Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Digitale Gerichtstermine: Wenn der Wunsch nach Video-Teilnahme auf Grenzen stößt
- Der Wunsch nach digitaler Teilnahme – Was genau war passiert?
- Die Anwältin wehrt sich – Der Weg zum Landgericht
- Die Entscheidung des Landgerichts: Kein Gehör für die Beschwerde
- Warum durfte die Anwältin sich nicht beschweren? Die gesetzliche Regelung
- Wer zahlt die Kosten für die vergebliche Beschwerde?
- Was tun, wenn man mit den Kosten nicht einverstanden ist?
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Kann ich meine Gerichtsverhandlung grundsätzlich per Video erleben oder daran teilnehmen?
- Was passiert, wenn mein Antrag auf Videoteilnahme vor Gericht abgelehnt wird, und kann ich dagegen vorgehen?
- Warum sind gerichtliche Entscheidungen zur Videoteilnahme oft nicht anfechtbar?
- Wer trägt die Kosten, wenn ich versuche, eine unanfechtbare Gerichtsentscheidung über Videoteilnahme anzufechten?
- Was kann ich tun, wenn ich mit der Kostenentscheidung nach einem erfolglosem Versuch, eine Videoteilnahme durchzusetzen, nicht einverstanden bin?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 7 T 179/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Lübeck
- Datum: 12.05.2025
- Aktenzeichen: 7 T 179/25
- Verfahrensart: Sofortige Beschwerde
- Rechtsbereiche: Zivilprozessrecht, Gerichtskostenrecht
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Prozessbevollmächtigte eines Klägers beantragte beim Amtsgericht, per Video an einer mündlichen Verhandlung teilnehmen zu dürfen. Dieser Antrag wurde abgelehnt, woraufhin die Prozessbevollmächtigte sofortige Beschwerde einlegte.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob eine sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrags auf Videoteilnahme an einer mündlichen Verhandlung zulässig ist.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten wurde vom Landgericht verworfen.
- Begründung: Die sofortige Beschwerde war nicht zulässig, da Entscheidungen über die Videoteilnahme nach § 128a Abs. 7 S. 1 ZPO ausdrücklich unanfechtbar sind.
- Folgen: Die Prozessbevollmächtigte des Klägers trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens selbst, da sie den Antrag und die Beschwerde für sich selbst gestellt hat. Gegen die Kostenrechnung kann sie lediglich Erinnerung einlegen.
Der Fall vor Gericht
Digitale Gerichtstermine: Wenn der Wunsch nach Video-Teilnahme auf Grenzen stößt
Viele kennen es aus dem Berufsalltag oder privaten Verabredungen: Ein wichtiger Termin steht an, aber eine persönliche Anwesenheit ist schwierig. Wie praktisch wäre es da, einfach per Videokonferenz teilzunehmen? Auch vor Gericht gibt es mittlerweile die Möglichkeit, an Verhandlungen digital per Bild- und Tonübertragung dabei zu sein. Doch was passiert, wenn ein solcher Antrag abgelehnt wird und man sich dagegen wehren möchte? Genau das war die Kernfrage in einem Fall vor dem Landgericht Lübeck.
Der Wunsch nach digitaler Teilnahme – Was genau war passiert?

Im Mittelpunkt des Geschehens stand die Anwältin eines Klägers. Ein Kläger ist eine Person, die vor Gericht eine andere Person oder ein Unternehmen auf etwas verklagt. Die Anwältin, auch Prozessbevollmächtigte genannt, vertritt also die Interessen des Klägers vor Gericht. Für eine anstehende mündliche Verhandlung – das ist der Gerichtstermin, bei dem die Streitparteien ihre Argumente mündlich darlegen – beim Amtsgericht Lübeck stellte diese Anwältin einen Antrag. Sie wollte nicht persönlich im Gerichtssaal erscheinen, sondern per Bild- und Tonübertragung an der Verhandlung teilnehmen.
