Übersicht:
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Eigentumserwerb durch Minderjährige: Rechtliche Rahmenbedingungen und Schutzmechanismen
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Weiterführende Informationen
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Ist eine familiengerichtliche Genehmigung für die Übertragung von Bruchteilseigentum an minderjährige Kinder notwendig?
- Welche Haftungsrisiken bestehen für minderjährige Kinder beim Erwerb von Bruchteilseigentum an einem Grundstück?
- Wie unterscheidet sich die Haftung bei Bruchteilseigentum von der bei Wohnungseigentum für minderjährige Eigentümer?
- Welche rechtlichen Schritte sind bei der Übertragung von Grundstückseigentum an minderjährige Kinder zu beachten?
- Welche steuerlichen Aspekte müssen bei der Schenkung von Grundstückseigentum an minderjährige Kinder berücksichtigt werden?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Die Entscheidung des OLG München betrifft die Eintragung von Bruchteilseigentum an einem Grundstück für minderjährige Enkelinnen.
- Der Anlass für das Urteil war die Anforderung einer familiengerichtlichen Genehmigung für die Eigentumsübertragung, obwohl ein Negativzeugnis vorgelegt wurde.
- Das Grundbuchamt argumentierte, dass die Übertragung von Miteigentumsanteilen zu einer Übernahme fremder Verbindlichkeiten führen könnte.
- Das Gericht hob die Anforderung zur Vorlage einer familiengerichtlichen Genehmigung auf, da diese nicht notwendig war.
- Die rechtliche Argumentation des Gerichts basierte auf der Erkenntnis, dass bei der Übertragung von Miteigentum keine gesamtschuldnerische Haftung besteht.
- Es wurde festgestellt, dass das Grundbuchamt sich nicht auf das Negativzeugnis des Familiengerichts hätte stützen dürfen.
- Die Entscheidung betont die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung der Genehmigungsbedürftigkeit von Schenkungsverträgen.
- Eltern können nun sicherer Miteigentum an minderjährige Kinder übertragen, ohne die zusätzliche Hürde einer Genehmigung.
- Die Entscheidung zeigt die aktuelle Rechtsprechung zu Miteigentum und Familienrecht auf.
- Zukünftige Übertragungen sollten die Änderungen in der Gesetzgebung und Rechtsprechung berücksichtigen, um Haftungsrisiken zu vermeiden.
Eigentumserwerb durch Minderjährige: Rechtliche Rahmenbedingungen und Schutzmechanismen
Der Erwerb von Eigentum ist ein zentraler Bestandteil des privaten Vermögensrechts und unterliegt in Deutschland bestimmten rechtlichen Rahmenbedingungen. Besonders im Immobilienrecht spielt die Genehmigungsbedürftigkeit eine wichtige Rolle, insbesondere wenn es um den Erwerb von Bruchteilseigentum durch Minderjährige geht. Hierbei ist es entscheidend, dass minderjährige Erwerber oft auf die Zustimmung ihrer Eltern angewiesen sind, um rechtsgültige Verträge abschließen zu können. Das bedeutet, dass durch einen notariellen Vertrag nicht nur der Erwerb von Eigentum geregelt wird, sondern auch die familienrechtlichen Aspekte eine wesentliche Rolle einnehmen.
Die rechtlichen Auflagen für den Erwerb von Bruchteilseigentum sorgen dafür, dass Minderjährige geschützt werden und ihnen die notwendige Unterstützung zuteilwird. Diese Schutzmechanismen sollen garantieren, dass junge Menschen nicht ohne ausreichende Kenntnisse und Erfahrung in finanzielle Verpflichtungen oder gemeinsame Eigentümerschaften eintreten. Um den rechtlichen Rahmen für einen solchen Erwerb zu verstehen, ist es essential, die Abläufe im Erlaubnisverfahren und die Bedeutung des Grundbuchs zu kennen.
Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der verdeutlicht, wie diese Aspekte in der Praxis zusammenwirken und welche Auswirkungen sie auf den Eigentumserwerb durch Minderjährige haben können.
Der Fall vor Gericht
Eigentumsübertragung an Minderjährige: OLG München klärt Genehmigungserfordernis
Ein Großvater wollte seinen minderjährigen Enkelinnen ein Grundstück zu Miteigentum überlassen.
