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Änderungskündigung zum Zwecke der Gehaltsanpassung


Arbeitsgericht Kempten

Az: 04 Ca 477/99 L

Urteil vom 30.06.1999


In dem Rechtsstreit erläßt das Arbeitsgericht Kempten durch XXX aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30.6.1999 folgendes Endurteil:

1. Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Kündigung vom 10.2.1999, zugegangen am 12.2.1999, unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis über den 30.6.1999 hinaus unverändert fortbestand.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Streitwert wird auf DM 1.140.000,00 festgesetzt.

Das Endurteil wird in Ziffer 3) dahingehend berichtigt, dass der Streitwert auf DM 95.000,00 festgesetzt wird. Berichtigungsbeschluss Blatt 258 d. Akte.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um eine von der Beklagten ausgesprochene außerordentliche Änderungskündigung zum Zwecke der Gehaltsreduzierung. Dabei ist zwischen den Parteien streitig, ob grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Änderungskündigung zum Zwecke der Gehaltskürzung gegeben sind, ob der Kläger leitender Angestellter ist oder ob der Betriebsrat hätte beteiligt werden müssen, ob im Falle des Klägers überhaupt eine Kündigung möglich ist und ob eine Gleitklausel, nach welcher sich das Einkommen des Klägers wieder je nach Belegungsgrad auf die ursprüngliche Höhe belaufen sollte, grundsätzlich zulässig ist.

Die Beklagte betreibt neben zahlreichen weiteren Kliniken die Klinik in S. Hierbei handelt es sich um eine wissenschaftlich hoch angesehene Rehabilitationsklinik mit onkologischem Schwerpunkt. Der Kläger ist dort seit 1.1.1988 als Chefarzt tätig und hat unstreitig durch seine ärztliche Tätigkeit den guten Ruf der Klinik geprägt.

Das Gehalt des Klägers betrug zuletzt 380.000,– DM im Jahr. Mit Schreiben vom 10. Februar 1999 (Bl. 41/42 d.A.) hat die Beklagte eine außerordentliche Änderungskündigung zum Zwecke der Gehaltsreduzierung ausgesprochen. Unter Einhaltung einer viermonatigen Frist zum 30.06.1999 soll das Gehalt ab 1.7.1999 nur noch 247.000,– DM pro Jahr betragen. Abhängig von der Belegung der Klinik sollte das Gehalt wiederum ansteigen und bei einer durchschnittlichen Belegung von 95 % im Jahresdurchschnitt wieder das ursprüngliche Niveau erreichen.

Zwischen den Parteien besteht ein schriftlicher Dienstvertrag nebst verschiedenen Nachträgen.

Soweit hier von Bedeutung enthält der Dienstvertrag folgende Regelungen:

§ 17
Anpassungsklausel
1.
Wenn durch Gesetze oder Verordnungen des Bundes oder des Landes neue Vorschriften im Bereich des Gesundheitswesens, des Krankenhauswesens oder des Sozialleistungswesens erlassen werden, welche die Rechte oder Pflichten bzw. die wirtschaftliche Lage einer Vertragspartei wesentlich berühren, kann jeder Vertragsteil eine Anpassung des Vertrages an die neue Lage verlangen mit dem Ziel, einen rechtlichen und wirtschaftlich angemessenen Interessenausgleich herbeizuführen.
2.
Sollte es innerhalb angemessener Zeit zu keiner einvernehmlichen Regelung kommen, bleibt das Recht auf Kündigung des Vertrages zum Zwecke der Änderung und Anpassung unberührt.

§ 18
Vertragsdauer, Kündigung
1.
Der Vertrag tritt am 1.1.1988 in Kraft; die ersten 6 Monate gelten als Probezeit. Danach geht das Arbeitsverhältnis in ein Arbeitsverhältnis unbestimmter Dauer über.
Es endet ohne Kündigung mit Ereichung der Altersgrenze….
Das Recht der ordentlichen Kündigung des Vertrages durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen.

