erfolgen sollte. Das ist beim pauschalierten Schadensersatz regelmäßig nicht anzunehmen, weil dieser sich auch unter Kaufleuten im Rahmen des sich nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schadens halten muss (§ 309 Nr. 5 BGB).

Somit kommt lediglich eine Vertragsstrafe als der Klägerin vereinbarungsgemäß eingeräumtes Druckmittel zur schadensunabhängigen Durchsetzung der Versicherung von mindestens 200 Garantieverträgen in Betracht. Gemäß § 339 S. 1 BGB ist die Vertragsstrafe für die nicht oder nicht gehörige Erfüllung nur verwirkt, wenn der Schuldner in Verzug kommt. Da Verzug Verschulden voraussetzt, kann eine Vertragsstrafenklausel grundsätzlich nicht – bzw. nur bei Vorliegen wichtiger Gründe – wirksam in AGB vereinbart werden, wenn sie verschuldensunabhängig ausgestaltet ist (Palandt/Grüneberg, BGB, 67. Aufl. 2008, § 309 Rn. 39. § 339 Rn. 3, jeweils m. w. N.). Hier knüpft die Vertragsstrafe nur an die Unterschreitung der vorgesehenen Zahl der zu vermittelnden Verträge von 200 Stück pro Jahr an. Die Klausel erfasst ihrem Wortlaut nach damit auch den Fall, dass die Unterschreitung der Zahl der vereinbarten Verträge nicht im Belieben der Beklagten lag und der Nachweis einer geringeren Anzahl von Garantieverträgen von dieser nicht zu vertreten war.

Es fehlt auch an der notwendigen Relation zwischen der Vertragsstrafe und der durch die Zuwiderhandlung zu erwartenden Schadenshöhe. Die Höhe der Vertragsstrafe entspricht nicht dem gesetzlichen Leitgedanken der §§ 340 Abs. 2, 341 Abs. 2 BGB, wonach die Vertragsstrafe den Mindestschaden darstellt. Der Umfang der Vertragsstrafe wäre vielmehr nach dem durch die Zuwiderhandlung zu erwartenden Gewinnausfall zu bemessen. Das ist bei dieser Klausel aber nicht annähernd der Fall, was schon daraus ersichtlich wird, dass die Klägerin bei Zugrundelegung ihrer Rechtsansicht für den Fall, dass die Beklagte gar keine Garantieverträge vorgelegt hätte, gleichwohl die volle Prämie ohne jeglichen Abzug für Schadensrisiken und ohne wesentliche Gegenleistung hätte fordern können.

Schließlich fehlt es auch an einem in Bezug zum Auftragsvolumen zu vereinbarenden Höchstbetrag der Vertragsstrafe (vgl. BGHZ 153, 311. NJWRR 2004, 1463, beispielsweise bei Bauverträgen 5 %).

Die Klägerin hat die sich aus § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ergebende Vermutung für eine unangemessene Benachteiligung auch nicht widerlegt. Zwar beruft sie sich darauf, dass sie die einzige Versicherung sei, die die von der Beklagten vertriebenen amerikanischen Kraftfahrzeuge überhaupt zu versichern bereit sei und dass es sich bei dem Tarif von 164,54 EUR für eine zwölfmonatige Garantie um ein besonders günstiges Angebot gehandelt habe. Diese Behauptungen hat sie jedoch nicht näher substantiiert. Insbesondere hat sie nicht dargelegt, dass ihre Kalkulation nur dann aufgeht, wenn sie mindestens 200 Garantiezusagen von der Beklagten erhält. Wie sie die Prämie im Einzelnen kalkuliert hat, hat sie nicht vorgetragen.

4. Eine geltungserhaltende Reduktion von Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgt nicht, so dass die Nachvergütungsklausel bei Durchführung einer Inhaltskontrolle sich insgesamt als unwirksam erweist.

Die vorgesehene Ermäßigung nach § 343 BGB ist nach § 348 HGB für Kaufleute nicht anwendbar.

5. Eine Anpassung im Wege ergänzender Vertragsauslegung kommt zwar in Betracht, insofern ist jedoch nicht annähernd ersichtlich, welche Regelung die Vertragsparteien in Kenntnis dieser Regelungslücke getroffen hätten. Es ist nicht auszuschließen, dass jede Prämienmehrforderung von der Beklagten abgelehnt worden wäre und dass die von der Klägerin angebotene Versicherungsmehrleistung von der Beklagten nur akzeptiert worden ist, weil sie mit einer besonders zu erbringenden wirtschaftlichen Gegenleistung gerade nicht rechnete.

6. In Ermangelung einer begründeten Hauptforderung sind die Nebenforderungen der Klägerin (Zinsen, Rücklastschriftkosten, außergerichtliche Rechtsanwaltskosten) ebenfalls unbegründet.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

 

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