Das Amtsgericht Ingolstadt forderte zunächst eine familiengerichtliche Genehmigung für die Eigentumsübertragung. Diese Forderung wurde nun vom Oberlandesgericht (OLG) München aufgehoben.
Streitpunkt: Haftungsrisiken beim Bruchteilseigentum
Das Grundbuchamt argumentierte, der Erwerb von Bruchteilseigentum an einem Grundstück beinhalte haftungstechnisch die Übernahme fremder Verbindlichkeiten. Daher sei nach § 1822 Nr. 10 BGB alte Fassung eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich. Der Urkundsnotar legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein und verwies darauf, dass bei Bruchteilseigentum – anders als bei Wohnungseigentum – keine gesamtschuldnerische Haftung für die von anderen Miteigentümern zu tragenden Lasten bestehe.
OLG München: Neue Rechtslage entscheidend
Das OLG München gab der Beschwerde statt. Entscheidend war, dass zum Zeitpunkt der gerichtlichen Prüfung bereits die neue Rechtslage galt. Seit dem 1. Januar 2023 ist § 1822 Nr. 10 BGB durch § 1854 Nr. 4 BGB neue Fassung ersetzt worden. Nach der neuen Regelung ist eine Genehmigung nur noch erforderlich, wenn ein Rechtsgeschäft direkt auf die Übernahme einer fremden Verbindlichkeit gerichtet ist.
Keine Genehmigung für gesetzliche Nebenfolgen
Das Gericht stellte klar, dass Rechtsgeschäfte, bei denen sich eine Haftung für Verbindlichkeiten lediglich als gesetzliche Nebenfolge ergibt, nicht mehr genehmigungspflichtig sind. Der bloße Erwerb von Bruchteilseigentum an einem Grundstück fällt somit nicht unter die Genehmigungspflicht, da mögliche Haftungsrisiken hier nur als Nebenfolge auftreten können.
Bedeutung für Eltern und Erziehungsberechtigte
Für Eltern und Erziehungsberechtigte bedeutet diese Entscheidung eine Erleichterung bei der Übertragung von Grundstückseigentum an ihre minderjährigen Kinder. Die Hürde einer familiengerichtlichen Genehmigung entfällt in solchen Fällen. Dennoch sollten sie sich der möglichen Haftungsrisiken bewusst sein, die mit dem Erwerb von Bruchteilseigentum einhergehen können, auch wenn diese nur als Nebenfolge auftreten.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die Entscheidung des OLG München verdeutlicht eine wichtige Änderung im Familienrecht: Der Erwerb von Bruchteilseigentum an Grundstücken durch Minderjährige bedarf nach neuer Rechtslage keiner familiengerichtlichen Genehmigung mehr. Dies gilt, selbst wenn damit potenzielle Haftungsrisiken als gesetzliche Nebenfolge verbunden sind. Die Entscheidung erleichtert die Vermögensübertragung an Minderjährige, mahnt aber zur Vorsicht bezüglich möglicher Haftungsfolgen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Für Sie als Eltern oder Erziehungsberechtigte, die ein Grundstück an ihre minderjährigen Kinder verschenken möchten, bringt dieses Urteil eine erhebliche Vereinfachung. Seit dem 1. Januar 2023 benötigen Sie keine familiengerichtliche Genehmigung mehr, wenn Sie Ihren Kindern Bruchteilseigentum an einem Grundstück übertragen möchten. Dies gilt auch für Schenkungen, die noch im Jahr 2022 beurkundet wurden. Allerdings sollten Sie beachten, dass mögliche Haftungsrisiken für Ihre Kinder als gesetzliche Nebenfolge weiterhin bestehen können. Es ist daher ratsam, sich vor einer Übertragung umfassend über diese potenziellen Risiken zu informieren und gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen, um Ihre Kinder bestmöglich zu schützen.
Weiterführende Informationen
In unserer FAQ-Rubrik finden Sie umfassende und präzise Antworten auf häufige Fragen, die sich rund um das Thema Genehmigungspflicht beim Erwerb von Bruchteilseigentum durch Minderjährige drehen. Hier erfahren Sie alles Wichtige zu den rechtlichen Grundlagen, den erforderlichen Genehmigungen und den praktischen Aspekten, die im Umgang mit dieser speziellen Eigentumsform zu beachten sind. Unser Ziel ist es, Ihnen fundierte Informationen zu bieten, die Ihnen helfen, die komplexen rechtlichen Zusammenhänge besser zu verstehen.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Ist eine familiengerichtliche Genehmigung für die Übertragung von Bruchteilseigentum an minderjährige Kinder notwendig?
