Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Verkaufsanhänger im Fokus: Rechtliche Rahmenbedingungen für Unternehmer und Hobbyisten
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Sicherheitsstandards muss ein Verkaufsanhänger grundsätzlich erfüllen?
- Wann liegt ein Konstruktionsmangel bei einem Verkaufsanhänger vor?
- Welche Beweislast trifft den Käufer bei Schadensfällen mit Verkaufsanhängern?
- Wie wirkt sich eine TÜV-Freigabe auf die Herstellerhaftung aus?
- Welche Rolle spielt die gewöhnliche Verwendung bei der Produkthaftung?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Hamm
- Datum: 09.06.2020
- Aktenzeichen: I-28 U 65/19
- Verfahrensart: Berufungsverfahren im Zivilrecht
- Rechtsbereiche: Kaufrecht, Produkthaftungsrecht, Zivilprozessrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Eine Versicherungsgesellschaft, die Schadensersatz aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin B L verlangt. Ihre Argumente umfassten mangelhafte Konstruktion eines gekauften Verkaufsanhängers, der während der Fahrt beschädigt wurde, und die unzureichende Verriegelung der Verkaufsklappe.
- Beklagte: Herstellerin von Verkaufsanhängern, die die Vorwürfe der Klägerin bestreitet. Sie argumentiert, dass der Verkaufsanhänger ordnungsgemäß konstruiert und TÜV-geprüft war, und das Schloss nicht ordnungsgemäß verschlossen wurde.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin fordert Schadensersatz von der Beklagten, da ein von der Beklagten hergestellter Verkaufsanhänger, der von der Versicherungsnehmerin der Klägerin gekauft wurde, während einer Fahrt beschädigt wurde. Die Klägerin behauptet, der Schaden sei auf mangelhafte Konstruktion und unzureichende Verriegelung der Verkaufsklappe zurückzuführen.
- Kern des Rechtsstreits: Die Frage war, ob der Verkaufsanhänger einen konstruktiven Mangel hatte, der zur Öffnung der Verkaufsklappe während der Fahrt und dem darauffolgenden Unfall führte.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen, und die Klage bleibt abgewiesen.
- Begründung: Die Klägerin konnte keinen konstruktionsbedingten Mangel des Verkaufsanhängers nachweisen. Der Sachverständige konnte keine belastbaren Hinweise auf einen Mangel allein aufgrund der Lichtbilder feststellen. Zudem war der Anhänger ordnungsgemäß vom TÜV abgenommen. Es konnte nicht bewiesen werden, dass die Schlösser ordnungsgemäß verriegelt waren.
- Folgen: Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil wurde als rechtskräftig angesehen, da die Revision nicht zugelassen wurde. Die Klägerin hat damit keine Ansprüche auf den geltend gemachten Schadensersatz oder Ersatz von Anwaltskosten.
Verkaufsanhänger im Fokus: Rechtliche Rahmenbedingungen für Unternehmer und Hobbyisten
Verkaufsanhänger gewinnen zunehmend an Bedeutung, insbesondere für kleine Unternehmen und Hobbyisten, die eine flexible Transportlösung suchen. Bei der Wahl des geeigneten Verkaufsanhängers spielen Eigenschaften wie Belastbarkeit, Ausstattung und die Möglichkeiten zur multifunktionalen Nutzung eine zentrale Rolle. Ob für Imbissstände auf Rädern oder für den alltäglichen Gebrauch – die Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten ist groß.
Um den richtigen Verkaufsanhänger zu finden, ist es wichtig, die individuellen Bedürfnisse sowie die Einsatzbedingungen genau zu analysieren. Ein Gerichtsurteil zu diesem Thema beleuchtet die rechtlichen Rahmenbedingungen und Anforderungen, die beim Kauf und der Nutzung solcher Anhänger berücksichtigt werden müssen. Jetzt wird ein konkreter Fall vorgestellt, der dies im Detail verdeutlicht.