Diese Möglichkeit ist im Gesetz vorgesehen, genauer gesagt in § 128a Absatz 3 Satz 1 der Zivilprozessordnung, oft abgekürzt als ZPO. Die Zivilprozessordnung ist so etwas wie das große Regelbuch für Gerichtsverfahren in Zivilsachen, also bei Streitigkeiten zwischen Privatpersonen oder Unternehmen. Der genannte Paragraph erlaubt es unter bestimmten Umständen, dass sich Beteiligte von einem anderen Ort aus in die Verhandlung zuschalten. Doch das Amtsgericht Lübeck sah in diesem Fall offenbar keine Veranlassung oder Möglichkeit, dem Antrag stattzugeben. Mit einem Beschluss – das ist eine Form der gerichtlichen Entscheidung, oft in Verfahrensfragen – vom 26. April 2025 wies das Amtsgericht den Antrag der Anwältin zurück.
Die Anwältin wehrt sich – Der Weg zum Landgericht
Die Anwältin war mit dieser Entscheidung des Amtsgerichts nicht einverstanden. Sie wollte weiterhin per Video an der Verhandlung teilnehmen. Daher legte sie am 1. Mai 2025 eine sogenannte sofortige Beschwerde ein. Eine sofortige Beschwerde ist ein schnelles Rechtsmittel, eine Art Protest, den man gegen bestimmte gerichtliche Entscheidungen einlegen kann, um sie von der nächsthöheren gerichtlichen Instanz überprüfen zu lassen. In diesem Fall war das Landgericht Lübeck die zuständige höhere Instanz. Die Anwältin hoffte also, das Landgericht würde die Entscheidung des Amtsgerichts aufheben und ihr die Teilnahme per Video doch noch ermöglichen.
Die Entscheidung des Landgerichts: Kein Gehör für die Beschwerde
Das Landgericht Lübeck musste nun also über diese sofortige Beschwerde der Anwältin entscheiden. Das Ergebnis, festgehalten in einem Beschluss vom 12. Mai 2025, war für die Anwältin jedoch ernüchternd: Ihre sofortige Beschwerde wurde verworfen. „Verworfen“ bedeutet in der juristischen Sprache, dass das Gericht die Beschwerde nicht inhaltlich geprüft hat, also nicht darüber entschieden hat, ob die Anwältin nun per Video hätte teilnehmen dürfen oder nicht. Stattdessen wurde die Beschwerde als unzulässig abgewiesen. Auch eine Entscheidung darüber, wer die Kosten für dieses Beschwerdeverfahren tragen muss, wurde in diesem Zusammenhang zunächst nicht ausdrücklich getroffen, obwohl das Gericht dazu später noch Hinweise gab.
Warum durfte die Anwältin sich nicht beschweren? Die gesetzliche Regelung
Aber warum wurde die Beschwerde einfach so abgewiesen, ohne dass das Landgericht prüfte, ob die Anwältin nicht doch per Video hätte teilnehmen dürfen? Die Antwort liegt in einer speziellen gesetzlichen Regelung. Das Landgericht erklärte, die sofortige Beschwerde sei nicht statthaft gewesen. „Statthaft“ bedeutet, dass ein bestimmtes Rechtsmittel – hier die sofortige Beschwerde – für die Art der angegriffenen Entscheidung überhaupt vorgesehen und damit zulässig ist.
Die entscheidende Vorschrift findet sich wieder in § 128a der Zivilprozessordnung (ZPO), und zwar in dessen Absatz 7 Satz 1. Dort steht klar und deutlich: Entscheidungen, die nach § 128a ZPO ergehen, sind unanfechtbar. „Unanfechtbar“ heißt, dass man gegen diese Entscheidungen keine Rechtsmittel wie eine Beschwerde einlegen kann. Die Entscheidung des Amtsgerichts, den Antrag der Anwältin auf Videoteilnahme zurückzuweisen, war eine solche Entscheidung nach § 128a ZPO. Sie fiel direkt unter den Anwendungsbereich dieses Paragraphen. Damit war sie, so das Landgericht, gemäß der eindeutigen Regelung im Gesetz nicht mit der sofortigen Beschwerde angreifbar.
Man kann sich das vielleicht so vorstellen: Wenn die Spielregeln eines Wettbewerbs festlegen, dass bestimmte Entscheidungen des Organisators endgültig sind und nicht angefochten werden können, dann kann man sich zwar darüber ärgern, aber ein formaler Protest ist dann nicht möglich. Ähnlich ist es hier: Das Gesetz selbst schließt eine Beschwerde gegen Entscheidungen über die Videoteilnahme aus.
Wer zahlt die Kosten für die vergebliche Beschwerde?
