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Gebrauchtwagenkaufvertrag – höhere Vorbesitzeranzahl als angegeben

LG Lüneburg – Az.: 6 O 55/15 – Urteil vom 07.03.2016

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird für die Zeit bis 15.12.2015 einschließlich festgesetzt auf bis zu 26.000,00 €, ab dem 16.12.2015 auf bis zu 19.000,00 €.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Ruckabwicklung eines finanzierten Gebrauchtwagen-Kaufvertrages. Die Klägerin nimmt die Beklagte, ein Autohaus, auf Rückzahlung bereits geleisteter Kreditraten Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw und auf Freistellung von künftig fällig werdenden Darlehnsraten in Anspruch. Hilfsweise gegehrt sie eine Minderung des Kaufpreises.

Die Parteien haben am 29.09.2014 einen Kaufvertrag über einen gebrauchten PKW V. mit einem Kilometerstand von 105.000 km zu einem Kaufpreis von 10.000,00 € geschlossen (Anlage K1, Bl. 6 d.A.). Unter „Zahl der Halter lt. Fz-Brief“ war „2“ eingetragen. Eingetragen waren tatsächlich drei Vorbesitzer. Finanziert wurde der Kauf über eine Kooperationsbank der Beklagten, der B. GmbH, wobei eine Gesamtsumme von 13.924 € finanziert wurde, um einen noch bestehenden Kredit der Klägerin bei der S. abzulösen (Anlage K2, Bl. 9 f.d.A.). Die Klägerin gab ihr altes Fahrzeug für 6.200,00 € in Zahlung. Vor Vertragsabschluss wurde von der Klägerin eine Probefahrt durchgeführt.

Die Beklagte hatte das Fahrzeug mit Kaufvertrag vom 19.09.2014 (Anlage B16, Bl. 113 d.A.) angekauft. Der Vertrag enthält den Zusatz „Das Fahrzeug ist unfallfrei und hat keine verborgenen Schäden, ist rissfrei/bruchfrei/schweißfrei“. Gegenüber der Klägerin teilte die Beklagte mit, dass das Fahrzeug unfallfrei sei und keine Mängel aufweise. Nach Behauptung der Beklagten fügte sie hinzu, dass dies nach den Angaben des Verkäufers so sei. Vor dem Ankauf nahm die Beklagte eine Sichtprüfung des Fahrzeugs vor und befand den Zustand für augenscheinlich einwandfrei. Die Beklagte ließ vor der Übergabe an die Klägerin u.a. die Winterreifen aufziehen und die Bremsscheiben und Bremsbeläge vorn erneuern (Anlage B2, Bl. 38 d.A.). Zudem wurde die Hauptuntersuchung durch die D… GmbH durchgeführt. Auf den Untersuchungsbericht vom 01.10.2014 wird verwiesen (Anlage B3, Bl. 39 d.A.).

Einige Wochen nach Übergabe stellte die Klägerin das Fahrzeug bei der Beklagten mit einem angebrochenen Spoiler an der Radhausschale vor, der von der Beklagten geklebt wurde. Im April 2015 zog die Beklagte die Sommerreifen auf. Als die Klägerin anschließend die Reifen und die Bremsen bemängelte, bot die Beklagte der Klägerin an, ihr neue Sommerreifen zu montieren und die Bremsen zu erneuern. Das Angebot nahm die Beklagte nicht an.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 07.05.2015 (Anlage K3, Bl. 13 ff. d.A.) den Kaufvertrag angefochten. Am 16.12.2015 lag der KM-Stand bei 120.275 km.

Die Klägerin behauptet, nach dem Aufzug der Sommerreifen auffällige Fahrgeräusche festgestellt zu haben. Sie behauptet, sie habe den Pkw einer Werkstatt vorgestellt, die festgestellt habe, dass sich an den Sommerreifen Rillen gebildet haben sowie die Bremsen nicht ordnungsgemäß eingestellt seien. Die Klägerin behauptet, aus der von der VW-Werkstatt ausgelesenen Reparaturhistorie ergebe sich, dass an dem Fahrzeug die Motorhaube ausgebeult und neu lackiert wurde, das Fahrzeug einen Unterbodenschaden aufgewiesen habe sowie, dass das Fahrzeug an einer Rückrufaktion hinsichtlich des Getriebes nicht teilgenommen habe.