- Welche Haftungsrisiken bestehen für minderjährige Kinder beim Erwerb von Bruchteilseigentum an einem Grundstück?
- Wie unterscheidet sich die Haftung bei Bruchteilseigentum von der bei Wohnungseigentum für minderjährige Eigentümer?
- Welche rechtlichen Schritte sind bei der Übertragung von Grundstückseigentum an minderjährige Kinder zu beachten?
- Welche steuerlichen Aspekte müssen bei der Schenkung von Grundstückseigentum an minderjährige Kinder berücksichtigt werden?
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Ist eine familiengerichtliche Genehmigung für die Übertragung von Bruchteilseigentum an minderjährige Kinder notwendig?
Ja, nach aktueller Rechtsprechung ist eine familiengerichtliche Genehmigung für die Übertragung von Bruchteilseigentum an minderjährige Kinder erforderlich. Diese Entscheidung basiert auf jüngsten Urteilen der Oberlandesgerichte.
Rechtliche Grundlage
Die Notwendigkeit einer familiengerichtlichen Genehmigung ergibt sich aus der Interpretation des § 107 BGB. Dieser besagt, dass die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters nicht erforderlich ist, wenn der Minderjährige durch das Rechtsgeschäft lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt.
Begründung der Gerichte
Die Oberlandesgerichte argumentieren, dass der Erwerb von Bruchteilseigentum für Minderjährige nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Sie stützen sich dabei auf folgende Punkte:
- Persönliche Haftung: Der Minderjährige haftet für Lasten, Erhaltungs- und Verwaltungskosten der Immobilie nicht nur mit dem erworbenen Anteil, sondern auch mit seinem sonstigen Vermögen (§ 748 BGB).
- Keine einfache Aufhebungsmöglichkeit: Anders als bei Alleineigentum kann der Bruchteilseigentümer die Gemeinschaft nicht ohne Weiteres aufheben.
Praktische Auswirkungen
Wenn Sie als Eltern Ihrem minderjährigen Kind einen Anteil an einer Immobilie übertragen möchten, müssen Sie mit zusätzlichem Aufwand rechnen:
- Bestellung eines Ergänzungspflegers: Dies ist notwendig, da ein potenzieller Interessenkonflikt zwischen Ihnen als Schenker und Ihrem Kind als Beschenktem besteht.
- Längere Verfahrensdauer: Die Einbeziehung des Familiengerichts und die Bestellung eines Ergänzungspflegers können den Übertragungsprozess verlängern.
- Höhere Kosten: Durch die zusätzlichen rechtlichen Schritte entstehen Mehrkosten.
Ausnahmen und Besonderheiten
Es gibt Situationen, in denen eine familiengerichtliche Genehmigung möglicherweise nicht erforderlich ist:
- Übertragung von Alleineigentum: Bei der Schenkung eines unbelasteten Grundstücks oder der Übertragung unter Nießbrauchvorbehalt, bei der der Nießbraucher alle Lasten trägt, kann die Übertragung als lediglich rechtlich vorteilhaft angesehen werden.
- Gesetzesänderung ab 01.01.2023: Für die unentgeltliche Übertragung von Wohnungs- oder Teileigentum an Minderjährige ist gemäß § 1850 Nr. 4 BGB n.F. stets die familiengerichtliche Genehmigung erforderlich.
Wenn Sie eine Immobilienübertragung an Ihr minderjähriges Kind planen, sollten Sie diese rechtlichen Aspekte sorgfältig berücksichtigen. Die genaue Ausgestaltung der Übertragung kann erhebliche Auswirkungen auf den erforderlichen rechtlichen Prozess haben.
Welche Haftungsrisiken bestehen für minderjährige Kinder beim Erwerb von Bruchteilseigentum an einem Grundstück?