Obwohl die Hauptentscheidung die Verwerfung der Beschwerde war, gab das Landgericht Lübeck noch einen wichtigen vorsorglichen Hinweis zu den Kosten des Verfahrens. Wer muss also für die Gerichtskosten aufkommen, die durch diese erfolglose Beschwerde entstanden sind? Das Gericht stellte klar, dass Kostenschuldnerin – also diejenige, die zahlen muss – nicht der Kläger ist, den die Anwältin eigentlich vertritt, sondern die Prozessbevollmächtigte, also die Anwältin selbst.
Die Rolle der Anwältin bei den Kosten
Wie kommt das Gericht zu dieser Einschätzung? Das Landgericht sah die Anwältin in diesem speziellen Zusammenhang als Verfahrensbeteiligte im Sinne des § 128a Absatz 1 Satz 3 ZPO an. Dieser Paragraph bezieht sich nicht nur auf die Parteien des Rechtsstreits (Kläger und Beklagter), sondern auch auf deren Vertreter, wenn es um die Art und Weise ihrer Teilnahme geht. Entscheidend war für das Gericht, dass die Anwältin den ursprünglichen Antrag auf Teilnahme per Video und auch die darauffolgende sofortige Beschwerde für sich selbst gestellt bzw. erhoben hatte. Es ging um ihre Art der Teilnahme, nicht um eine Entscheidung, die den Kläger direkt in seinen Rechten im Prozess betraf.
Dadurch, so die Argumentation des Gerichts, habe sie die Kosten des Beschwerdeverfahrens im Sinne von § 22 Absatz 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) veranlasst. Das Gerichtskostengesetz regelt, wer für welche Handlungen vor Gericht Gebühren zahlen muss. Wer ein unnötiges oder unzulässiges Verfahren anstößt, kann also dafür zur Kasse gebeten werden.
Was tun, wenn man mit den Kosten nicht einverstanden ist?
Das Landgericht wies die Anwältin auch darauf hin, was sie tun könnte, falls sie diese Rechtsauffassung bezüglich ihrer Kostenpflicht nicht teilen sollte. Gegen den Beschluss des Landgerichts selbst, also die Verwerfung ihrer sofortigen Beschwerde und den Hinweis zur Kostenpflicht, konnte sie kein weiteres Rechtsmittel einlegen. Dieser Beschluss war endgültig.
Stattdessen stünde ihr aber ein anderer Rechtsbehelf offen: die sogenannte Erinnerung. Diese Erinnerung könnte sie aber nicht gegen den Beschluss an sich richten, sondern gegen die Gerichtskostenrechnung, die ihr für das erfolglose Beschwerdeverfahren noch zugestellt werden würde. Diese Erinnerung müsste sie dann ebenfalls beim Landgericht Lübeck einlegen. Damit könnte sie dann die Frage, ob sie tatsächlich die Kosten tragen muss, noch einmal gesondert überprüfen lassen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt klar, dass Anträge auf digitale Teilnahme an Gerichtsterminen per Video vom Gesetzgeber bewusst als endgültige Entscheidungen konzipiert wurden – gegen Ablehnungen kann man sich nicht mit rechtlichen Mitteln wehren. Anwälte müssen daher besonders vorsichtig sein, denn wenn sie trotzdem Beschwerde einlegen, können sie persönlich für alle entstehenden Gerichtskosten haftbar gemacht werden, auch wenn sie eigentlich nur ihre Mandanten vertreten. Die Entscheidung macht deutlich, dass das Recht auf Video-Teilnahme vor Gericht nicht automatisch besteht und Gerichte große Ermessensspielräume haben, solche Anträge abzulehnen. Für Rechtsuchende bedeutet dies, dass sie sich nicht darauf verlassen können, wichtige Gerichtstermine von zu Hause aus per Video wahrnehmen zu können.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Kann ich meine Gerichtsverhandlung grundsätzlich per Video erleben oder daran teilnehmen?
Ja, es ist grundsätzlich möglich, eine Gerichtsverhandlung per Videoübertragung zu verfolgen oder sogar aktiv daran teilzunehmen. Diese Möglichkeit wurde in Deutschland durch gesetzliche Regelungen geschaffen, um Verfahren flexibler und zugänglicher zu machen. Eine zentrale Grundlage hierfür ist beispielsweise § 128a der Zivilprozessordnung (ZPO), der die Nutzung von Bild- und Tonübertragung im gerichtlichen Verfahren regelt.