Der Fall vor Gericht
Verkaufsanhänger-Hersteller haftet nicht für Unfallschaden durch geöffnete Klappe
Ein Verkaufsanhänger-Hersteller muss nicht für einen Unfallschaden aufkommen, der durch eine sich während der Fahrt öffnende Verkaufsklappe entstanden sein soll. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm und wies damit die Berufung einer Versicherung gegen ein erstinstanzliches Urteil des Landgerichts Paderborn zurück.
Unfallhergang und Streitgegenstand
Eine Versicherungsnehmerin hatte bei der beklagten Firma einen Verkaufsanhänger als Sonderanfertigung für knapp 35.000 Euro erworben. Der Anhänger verfügte über eine Tandemachse und ein Tragleiterrahmengestell mit geschlossenem Verkaufsraum sowie einer überdachten Veranda. Die Verkaufsklappe war mittels eines elastischen Scharniers befestigt und mit zwei Gasdruckfedern sowie zwei Schlössern im unteren Seitenbereich ausgestattet.
Bei einer Fahrt von Bad Berleburg nach Netphen soll sich laut Versicherung ein Wirtschaftlicher Totalschaden ereignet haben, als sich die Verkaufsklappe während der Fahrt öffnete. Die Versicherung zahlte ihrer Versicherungsnehmerin rund 27.300 Euro für den Schaden und forderte diesen Betrag nebst vorgerichtlicher Anwaltskosten von der Herstellerfirma zurück.
Sachverständige Begutachtung
Ein vom Gericht bestellter Sachverständiger stellte fest, dass die gewählte Konstruktion bei unebenen Untergründen und entsprechender Fahrgeschwindigkeit zwar zu Verformungen führen könne. Dies müsse jedoch durch angepasste Geschwindigkeit ausgeglichen werden. Bei ordnungsgemäßer Verriegelung beider Schlösser hätte eine ausreichende Sicherung der Klappe gegen Öffnen bestanden.
Bewertung des Gerichts
Das OLG Hamm sah keine Anhaltspunkte für einen Konstruktionsmangel des Anhängers. Der TÜV hatte das Fahrzeug ohne Auflagen für den Straßenverkehr freigegeben. Ein Mangel der Verriegelungskonstruktion konnte nicht nachgewiesen werden. Die Aussage des Fahrers, er habe beide Schlösser der Klappe vor Fahrtantritt verschlossen, bewertete das Gericht als nicht überzeugend. Der Zeuge hatte das Verschließen als „Routinehandlung“ bezeichnet, wollte sich aber dennoch „hundertprozentig sicher“ sein, in diesem konkreten Fall beide Schlösser verriegelt zu haben.
Rechtliche Einordnung
Die Versicherung konnte weder aus Gewährleistungsrecht noch aus Produkthaftung einen Anspruch gegen den Hersteller durchsetzen. Für die gewöhnliche Verwendung eignet sich ein Anhänger grundsätzlich dann, wenn er keine technischen Mängel aufweist, die die Zulassung zum Straßenverkehr hindern oder die Gebrauchsfähigkeit beeinträchtigen. Solche Mängel lagen nach Überzeugung des Gerichts nicht vor.