Beim Erwerb von Bruchteilseigentum an einem Grundstück durch minderjährige Kinder bestehen grundsätzlich begrenzte Haftungsrisiken. Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung vom 18.04.2024 (Az. V ZB 51/23) klargestellt, dass der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem nicht vermieteten oder verpachteten Grundstück für Minderjährige als lediglich rechtlich vorteilhaft im Sinne des § 107 BGB anzusehen ist.
Potenzielle Haftungsrisiken
Trotz dieser grundsätzlich positiven Bewertung können sich in bestimmten Situationen Haftungsrisiken ergeben:
- Kostentragungspflicht: Als Mitglied einer Bruchteilsgemeinschaft kann der Minderjährige verpflichtet sein, anteilig Lasten und Kosten des gesamten Grundstücks zu tragen (§ 748 BGB). Dies betrifft beispielsweise Grundsteuern, Versicherungsbeiträge oder Instandhaltungskosten.
- Persönliche Haftung: Die Haftung für diese Kosten beschränkt sich nicht nur auf den erworbenen Grundstücksanteil, sondern kann auch das sonstige Vermögen des Minderjährigen betreffen.
- Unerwartete Sanierungskosten: Wenn das Grundstück oder ein darauf befindliches Gebäude sanierungsbedürftig wird, können erhebliche Kosten auf den Minderjährigen zukommen.
- Öffentlich-rechtliche Verpflichtungen: Als Miteigentümer kann der Minderjährige auch für die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten, wie etwa Verkehrssicherungspflichten, herangezogen werden.
Einschränkung der Haftungsrisiken
Der BGH betont in seiner Entscheidung, dass diese potenziellen Risiken den Erwerb nicht per se nachteilig machen:
- Die genannten Verpflichtungen treten nicht automatisch mit dem Erwerb ein, sondern erst wenn weitere Umstände hinzukommen.
- In der Praxis werden Miteigentumsanteile oft innerhalb der Familie übertragen, wodurch eine Inanspruchnahme des Minderjährigen durch andere Miteigentümer in der Regel unwahrscheinlich ist.
- Der Gesetzgeber hat den unentgeltlichen Erwerb von Grundstückseigentum für Betreute (§ 1850 BGB) ausdrücklich als genehmigungsfrei eingestuft, was das geringe Risiko unterstreicht.
Wenn Sie als Eltern erwägen, Ihren minderjährigen Kindern Bruchteilseigentum an einem Grundstück zu übertragen, können Sie beruhigt sein: Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind so gestaltet, dass die Vorteile in der Regel überwiegen. Dennoch ist es wichtig, die möglichen Haftungsszenarien im Blick zu behalten und gegebenenfalls Vorkehrungen zu treffen, um Ihre Kinder vor unerwarteten finanziellen Belastungen zu schützen.
Wie unterscheidet sich die Haftung bei Bruchteilseigentum von der bei Wohnungseigentum für minderjährige Eigentümer?
Die Haftung bei Bruchteilseigentum unterscheidet sich erheblich von der bei Wohnungseigentum für minderjährige Eigentümer. Bei Bruchteilseigentum ist die Haftung des Minderjährigen deutlich begrenzter als bei Wohnungseigentum.
Haftung bei Bruchteilseigentum
Bei Bruchteilseigentum haftet der minderjährige Eigentümer grundsätzlich nur mit seinem Anteil am Grundstück. Die persönliche Haftung ist stark eingeschränkt. Wenn Sie als Eltern Ihrem Kind einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück übertragen möchten, beachten Sie:
- Der Minderjährige muss sich lediglich entsprechend seinem Anteil an den Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums beteiligen.
- Eine Haftung für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft besteht in der Regel nicht.
- Entscheidungen über die Verwaltung des Grundstücks erfordern die Zustimmung aller Miteigentümer, was den Minderjährigen zusätzlich schützt.
Haftung bei Wohnungseigentum
Im Gegensatz dazu ist die Haftung bei Wohnungseigentum für Minderjährige weitreichender. Wenn Ihr Kind eine Eigentumswohnung erwirbt, sollten Sie Folgendes bedenken:
- Der minderjährige Wohnungseigentümer wird automatisch Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft mit allen damit verbundenen Pflichten.
- Er haftet anteilig für die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung und Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums.
- Es besteht eine persönliche Haftung für Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft, die während seiner Zugehörigkeit entstehen oder fällig werden.
