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Gebrauchtwagengarantievertrag


Bundesgerichtshof

Az.: VIII ZR 251/06

Urteil vom 17.10.2007


Anmerkung des Bearbeiters

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Leitsätze

Eine Klausel in einem vom Garantiegeber formularmäßig verwendeten Gebrauchtwagengarantievertrag, die für den Fall, dass der Garantienehmer die vom Fahrzeughersteller vorgeschriebenen oder empfohlenen Wartungs-, Inspektions- und Pflegearbeiten nicht durchführen lässt, die Leistungspflicht des Garantiegebers unabhängig von der Ursächlichkeit für den eingetretenen Schaden ausschließt, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Kunden unwirksam (im Anschluss an BGH, Urteil vom 24. April 1991 – VIII ZR 180/90, NJW-RR 1991, 1013).


In dem Rechtsstreit hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 17. Oktober 2007 für Recht erkannt:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ansbach – 1. Zivilkammer – vom 27. Juli 2006 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen


Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten auf der Grundlage eines Garantievertrags die Übernahme von Reparaturkosten für ein von ihm am 27. Juni 2003 von einem Autohändler erworbenes gebrauchtes Kraftfahrzeug. Der gleichzeitig mit der Beklagten abgeschlossene Garantievertrag enthält folgende Formularbedingungen:

„§ 1 Umfang der Garantie

Garantiert wird die Funktionsfähigkeit aller mechanischen und elektrischen Teile mit nachstehenden allumfassenden Ausschlüssen wie folgt:

– Bremsen und Kupplung: Kupplungsscheibe und Bremsbeläge, -scheiben und -trommeln

§ 2 Ausschlüsse der Garantie

Keine Garantie besteht für Schäden:

– durch unsachgemäße, mut- oder böswillige Handlungen, …

§ 3 Pflichten des Käufers/Garantienehmers

Der Käufer/Garantienehmer hat

– an dem Fahrzeug die vom Hersteller vorgeschriebenen oder empfohlenen Wartungs-, Inspektions- und Pflegearbeiten beim ausliefernden Händler, einem Herstellerfachbetrieb oder in einer von einem Kfz-Meister/in geleiteten und von der Handwerkskammer anerkannten Fachwerkstatt nach Herstellerrichtlinien lückenlos durchzuführen und diese in der Garantieurkunde bestätigen zu lassen

– den Schaden nach Möglichkeit zu mindern und dabei den Weisungen der S. GmbH in Hinblick auf Art, Umfang und Ort der Reparatur zu befolgen

Die Nichteinhaltung der Pflichten gefährden die Garantieansprüche; werden diese verletzt, so ist der Garantiegeber von seiner Leistungspflicht befreit.“

Anfang des Jahres 2004 wurde ein erhöhtes Axialspiel an der Kurbelwelle des Fahrzeugs festgestellt. Zu diesem Zeitpunkt war das nach den Herstellerrichtlinien vorgesehene Wartungsintervall von 15.000 km um 827 km überschritten.

Mit der Klage begehrt der Kläger die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme der Reparaturkosten. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht hat entsprechend dem zuletzt gestellten Antrag des Klägers festgestellt, dass die Beklagte zur Übernahme der Reparaturkosten auf der Basis des vom gerichtlichen Sachverständigen festgestellten Reparaturkostenbetrages verpflichtet ist. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.


Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Der am Fahrzeug des Klägers eingetretene Schaden falle unter die von der Beklagten übernommene Garantie. Nach § 1 des Garantievertrages sei nur die Mangelhaftigkeit der Kupplungsscheibe von der Garantie ausgeschlossen.

Der an der Kurbelwelle eingetretene Schaden sei aber durch ein zu geringes Lüftspiel im Bereich der Betätigungseinrichtung der Kupplung oder durch Lufteintritt im Bereich des geschlossenen Flüssigkeitssystems der Kupplung verursacht worden.

Auf die Nichteinhaltung der Wartungsintervalle gemäß § 3 des Garantievertrages könne sich die Beklagte nicht berufen, denn diese Vertragsbestimmung sei wegen unbilliger Benachteiligung des Kunden gemäß § 307 BGB unwirksam.

Die Klausel unterliege der Inhaltskontrolle, weil sie nicht die Beschreibung des unmittelbaren Leistungsgegenstandes betreffe, sondern eine Einschränkung der übernommenen Hauptleistungspflicht, der Kostentragung bei Reparatur, beinhalte. Der anlässlich eines Gebrauchtwagenkaufs mit einem Dritten abgeschlossene Garantievertrag sei mit der dreijährigen Neuwagengarantie eines Herstellers oder Vertragshändlers nicht zu vergleichen. Die mit einem Dritten getroffene eigene Garantievereinbarung über die Reparaturkostentragung müsse einen über die Gewährleistungsansprüche hinausgehenden oder zumindest davon zu trennenden Inhalt haben. Anders als bei einer Neuwagengarantie des Herstellers könne die Beklagte auch nicht auf die Bindung des Klägers an das eigene Kundendienst- und Reparatursystem abzielen und dem Garantienehmer insoweit eine Pflicht auferlegen.