Die Klägerin behauptet, der Geschäftsführer der Beklagten habe auf ihre Frage, ob das Fahrzeug „aus erster Hand“ stamme, dies bejaht und dadurch ergänzt – was unstreitig ist – dass es nur noch von der Frau des Halters gefahren werde. Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte hätte bei der Sichtprüfung erkennen können, dass die Motorhaube neu lackiert wurde. Die Beklagte behauptet, bei der D…-Prüfung seien nicht die Reifen aufgezogen gewesen, die ihr im April 2015 aufgezogen wurden.

Nachdem die Klägerin zunächst beantragt hatte, die Beklagte zur Zahlung von 10.000,00 € zu verurteilen Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkws sowie Freistellung von Zins- und Tilgungsleistungen aus dem Darlehnsvertrag mit Wirkung ab dem 01.06.2015, beantragt sie in der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2015 nunmehr,

die Beklagte zur Zahlung von 2.961,66 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 16.12.2015 zu verurteilen Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw … (Fahrzeug-Ident.-Nr. …).

Die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von Zins- und Tilgungsleistungen gegenüber der B. GmbH zur Kreditnummer … mit Wirkung ab dem 01.01.2016 freizustellen.

Hilfsweise beantragt sie, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen sowie hinsichtlich des zurückgenommen Teils der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Beklagte behauptet, der Vertrag sei der Klägerin vor dem unterschreiben vorgelesen worden. Die Beklagte behauptet zudem, bei der Besichtigung und der Probefahrt sowie der Hauptuntersuchung seien die Sommerreifen aufgezogen gewesen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Zudem wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2015 (Bl. 118 ff. d.A.) sowie vom 22.02.2016 (Bl. 174 d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Gebrauchtwagenkaufvertrag – höhere Vorbesitzeranzahl als angegeben
(Symbolfoto: Mikael Damkier/Shutterstock.com)

1. Die mit Schriftsatz vom 07.05.2015 erklärte Anfechtung gemäß § 123 BGB führt nicht zur Nichtigkeit des Kaufvertrages vom 29.09.2014, da der Klägerin der Beweis einer arglistigen Täuschung über kaufentscheidende Tatsachen durch die Beklagte nicht gelungen ist.

Unter einer Täuschung im Sinne des § 123 BGB versteht man die vorsätzliche Erregung, Bestärkung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums, sei es durch das Vorspiegeln falscher oder das Verschweigen wahrer Tatsachen, um den Willensentschluss des Getäuschten zu beeinflussen. Ein Täuschungswille kann dabei nur vorliegen, wenn der Täuschende die Unrichtigkeit seiner Angaben kennt. Bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels handelt arglistig, wer einen Fehler mindestens für möglich hält, gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Macht der Täuschende unrichtige Angaben „ins Blaue hinein“, rechnet er mit der Unrichtigkeit und nimmt dies billigend in Kauf.

Nach diesen Grundsätzen liegt eine arglistige Täuschung der Beklagten nicht vor.

a. Soweit die Klägerin behauptet, die Beklagte habe angegeben, der PKW habe nur einen Vorbesitzer (aus erster Hand), liegt in Anbetracht dessen, dass im Kaufvertrag „zwei Halter laut Fz. Brief“ eingetragen ist, eine Täuschung nicht vor. Selbst wenn der Vertrag mit der Klägerin im Einzelnen nicht durchgegangen worden sein sollte, hätte sie die Möglichkeit gehabt, sich den sehr übersichtlichen Vertrag vor dem Unterschreiben anzuschauen. Wer Rechte und Pflichten durch Unterzeichnung eines Kaufvertrages eingeht, hat auch die Obliegenheit, den Vertrag zuvor zu prüfen. Tut sie dies nicht, kann sie im Nachhinein ihren Vertragspartner keine Täuschung vorwerfen. Soweit im Fahrzeugbrief tatsächlich 3 Vorbesitzer eingetragen sind, liegt darin keine Täuschung über eine kaufentscheidende Tatsache. Die Klägerin hat deutlich gemacht, dass es ihr wichtig war, einen Wagen aus erster Hand zu erwerben. Dass es auch kaufentscheidend gewesen ist ob zwei oder drei Vorbesitzer eingetragen waren, hat sie nicht dargelegt. Davon ist üblicherweise auch nicht auszugehen, da die Abweichung wenn überhaupt nur einen unerheblichen Mangel darstellt. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziffer 2 a. verwiesen.