- Zahlungspflichten aus Wirtschaftsplänen treffen den Minderjährigen unmittelbar mit dem Eigentumsübergang.
Rechtliche Relevanz der Unterscheidung
Die Unterscheidung ist rechtlich bedeutsam, weil sie Auswirkungen auf die Genehmigungsbedürftigkeit des Erwerbs hat. Der Erwerb von Bruchteilseigentum durch einen Minderjährigen gilt in der Regel als lediglich rechtlich vorteilhaft und bedarf keiner Genehmigung durch einen Ergänzungspfleger. Der Erwerb von Wohnungseigentum hingegen wird aufgrund der umfangreicheren Haftung und Verpflichtungen als nicht lediglich rechtlich vorteilhaft angesehen und erfordert die Genehmigung eines Ergänzungspflegers.
Beachten Sie, dass diese rechtliche Einordnung Auswirkungen auf die Handlungsfähigkeit des Minderjährigen und die Notwendigkeit zusätzlicher rechtlicher Schritte beim Eigentumserwerb hat.
Welche rechtlichen Schritte sind bei der Übertragung von Grundstückseigentum an minderjährige Kinder zu beachten?
Bei der Übertragung von Grundstückseigentum an minderjährige Kinder sind mehrere rechtliche Schritte zu beachten:
Prüfung der rechtlichen Vorteilhaftigkeit
Zunächst muss geprüft werden, ob die Übertragung für das minderjährige Kind lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Dies ist der Fall, wenn das Kind keine Verpflichtungen oder Haftungsrisiken übernimmt. Bei einem unvermieteten Grundstück ohne Belastungen ist dies in der Regel gegeben.
Bestellung eines Ergänzungspflegers
Handelt es sich um ein vermietetes oder verpachtetes Grundstück, ist die Übertragung nicht nur rechtlich vorteilhaft. In diesem Fall muss ein Ergänzungspfleger bestellt werden. Dieser vertritt die Interessen des Kindes, da die Eltern aufgrund eines möglichen Interessenkonflikts von der Vertretung ausgeschlossen sind.
Notarielle Beurkundung
Die Eigentumsübertragung muss notariell beurkundet werden. Der Notar prüft dabei auch, ob alle erforderlichen Genehmigungen vorliegen.
Genehmigung durch das Familiengericht
In bestimmten Fällen, insbesondere wenn das Geschäft nicht nur rechtlich vorteilhaft ist, muss die Übertragung vom Familiengericht genehmigt werden. Dies gilt beispielsweise, wenn das Grundstück mit einem Nießbrauch belastet wird oder wenn es sich um einen entgeltlichen Erwerb handelt.
Eintragung im Grundbuch
Nach erfolgter Beurkundung und gegebenenfalls Genehmigung muss die Eigentumsübertragung im Grundbuch eingetragen werden. Hierfür stellt der Notar in der Regel den Antrag beim zuständigen Grundbuchamt.
Beachtung steuerlicher Aspekte
Bei der Übertragung sollten auch steuerliche Aspekte berücksichtigt werden. Es können Schenkungssteuerfreibeträge genutzt werden, die alle 10 Jahre neu zur Verfügung stehen.
Wenn Sie eine Immobilie an Ihre minderjährigen Kinder übertragen möchten, ist es wichtig, jeden dieser Schritte sorgfältig zu beachten. Die rechtliche Beurteilung kann je nach Einzelfall variieren, insbesondere wenn das Grundstück vermietet ist oder mit Rechten Dritter belastet wird. In einem solchen Fall ist die Bestellung eines Ergänzungspflegers oft unumgänglich, um die Interessen des Kindes zu wahren und die Rechtmäßigkeit der Übertragung sicherzustellen.
Welche steuerlichen Aspekte müssen bei der Schenkung von Grundstückseigentum an minderjährige Kinder berücksichtigt werden?
Bei der Schenkung von Grundstückseigentum an minderjährige Kinder sind mehrere steuerliche Aspekte zu beachten:
Schenkungssteuer und Freibeträge
Die Übertragung von Grundstückseigentum an Kinder unterliegt grundsätzlich der Schenkungssteuer. Allerdings gewährt der Gesetzgeber großzügige Freibeträge: Für jedes Kind können Eltern alle zehn Jahre bis zu 400.000 Euro steuerfrei übertragen. Dieser Freibetrag gilt pro Elternteil, sodass bei einer gemeinsamen Schenkung beider Eltern insgesamt 800.000 Euro steuerfrei übertragen werden können.
