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Gebrauchtwagenkaufvertrag – Arglistige Täuschung über Vorschaden von einem Unfallschaden

AG Reinbek – Az.: 14 C 230/12 – Urteil vom 29.11.2013

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rückgabe eines VW Golf Cabrio.

Die Beklagte, von Beruf Kellnerin, erwarb am 31.05.2010 einen VW Golf Cabrio vom Geschäftsführer der Firma … . Sie bat die Herren … den Wagen für sie abzuholen. Bei der Übergabe erklärte Herr …, dass das Fahrzeug ein Jahr zuvor einen leichten Frontschaden gehabt habe, der ordnungsgemäß repariert worden sei.

Die Beklagte ließ den Wagen am 15.06.2010 auf ihren Namen zu. Sie fuhr das Fahrzeug bis zum Verkauf an die Klägerin unfallfrei.

Am 06.09.2011 passierte das Fahrzeug die Hauptuntersuchung erfolgreich. Der Prüfer bemängelte lediglich einen Ölverlust am Motor.

Die Beklagte bot ab dem 25.03.2012 über eBay Kleinanzeigen den VW Golf Cabrio für € 3.850,00 an. Dort wurde das Fahrzeug u.a. wie folgt beschrieben: „Ansonsten ein technisch perfektes und dem Alter entsprechend einwandfreies Nichtraucherfahrzeug, (es ist ein leichter reparierter Frontschaden vor drei Jahren gewesen). Bezüglich der Einzelheiten des Angebots wird auf die Anlage K4 (Bl. 10 d.A.) verwiesen.

Gebrauchtwagenkaufvertrag - Arglistige Täuschung über Vorschaden von einem Unfallschaden
Symbolfoto: Von Alexander Chaikin /Shutterstock.com

Die Klägerin kaufte das Fahrzeug am 29.03.2012 für € 3.300,00 von der Beklagten. Sie erschien zum Termin mit Herrn … . Im schriftlichen Kaufvertrag, der vor Ort geschlossen wurde, war angegeben, dass das Fahrzeug „Gebrauchsspuren“ habe. Des weiteren war angegeben: „Der Verkäufer sichert zu – dass ihm keine Unfallschäden bekannt sind“. Der Kaufvertrag enthielt den Hinweis: „Jede Gewährleistung ist ausgeschlossen, soweit nicht nachstehend vom Verkäufer ausdrücklich Zusicherungen abgegeben werden.“ Weiter war dort die Anzahl der Vorbesitzer mit „3“ angegeben. Bezüglich der Einzelheiten des Kaufvertrags wird auf die Anlage K 1 (Bl. 6 d.A.) verwiesen.

Bei der Besichtigung prüfte die Klägerin die Karosserie mit einem mitgebrachten Magneten und stellte keine gespachtelten Stellen fest. Sie machte eine Probefahrt von etwa einer Stunde. Anschließend nahm sie mit Herrn … den Motorraum in Augenschein. Herr … wies auf die nicht lackierten Schrauben des linken Kotflügels hin, worauf die Herren … und … wiederholten, was ihnen Herr … mitgeteilt hatte, nämlich dass der Wagen vor drei Jahren einen leichten, reparierten Frontschaden hatte. Im Verlauf der Kaufvertragsverhandlungen ging die Beklagte mit dem Preis auf € 3.300,00 herunter und überließ noch vier neue Winterreifen auf Stahlfelgen.

Am 04.04.2012 brachte die Klägerin das Fahrzeug zum KFZ-Meister Herrn ….

Mit Schreiben vom 10.04.2012 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte zur Abholung des Pkw auf. Die Beklagte weigerte sich, das Fahrzeug zurückzunehmen.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe arglistig erhebliche Mängel am Fahrzeug verschwiegen. Der KFZ-Meister …, der das Fahrzeug der Klägerin angesehen habe, habe festgestellt, dass das Fahrzeug einen schweren Rahmenschaden habe, beide vorderen Airbags und ein Seitenairbag ohne Funktion seinen, die Bremse hinten links defekt sei, da der Sattel fest sei und die Scheiben leicht eingelaufen seien.

Die Klägerin behauptet, eine Vorbesitzerin des Wagens, Frau … habe einen Totalschaden mit dem Fahrzeug gehabt. Sie behauptet weiter, Herr … habe beim Ankauf des Fahrzeugs in … (einen Vorschaden festgestellt und dies der Beklagten später mitgeteilt.

Die Klägerin beantragt,

1. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.300,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.04.2012 Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs Golf Cabrio mit der Fahrgestellnummer: … zu zahlen.

2. Festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 15.04.2012 mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Verzug befindet.

die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die prozessvorbereitend gewechselten Schriftsätze der Parteien und die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 13.06.2013 und 10.10.2013 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aus §§ 123Abs. 1, 142 Abs. 1,812 BGB auf Zahlung von € 3.300,00 Zug um Zug gegen Rückgabe des Golf Cabrio mit der Fahrgestellnummer … . Die Beklagte hat zur Überzeugung des Gerichts die Klägerin beim Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug nicht arglistig getäuscht.