b. Soweit die Beklagte gegenüber der Klägerin angegeben hat, der PKW sei – laut Angaben des Vorbesitzers – unfall- und mangelfrei, ist der Beweis einer arglistigen Täuschung ebenfalls nicht gelungen.

aa. Nach unbestrittenen Angaben resultierte die Beule in der Motorhaube sowie die daraus resultierende Neulackierung zunächst nicht aus einem Unfall, so dass die Bezeichnung als „unfallfrei“ insoweit der Wahrheit entspricht. Der Geschäftsführer der Beklagten hat dazu angegeben, dass ihm der Vorbesitzer im Nachhinein mitgeteilt habe, dass eine fingernagelgroße Beule ungeklärten Ursprungs vorgefunden wurde.

Hinsichtlich der Neulackierung der Motorhaube liegt auch kein Mangel des PKWs vor. Nach ständiger Rechtsprechung weist ein Fahrzeug auch bei Ersetzung der Originallackierung durch eine ordnungsgemäß ausgeführte Neulackierung keinen Mangel auf (BGH, Urteil vom 20. Mai 2009 – VIII ZR 191/07 -, juris; OLG Bamberg, Urteil vom 09.02.2011 – 8 U 166/10; OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.7.2002 – 17 U 9/02, juris, Tz. 15; OLG Frankfurt/M., OLGR 2001, 109, 110; LG Kiel, Urteil vom 27.02.2015 – 3 O 25/14; LG Oldenburg, MDR 2006, 444; LG Itzehoe, Urteil vom 25.8.2003 – 2 O 41/03, juris, Tz. 21).

Zudem ist der Klägerin der Beweis nicht gelungen, dass der Verkäufer die den Mangel ausmachenden Tatsachen bei Abschluss des Vertrages gekannt oder wenigstens für möglich gehalten hat. Insoweit hat der Geschäftsführer der Beklagten geschildert, dass ihm der Vorbesitzer zugesichert habe, dass der PKW unfallfrei sei und keine verborgenen Schäden aufweise, was sich auch aus dem Kaufvertrag vom 19.09.2015 ergibt. Erst im Nachhinein auf Nachfrage habe der Vorbesitzer mitgeteilt, dass sich auf der Motorhaube eine fingernagelgroße Beule unbekannten Ursprungs befunden habe. Diese sei herausgedrückt und die Motorhaube neu lackiert worden. Auch liegt keine Angabe ins Blaue hinein vor. Der Geschäftsführer der Beklagten gibt unbestritten an, dass der Meister eine Sichtprüfung durchgeführt habe. Dazu hat die Klägerin zwar behauptet, dass die Neulackierung der Motorhaube in diesem Rahmen hätte erkannt werden müssen. Dies hat der Geschäftsführer der Beklagten jedoch nachvollziehbar dahingehend verneint, dass man dazu ein Lackschichtmessgerät benötige, welches die Beklagte nicht besitze. In der Rechtsprechung ist zudem anerkannt, dass eine Sichtkontrolle bei Verkauf eines PKW durch einen gewerblichen Gebrauchtwagenhändler wie vorliegend erfolgt ausreicht und eine detailliertere Untersuchung, z.B. durch die Messung der Lackschichtdicke, nur bei konkreten Anhaltspunkten erforderlich ist (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl. 2014, Teil 2 K, zur Messung der Lackschichtdicke vgl. Rd. 3885). Dass konkrete Anhaltspunkte für eine Neulackierung der Motorhaube vorlagen, hat die Klägerin nicht mit Substanz dargelegt und derartige sind auch nicht ersichtlich.

Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass sich diese Reparatur aus der Reparaturhistorie des PKWs ergebe, hatte die Beklagte keine Möglichkeiten, sich über vorausgegangene Arbeiten an dem PKW bzw. die technische Historie (Reparaturhistorie) zu informieren, da aus datenschutzrechtlichen Gründen ein Zugriff auf die Reparaturhistorie nur dem Vertragshändler möglich ist (vgl. Reinking/Eggert, a.a.O., Rd. 3898).

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bb. Auch hinsichtlich der behaupteten Nichtteilnahme an der Rückrufaktion besteht keine arglistige Täuschung der Beklagten. Es besteht zwar ein Zugriff auf Rückrufaktionen (z.B. www.autoservicepraxis.de). Ohne konkreten Anlass besteht jedoch keine Rechtspflicht, sich elektronischer Informationssysteme zu bedienen (vgl. Reinking/Eggert, a.a.O., Rd. 3898). Auch insoweit hat die Klägerin trotz Hinweises durch die Kammer nicht mit Substanz dargelegt, woraus sich ein konkreter Anhaltspunkt auf eine das Fahrzeug betreffende Rückrufaktion ergeben haben soll.

cc. Auch hinsichtlich der Sommerreifen ist der Beweis nicht gelungen, dass diese bei Vertragsschluss Schäden aufwiesen bzw. mangelhaft waren und die Beklagte insoweit arglistig getäuscht hat.

Hinsichtlich der Reifen und Felgen ist die Profiltiefe durch Sichtprüfung zu überprüfen (vgl. Reinking/Eggert, a.a.O., Rd. 3887), was vorliegend erfolgt ist. Unstreitig wurde der PKW auch der D… zur HU vorgestellt. Im Rahmen der Untersuchung werden auch die Reifen überprüft (Anlage B4) und wurden hier als mangelfrei eingestuft (Anlage B3). Auch wurde eine Probefahrt durchgeführt, bei der den Parteien nichts aufgefallen ist. Dabei ist auch davon auszugehen, dass zumindest bei der Probefahrt am 29.09.2014 die jetzt beanstandeten Sommerreifen aufgezogen waren, wie es der Geschäftsführer der Beklagten schlüssig vorträgt. Er hat überzeugend geschildert, dass aufgrund des An- und Verkaufsmonats September die Sommerreifen bereits beim Ankauf aufgezogen waren. Zudem hat er angegeben, dass diese auf den hochwertigeren Felgen waren und üblicherweise die hochwertigeren Reifen zum Verkauf aufgezogen bleiben bzw. werden. Dies ergibt sich auch so aus dem Kaufvertrag, in dem angegeben ist „Winterreifen+1 Einlagerung kostenfrei“. Der Geschäftsführer der Beklagten gab an, dass vor Abholung des PKWs umgerüstet wurde auf Winterreifen, was die Rechnung (Anlage B2) bestätigt. Dagegen gab die Klägerin an, sich nicht mehr erinnern zu können, welche Reifen aufgezogen waren. Dass sie nunmehr aus der Tatsache, dass nach dem Aufziehen der Sommerreifen diese nicht rund gelaufen seien und festgestellt worden sei, dass sich Rillen gebildet hätten, darauf zurückschließt, dass sie bei der Hauptuntersuchung nicht aufgezogen gewesen sein können, widerlegt indes nicht, dass sie bei der Besichtigung und der Probefahrt aufgezogen gewesen sind. Zudem reicht es nicht aus zu widerlegen, dass die Beklagte die Reifen ordnungsgemäß geprüft hat und nicht vorwerfbar für „in Ordnung“ befunden hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Fahrzeug bereits eine Laufleistung von 105.000 km aufgewiesen hat und dementsprechend keine neuwertigen Reifen zu erwarten waren. Da die Reifen mehrere Monate eingelagert waren, ist es auch nicht ausgeschlossen, dass dadurch ebenfalls eine Verschlechterung des Reifenmaterials eingetreten ist. Zudem hat die Klägerin nicht mit Substanz dargelegt, dass der Zustand der Sommerreifen für sie kaufentscheidend war, zudem sie auch einen weiteren Satz Winterreifen erhalten hat. Aus ihrem Vortrag ergibt sich vielmehr, dass sie mit einem Austausch der Reifen zufrieden gewesen wäre.