Teilnahme per Video (für Verfahrensbeteiligte)
Wenn Sie aktiv an einer Gerichtsverhandlung beteiligt sind, zum Beispiel als Partei, Zeuge oder Sachverständiger, kann das Gericht unter bestimmten Voraussetzungen anordnen, dass Sie von einem anderen Ort aus per Video und Ton an der Verhandlung teilnehmen. Das bedeutet, dass Sie nicht persönlich im Gerichtssaal anwesend sein müssen, sondern sich beispielsweise in einem anderen Raum des Gerichts oder in einem Rechtsanwaltsbüro aufhalten und von dort aus mit dem Gericht und den anderen Beteiligten kommunizieren können. Dies ist besonders hilfreich, wenn weite Anreisen vermieden werden sollen oder die persönliche Anwesenheit aus anderen wichtigen Gründen nicht möglich ist.
Verfolgung per Video (für die Öffentlichkeit)
Auch für die Öffentlichkeit kann es unter bestimmten Umständen die Möglichkeit geben, Gerichtsverhandlungen per Video zu erleben. Dies ist oft der Fall, wenn der eigentliche Gerichtssaal zu klein ist, um alle Interessierten aufzunehmen. Dann kann die Verhandlung in einen anderen Raum des Gerichtsgebäudes übertragen werden, sodass Zuschauer die Verhandlung dort per Bild- und Tonübertragung verfolgen können. Der Grundsatz der Öffentlichkeit bleibt dabei gewahrt.
Keine automatische Entscheidung: Das Gericht entscheidet
Es ist jedoch sehr wichtig zu verstehen, dass die Nutzung von Videoübertragung kein automatisches Recht ist. Die Entscheidung, ob eine Verhandlung per Video stattfindet oder ob eine Person per Video teilnehmen darf, liegt immer im Ermessen des Gerichts. Das Gericht prüft jeden Einzelfall und entscheidet, ob die Voraussetzungen dafür erfüllt sind und ob die Videoübertragung der ordnungsgemäßen Durchführung des Verfahrens nicht entgegensteht. Dabei spielen oft die technischen Möglichkeiten des Gerichts, die Art des Verfahrens und die konkreten Umstände eine Rolle. Ein Recht darauf, per Video teilzunehmen oder zuzuschauen, gibt es nicht, sondern es ist eine gerichtliche Ermessensentscheidung.
Was passiert, wenn mein Antrag auf Videoteilnahme vor Gericht abgelehnt wird, und kann ich dagegen vorgehen?
Wird Ihr Antrag auf Videoteilnahme vor Gericht abgelehnt, bedeutet das in erster Linie, dass das Gericht Sie für den Termin in Präsenz erwartet. Das Gericht entscheidet über die Zulassung einer Videoteilnahme nach eigenem Ermessen, basierend auf den Gegebenheiten des Einzelfalls. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, wie die technische Machbarkeit, die Notwendigkeit der persönlichen Anwesenheit zur Sachverhaltsaufklärung oder die Sicherstellung eines fairen Verfahrens. Die Ablehnung ist eine Entscheidung des Gerichts, die den Ablauf der Verhandlung betrifft.
Konsequenzen der Ablehnung
Wenn Ihr Antrag auf Videoteilnahme nicht genehmigt wird, müssen Sie persönlich im Gericht erscheinen, um am Verfahren teilzunehmen. Die Gerichtsverhandlung findet dann wie gewohnt mit physischer Anwesenheit aller Beteiligten statt. Eine Ablehnung bedeutet also nicht, dass das Verfahren stoppt oder Sie nicht mehr teilnehmen können, sondern lediglich, dass die Teilnahme auf dem herkömmlichen Weg erwartet wird. Für Sie als Beteiligten bedeutet das, dass Sie die Reise zum Gerichtsort antreten müssen, um Ihre Rechte wahrzunehmen und den Gerichtstermin nicht zu versäumen.
Möglichkeiten gegen die Ablehnung vorzugehen
Gegen die Ablehnung eines Antrags auf Videoteilnahme können Sie in der Regel nicht gesondert und unmittelbar mit einem Rechtsmittel vorgehen. Eine solche Entscheidung des Gerichts ist kein selbstständig anfechtbarer Beschluss, sondern eine Anordnung, die den Ablauf des Verfahrens betrifft. Dies bedeutet, dass Sie normalerweise keine eigenständige Beschwerde oder ein ähnliches Rechtsmittel einlegen können, um die Ablehnung der Videoteilnahme überprüfen zu lassen. Das Gesetz sieht für solche verfahrensleitenden Entscheidungen in der Regel keine isolierte Anfechtungsmöglichkeit vor.