Die unbillige Benachteiligung des Kunden durch § 3 der Garantiebedingungen liege darin, dass eine Leistungsbefreiung des Garantiegebers allein wegen der Überschreitung der Wartungsintervalle eintrete, also auch dann, wenn der Verstoß gegen die Obliegenheit nicht schadensursächlich geworden sei. Im Verhältnis zur Laufleistung des Fahrzeugs des Klägers bei Schadenseintritt (86.784 km) sei die Überschreitung des Wartungsintervalls um 827 km sehr gering. Aufgrund der Angaben des Sachverständigen, dass sich der Mangel schleichend im Betrieb oder auch durch das Eindringen von Luft in das hydraulisch betätigte System der Kupplung habe einstellen können, sei davon auszugehen, dass der Zeitpunkt des Schadenseintritts bei einem Pkw mit so hoher Laufleistung eher zufällig gewesen sei und nicht auf der versäumten

Inspektion beruhe. Die Feststellung, ob der Schaden auch bei rechtzeitiger Wartung eingetreten wäre, müsse aber letztlich nicht getroffen werden, denn dies liefe auf eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion der Klausel auf das noch zulässige Maß hinaus.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.

1.

Zutreffend und von der Revision unbeanstandet ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der am Fahrzeug des Klägers aufgetretene Schaden unter den Garantieumfang nach § 1 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrages fällt.

2.

Ohne Erfolg macht die Revision geltend, dass die Überschreitung des Wartungsintervalls um 827 km der Verpflichtung der Beklagten zur Tragung der Reparaturkosten dieses Schadens entgegenstehe.

a) Zu Recht hat das Berufungsgericht die in § 3 des Formularvertrags geregelten „Pflichten des Käufers/Garantienehmers“ und die für den Fall der „Nichteinhaltung der Pflichten“ angeordnete Befreiung des Garantiegebers von seiner Leistungspflicht der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, 2 BGB unterzogen.

aa) Allerdings sind § 307 Abs. 1 und 2 sowie §§ 308, 309 BGB gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB auf solche Abreden nicht anzuwenden, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistung und den dafür zu zahlenden Preis unmittelbar regeln (BGHZ 100, 157, 173; 104, 82, 90; 106, 42, 46; BGH, Urteil vom 19. November 1991 – X ZR 63/90, NJW 1992, 688, unter II 1, jeweils zu § 8 AGBG). Diese Freistellung gilt jedoch nur für den unmittelbaren Leistungsgegenstand, nicht aber für Regelungen, die die Leistungspflicht des Verwenders einschränken. So sind Allgemeine Geschäftsbedingungen dann der Inhaltskontrolle unterworfen, wenn sie anordnen, dass der Verwender unter bestimmten Voraussetzungen die versprochene Leistung nur modifiziert oder überhaupt nicht zu erbringen habe (Senatsurteil vom 24. April 1991 – VIII ZR 180/90, NJWRR 1991, 1013, unter II). Für die der Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung bleibt deshalb nur der enge Bereich der Leistungsbezeichnungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhaltes ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann (BGHZ 123, 83, 84).

bb) Vorliegend handelt es sich, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, um eine der Inhaltskontrolle unterliegende Einschränkung des Leistungsversprechens.

Die Beklagte hat nach Maßgabe des § 1 des Garantievertrags für die Laufzeit von zwölf Monaten die Funktionsfähigkeit der mechanischen und elektrischen Teile des Fahrzeugs garantiert und sich gemäß § 6 zur Tragung anfallender Reparaturkosten verpflichtet. Dass die Beklagte von dieser Leistungspflicht unter bestimmten Voraussetzungen – nämlich unter anderem bei Verletzung der dem Kunden im Zusammenhang mit vorzunehmenden Wartungsarbeiten auferlegten „Pflichten“ – wiederum frei sein soll, schränkt das gegebene Versprechen ein; insoweit liegt keine der Inhaltskontrolle entzogene Leistungsabrede, sondern eine Nebenabrede dazu vor (vgl. Senatsurteil vom 24. April 1991, aaO). Ob demgegenüber eine als negative Anspruchsvoraussetzung formulierte Garantieklausel, die Leistungen aus der Garantie von vornherein nur unter der Voraussetzung durchgeführter Wartungsarbeiten verspricht (vgl. OLG Nürnberg, NJW 1997, 2186), als eine der Inhaltskontrolle entzogene Leistungsbeschreibung zu qualifizieren ist, bedarf hier keiner Entscheidung, denn eine solche Formulierung hat die Beklagte nicht verwendet.

b) Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, dass der in § 3 der Garantiebedingungen als Folge der Nichtdurchführung der Wartungsarbeiten vorgesehene Verlust der Garantieansprüche den Kunden unangemessen benachteiligt.