Übersteigt der Wert der Immobilie den Freibetrag, wird auf den übersteigenden Betrag Schenkungssteuer fällig. Der Steuersatz beginnt bei 7% und steigt progressiv an, abhängig vom Wert der Schenkung.
Bewertung der Immobilie
Für die Berechnung der Schenkungssteuer ist der aktuelle Verkehrswert der Immobilie maßgeblich. Dieser wird nach dem Bewertungsgesetz ermittelt und kann vom Kaufpreis oder dem Bodenrichtwert abweichen. Eine professionelle Wertermittlung kann helfen, Streitigkeiten mit dem Finanzamt zu vermeiden.
Nießbrauchsrecht und Steuervorteil
Wenn Sie sich als Eltern ein Nießbrauchsrecht an der verschenkten Immobilie vorbehalten, mindert dies den steuerpflichtigen Wert der Schenkung. Das Nießbrauchsrecht erlaubt Ihnen, die Immobilie weiterhin zu nutzen oder die Mieteinnahmen zu beziehen, während das Eigentum bereits auf Ihre Kinder übergeht.
Grunderwerbsteuer
Bei einer unentgeltlichen Übertragung (Schenkung) fällt keine Grunderwerbsteuer an. Diese wird nur bei entgeltlichen Übertragungen von Immobilien erhoben.
Einkommensteuerliche Aspekte
Wenn die geschenkte Immobilie vermietet ist, gehen die Mieteinnahmen auf Ihre Kinder über. Diese Einkünfte werden dann im Rahmen der Einkommensteuererklärung Ihrer Kinder berücksichtigt. Dabei können auch Werbungskosten, wie Instandhaltungsaufwendungen, geltend gemacht werden.
Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten
Durch eine schrittweise Übertragung des Eigentums können Sie die Freibeträge optimal ausnutzen. Beispielsweise könnten Sie zunächst einen Teil der Immobilie übertragen und nach Ablauf von zehn Jahren den Rest, um erneut von den Freibeträgen zu profitieren.
Dokumentation und Anzeigepflicht
Jede Schenkung muss innerhalb von drei Monaten dem zuständigen Finanzamt angezeigt werden. Bei notariell beurkundeten Schenkungen übernimmt dies in der Regel der Notar. Eine sorgfältige Dokumentation des Schenkungsvorgangs ist wichtig, um später Unklarheiten zu vermeiden.
Wenn Sie eine Immobilie an Ihre minderjährigen Kinder übertragen möchten, sollten Sie die steuerlichen Konsequenzen sorgfältig abwägen. Die Nutzung der Freibeträge und die Gestaltung mit einem Nießbrauchsrecht können dabei helfen, die Steuerlast zu optimieren. Eine vorausschauende Planung ermöglicht es Ihnen, Ihr Vermögen effektiv an die nächste Generation weiterzugeben und gleichzeitig die steuerlichen Vorteile bestmöglich zu nutzen.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Familiengerichtliche Genehmigung: Eine familiengerichtliche Genehmigung ist eine spezielle Erlaubnis, die von einem Familiengericht erteilt werden muss, bevor bestimmte rechtliche Handlungen im Namen von Minderjährigen durchgeführt werden können. Diese Genehmigung soll sicherstellen, dass die Interessen von Minderjährigen bei komplexen oder risikobehafteten Rechtsgeschäften, wie dem Erwerb von Eigentum, gewahrt bleiben. Im vorliegenden Text wurde die Notwendigkeit dieser Genehmigung durch das Oberlandesgericht München aufgehoben.
- Bruchteilseigentum: Bruchteilseigentum ist eine Form des Eigentums, bei der mehrere Personen gemeinsam Eigentümer einer Sache, zum Beispiel eines Grundstücks, sind. Dabei erhält jede Person einen bestimmten Anteil, einen sogenannten Bruchteil, am gesamten Eigentum. Anders als beim Alleineigentum hat hier jeder Eigentümer nur einen ideellen Anteil und keine konkrete physische Abgrenzung des Eigentums. Dies bedeutet, dass sie Entscheidungen über das Eigentum gemeinsam treffen müssen.