dd. Selbiges gilt hinsichtlich der Bremsen. Insoweit wurden durch die Beklagte die Bremsscheiben und -belege vom erneuert (Anlage B2). In der Hauptuntersuchung wurden die Bremsen als mangelfrei befunden (Anlage B3). Dass die Beklagte, in Person von Herrn B., im Frühjahr 2015, 7 Monate nach dem Kauf, darauf hingewiesen hat, dass die hinteren Bremsen reparaturbedürftig seien, sagt nichts über ihren Zustand bei Abschluss des Kaufvertrages aus. Bremsscheiben und -belege gehören zu den üblichen Verschleißteilen, so dass sie im Rahmen des zwischenzeitlichen Gebrauchs, der aufgrund des mitgeteilten Anfangs- und Endbestandes bis April 2015 geschätzt bei 5.000-6.000 km gelegen haben dürfte, durch die Klägerin eine Verschlechterung erfahren haben.

ee. Soweit ein Schaden am Fahrzeugboden gerügt wird, mangelt der Vortrag an Substanz. Trotz Hinweises der Kammer mit Hinweisbeschluss vom 18.12.2015 (Bl. 126 ff. d.A.) erfolgte kein weiterer Vortrag.

ff. Soweit ein angebrochener Spoiler an der Radhausschale gerügt wird, wurde die Anfechtung darauf nicht gestützt. Zudem ist der Klägerin insoweit der Beweis einer arglistigen Täuschung nicht gelungen. Die Klägerin selbst trägt vor, dies bereits bei Vertragsschluss bemängelt zu haben. Aufgrund eigener Kenntnis scheidet eine arglistige Täuschung aus.

2. Ein Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises ergibt sich auch nicht aus einem Rücktritt vom Kaufvertrag gemäß §§ 433, 434, 437 Nr. 2, 323 BGB. Zwar mag die Anfechtungserklärung gemäß § 140 BGB in eine Rücktrittserklärung umgedeutet werden (vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 18.08.2005, 5 U 11/05, juris). Ein Rücktrittsrecht liegt aber nicht vor, weil ein zum Rücktritt berechtigender Mangel des Fahrzeuges nicht vorliegt sowie es an einer Fristsetzung zur Mangelbeseitigung fehlt.

a. Hinsichtlich der behaupteten Angabe „aus erster Hand“ gilt das unter Ziffer 1a. Gesagte entsprechend. Da zwischen den Parteien ein schriftlicher Kaufvertrag geschlossen wurde und in diesem eine Angabe zu den Vorbesitzern enthalten ist, kann selbst bei vorherigen Angaben der Beklagten über die Anzahl der Vorbesitzer erst mit Abschluss des Kaufvertrages eine Beschaffenheit endgültig vereinbart worden sein. Der Kaufvertrag benennt insoweit zwei Vorbesitzer. Jedoch fehlt es aufgrund des Zusatzes „laut Fahrzeugbrief“ auch insoweit an einer Beschaffenheitsvereinbarung, vielmehr liegt nur eine Wissensmitteilung vor. Zumindest ist ein Rücktritt vom Vertrag nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil selbst bei Vorliegen eines Mangels dieser unerheblich ist. Bei einem sechs Jahre alten Pkw stellt es nur einen unerheblichen Mangel dar, wenn statt zwei drei Vorbesitzer in der Zulassungsbescheinigung eingetragen sind. Hat ein Fahrzeug nur einen Vorhalter, so stellt dies regelmäßig eine Eigenschaft dar, die für einen Käufer kaufentscheidend sein mag. Die Frage, ob zwei oder drei Halter in der Zulassungsbescheinigung eingetragen sind, ist demgegenüber nicht von so entscheidender Bedeutung (vgl. LG Kiel, Urteil vom 27. Februar 2015 – 3 O 25/14 – juris).

