Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- OLG Stuttgart: Örtliche Zuständigkeit bei Widerruf eines Online-Autokaufs – Klage nach Berlin verwiesen
- Ausgangslage: Online-Kauf eines Elektroautos und späterer Widerruf durch den Käufer
- Die Forderung des Autokäufers: Rückzahlung des Kaufpreises nach Widerruf vor dem Landgericht Stuttgart
- Die Verteidigung der Verkäuferin: Zweifel an Widerrufsrecht und Zuständigkeit des Gerichts
- Das Verfahren vor dem Oberlandesgericht Stuttgart: Berufung des Käufers gegen erstinstanzliche Entscheidung
- Entscheidung des OLG Stuttgart: Berufung zurückgewiesen, aber Rechtsstreit nach Berlin verwiesen
- Zentrale Punkte der Entscheidung: Zuständigkeit liegt in Berlin, nicht in Stuttgart
- Konsequenzen und Ausblick: Verfahren geht am Landgericht Berlin II weiter
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Was bedeutet örtliche Zuständigkeit im Zusammenhang mit einem Widerruf?
- Nach welchen Kriterien bestimmt sich der Erfüllungsort bei einem Online-Autokauf, wenn es um die Zuständigkeit geht?
- Welche Rolle spielt der Gerichtsstand des Verkäufers bei der Wahl des zuständigen Gerichts?
- Kann ich neben dem Kaufpreis auch weitere Kosten im Rahmen des Widerrufs geltend machen?
- Was passiert, wenn das Gericht meine Klage aufgrund fehlender örtlicher Zuständigkeit abweist?
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Hinweise und Tipps
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 6 U 89/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Stuttgart
- Datum: 25.03.2025
- Aktenzeichen: 6 U 89/24
- Verfahrensart: Berufung, Verweisung nach Urkundenprozess in erster Instanz
- Rechtsbereiche: Kaufrecht, Verbraucherrecht (Fernabsatzvertrag, Widerrufsrecht)
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Käufer eines Elektroautos, der am 21.03.2022 online einen Kaufvertrag schloss, diesen am 12.12.2023 widerrief und nun die Rückzahlung des Kaufpreises von 48.220,00 € fordert. Er argumentiert, die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft gewesen, weshalb er noch widerrufen konnte.
- Beklagte: Online-Verkäuferin des Elektroautos.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Ein Kunde kaufte am 21.03.2022 über den Online-Shop der Beklagten ein Elektroauto für 48.220,00 €. Das Fahrzeug wurde ihm am 10.12.2022 übergeben. Am 12.12.2023 erklärte der Kunde den Widerruf seiner Vertragserklärung und forderte die Rückzahlung des Kaufpreises. Das Fahrzeug befindet sich weiterhin beim Kunden. Der Fall wurde zunächst als Urkundenprozess vor dem Landgericht Stuttgart verhandelt.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob der Käufer den Online-Kaufvertrag für das Auto auch noch im Dezember 2023 wirksam widerrufen konnte. Der Kläger behauptete, dies sei möglich gewesen, weil die ihm erteilte Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung des Klägers gegen das vorausgegangene Urteil des Landgerichts Stuttgart (vom 22.7.2024) wurde zurückgewiesen. Gleichzeitig wurde auf Antrag des Klägers das Urteil des Landgerichts Stuttgart aufgehoben und der Rechtsstreit an das Landgericht Berlin II zur weiteren Verhandlung verwiesen.
- Folgen: Der Rechtsstreit wird nun vor dem Landgericht Berlin II fortgesetzt. Der Kläger muss die Kosten des Berufungsverfahrens vor dem OLG Stuttgart tragen. Über die restlichen Kosten entscheidet das Landgericht Berlin. Das Urteil des OLG Stuttgart ist vorläufig vollstreckbar, wobei beide Parteien die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden können. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen.
Der Fall vor Gericht
OLG Stuttgart: Örtliche Zuständigkeit bei Widerruf eines Online-Autokaufs – Klage nach Berlin verwiesen
Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat in einem Berufungsverfahren über die örtliche Zuständigkeit eines Gerichts im Falle des Widerrufs eines Online-Autokaufs entschieden.