Die Schlüsselerkenntnisse
„Das Urteil stärkt die Position von Herstellern bei Schadensersatzansprüchen durch eine klare Beweislastverteilung: Ein Konstruktionsmangel muss vom Geschädigten konkret nachgewiesen werden und kann nicht allein aus dem Schadenseintritt gefolgert werden. Das Gericht verdeutlicht zudem, dass eine TÜV-Freigabe ohne Auflagen als starkes Indiz gegen einen Konstruktionsmangel zu werten ist. Bei Routinehandlungen wie dem Verschließen von Sicherungen reicht die bloße Behauptung der üblichen Vorgehensweise nicht als Beweis für den konkreten Einzelfall aus.“
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Bei Schadensfällen mit Spezialfahrzeugen oder -anhängern müssen Sie als Geschädigter sehr sorgfältig dokumentieren, wie der Schaden entstanden ist. Machen Sie Fotos und sichern Sie beschädigte Teile, da Sie später konkret beweisen müssen, dass ein Konstruktionsmangel vorlag. Ein TÜV-Gutachten oder eine Zulassung ohne Auflagen spricht zunächst gegen einen Mangel. Führen Sie bei sicherheitsrelevanten Routinehandlungen wie dem Verschließen von Klappen oder Türen am besten ein Protokoll, da die reine Behauptung „das mache ich immer so“ vor Gericht nicht ausreicht. Die Geschwindigkeit muss stets den Straßenverhältnissen und der Bauart des Fahrzeugs angepasst werden.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Sicherheitsstandards muss ein Verkaufsanhänger grundsätzlich erfüllen?
Ein Verkaufsanhänger muss umfangreiche technische und sicherheitstechnische Standards erfüllen, um im Straßenverkehr und für den mobilen Verkauf zugelassen zu werden.
Grundlegende Sicherheitsausstattung
Die Sicherheitskugelkupplung muss mit einer Verschleiß- und Sicherungsanzeige ausgestattet sein. Eine hochwertige Auflaufbremse mit Rückfahrautomatik ist bei Anhängern über 750 kg Gesamtgewicht vorgeschrieben. Der verzinkte V-Deichselrahmen sorgt für die notwendige Stabilität.
Technische Anforderungen
Die Qualitätsachsen müssen wartungsarm und mit Gummifederung ausgestattet sein. Eine 12V Fahrzeugbeleuchtung ist vorgeschrieben, einschließlich Rücklichter, Blinker, Bremslichter und Kennzeichenbeleuchtung. Der Sandwichpolyester-Aufbau muss mindestens 25mm stark und vollisoliert sein.
Sicherheit im Verkaufsbetrieb
Bei einer Höhe des Fahrzeuginnenraums von mehr als 50 cm über dem Boden sind zusätzliche Trittstufen erforderlich. Diese müssen vorzugsweise außen am Fahrzeug fest angeordnet sein und eine rutschhemmende Oberfläche aufweisen. Griffgünstig angeordnete Halteeinrichtungen wie Haltegriffe sind je nach Einstiegshöhe beidseitig anzubringen.
Prüfungen und Wartung
Regelmäßige Hauptuntersuchungen sind vorgeschrieben: Bei einem Gesamtgewicht zwischen 750 und 3.500 kg alle zwei Jahre, bei Anhängern unter 750 kg erstmals nach 36 Monaten, danach alle 24 Monate. Die Bremsanlage, Beleuchtung, Zugvorrichtung und der Rahmen werden dabei auf ihre Funktionsfähigkeit und Sicherheit überprüft.
Wann liegt ein Konstruktionsmangel bei einem Verkaufsanhänger vor?
Ein Konstruktionsmangel bei einem Verkaufsanhänger liegt vor, wenn dieser aufgrund seiner baulichen Auslegung nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei Anhängern der gleichen Art üblich ist und die ein Käufer erwarten kann.
Grundlegende Voraussetzungen
Ein Konstruktionsmangel ist bereits dann gegeben, wenn die Schwachstelle zum Zeitpunkt der Übergabe konstruktiv angelegt ist, auch wenn sie sich erst später zeigt. Die negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit muss dabei systemimmanent sein und darf nicht durch normale Nutzung beeinflussbar sein.