Herr Prof. ist berechtigt, das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von 12 Monaten zum Kalenderjahresende zu kündigen, frühestens jedoch zum 31.12.1993.
Wird dieses Kündigungsrecht nicht ausgeübt, dann verlängert sich der Vertrag um jeweils 5 Jahre.

2.
Das Recht zur fristlosen Kündigung des Vertrages nach § 626 BGB aus wichtigem Grund bleibt unberührt.

Die durchschnittliche Auslastung für das Jahr 1995 betrug 103,4 %, für das Jahr 1996 noch 94,7 %. In den Jahren ab 1997 ging die Belegung zurück. Der genaue Prozentsatz der Belegung ist zwischen den Parteien streitig. Während der Kläger auch die von mitgekommenen Angehörigen belegten Betten mit in die Belegungszahl einrechnen will, geht die Beklagte davon aus, daß diese nicht einzurechnen seien.

Der Kläger hält die ausgesprochene außerordentliche Änderungskündigung für unzulässig und unwirksam.

Er ist der Auffassung, daß der Betriebsrat hätte beteiligt werden müssen, da er kein leitender Angestellter sei. Die gesetzlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Bereits aus diesem Grunde scheitere die ausgesprochene Kündigung.

Der Kläger ist darüber hinaus der Auffassung, daß eine Kündigung zum Zwecke der Gehaltsanpassung nicht zulässig sei. Die Voraussetzungen, nämlich eine existentielle Bedrohung des Betriebes, sei nicht gegeben. Der Kläger verweist darauf, daß in den Jahren seiner Tätigkeit seit 1988 jeweils erhebliche Gewinne an das Unternehmen angeführt worden seien. Aus diesem Grunde könne nicht isoliert ein kurzer Zeitraum von einem oder zwei Jahren betrachtet werden. Ferner sei die Auslastung unter Einrechnung der Begleitpersonen, die ebenfalls Betten belegt hätten, für das Jahr 1997 bei 85,9 und für das Jahr 1998 bei 74 % gelegen. In den ersten 4 1/2 Monaten 1999 habe man eine Klinikauslastung von 93,6 % erreicht.

Darüber hinaus weist der Kläger darauf hin, daß eine noch bessere Auslastung durch Versäumnisse der Unternehmensleitung verhindert worden sei und dadurch, daß ausgerechnet in den belegungsstärksten Sommermonaten im Bereich der Klinik Modernisierungsarbeiten durchgeführt worden seien, durch die ein Teil der Betten nicht habe belegt werden können.

Der Kläger vertritt weiter die Auffassung, daß eine ordentliche Kündigung, auch eine ordentliche Änderungskündigung, nach dem Vertrag ausgeschlossen sei. Eine ordentliche Kündigung habe nur vom Kläger ausgesprochen werden können. Die Beklagte sei auf die außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 beschränkt.

Für die Wirksamkeit einer außerordentlichen Änderungskündigung fehle es jedoch an der Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB. Bereits im Dezember habe man dem Kläger erklärt, daß man sein Gehalt entsprechend reduzieren wolle. Ausgesprochen worden sei die Kündigung jedoch erst Mitte Februar.

Selbst wenn jedoch ein Grund für eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist vorhanden sein sollte, vertritt der Kläger die Auffassung, daß die gewählte Frist von 4 Monaten analog § 622 BGB unrichtig sei. Die Beklagte könne sich nicht an der gesetzlichen Kündigungsfrist orientieren sondern müsse eine Frist wählen, die nicht kürzer sei als die dem Kläger für eine ordentliche Kündigung vorgegebene Frist. Eine ordentliche Kündigung sei für den Kläger aber aufgrund der Vertragsverlängerung um jeweils 5 Jahre bei Nichtgebrauchmachen von seinem Kündigungsrecht erstmals zum 31.12.2003 möglich. Zu einem früheren Zeitpunkt könne somit auch die Beklagte keine Kündigung aussprechen.