b. Selbst wenn der Geschäftsführer der Beklagten die Unfall- und Mangelfreiheit ohne den Zusatz „laut Vorbesitzer“ zugesichert haben sollte, worin eine Beschaffenheitsvereinbarung zu sehen wäre, ist ein Rücktritt insoweit nicht möglich.

aa. Soweit es um die Neulackierung der Motorhaube geht, liegt darin weder ein Mangel noch resultiert sie aus einem Unfall (siehe dazu bereits oben unter Ziffer 1 b. aa.).

bb. Aufgrund obiger Darstellungen unter Ziffer 1 b. bb. und cc. ist hinsichtlich der Reifen und der Bremsen (vgl. auch LG Aachen, Urteil vom 23. Oktober 2003 – 6 S 99/03 -, juris) bereits der Nachweis nicht gelungen, dass die behaupteten Mängel bei Vertragsschluss bereits vorlagen.

Hinsichtlich der Reifen ist zudem kein Mangel anzunehmen. Da keine Beschaffenheitsvereinbarung diesbezüglich gegeben ist, ist zu beurteilen, ob der Pkw sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (Staudinger/Annemarie Matusche-Beckmann (2013) BGB § 434, Rn. 81). Bei Abschluss des Kaufvertrages hatte der sechs Jahre alte Pkw bereits eine Laufleistung von 105.000 km. Die Klägerin konnte daher nicht damit rechnen, neuwertige Reifen zu erhalten. Zudem hat sie neben den Sommerreifen ein Satz fahrbarer Winterreifen erhalten, so dass der Pkw zumindest mit einem Satz nicht zu beanstandenden Reifen ausgestattet war. Mehr konnte ein Käufer nach der Art der Sache auch unter Berücksichtigung des Kaufpreises von 10.000,00 € nicht erwarten.

Zudem geht die Nachbesserung dem Rücktritt vor, was sich daraus ergibt, dass dem Verkäufer gemäß § 323 Abs. 1 BGB zunächst die Möglichkeit zur Nacherfüllung eingeräumt werden muss, wenn nicht eine Ausnahme nach § 323 Abs. 2 bzw. § 440 BGB vorliegt. Unstreitig wurde der Klägerin durch die Beklagte angeboten, die Bremsen und die Reifen kostenlos zu ersetzen. Dieses Angebot hat sie nicht angenommen, sondern den Kaufvertrag angefochten. Soweit die Klägerin dies damit begründet, dass sie das Vertrauen in die Beklagte verloren habe, weil sie zwischenzeitlich im Kaufvertrag gesehen habe, dass dort „zwei Vorbesitzer“ statt der behaupteten Angabe „aus erster Hand“ eingetragen waren, liegt darin kein Grund nach § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB bzw. § 440 Satz 1 BGB. Wie bereits dargestellt, hat sie den Vertrag ungelesen unterschrieben und kann es deswegen der Beklagten nunmehr nicht vorwerfen, dass die von ihr angenommene Vorbesitzerzahl nicht zutrifft.

cc. Hinsichtlich der Nichtteilnahme an der Rückrufaktion, des Schadens am Fahrzeugboden und des Schadens am Verblender fehlt dem Vortrag die erforderliche Substanz um einen Mangel anzunehmen. Zudem fehlt die erfolglose Fristsetzung zur Nachbesserung.

3. Auch der hilfsweise gestellte Antrag ist unbegründet. Die Minderung nach §§ 433, 434, 437 Nr. 2, 441, 346 Abs. 1 BGB unterliegt, bis auf § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB, denselben Voraussetzungen wie der Rücktritt, so dass es auch hinsichtlich des Hilfsantrag an einem Mangel und wo erforderlich an der Fristsetzung zur Mangelbeseitigung fehlt.

II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 269 Abs. 3 Satz 2, 709 ZPO.

Der Hilfsantrag ist nicht streitwerterhöhend, da er denselben Gegenstand des Hauptantrages betrifft und damit der höhere Wert maßgeblich ist, § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG.

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