Kernpunkt des Streits war, ob das Landgericht Stuttgart für die Klage eines Autokäufers auf Rückzahlung des Kaufpreises zuständig ist, nachdem dieser den Kaufvertrag für ein online erworbenes Elektroauto widerrufen hatte. Das OLG Stuttgart wies zwar die Berufung des Käufers zurück, verwies den Rechtsstreit jedoch an das örtlich zuständige Landgericht Berlin II (Az.: 6 U 89/24).
Ausgangslage: Online-Kauf eines Elektroautos und späterer Widerruf durch den Käufer
Ein Autokäufer mit Wohnsitz in Leinfelden-Echterdingen erwarb am 21. März 2022 über den Online-Shop einer Fahrzeugherstellerin bzw. -verkäuferin ein Elektroauto vom Typ T. zum Preis von 48.220,00 Euro. Das Fahrzeug wurde ihm am 10. Dezember 2022 übergeben. Der Käufer bezahlte den vollen Kaufpreis.
Mehr als ein Jahr nach Erhalt des Fahrzeugs, am 12. Dezember 2023, erklärte der Käufer den Widerruf seiner Vertragserklärung. Er forderte die Verkäuferin auf, ihm den gezahlten Kaufpreis zurückzuerstatten. Das Elektroauto befand sich zu diesem Zeitpunkt und auch während des Gerichtsverfahrens weiterhin im Besitz des Käufers.
Die Forderung des Autokäufers: Rückzahlung des Kaufpreises nach Widerruf vor dem Landgericht Stuttgart
Der Käufer reichte daraufhin Klage beim Landgericht Stuttgart ein. Er wählte dafür das Verfahren des Urkundenprozesses, ein beschleunigtes Verfahren, bei dem Beweise primär durch Urkunden erbracht werden müssen. Seine Forderungen umfassten:
- Die Rückzahlung des vollen Kaufpreises in Höhe von 48.220,00 Euro.
- Verzugszinsen seit dem 27. Dezember 2023.
- Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 2.002,41 Euro nebst Zinsen.
Begründung des späten Widerrufs: Fehlerhafte Belehrung und unvollständige Lieferung als Argumente des Käufers
Der Käufer argumentierte, dass sein Widerruf auch im Dezember 2023 noch wirksam sei, obwohl die übliche 14-tägige Widerrufsfrist längst abgelaufen war. Seine Begründung stützte sich auf mehrere Punkte:
- Fernabsatzvertrag: Es handle sich um einen widerruflichen Fernabsatzvertrag gemäß §§ 312c, 355 BGB, da der Kauf ausschließlich über den Online-Shop, also unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, abgeschlossen worden sei.
- Fehlerhafte Widerrufsbelehrung: Die von der Verkäuferin erteilte Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft gewesen. Sie entspreche weder dem gesetzlichen Muster noch den gesetzlichen Vorgaben. Eine fehlerhafte Belehrung führt dazu, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt und der Widerruf unter Umständen erheblich länger (bis zu einem Jahr und 14 Tagen) möglich ist.
- Widerrufsfrist nicht begonnen: Zudem argumentierte der Käufer, die Widerrufsfrist habe nicht begonnen, weil die Lieferung des Fahrzeugs noch nicht vollständig gewesen sei. Als Grund nannte er eine fehlende Einparkhilfe. Nach § 356 Abs. 3 BGB beginnt die Widerrufsfrist bei Warenlieferungen erst mit vollständigem Erhalt der Ware.
- Fälligkeit der Rückzahlung: Der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises sei fällig geworden, als er das Fahrzeug zur Rücksendung an die Verkäuferin aufgegeben habe. Er habe am 22. Dezember 2023 das Auto an einen Kurierdienst (R.) übergeben mit dem Auftrag, es beim Auslieferungszentrum der Verkäuferin in Stuttgart-Holzgerlingen abzuliefern. Der Bote habe dies versucht, die Annahme sei jedoch von der Verkäuferin verweigert worden.