Beurteilungskriterien
Die Beurteilung eines Konstruktionsmangels orientiert sich an folgenden Aspekten:
- Die vereinbarte Beschaffenheit steht an erster Stelle der Prüfung
- Bei fehlender ausdrücklicher Vereinbarung gilt die gewöhnliche Verwendbarkeit als Maßstab
- Die Haltbarkeitsdauer der konstruktiven Elemente muss der üblichen Lebensdauer des Produkts entsprechen
Beispiele für Konstruktionsmängel
Ein Konstruktionsmangel liegt etwa vor, wenn ein Anhänger aufgrund seiner Bauweise die angegebene Punktbelastung nicht erreichen kann. Dagegen stellt ein Aufschaukeln des Anhängers nicht zwangsläufig einen Konstruktionsmangel dar, wenn dies durch einfache Maßnahmen wie die richtige Lastverteilung vermieden werden kann.
Die Mangelhaftigkeit ist dabei unabhängig vom Verschulden des Herstellers oder Verkäufers zu beurteilen. Entscheidend ist allein die objektive Abweichung von der geschuldeten Beschaffenheit.
Welche Beweislast trifft den Käufer bei Schadensfällen mit Verkaufsanhängern?
Bei Schadensfällen mit Verkaufsanhängern profitiert der Käufer von der gesetzlichen Beweislastumkehr, wenn er Verbraucher ist und der Anhänger von einem gewerblichen Verkäufer erworben wurde. Zeigt sich innerhalb des ersten Jahres nach der Übergabe ein Mangel am Verkaufsanhänger, wird gesetzlich vermutet, dass dieser Mangel bereits bei der Übergabe vorhanden war.
Beweislast im ersten Jahr
Der Käufer muss in den ersten 12 Monaten lediglich das Vorhandensein des Mangels aufzeigen. Der Verkäufer trägt dann die Beweislast dafür, dass der Mangel bei Übergabe noch nicht vorlag oder durch unsachgemäße Behandlung entstanden ist.
Beweislast nach dem ersten Jahr
Nach Ablauf der 12-Monate-Frist kehrt sich die Beweislastverteilung um. Der Käufer muss dann nicht nur das Vorhandensein des Mangels nachweisen, sondern auch belegen, dass dieser bereits bei der Übergabe des Anhängers vorhanden war.
Ausnahmen von der Beweislastumkehr
Die Beweislastumkehr gilt nicht, wenn sie mit der Art des Mangels unvereinbar ist. Dies ist etwa der Fall bei:
- Offensichtlichen Beschädigungen durch Unfälle
- Typischen Verschleißerscheinungen
- Nachweislich unsachgemäßer Nutzung des Anhängers
Bei mechanischen Einwirkungen auf den Anhänger muss der Verkäufer nachweisen, dass der Mangel durch diese Einwirkungen verursacht wurde.
Wie wirkt sich eine TÜV-Freigabe auf die Herstellerhaftung aus?
Eine TÜV-Freigabe oder -Zertifizierung entbindet den Hersteller nicht von seiner grundsätzlichen Produkthaftung. Die bloße Einhaltung technischer Normen und eine positive TÜV-Prüfung reichen nicht aus, um eine Haftung auszuschließen.
Rechtliche Grundlagen der Haftung
Der Hersteller muss nach dem Produkthaftungsgesetz beweisen, dass sein Produkt zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens fehlerfrei war. Die TÜV-Prüfung kann dabei als ein Indiz für die Produktsicherheit dienen, stellt aber keine absolute Absicherung dar.
Parallele Haftung von TÜV und Hersteller
Bei Schäden durch fehlerhafte Produkte kann neben dem Hersteller auch der TÜV haftbar gemacht werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der TÜV bei seiner Prüfung erkennbare Mängel übersehen oder verschwiegen hat. Die Prüforganisation übernimmt durch die Vergabe von Prüfzeichen eine Mitverantwortung für die Produktsicherheit.
Bedeutung für die Praxis
Wenn sich ein vom TÜV geprüftes Produkt später als mangelhaft erweist, können sowohl der Hersteller als auch die Prüforganisation zur Verantwortung gezogen werden. Der TÜV haftet dabei insbesondere dann, wenn die technische Entwicklung oder wissenschaftliche Erkenntnisse über die Normen hinausgegangen sind oder wenn sich bei der Benutzung des Produkts Gefahren gezeigt haben, die in den Normen noch nicht berücksichtigt wurden.