Sollten Sie der Meinung sein, dass die Ablehnung der Videoteilnahme einen erheblichen Verfahrensfehler darstellt, der sich später auf das Urteil auswirkt, könnte dies allenfalls im Rahmen eines Rechtsmittels gegen die endgültige Entscheidung (also gegen das Urteil) des Gerichts eine Rolle spielen. Eine solche Argumentation ist jedoch komplex und hängt stark vom Einzelfall ab. Es geht dann nicht darum, die Videoteilnahme nachträglich zu erzwingen, sondern darum, ob ein möglicher Verfahrensfehler das gesamte Urteil angreifbar macht.
Warum sind gerichtliche Entscheidungen zur Videoteilnahme oft nicht anfechtbar?
Gerichtliche Entscheidungen über die Videoteilnahme, also ob eine Person per Video an einer Verhandlung teilnehmen darf oder muss, sind oft nicht anfechtbar, weil dies explizit im Gesetz festgelegt ist. Es handelt sich hierbei nicht um eine willkürliche Entscheidung des Gerichts, sondern um eine klare gesetzliche Regelung.
Die gesetzliche Grundlage: § 128a Abs. 7 ZPO
Die zentrale Vorschrift hierfür ist § 128a Absatz 7 der Zivilprozessordnung (ZPO). Die Zivilprozessordnung ist das Gesetz, das regelt, wie Gerichtsverfahren in Zivilsachen ablaufen. Dieser Paragraf bestimmt eindeutig: „Beschlüsse über die Anordnung der Videoteilnahme sind nicht anfechtbar.“
Was bedeutet „nicht anfechtbar“ für Sie?
Das bedeutet, dass Sie gegen eine solche Gerichtsentscheidung keine Rechtsmittel einlegen können. Wenn das Gericht zum Beispiel beschließt, dass eine Verhandlung per Video stattfinden soll, oder einen Antrag auf Videoteilnahme ablehnt, können Sie diesen Beschluss nicht durch eine Beschwerde, Berufung oder Revision bei einer höheren Instanz überprüfen lassen. Die Entscheidung des Gerichts in dieser speziellen Frage ist endgültig und bindend.
Warum diese Regelung?
Der Gesetzgeber hat diese Regelung geschaffen, um Verfahrenseffizienz zu gewährleisten und unnötige Verzögerungen zu vermeiden. Die Frage, ob eine Videoteilnahme zugelassen wird, wird als eine prozessleitende Entscheidung angesehen, die dem Gericht ein gewisses Ermessen einräumt, um den Ablauf der Verhandlung zu steuern. Die Möglichkeit, jede Entscheidung über die Videoteilnahme anzufechten, würde die Gerichtsverfahren verkomplizieren und in die Länge ziehen. Für Sie bedeutet das: Die Entscheidung über die Videoteilnahme ist eine rein praktische Anordnung für den Ablauf der Verhandlung, die nicht den normalen Regeln der Anfechtbarkeit unterliegt, wie es beispielsweise bei Urteilen der Fall ist.
Wer trägt die Kosten, wenn ich versuche, eine unanfechtbare Gerichtsentscheidung über Videoteilnahme anzufechten?
Wenn Sie versuchen, eine unanfechtbare Gerichtsentscheidung anzufechten – das heißt, eine Entscheidung, gegen die es kein reguläres Rechtsmittel wie eine Berufung oder Revision gibt –, fallen in der Regel Kosten an, die Sie selbst tragen müssen. Solche Versuche werden vom Gericht meist als unzulässig abgewiesen, da es keine rechtliche Grundlage für die Anfechtung gibt.
Kosten bei einem unzulässigen Anfechtungsversuch
Grundsätzlich gilt im deutschen Recht: Wer einen Antrag bei Gericht stellt und damit nicht erfolgreich ist oder der Antrag unzulässig ist, muss die dadurch entstehenden Kosten tragen. Dies betrifft in Ihrem Fall einen Versuch, eine Entscheidung anzufechten, die bereits als „unanfechtbar“ gilt.