Argumentation zur Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart: Erfüllungsort und Niederlassung als Gründe
Der Käufer war der Ansicht, das Landgericht Stuttgart sei örtlich zuständig für seine Klage. Dafür führte er folgende Gründe an:
- Erfüllungsort nach § 29 ZPO: Bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrages nach Widerruf liege der Erfüllungsort für die Rückgewähransprüche (also die Pflicht zur Rückgabe des Autos und zur Rückzahlung des Geldes) nach der Rechtsprechung am Wohnsitz des Verbrauchers, hier also im Bezirk des Landgerichts Stuttgart. § 29 ZPO regelt die Zuständigkeit am Erfüllungsort.
- Angabe in der Widerrufsbelehrung: Die Widerrufsbelehrung der Verkäuferin selbst habe vorgesehen, dass die Rückgabe am örtlichen „Delivery-Center“ erfolgen könne, was auf das Zentrum in Stuttgart-Holzgerlingen hindeute.
- Niederlassung nach § 21 ZPO: Die Verkäuferin unterhalte im Bezirk des Landgerichts Stuttgart mehrere selbständige Niederlassungen, was ebenfalls eine örtliche Zuständigkeit nach § 21 ZPO begründen könne.
Die Verteidigung der Verkäuferin: Zweifel an Widerrufsrecht und Zuständigkeit des Gerichts
Die verklagte Verkäuferin wehrte sich gegen die Klage und brachte mehrere Einwände vor:
- Fehlende örtliche Zuständigkeit: Sie rügte ausdrücklich die fehlende örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart. Insbesondere sei § 29 ZPO (Erfüllungsort) nicht anwendbar. Der Erfüllungsort für die Rückabwicklung liege nicht am Wohnsitz des Käufers, sondern an ihrem eigenen Unternehmenssitz.
- Unzulässigkeit des Urkundenprozesses: Die Klage im Urkundenprozess sei nicht statthaft (unzulässig). Der Käufer könne wesentliche Tatsachen, insbesondere die behauptete Absendung des Fahrzeugs zur Rückgabe, nicht allein mit Urkunden beweisen.
- Kein reiner Fernabsatzvertrag: Die Verkäuferin bestritt, dass der Vertrag ausschließlich über Fernkommunikationsmittel zustande gekommen sei. Der Käufer habe vor der Online-Bestellung eine Probefahrt mit einem vergleichbaren Fahrzeug gemacht. Dies schließe die Anwendbarkeit der Regeln über den Fernabsatz und damit das verlängerte Widerrufsrecht möglicherweise aus.
Das Verfahren vor dem Oberlandesgericht Stuttgart: Berufung des Käufers gegen erstinstanzliche Entscheidung
Nachdem das Landgericht Stuttgart eine Entscheidung getroffen hatte (die aus dem OLG-Urteil nicht direkt hervorgeht, aber offenbar für den Käufer negativ war, da er Berufung einlegte), landete der Fall vor dem Oberlandesgericht Stuttgart. Der Käufer verfolgte mit seiner Berufung seine ursprünglichen Forderungen weiter. Alternativ beantragte er, den Rechtsstreit an das seiner Meinung nach (hilfsweise) zuständige Gericht zu verweisen, falls das OLG Stuttgart die Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart verneinen sollte.
Entscheidung des OLG Stuttgart: Berufung zurückgewiesen, aber Rechtsstreit nach Berlin verwiesen
Das OLG Stuttgart fällte am 25. März 2025 folgende Entscheidung:
- Die Berufung des Käufers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 22. Juli 2024 wurde zurückgewiesen. Das bedeutet, dass die Argumente des Käufers, die er in der Berufung vorbrachte, das OLG nicht überzeugten, das erstinstanzliche Urteil in der Sache selbst zu ändern.
- Auf den hilfsweisen Verweisungsantrag des Käufers hin wurde das angefochtene Urteil des Landgerichts Stuttgart aufgehoben. Die Aufhebung erfolgte, um den Weg für die Verweisung frei zu machen.
- Der Rechtsstreit wird an das örtlich zuständige Landgericht Berlin II verwiesen. Das OLG Stuttgart stellte somit fest, dass nicht Stuttgart, sondern Berlin der korrekte Gerichtsstand für diesen Fall ist.