Welche Rolle spielt die gewöhnliche Verwendung bei der Produkthaftung?
Die gewöhnliche Verwendung ist ein zentrales Kriterium für die Beurteilung der Produkthaftung. Ein Produkt hat einen Fehler im Sinne des Produkthaftungsgesetzes, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die bei gewöhnlicher Verwendung berechtigterweise erwartet werden kann.
Sicherheitserwartungen bei gewöhnlicher Verwendung
Bei der Beurteilung der gewöhnlichen Verwendung kommt es auf die allgemein gültigen Sicherheitserwartungen der Verbraucher an. Die Nutzung darf dabei nicht mit besonderen Gefahren verbunden sein. Wenn ein Produkt bei gewöhnlicher Verwendung eine Gefahr für Leben, Körper oder Gesundheit darstellt, liegt ein Produktfehler vor.
Abgrenzung zum vertraglichen Mängelrecht
Der Fehlerbegriff in der Produkthaftung unterscheidet sich vom vertraglichen Mängelrecht. Während es im Mängelrecht um die Gebrauchstauglichkeit geht, steht bei der Produkthaftung die fehlende Sicherheit im Vordergrund.
Praktische Bedeutung
Die gewöhnliche Verwendung bestimmt den Umfang der Herstellerhaftung. Wenn beispielsweise ein Pferdeanhänger in Deutschland nicht für den Straßenverkehr zugelassen werden kann, liegt ein Produktfehler vor, da die gewöhnliche Verwendung den Transport auf öffentlichen Straßen umfasst. Der Hersteller haftet dann verschuldensunabhängig für Schäden, die durch diese Sicherheitsmängel entstehen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Produkthaftung
Ein gesetzlich geregeltes Haftungskonzept, bei dem Hersteller für Schäden durch fehlerhafte Produkte gegenüber Verbrauchern haften müssen. Dies ist im Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) geregelt. Die Haftung greift bei Konstruktions-, Fabrikations- oder Instruktionsfehlern. Der Geschädigte muss dabei nur den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang nachweisen. Beispiel: Ein Autohersteller muss für Schäden durch defekte Bremsen aufkommen, die auf einen Konstruktionsfehler zurückzuführen sind.
Konstruktionsmangel
Ein Fehler, der bereits in der Planungsphase eines Produkts entstanden ist und alle hergestellten Exemplare betrifft. Geregelt in § 3 ProdHaftG. Er liegt vor, wenn das Produkt nicht die Sicherheit bietet, die berechtigterweise erwartet werden kann. Entscheidend ist der Stand von Wissenschaft und Technik zum Zeitpunkt der Konstruktion. Beispiel: Eine systematisch falsch berechnete Lastverteilung bei einem Anhänger, die bei allen Modellen zu Stabilitätsproblemen führt.
Gewährleistungsrecht
Die gesetzlichen Rechte des Käufers bei Mängeln einer gekauften Sache, geregelt in §§ 434 ff. BGB. Es umfasst Ansprüche auf Nacherfüllung, Rücktritt, Minderung und Schadensersatz. Der Verkäufer haftet dafür, dass die Kaufsache bei Übergabe frei von Sach- und Rechtsmängeln ist. Die Gewährleistungsfrist beträgt bei neuen Sachen zwei Jahre. Beispiel: Ein gekaufter Anhänger entspricht nicht der vereinbarten Beschaffenheit oder eignet sich nicht für die gewöhnliche Verwendung.
Wirtschaftlicher Totalschaden
Eine Beschädigung, bei der die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert oder den Restwert der Sache übersteigen würden. Ein wichtiger Begriff im Schadenersatzrecht, der die Grenze der wirtschaftlich sinnvollen Reparatur markiert. Bei der Schadensregulierung wird dann nur der Wiederbeschaffungswert abzüglich eines eventuellen Restwertes ersetzt. Beispiel: Reparaturkosten eines Unfallfahrzeugs von 15.000 € bei einem Zeitwert von nur 8.000 €.