Die Beklagte hat nicht beweisen können, dass die Beklagte tatsächliche Kenntnis von einem angeblichen Totalschaden des Fahrzeugs hatte. Es ist zum einen unstreitig, dass ein reparierter Frontschaden Gegenstand des Verkaufsgespräches war. Zum anderen ist unstreitig, dass dieser auch in der von der Klägerin selbst vorgelegten Anzeige bei eBay-Kleinanzeigen ausdrücklich genannt worden war. Eine arglistige Täuschung allein durch den offenkundig unzutreffenden Zusatz im Kaufvertrag „Der Verkäufer sichert zu – dass ihm keine Unfallschäden bekannt sind“ kommt also aufgrund der entgegenstehenden positiven Kenntnis der Klägerin von einem Vorschaden nicht in Betracht. Die Klägerin meint jedoch, die Beklagte habe sie arglistig über den Umfang des Vorschadens getäuscht, da dies kein leichter Frontschaden, sondern ein Totalschaden gewesen sei und die Beklagte Kenntnis davon gehabt habe. Eine arglistige Täuschung durch ein bewusstes Verschweigen dieses Mangels setzt jedoch voraus, dass der Beklagten überhaupt bekannt war, dass das Fahrzeug einen Totalschaden gehabt hat. Die Kenntnis der Beklagten eines solchen Umfangs des Vorschadens hat die Klägerin nicht schlüssig vortragen und unter Beweis stellen können.

Allein die Behauptung der Klägerin, die in Rede stehenden Vorschäden seien „erkennbar“ gewesen, reicht nicht aus, um eine positive Kenntnis der Beklagten nachzuweisen. Die Beklagte ist unstreitig von Beruf Kellnerin und nicht KFZ-Mechanikerin. Sie ist daher ebenso wie die Klägerin ein Laie, was Fahrzeuge und die Erkennbarkeit und Differenzierung zwischen leichten Frontschäden und Totalschäden angeht. Sollte demnach das Vorliegen eines reparierten Totalschadens für die Beklagte offenkundig gewesen sein, so gälte dies in gleicher Weise für die Klägerin, welche den Wagen ausgiebig untersuchte und Probe fuhr. Hätte sich das Vorliegen eines wesentlich erheblicheren Schadens der Beklagten also aufdrängen müssen, dann hätte es sich auch der Klägerin in gleicher Weise aufgedrängt und sie hätte den Wagen in Kenntnis dieses Mangels gekauft. Dann wäre das Recht auf Anfechtung ausgeschlossen, da ein Käufer, welcher den Mangel kennt oder ohne Weiteres erkennen kann, nicht arglistig getäuscht werden kann.

Die Indizien sprechen zudem gegen eine positive Kenntnis der Beklagten. Diese fuhr das Fahrzeug schließlich über einen längeren Zeitraum selbst. In der Hauptuntersuchung vom 06.09.2011 wurden die von der Klägerin behaupteten Mängel nicht festgestellt.

Bei der Angabe „es ist ein leichter reparierter Frontschaden vor drei Jahren gewesen“ in der eBay-Anzeige handelt es sich darüber hinaus auch nicht um eine Angabe der Beklagten „ins Blaue hinein“. Die Beklagte hat nur das weitergegeben, was ihr von Herrn … über die Herren … und … mitgeteilt worden war. Die Herren … und … wiederholten gegenüber der Klägerin beim Kauftermin auch nur das, was ihnen Herr Ostermann gesagt hatte. Die Beklagte gab also zu erkennen, dass die Angabe „leichter reparierter Frontschaden“ nicht auf ihrer eigenen Kenntnis, sondern der Angabe des damaligen Verkäufers beruhte, da der Unfall nicht in der Zeit passiert war, in welcher sie Eigentümerin des Fahrzeugs gewesen war. Subjektiv ging die Beklagte zudem nachvollziehbar aufgrund der erfolgreichen Hauptuntersuchung davon aus, dass der Frontschaden ordnungsgemäß repariert worden ist.

Das Gericht hatte bereits mit Hinweis vom 11.07.2013 darauf hingewiesen, dass allenfalls Gewährleistungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte in Betracht kommen könnten, sofern man die Angaben in der eBay-Anzeige „…technisch perfektes und dem Alter entsprechend einwandfreies Nichtraucherfahrzeug als“ als Beschaffenheitsgarantie verstehen wollte, die nicht vom Gewährleistungsausschluss umfasst sein könnte. Die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen ist jedoch nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

Der weitere von der Klägerin behauptete Mangel bezüglich der Bremse hinten berechtigt ebenfalls nicht zur Anfechtung. Dies folgt bereits daraus, dass die Parteien im Kaufvertrag einen Gewährleistungsausschluss vereinbart hatten.

II.

Die Entscheidung zu den Kosten des Rechtsstreits folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708Nr. 11, 711 ZPO.

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