Darüberhinaus weist der Kläger darauf hin, daß nach seiner Auffassung die vorgeschlagene Gehaltsanpassungsregelung in der Änderungskündigung gegen ärztliches Standesrecht verstoße. Er trägt dazu vor, daß es nicht hingenommen werden könne, wenn ein Arzt in Abhängigkeit von den Belegungszahlen bezahlt werde, da dadurch ein standeswidriger Anreiz geschaffen werde, durch eine längere Verweildauer der Patienten in der Klinik entgegen dem ärztlich notwendigen sein Gehalt aufzubessern.

Der Kläger beantragt
festzustellen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Kündigung vom 10.2.1999, zugegangen am 12.02.1999, unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis über den 30.6.1999 hinaus unverändert fortbesteht.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält die ausgesprochene Änderungskündigung für wirksam und gerechtfertigt. Sie geht davon aus, daß es sich um eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist entsprechend § 622 BGB handelt.

Die Beklagte ist der Auffassung, daß der Kläger leitender Angestellter sei aufgrund seiner Stellung im Betrieb. Auch habe er bei der letzten Betriebsratswahl nicht mitgewählt und habe statt dessen für den Ausschuß der leitenden Angestellten kandidiert, diese Kandidatur später wieder zurückgezogen.

Die beklagte Partei ist der Auffassung, daß eine Kündigung gem. § 17 des Dienstvertrages jederzeit möglich sei. Bezüglich einer Kündigungsfrist sei hier keine Regelung getroffen worden, weswegen die gesetzliche Regelung des § 622 BGB Platz greife. Der Ausschluß einer ordentlichen Kündigung gem. § 18 des Dienstvertrages beziehe sich nicht auf die Anpassungsmöglichkeit gem. § 17 des Dienstvertrages.

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Eine Anwendung der dort für die Kündigung vorgesehenen frühest möglichen Kündigungsmöglichkeit des Klägers zum 31.12.2003 auch für die Beklagte widerspreche der Intension bei Abschluß des Vertrages, im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten eine Anpassung innerhalb vernünftiger Zeit vornehmen zu können.

Die Beklagte ist der Auffassung, daß die Frist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten sei. Erst Anfang Februar sei aufgrund der sich abzeichnenden Ergebnisse und Belegungszahlen der Entschluß gefaßt worden, die vorliegende Änderungskündigung auszusprechen.

Die Kündigung sei gerechtfertigt. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation der Klinik in Scheidegg habe man trotz der Entlassung einiger Mitarbeiter immer noch erhebliche Verluste getätigt. Man müsse weiterhin Kosten einsparen. Eine Entlassung weiterer Mitarbeiter komme nicht in Frage. Dies sei auch die eigene Auffassung des Klägers.

Eine Gehaltsreduzierung um 35 % sei vom Kläger hinnehmbar. Er habe dennoch ein Gehalt, das weit überdurchschnittlich und insbesondere höher sei als das aller anderen Mitarbeiter in der Klinik in Scheidegg. Zudem treffe ihn die Gehaltsreduzierung nicht in dem vorgesehenen Ausmaß, da die Belegungszahlen bereits wieder steigend seien und für 1999 auch nach der Rechnung der Beklagten eine Belegung von durchschnittlich 80 % zu erwarten sei. Die Beklagte trägt vor, daß hinsichtlich der Berechtigung der Änderungskündigung auf den Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung abzustellen sei. Insoweit lägen die Belegungszahlen unter den vom Kläger genannten Zahlen, da nach Auffassung der Beklagten mit untergebrachte Familienangehörige nicht in die Bettenbelegungszahlen einbezogen werden dürften.

Ergänzend wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschriften.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die von der beklagten Partei ausgesprochene Änderungskündigung ist unwirksam. Sie scheitert zwar nicht an der fehlenden Betriebsratsanhörung. Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Änderungskündigung liegt jedoch nicht vor. Darüber hinaus ist die Auslauffrist falsch gewählt.