- Die Kosten des Berufungsverfahrens muss der Käufer tragen, da seine Berufung erfolglos blieb. Über die restlichen Kosten des Rechtsstreits wird das Landgericht Berlin II entscheiden.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wobei dem Käufer die Möglichkeit zur Abwendung der Vollstreckung durch Sicherheitsleistung gegeben wird.
- Eine Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen.
Zentrale Punkte der Entscheidung: Zuständigkeit liegt in Berlin, nicht in Stuttgart
Die entscheidende Aussage des OLG Stuttgart betrifft die örtliche Zuständigkeit. Das Gericht bestätigte die Auffassung der Verkäuferin, dass das Landgericht Stuttgart für die Klage nicht zuständig ist. Die Argumente des Käufers bezüglich des Erfüllungsortes am Wohnsitz (§ 29 ZPO) oder der Niederlassung (§ 21 ZPO) im Bezirk Stuttgart überzeugten das OLG offenbar nicht.
Obwohl die Berufung des Käufers zurückgewiesen wurde, führte sein Hilfsantrag auf Verweisung zum Erfolg in dem Sinne, dass der Rechtsstreit nun an das Gericht weitergeleitet wird, das das OLG Stuttgart für zuständig hält: das Landgericht Berlin II. Die Gründe, warum gerade Berlin II zuständig ist (vermutlich der Sitz der deutschen Niederlassung der Verkäuferin), werden im verfügbaren Urteilstext nicht explizit dargelegt, dies ergibt sich aber aus der Logik der Verweisung.
Wichtig: Das OLG Stuttgart hat mit dieser Entscheidung keine endgültige Aussage darüber getroffen, ob der Widerruf des Käufers tatsächlich wirksam war. Es hat lediglich die prozessuale Frage der örtlichen Zuständigkeit geklärt und den Fall an das zuständige Gericht verwiesen. Die Kernfragen – War die Widerrufsbelehrung fehlerhaft? Begann die Widerrufsfrist überhaupt zu laufen? Handelte es sich trotz Probefahrt um einen Fernabsatzvertrag? – müssen nun vom Landgericht Berlin II geprüft werden.
Konsequenzen und Ausblick: Verfahren geht am Landgericht Berlin II weiter
Für die Parteien bedeutet die Entscheidung des OLG Stuttgart:
- Der Rechtsstreit ist nicht beendet, sondern wird nun vor dem Landgericht Berlin II fortgesetzt.
- Das Landgericht Berlin II wird sich mit den inhaltlichen Streitpunkten auseinandersetzen müssen: Gültigkeit des Widerrufs, Voraussetzungen des Fernabsatzvertrages, mögliche Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung und die Frage der Rückabwicklung (Rückgabe des Autos gegen Rückzahlung des Kaufpreises).
- Der Käufer trägt die Kosten des erfolglosen Berufungsverfahrens vor dem OLG Stuttgart. Die Entscheidung über die gesamten Kosten des Rechtsstreits trifft am Ende das Landgericht Berlin II, abhängig vom Ausgang des Verfahrens dort.
Der Fall verdeutlicht die prozessuale Bedeutung der korrekten Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit, insbesondere bei Verträgen, die online überregional abgeschlossen werden und bei denen sich später Streit über die Rückabwicklung ergibt. Die Frage des Erfüllungsortes bei der Rückabwicklung von Fernabsatzverträgen ist häufig umstritten und hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Das OLG Stuttgart hat hier zugunsten einer Zuständigkeit am (vermuteten) Sitz der Verkäuferin bzw. einer relevanten Niederlassung in Berlin entschieden, nicht am Wohnsitz des Käufers.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass bei der Rückabwicklung von Online-Kaufverträgen nach einem Widerruf die Frage der örtlichen Gerichtszuständigkeit entscheidend sein kann. Der Gerichtsstand liegt nicht automatisch am Wohnort des Käufers, sondern regelmäßig am Sitz des Verkäufers, wenn keine besonderen Umstände vorliegen. Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen, der Fall jedoch an das zuständige Landgericht Berlin verwiesen, was verdeutlicht, dass ein Verfahren trotz formaler Fehler nicht zwingend verloren ist, sondern an das richtige Gericht weitergeleitet werden kann. Verbraucher sollten bei Rückabwicklungen nach Widerruf die korrekte örtliche Zuständigkeit beachten, um unnötige Verzögerungen zu vermeiden.