Eine Formularklausel ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unangemessen, wenn der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen (BGHZ 90, 280, 284; 120, 108, 118; 143, 103, 113). Das trifft auf eine Klausel zu, die den Verwender – wie hier § 3 der Garantiebedingungen – von seiner Leistungsverpflichtung ohne Rücksicht darauf freistellt, ob der Verstoß des Kunden gegen seine Obliegenheit zur Durchführung der Wartungsarbeiten für den reparaturbedürftigen Schaden ursächlich geworden ist (Senatsurteil vom 24. April 1991, aaO, unter III 1 und 2 c). Entgegen der Auffassung der Revision gebietet der Umstand, dass umfangreiche, unter Heranziehung von Sachverständigen zu führende Auseinandersetzungen über die Kausalitätsfrage durch einen Leistungsausschluss im Falle versäumter Inspektionen von vornherein verhindert werden können, keine andere Bewertung. Der Beklagten ist es nicht verwehrt, den Beweis fehlender Ursächlichkeit dem Kunden aufzuerlegen; dadurch wird der Gefahr ungerechtfertigter Inanspruchnahme wirksam begegnet. Dass die Beklagte sich mit ernsthaft streitigen Kausalitätsfällen befassen muss, hat sie hinzunehmen (vgl. Senatsurteil vom 24. April 1991, aaO).

3.

Entgegen der Auffassung der Revision steht dem Anspruch des Klägers aus der Garantie auch kein auf Befreiung von diesem Anspruch gerichteter Schadensersatzanspruch der Beklagten aus § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB wegen Nichtdurchführung der Wartungsarbeiten entgegen. Denn bei den in § 3 des Garantievertrags geregelten „Pflichten des Käufers/Garantienehmers“ handelt es sich aus der maßgeblichen Sicht eines verständigen Kunden nicht um Leistungspflichten des Käufers/Garantienehmers. Dafür könnte zwar der Wortlaut der Vertragsklausel („Pflichten“) sprechen. Als Rechtsfolge der „Pflichtverletzung“ sieht der Garantievertrag jedoch keine Schadensersatzansprüche des Garantiegebers, sondern nur den Verlust der Garantieansprüche des Kunden vor. Bei den in § 3 des Vertrags genannten „Pflichten“ handelt es sich deshalb um Obliegenheiten, die dem Kunden lediglich im eigenen Interesse auferlegt sind.

4.

Zu Unrecht verweist die Revision im Hinblick darauf, dass der Sachverständige ein „Schleifenlassen der Kupplung“ als Schadensursache nicht ausgeschlossen habe, auf einen Leistungsausschluss wegen unsachgemäßer Behandlung nach § 2 Spiegelstrich 3 der Garantiebedingungen. Nach dem Gutachten des Sachverständigen B. ist offen geblieben, ob der eingetretene Schaden an der Kupplung durch einen Fahr- oder Bedienungsfehler des Klägers verursacht worden ist. Dies geht zu Lasten der Beklagten. Entgegen der Auffassung der Revision besteht für eine Umkehr der Beweislast wegen Beweisvereitelung kein Anlass. Eine solche Beweislastumkehr kommt nur in Betracht, wenn eine Partei ihrem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft erschwert oder unmöglich gemacht hat, etwa durch Zerstörung oder Entziehung von Beweismitteln (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 23. November 2005 – VIII ZR 43/05, NJW 2006, 434, unter II 1 b bb). Nach dem von der Revision als übergangen gerügten Vorbringen der Beklagten konnte zwar der gerichtliche Sachverständige nähere Feststellungen zur Ursache des Kupplungspedalspiels nicht treffen, weil die vom Kläger mit der Feststellung der Schadensursache beauftragte Werkstatt das Übertragungssystem der Kupplung teilweise zerlegt hatte und die Kupplung deshalb nur noch in diesem Zustand zur weiteren Begutachtung zur Verfügung stand. Diese Vorgehensweise kann dem Kläger aber nicht als fahrlässige Beweisvereitelung angelastet werden.

5.

Erfolglos bleibt auch die weitere Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe der Beklagten durch die ausgesprochene Verpflichtung zur Übernahme der Reparaturkosten auf der Basis des gerichtlichen Sachverständigengutachtens zu Unrecht – entgegen der Regelung in § 3 Satz 1 Spiegelstrich 4 der Garantiebedingungen – die Art und Weise der Reparaturdurchführung, insbesondere den unnötigen Einbau eines neuen statt eines gebrauchten Teilemotors vorgeschrieben. Diese Rüge geht schon deshalb fehl, weil in der Kostenschätzung des gerichtlichen Sachverständigen der Einbau eines neuen Teilemotors nicht vorgesehen ist.

6.

Entgegen der Auffassung der Revision ist auch die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar hatte der Kläger die begehrte Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Tragung der Reparaturkosten zunächst auf den Kostenvoranschlag der Firma Autohaus P. vom 24. Februar 2004 bezogen, den Antrag aber später auf das gerichtliche Sachverständigengutachten als Basis umgestellt. Es kann dahinstehen, ob darin, wie die Revision meint, eine teilweise Rücknahme bzw. ein Teilunterliegen liegt, weil der Kostenvoranschlag des Autohauses P. von etwas höheren Kosten ausgeht. Auch in diesem Fall erweist sich die Entscheidung des Berufungsgerichts, der Beklagten die gesamten Kosten aufzuerlegen, gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO als richtig, denn der Umfang der Reparaturarbeiten hing von der Ermittlung durch einen Sachverständigen ab.


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