Eine Änderungskündigung mit dem Ziel Lohnkosten einzusparen kann grundsätzlich sozial gerechtfertigt sein. Dabei ist ein anderer Maßstab als für die Nachprüfung einer ordentlichen Kündigung anzulegen (BAG AP Nr. 14 zu § 2 KSchG 1969). Bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung ist das Änderungsangebot des Arbeitgebers daran zu messen, ob dringende betriebliche Erfordernisse gem. § 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen und ob der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Anlaß zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muß (BAG a.a.O.; BAG AP Nr. 1 zu § 75 PVG sowie Urteil vom 25.10.1984 – 2 AZR 255/83; BAG AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl; Hueck KSchG, 10. Auflage, § 2 Rd.Nr.23; Herrschel/Löwisch, KSchG, 6. Auflage § 2 Rd.Nr. 32,33 sowie Löwisch, Anm. zu BAG AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl).Demnach ist zu prüfen, ob die schlechte Geschäftslage einer Weiterbeschäftigung des Arbeintehmers zu unveränderten Bedingungen entgegensteht. Die Unrentabilität des Betriebes kann ohne weitere Rationalisierungsmaßnahmen ein Grund für eine betriebsbedingte Änderungskündigung sein, wenn durch die Senkung der Personalkosten die Stilllegung des Betriebes oder die Reduzierung der Belegschaft verhindert werden kann und soll (BAG AP Nr. 14 zu § 2 KSchG; BAG AP Nr. 34 zu § 613 a BGB). Dies setzt nach dem Prüfungsmaßstab der ordentlichen Änderungskündigung voraus, daß für die vorgeschlagene Änderung der Arbeitsbedingungen auf Seiten des Arbeitgebers ein dringendes betriebliches Erfordernis besteht und daß die neuen Bedingungen für den Arbeitnehmer zumutbar sind (BAG AP Nr. 1 zu § 75 PVG; BAG AP Nr. 14 zu § 2 KSchG 1969). Soweit es um eine Änderung der Arbeitsbedingungen wegen der schlechten Ertragslage geht, kommt dabei eine Änderung der Vertragsbedingungen nur in Betracht, wenn die Kosten durch andere Maßnahmen nicht zu senken sind (BAG AP Nr. 20 zu § l KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Der Arbeitgeber kann nicht darauf verwiesen werden, statt einer Änderungskündigung Beendigungskündigungen gegenüber einigen weniger schutzbedürftigen Arbeitnehmern auszusprechen (BAG a.a.O). Dabei ist auch zu prüfen, ob der Arbeitnehmer die Änderung der Arbeitsbedingungen billigerweise hinnehmen muß, die ihm angeboten wird (BAG a.a.O.).

Anerkannt ist, daß im Falle daß eine ordentliche Kündigung vertraglich oder tariflich nicht möglich ist, auch eine außerordentliche Kündigung in Einzelfällen mit einer entsprechenden sozialen Auslauffrist ausgesprochen werden kann. Dabei darf jedoch die Kündigungsfrist entsprechend den allgemeinen Regeln für den Arbeitnehmer nicht länger sein als für den Arbeitgeber (§ 622 Abs. 6 BGB).

Bei Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die Kündigung als nicht begründet.

Der Kläger ist aufgrund seiner Stellung, seiner Weisungsbefugnis gegenüber zumindest dem medizinischen, wohl auch dem pflegerischen Personal und seiner Verantwortung für den gesamten Betrieb eindeutig leitender Angestellter. Eine Betriebsratsbeteiligung im Sinne des § 102 Betriebsverfassungsgesetz war somit im vorliegenden Fall nicht notwendig.

Ein Grund für die außerordentliche Änderungskündigung steht der Beklagten jedoch nicht zur Seite. Bei Anwendung der oben genannten Grundsätze kommt das Gericht zu dem Ergebnis, daß angesichts einer von der beklagten Partei insbesondere durch innere Verrechnungen mit der Zentrale hervorgerufenen Verlustsituation die mit der Änderungskündigung beim Kläger beabsichtigten Einsparungen nicht geeignet sind, nennenswert zum Abbau der von der Beklagten vorgetragenen Verlustsituation beizutragen. Alleine durch die beabsichtigte Reduzierung beim Gehalt des Chefarztes ändert sich an der wirtschaftlichen Situation der Klinik in Scheidegg fast nichts. Die Frage des Fortbestandes der Klinik aus wirtschaftlichen Gründen wird hiervon nur minimal berührt. Dazu kommt, daß die Beklagte zu anderen Maßnahmen die sie ergriffen hat oder ergreifen möchte um die Verlustsituation zu verbessern, nichts vorgetragen hat außer der Tatsache, daß auch ansonsten im Personalbereich Einsparungen durch Personalreduzierung erreicht wurden. Sonstige Maßnahmen, insbesondere auch Einsparungen im Verwaltungsbereich hat die Beklagte nicht vorgetragen.