Sachverständigengutachten
Eine fundierte fachliche Beurteilung durch einen unabhängigen Experten, die als Beweismittel im Gerichtsprozess dient (§ 402 ff. ZPO). Der Sachverständige wird vom Gericht bestellt und muss objektiv und neutral sein. Seine Einschätzung hat besonderes Gewicht bei der Beweisführung. Beispiel: Ein Ingenieur untersucht im Auftrag des Gerichts die technische Konstruktion eines Anhängers auf mögliche Mängel.
Beweisführung
Der rechtliche Prozess, mit dem eine Partei ihre Behauptungen vor Gericht nachweisen muss, geregelt in §§ 284 ff. ZPO. Die beweispflichtige Partei muss die für sie günstigen Tatsachen durch zugelassene Beweismittel (Zeugen, Urkunden, Sachverständige etc.) belegen. Dabei gilt: Wer einen Anspruch geltend macht, muss die anspruchsbegründenden Tatsachen beweisen. Beispiel: Die Versicherung muss beweisen, dass ein Konstruktionsfehler vorliegt.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 86 Abs. 1 VVG: Dieser Paragraph regelt den Übergang von Schadensersatzansprüchen auf den Versicherer, wenn der Versicherungsnehmer einen Schaden erleidet. In diesem Fall wird dem Versicherer das Recht auf Schadensersatz gegen den Schädiger (die Beklagte) übertragen, nachdem der Versicherer bereits an den Versicherungsnehmer (die Klägerin) Leistungen erbracht hat. Der Zusammenhang zu diesem Fall ist, dass die Klägerin die Beklagte auf Schadensersatz verklagt, nachdem sie entsprechende Zahlungen an ihre Versicherungsnehmerin geleistet hat.
- § 540 ZPO: Hierbei handelt es sich um Regelungen betreffend die Berufung im Zivilprozess. Insbesondere wird die Zulässigkeit der Berufung behandelt und über welche Aspekte im Berufungsverfahren zu entscheiden ist. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin gegen das am Landgericht gefällte Urteil Berufung eingelegt, was zeigt, dass sie mit der Entscheidung nicht einverstanden ist und ihre Ansprüche nochmals überprüfen lassen möchte.
- § 434 Abs. 1 BGB: Diese Norm definiert den Begriff des Sachmangels und legt fest, unter welchen Umständen ein Mangel vorliegt, der den Käufer berechtigt, Rechte gegen den Verkäufer geltend zu machen. Die Klägerin argumentiert, dass der Verkaufsanhänger einen konstruktionsbedingten Mangel aufweist, der den Schadensfall verursacht hat. Diese Argumentation ist zentral für ihren Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte.
- § 249 BGB: Dieser Paragraph regelt den Schadensersatzanspruch und den Grundsatz der Naturalrestitution oder der Geldersatzpflicht des Schädigers. Die Klägerin fordert Erstattung ihrer Aufwendungen für die Regulierung des Schadens. Diese Rechtsgrundlage ist entscheidend für ihre Argumentation, dass die Beklagte für die gesamten Schäden, einschließlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, haftet.
- § 675 BGB: Dieser Paragraph behandelt die Dienstleistungspflichten im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages. In diesem Fall könnte er relevant sein, um zu beleuchten, ob und wie die Beklagte ihren Pflichten gegenüber der Klägerin in der Herstellung des Verkaufsanhängers nachgekommen ist. Dies spielt in die Überlegungen zur möglichen Haftung bei Mängeln und zur Ersatzpflicht der Beklagten hinein.
Das vorliegende Urteil
OLG Hamm – Az.: I-28 U 65/19 – Urteil vom 09.06.2020
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