Was bedeutet örtliche Zuständigkeit im Zusammenhang mit einem Widerruf?
Die örtliche Zuständigkeit legt fest, welches Gericht geografisch für einen Rechtsstreit verantwortlich ist. Wenn Sie beispielsweise nach einem Widerruf eines Online-Autokaufs rechtliche Schritte einleiten möchten, können Sie nicht einfach zu irgendeinem Gericht in Deutschland gehen. Es gibt gesetzliche Regeln, die bestimmen, welches spezifische Gericht an welchem Ort Ihren Fall bearbeiten darf.
Warum ist der richtige Ort wichtig?
Die Wahl des zuständigen Gerichts ist entscheidend. Wenn eine Klage beim örtlich unzuständigen Gericht eingereicht wird, wird diese nicht sofort inhaltlich geprüft. Das Gericht prüft seine Zuständigkeit von Amts wegen. Ist es nicht zuständig, kann dies zu einer Verzögerung führen, da der Fall an das zuständige Gericht verwiesen werden muss, oder die Klage kann unter Umständen sogar als unzulässig abgewiesen werden. Die korrekte Bestimmung des zuständigen Gerichts ist also ein wichtiger erster Schritt.
Wo ist das Gericht zuständig? – Die wichtigsten Regeln
Die Regeln zur örtlichen Zuständigkeit finden sich hauptsächlich in der Zivilprozessordnung (ZPO). Für Streitigkeiten nach einem Widerruf sind vor allem zwei Regeln relevant:
- Der allgemeine Gerichtsstand (§§ 12, 13 ZPO): Die Grundregel besagt, dass eine Klage grundsätzlich am Wohnsitz der beklagten Person oder am Sitz des beklagten Unternehmens eingereicht werden muss. Wenn Sie als Käufer nach einem Widerruf den Verkäufer verklagen möchten (z.B. auf Rückzahlung des Kaufpreises), ist der Beklagte der Verkäufer. Zuständig wäre demnach in der Regel das Gericht am Hauptsitz des Autohändlers.
- Der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO): Neben dem allgemeinen Gerichtsstand gibt es oft auch einen sogenannten besonderen Gerichtsstand. Dieser kann am „Erfüllungsort“ liegen. Der Erfüllungsort ist der Ort, an dem die vertraglichen Pflichten erfüllt werden müssen. Bei einem Widerruf geht es um die Rückabwicklung: Sie müssen das Auto zurückgeben, der Verkäufer muss den Kaufpreis zurückzahlen. Es ist oft entscheidend, wo genau diese Rückgabe des Autos stattfinden soll.
Was gilt speziell beim Widerruf eines Online-Autokaufs?
Beim Widerruf eines online geschlossenen Autokaufvertrags sind Sie als Käufer oft Verbraucher. Hier kommt der Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO) häufig ins Spiel und kann für Sie vorteilhaft sein:
- Wo muss das Auto zurückgegeben werden? Nach einem Widerruf bei einem Fernabsatzgeschäft (wie einem Online-Kauf) ist der Erfüllungsort für die Rückgabe der Ware (des Autos) nach aktueller Rechtsprechung häufig der Ort, an dem sich das Auto bestimmungsgemäß befindet, also in der Regel Ihr eigener Wohnsitz als Käufer.
- Was bedeutet das für Sie? Wenn der Erfüllungsort für die Rückgabe des Autos an Ihrem Wohnsitz liegt, könnten Sie möglicherweise an Ihrem eigenen Wohnort Klage gegen den Verkäufer einreichen, auch wenn dieser seinen Sitz in einer anderen Stadt hat. Dies kann den Prozess für Sie erheblich erleichtern.
Die Frage, wo genau der Erfüllungsort im Einzelfall liegt, kann komplex sein und hängt von den Umständen des Vertrages und des Widerrufs ab. Die Bestimmung des richtigen Gerichts ist jedoch eine wesentliche Voraussetzung, um einen Anspruch erfolgreich geltend machen zu können.