Dazu gehören:
- Gerichtskosten: Für jeden bei Gericht eingereichten Antrag fallen Gerichtsgebühren an. Auch wenn Ihr Anfechtungsversuch als unzulässig abgewiesen wird, sind diese Gebühren für die Bearbeitung des Antrags fällig. Die Höhe dieser Kosten hängt oft vom Wert des Streitgegenstandes oder von festen Gebührensätzen ab.
- Eigene Anwaltskosten: Wenn Sie einen Rechtsanwalt beauftragen, diesen Anfechtungsversuch für Sie einzuleiten, müssen Sie dessen Honorar bezahlen. Dies ist unabhängig davon, ob der Versuch erfolgreich ist oder nicht. Ihr Anwalt erbringt eine Dienstleistung, die vergütet werden muss.
Entscheidungen über die Videoteilnahme in einem Gerichtsverfahren sind oft sogenannte prozessleitende Anordnungen. Diese sind in der Regel nicht separat anfechtbar, da sie den Ablauf des Verfahrens steuern und keine endgültige Entscheidung in der Hauptsache darstellen. Ein Versuch, eine solche Anordnung anzufechten, wird daher höchstwahrscheinlich als unzulässig abgewiesen.
Wer trägt die Kosten: Partei oder Vertreter?
Die Kostenlast trifft grundsätzlich immer die Partei des Rechtsstreits, also die Person, die im Verfahren betroffen ist und den Antrag stellt.
- Auch wenn Sie von einem Rechtsanwalt vertreten werden und dieser den Anfechtungsversuch in Ihrem Namen unternimmt, sind Sie als Mandant (die eigentliche Partei) diejenige, die die entstehenden Gerichts- und Anwaltskosten tragen muss.
- Der Rechtsanwalt ist Ihr Vertreter und handelt in Ihrem Auftrag und auf Ihre Rechnung. Er wird seine eigenen Kosten für die Tätigkeit Ihnen gegenüber geltend machen. Der Anwalt selbst trägt die Kosten nicht, es sei denn, er hat durch ein eigenes Fehlverhalten separate Kosten verursacht, was bei einem regulären, wenn auch unzulässigen, Anfechtungsversuch nicht der Fall ist.
Was kann ich tun, wenn ich mit der Kostenentscheidung nach einem erfolglosem Versuch, eine Videoteilnahme durchzusetzen, nicht einverstanden bin?
Auch wenn eine gerichtliche Entscheidung über die Ablehnung einer Videoteilnahme in vielen Fällen nicht mehr angefochten werden kann und somit „rechtskräftig“ ist, bedeutet das nicht, dass Sie keinerlei Möglichkeiten haben, wenn Sie mit den festgesetzten Kosten nicht einverstanden sind. Die Entscheidung über die Kosten, also die Höhe der Gerichtsgebühren und Auslagen, ist ein gesonderter Schritt.
Überprüfung der Kostenentscheidung durch eine „Erinnerung“
Wenn Sie eine gerichtliche Kostenentscheidung erhalten, zum Beispiel einen Kostenansatz oder einen Kostenfestsetzungsbeschluss, und der Meinung sind, dass die berechneten Gerichtsgebühren oder Auslagen nicht korrekt sind, können Sie dagegen eine sogenannte „Erinnerung gegen den Kostenansatz“ einlegen. Dieser Rechtsbehelf unterscheidet sich grundlegend von einer Beschwerde gegen die eigentliche Hauptentscheidung (hier: die Ablehnung der Videoteilnahme).
Was die Erinnerung prüft
Die Erinnerung richtet sich nicht gegen die gerichtliche Entscheidung selbst, also nicht gegen die Ablehnung Ihrer Videoteilnahme. Sie zielt ausschließlich darauf ab, die Berechnung der Gerichtskosten zu überprüfen. Das bedeutet: Es wird geprüft, ob die Gerichtsgebühren nach dem Gesetz in der richtigen Höhe angesetzt wurden, ob Rechenfehler vorliegen oder ob Auslagen berücksichtigt wurden, die gar nicht entstanden sind oder nicht zu erstatten sind. Beispielsweise könnte es sein, dass eine falsche Gebührenart angesetzt wurde oder eine Position doppelt berechnet wurde.