Bereits aus diesem Grunde erweist sich ein Grund für eine Änderungskündigung zur Kostenreduzierung als nicht gegeben.

Darüber hinaus vertritt das Gericht die Auffassung, daß eine Gehaltsreduzierung um 35 % nicht zumutbar ist . Zwar hat der Kläger ein absolut betrachtet sehr hohes Gehalt . Dennoch ist davon auszugehen, daß eine Reduzierung um 35 % auch bei einem sehr hohen Gehalt ein sehr heftiger Einschnitt ist . Der Beklagten ist zwar insoweit zuzustimmen, daß der Kläger aufgrund der Gehaltsreduzierung wohl nicht verhungern werde. Nach der Lebenserfahrung des Gerichtes ist jedoch davon auszugehen, daß sich jedermann ohne Mühe an ein hohes oder höheres Gehalt gewöhnt und seine Ausgaben und laufenden Kosten daran orientiert. Eine Einschränkung um 35 % trifft sicherlich den Kläger etwas weniger hart als einen einfachen Arbeitnehmer, sie ist trotzdem als drastisch anzusehen.

Daran ändert auch nichts, daß dem Kläger im Wege einer Gleitklausel angeboten worden ist, entsprechend der Belegungszahlen sein Gehalt wieder aufzubessern. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten sind die Belegungszahlen vom Kläger nicht zu beeinflussen. Die Beklagte hat selbst die Auffassung vertreten, daß die Versuchung, durch längere Verweildauer der Patienten ohne Rücksicht auf die medizinische Notwendigkeit in der Person des Klägers sicherlich nicht gegeben ist. Somit hat er keine Einflußmöglichkeiten, da Belegungsverhandlungen sich seitens der Beklagten selbst vorbehalten wurden.

Im übrigen begegnet diese Gleitklausel auch standesrechtlichen Bedenken. Es ist mit den Grundtendenzen der Kosteneinsparung im medizinischen Bereich schlechthin unvereinbar, wenn der Chefarzt sein Gehalt dadurch aufbessern könnte, daß er Patienten länger im Hause behält. Zumindest charakterlich schwächere Chefärzte als der Kläger könnten hierdurch enorm in Versuchung geführt werden. Die Beklagte würde im übrigen, sollte diese Klausel den Kostenträgern bekannt werden, gegenüber diesen verdächtig und unglaubwürdig.

Darüberhinaus ist die soziale Auslauffrist im vorliegenden Fall mit 4 Monaten entsprechend § 622 BGB nicht richtig gewählt.

Eine ausnahmsweise in besonderen Fällen für zulässig erachtete außerordentliche Kündigung gegenüber sonst ordentlich unkündbaren Mitarbeitern kann nur entsprechend der sonst gültigen Kündigungsfrist gewählt werden. Dies wären zwar im vorliegenden Falle die 4 Monate, jedoch hat die Beklagte dabei § 622 Abs. 6 BGB übersehen. Danach dürfte eine ordentliche Kündigungsfrist und somit auch die soziale Auslauffrist einer außerordentlichen Kündigung nicht kürzer sein als die Kündigungsfrist, die der Arbeitnehmer einhalten muß. Da unstreitig der Kläger erstmals zum 31.12.2003 wieder kündigen kann, kann auch eine entsprechende soziale Auslauffrist nicht kürzer bemessen sein.

Nach alldem war der Klage in vollem Umfang stattzugeben.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO, Streitwertfestsetzung aus §§ 12 Abs. 7, 46 Abs. 2 ArbGG, 3 ZPO.

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