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Gebührenangabe – 0190-Nummer: Pflichten

Oberlandesgericht Koblenz

Aktenzeichen: 4 W 472/02

Verkündet am 19.11.2002

Vorinstanz: Landgericht Mainz – Az.: 12 HK.O 62/02


In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz auf die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2002 für Recht erkannt:

I. Auf die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers wird der Beschluss der 12. Zivilkammer – 2. Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Mainz vom 4. Juli 2002 teilweise abgeändert und neu gefasst wie folgt:

1. Der Verfügungsbeklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für einen Telefonmehrwertdienst unter der Vorwahlnummer „0190“ zu werben, ohne auf die damit verbundenen Gebührenfolgen deutlich hinzuweisen, insbesondere ohne den für die Minute anfallenden Betrag anzugeben.

2. Der weitergehende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

II. Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/4

und der Beklagte zu 3/4.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers (im folgenden: Kläger) , mit der er sich dagegen wendet, dass das Landgericht seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen hat, hat überwiegend Erfolg.

Der Kläger hat gegenüber dem Verfügungsbeklagten (im folgenden: Beklagter) einen Anspruch auf Unterlassung im zuerkannten Umfang. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 3 UWG.

Nach dieser Vorschrift kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über geschäftliche Verhältnisse irreführende Angaben macht.

Diese Voraussetzungen liegen vor.

Der Beklagte wirbt auf seinem gewerblichen Briefbogen (………-Service) und damit zu Wettbewerbszwecken, indem er die Adressaten seines Schreibens um Abgabe von Angeboten ihm, dem Beklagten, gegenüber gebeten hat.

Zugleich macht der Beklagte damit irreführende Angaben über geschäftliche Verhältnisse. Irreführend ist eine Angabe, wenn sie entweder objektiv falsch oder wenn sie zwar objektiv richtig ist, aber ein nicht völlig unerheblicher Teil der umworbenen Verkehrskreise mit ihr eine unrichtige Vorstellung verbindet (vgl. dazu Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22.Aufl., § 3 Rn.24 ff mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

So ist es vorliegend. Denn auch der informierte aufmerksame und verständige Leser braucht die Tarifkennung, die dem Vortrag des Beklagten zufolge in der von ihm mitgeteilten Telefon- und Telefax-Nummer enthalten ist, nicht zu kennen; er kennt sie auch tat-, sächlich nicht. Vielmehr gehen die angesprochenen Verkehrskreise davon aus, dass sie für die bloße Abgabe eines Angebotes gegenüber dem Beklagten, also letztlich für eine schlichte fernmündliche oder fernschriftliche Kontaktaufnahme, nicht den erhöhten (zudem zum Teil dem Beklagten zufließenden) Telefontarif zahlen müssen. Dies gilt um so mehr, als dem Geschäftspartner des Beklagten für diesen schlichten Anruf oder das Fax keinerlei unmittelbare Gegenleistung, die die Zahlung des erhöhten Telefontarifs rechtfertigen könnte, zufließt. Der Angesprochene zahlt also teuer (vorliegend 1,86 Euro pro Minute) für eine bloße Kommunikation ohne Gegenleistung von Seiten des Beklagten, die ebenso über das reguläre Telefonnetz und zum regulären Tarif erfolgen könnte und üblicherweise auch so erfolgt. Dieser Umstand bedarf des ausdrücklichen aufklärenden Hinweises von Seiten des Beklagten, der sich auch ausdrücklich auf die Höhe der entstehenden Gebühren erstrecken muss (vgl. dazu auch OLG Frankfurt Betriebsberater 1997, 1439; OLG Stuttgart MMR 2001, 383; OLG Frankfurt WRP 1999, 454).

Dabei kann dahinstehen, ob es sich vorliegend um einen Fall der Irreführung durch Verschweigen einer Tatsache handelt. Denn in Fällen des Verschweigens ist der Werbende dann zur Aufklärung verpflichtet, wenn dieses Verschweigen geeignet ist, das Publikum in relevanter Weise irrezuführen (BGH WRP 1999, 839, Baumbach-Hefermehl a.a.O. Rn.48).

Der Einwand des Beklagten, sein Originalbriefbogen enthalte einen solchen Hinweis auf die besondere Gebührenpflichtigkeit am unteren Ende des Bogens und dieser Hinweis sei auf dem hier in Rede stehenden Telefax nicht abgedruckt, weil das Telefaxgerät des Empfängers den am untersten Rand seines Briefbogens angebrachten Hinweis nicht ausgedruckt habe, entlastet nicht. Zum einen ist schon der Hinweis in dem Originalschreiben nicht hinreichend deutlich, weil er sich dort am untersten Rand des Blattes befindet und die Verbindung zu der im oberen Teil des Briefbogens abgedruckten Telefonnummer nur über ein sog. „Sternchen“ hergestellt ist, das nur von minimaler Größe und damit nicht hinreichend deutlich ist. Aus diesem Grund kommt es auf den Vortrag des Beklagten im Schriftsatz vom 16. November 2002 nicht an. Zum anderen obliegt es dem Beklagten aber auch, wenn er zu Wettbewerbszwecken am geschäftlichen Verkehr teilnimmt, sicherzustellen, dass die nach den zuvor dargestellten Grundsätzen erforderlichen Angaben auf seinem Briefbogen so plaziert sind, dass sie auch bei Telefaxübermittlung deutlich wiedergegeben werden und nicht, weil am untersten Rand abgedruckt, von den Übermittlungsgeräten nicht erfasst bzw. nicht ausgedruckt werden.

Auf Verschuldensfragen kommt es insoweit nicht an. Für den Vortrag des Beklagten, der Hinweis sei „abgeschnitten“ worden, spricht nichts.

Der weitergehende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist jedoch unbegründet. Der insoweit anspruchsbegründende Vortrag des Klägers, der Beklagte habe den Charakter der Vorwahlnummer „0190“ dadurch verschleiert, dass er dieser Ziffernfolge eine weitere Ziffer hinzugefügt habe, die in Wirklichkeit zu seiner individuellen Rufnummer gehöre, ist nicht glaubhaft gemacht. Der Beklagte hat hierzu dargetan, bei der hier in Rede stehenden Ziffer „8“ handele es sich um eine Tarifkennzeichnung und nicht um einen Bestandteil seiner individuellen Rufnummer. Danach ist es offen, ob dieser Vortrag des Klägers zutrifft. Die Last der Glaubhaftmachung liegt insoweit bei dem Kläger.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§91 Abs.l, 92 Abs.l, 97 Abs.l ZPO. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass der Kläger gemessen an seinem Interesse weitaus überwiegend obsiegt hat, da der Schutz vor der Irreführung entscheidend durch die Anbringung des deutlich sichtbaren Hinweises auf die Entgeltlichkeit gewährleistet ist.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahrens wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

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