Wie die Erinnerung funktioniert
Um eine Erinnerung einzulegen, müssen Sie dies in der Regel schriftlich beim Gericht einreichen, das die Kostenentscheidung getroffen hat. Für die Einreichung der Erinnerung gibt es eine Frist, die meist einen Monat beträgt. Diese Frist beginnt, sobald Ihnen die Kostenentscheidung offiziell zugestellt wurde. Es ist wichtig, diese Frist zu beachten, da eine spätere Einreichung oft nicht mehr berücksichtigt werden kann.
Das Gericht, das die Kostenentscheidung erlassen hat, prüft dann Ihre Erinnerung. Oft entscheidet darüber ein sogenannter Rechtspfleger oder eine Rechtspflegerin. Stellt sich heraus, dass die Kosten tatsächlich falsch berechnet wurden, wird die Kostenentscheidung entsprechend korrigiert.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
§ 128a Zivilprozessordnung (ZPO)
§ 128a ZPO regelt die Nutzung von Video- und Tonübertragung in Gerichtsverhandlungen bei Zivilsachen. Er ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen, dass Verfahrensbeteiligte wie Parteien, Zeugen oder Sachverständige von einem anderen Ort aus per Video an der Verhandlung teilnehmen können. Gleichzeitig legt dieser Paragraph fest, dass Entscheidungen über die Zulassung der Videoteilnahme oft unanfechtbar sind, das heißt, gegen solche Entscheidungen können in der Regel keine Rechtsmittel eingelegt werden. Diese Regelung soll die Gerichtsverfahren effizient gestalten und unnötige Verzögerungen vermeiden.
Beschluss
Ein Beschluss ist eine gerichtliche Entscheidung, die häufig Verfahrensfragen regelt, aber nicht das endgültige Urteil in der Sache selbst darstellt. Im vorliegenden Fall entschied das Amtsgericht durch einen Beschluss über den Antrag der Anwältin auf Teilnahme per Video. Beschlüsse können unterschiedliche Formen haben und sind oft weniger förmlich als Urteile. Ob und wie ein Beschluss angefochten werden kann, hängt von der gesetzlichen Regelung ab.
Beispiel: Wenn das Gericht entscheidet, ob jemand in einem Prozess per Video zugeschaltet wird, fällt diese Entscheidung meist in Form eines Beschlusses.
Sofortige Beschwerde
Die sofortige Beschwerde ist ein Rechtsmittel, mit dem man gegen bestimmte gerichtliche Entscheidungen rasch vorgehen kann, um eine Überprüfung durch eine höhere Instanz zu erreichen. Sie wird beispielsweise eingesetzt, wenn eine Verfahrensmaßnahme oder ein Beschluss eines Gerichts beanstandet wird. Wichtig ist, dass die sofortige Beschwerde nur gegen solche Entscheidungen zulässig ist, für die das Gesetz diese Art der Überprüfung vorsieht. Im Fall der Videoteilnahme war die sofortige Beschwerde vom Gesetz ausgeschlossen, weshalb das Landgericht sie nicht prüfen durfte.
Beispiel: Wird einem Beschluss widersprochen, kann eine Partei eine sofortige Beschwerde einlegen, falls das Gesetz diese zulässt, um eine schnelle Entscheidung des nächsthöheren Gerichts zu erwirken.
Unanfechtbarkeit
Eine unanfechtbare Entscheidung ist eine gerichtliche Entscheidung, gegen die keine Rechtsmittel wie Berufung, Beschwerde oder Revision eingelegt werden können. Diese Unanfechtbarkeit wird gesetzlich festgelegt, um die Verfahrensabläufe nicht unnötig zu verzögern. Im Kontext des § 128a Absatz 7 ZPO sind Entscheidungen über die Videoteilnahme ausdrücklich unanfechtbar. Das bedeutet, wer mit einer solchen Entscheidung nicht einverstanden ist, kann diese nicht formal anfechten, sondern muss sie akzeptieren.
Beispiel: Wenn das Gericht beschließt, dass eine Verhandlung nicht per Video stattfinden darf, ist diese Entscheidung oft endgültig und kann nicht durch eine Beschwerde oder Berufung angefochten werden.