- Gesetzliche Nebenfolge: Eine gesetzliche Nebenfolge bezieht sich auf eine automatisch eintretende Rechtsfolge, die sich aus einem Hauptgeschäft ergibt, ohne dass diese Folge im Vertrag ausdrücklich geregelt wurde. Ein Beispiel im Text ist die Haftung für Verbindlichkeiten, die beim Erwerb von Bruchteilseigentum entstehen können. Diese Nebenfolge tritt kraft Gesetzes ein, ohne dass sie speziell vereinbart wurde.
- Gesamtschuldnerische Haftung: Gesamtschuldnerische Haftung bedeutet, dass mehrere Personen gemeinsam für eine Verbindlichkeit haften und jeder einzelne vollständige Zahlung leisten muss, wenn der Gläubiger dies verlangt. Im Zusammenhang mit Bruchteilseigentum hieße das, dass jeder Miteigentümer für die gesamten Verpflichtungen gegenüber Dritten haftet. Das OLG München hat jedoch klargestellt, dass dies beim Erwerb von Bruchteilseigentum durch Minderjährige nicht der Fall ist.
- Beschwerde: Eine Beschwerde ist ein Rechtsmittel, das genutzt wird, um gerichtliche Entscheidungen, die als falsch oder ungerecht empfunden werden, überprüfen zu lassen. Im Text legte der Urkundsnotar Beschwerde gegen die Entscheidung ein, dass eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich sei. Dies führte letztlich zur Aufhebung dieser Entscheidung durch das Oberlandesgericht München.
- Neuregelung: Die Neuregelung bezieht sich auf die gesetzlichen Änderungen, die seit dem 1. Januar 2023 in Kraft sind, beispielsweise die Änderungen des § 1822 Nr. 10 BGB, der durch den neuen § 1854 Nr. 4 BGB ersetzt wurde. Diese Neuregelung hat die Erfordernisse für eine familiengerichtliche Genehmigung bei der Übertragung von Bruchteilseigentum an Minderjährige geändert und somit den Prozess der Eigentumsübertragung vereinfacht.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 1822 Nr. 10 BGB a.F.: Diese Vorschrift (in der bis zum 1. Januar 2023 geltenden Fassung) regelte die Genehmigungspflicht für Rechtsgeschäfte minderjähriger Kinder, die eine umfassende haftungstechnische Belastung nach sich ziehen könnten, z.B. bei der Übernahme von Verbindlichkeiten.
- § 1822 Nr. 10 BGB a.F.: Im vorliegenden Fall ging es um die Frage, ob die Übertragung von Miteigentumsanteilen an einem Grundstück für minderjährige Kinder aufgrund der damit verbundenen Haftungspflicht eine Genehmigung nach § 1822 Nr. 10 BGB a.F. erforderlich macht.
- § 1854 Nr. 4 BGB n.F.: Diese Vorschrift (in der seit dem 1. Januar 2023 geltenden Fassung) regelt die Genehmigungspflicht von Rechtsgeschäften minderjähriger Kinder, die eine umfassende Haftung nach sich ziehen können, und hat die bisherige Regelung in § 1822 Nr. 10 BGB a.F. ersetzt.
- § 1854 Nr. 4 BGB n.F.: Das OLG München argumentierte, dass im vorliegenden Fall aufgrund der neuen gesetzlichen Regelung in § 1854 Nr. 4 BGB n.F. und der damit verbundenen Anpassung der Haftungsbestimmungen keine familiengerichtliche Genehmigung mehr erforderlich sei.
- § 1643 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1822 Nr. 10 BGB a.F.: Diese Vorschriften regelten die Genehmigungspflicht für Schenkungsvertragsschluss durch Minderjährige, wenn eine umfassende Haftung nach sich ziehen kann (so wie in diesem Fall mit dem Erwerb von Bruchteilseigentum an einem Grundstück).
- § 1643 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1822 Nr. 10 BGB a.F.: Der Fall betraf die Frage, ob die Schenkung von Miteigentumsanteilen an einem Grundstück an minderjährige Kinder unter die Genehmigungspflicht in § 1643 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1822 Nr. 10 BGB a.F. fällt.
Das vorliegende Urteil
OLG München – Az.: 34 Wx 120/23 e – Beschluss vom 12.06.2023
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