Erinnerung (gegen Kostenfestsetzung)
Die Erinnerung ist ein spezieller Rechtsbehelf, mit dem man sich gegen eine gerichtliche Entscheidung über die Kosten eines Verfahrens wenden kann. Sie richtet sich nicht gegen die inhaltliche Entscheidung des Prozesses, sondern nur gegen die Berechnung oder Festsetzung der Gerichtskosten und Auslagen. Die Erinnerung wird schriftlich beim Gericht eingereicht, das die Kostenentscheidung getroffen hat, und prüft insbesondere, ob die Kosten rechtlich und rechnerisch korrekt sind. So bietet sie eine Möglichkeit, gegen vermeintlich fehlerhafte Kostenforderungen vorzugehen.
Beispiel: Wenn Ihnen das Gericht Kosten für ein Verfahren auferlegt, diese aber falsch berechnet erscheinen, kann die Erinnerung genutzt werden, um eine Korrektur zu erwirken.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 128a Absatz 3 Satz 1 ZPO: Regelung der digitalen Teilnahme an mündlichen Verhandlungen erlaubt es Beteiligten, unter bestimmten Voraussetzungen per Bild- und Tonübertragung am Gerichtstermin teilzunehmen. Diese Vorschrift fördert die Flexibilität im Prozess und erleichtert die Beteiligung von Parteien und Vertretern. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Anwältin beantragte die Teilnahme per Video auf Grundlage dieser Norm, ihre Ablehnung durch das Amtsgericht bezieht sich direkt auf diese Vorschrift.
- § 128a Absatz 7 Satz 1 ZPO: Bestimmt die Unanfechtbarkeit von Entscheidungen, die über die zulässige digitale Teilnahme nach § 128a getroffen werden. Das bedeutet, dass gegen diese Entscheidungen keine Rechtsmittel wie die sofortige Beschwerde zulässig sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht verwies darauf, dass die Beschwerde der Anwältin gegen die Ablehnung der Videoteilnahme unzulässig ist, weil das Gesetz diese Entscheidungen explizit als unanfechtbar einstuft.
- § 574 ZPO (sofern relevant): Regelt im Zivilprozess das Rechtsmittel gegen Beschlüsse, u.a. die sofortige Beschwerde und deren Zulässigkeit. Die Vorschriften strukturieren, gegen welche Entscheidungen welche Rechtsmittel zulässig sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die sofortige Beschwerde wurde vom Landgericht als unzulässig verworfen, da § 128a Abs. 7 die Rechtsmittelausübung in diesem Zusammenhang ausschließt.
- § 128a Absatz 1 Satz 3 ZPO: Weist darauf hin, dass neben den Prozessparteien auch deren Vertreter im Sinne der digitalen Teilnahme als Verfahrensbeteiligte gelten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht sah die Anwältin als eigene Verfahrensbeteiligte an, da der Antrag auf Videoteilnahme sich ausschließlich auf ihre persönliche Teilnahmeform bezog.
- § 22 Absatz 1 Satz 1 GKG: Regelt die Kostentragungspflicht und bestimmt, wer bei unnötigen oder unzulässigen Verfahren die Gerichtskosten zu tragen hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Kosten des erfolglosen Beschwerdeverfahrens wurden der Anwältin persönlich auferlegt, da sie das Verfahren eigenverantwortlich angestoßen hatte.
- Erinnerung gem. § 51 GKG analog: Mit diesem Rechtsbehelf kann gegen die Kostenentscheidung nachträglich vorgegangen werden, insbesondere wenn kein weiteres Rechtsmittel gegen den Beschluss selbst zulässig ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Anwältin bleibt der Weg offen, gegen die Kostenfestsetzung anhand einer Erinnerung vorzugehen, auch wenn die Hauptentscheidung nicht anfechtbar ist.
Das vorliegende Urteil
LG Lübeck – Az.: 7 T 179/25 – Beschluss vom 12.05.2025
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.
→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

Ich bin seit meiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2003 Teil der Kanzlei der Rechtsanwälte Kotz in Kreuztal bei Siegen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht, sowie als Notar setze ich mich erfolgreich für meine Mandanten ein. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind Mietrecht, Strafrecht, Verbraucherrecht, Reiserecht, Medizinrecht, Internetrecht, Verwaltungsrecht und Erbrecht. Ferner bin ich Mitglied im Deutschen Anwaltverein und in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. Als Rechtsanwalt bin ich bundesweit in allen Rechtsgebieten tätig und engagiere mich unter anderem als Vertragsanwalt für […] mehr über Dr. Christian Gerd Kotz