–ENDE FAQ-FRAGE–
Nach welchen Kriterien bestimmt sich der Erfüllungsort bei einem Online-Autokauf, wenn es um die Zuständigkeit geht?
Der Erfüllungsort ist der Ort, an dem eine vertragliche Pflicht erfüllt werden muss. Bei einem Autokauf ist das vor allem die Übergabe des Fahrzeugs durch den Verkäufer und die Zahlung des Kaufpreises durch den Käufer. Dieser Ort ist wichtig, weil er unter anderem bestimmen kann, welches Gericht für Streitigkeiten zuständig ist.
Wo liegt der Erfüllungsort grundsätzlich?
Die Bestimmung des Erfüllungsortes folgt bestimmten Regeln:
- Vereinbarung im Vertrag: Zuerst zählt, was Sie und der Verkäufer im Kaufvertrag vereinbart haben. Wenn dort klar steht, wo das Auto übergeben werden soll (z.B. „Lieferung an die Adresse des Käufers“ oder „Abholung am Sitz des Verkäufers“), dann ist das der vereinbarte Erfüllungsort für die Übergabe.
- Gesetzliche Regelung: Gibt es keine klare Vereinbarung, greift das Gesetz (§ 269 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Die Grundregel lautet: Der Erfüllungsort ist der Wohn- oder Geschäftssitz dessen, der die Leistung erbringen muss (der Schuldner).
- Für die Übergabe des Autos ist das meist der Geschäftssitz des Verkäufers. Man spricht hier von einer „Holschuld“ – Sie als Käufer müssten das Auto dort abholen.
- Für die Zahlung des Kaufpreises ist das in der Regel der Wohnsitz des Käufers, von wo aus das Geld auf den Weg gebracht wird (oft als „Schickschuld“ betrachtet, wobei der Verkäufer das Risiko des Geldtransports trägt).
Was gilt speziell beim Online-Autokauf?
Beim Online-Kauf ist die Bestimmung oft komplizierter, da Käufer und Verkäufer sich nicht am selben Ort befinden. Entscheidend ist, was zur Übergabe vereinbart wurde:
- Abholung durch den Käufer: Wenn Sie das Auto beim Händler abholen, ist der Erfüllungsort für die Übergabe der Geschäftssitz des Händlers.
- Lieferung durch den Verkäufer: Wenn vereinbart ist, dass der Verkäufer das Auto zu Ihnen nach Hause liefert, ist der Erfüllungsort für die Übergabe Ihr Wohnsitz. Man spricht von einer „Bringschuld“.
- Versand durch eine Spedition: Wird das Auto durch einen Dritten (z.B. Spedition) transportiert, ist der Erfüllungsort für die Übergabe oft der Ort, an dem der Verkäufer das Auto an die Transportperson übergibt – also meist der Geschäftssitz des Verkäufers („Schickschuld“).
Warum ist das manchmal unklar und was sagen Gerichte?
Gerade bei Online-Geschäften sind die Absprachen zur Lieferung oder Abholung nicht immer eindeutig oder werden in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) geregelt, die man genau prüfen müsste.
Besonders im Zusammenhang mit einem Widerruf des Online-Autokaufs wird die Frage relevant, wo das Auto zurückgegeben werden muss (Rückgewährschuld). Hier gibt es unterschiedliche Auffassungen bei den Gerichten:
- Manche Gerichte sehen den Erfüllungsort für die Rückgabe des Autos beim Käufer, da sich das Auto nach dem Widerruf dort befindet.
- Andere Gerichte legen den Erfüllungsort an den ursprünglichen Ort der Übergabe, oft also den Sitz des Verkäufers.
Diese unterschiedlichen Ansichten zeigen, dass die Bestimmung des Erfüllungsortes im Einzelfall komplex sein kann.
Welche Bedeutung hat der Erfüllungsort für die Zuständigkeit eines Gerichts?
Der Erfüllungsort kann einen sogenannten besonderen Gerichtsstand begründen (§ 29 Zivilprozessordnung – ZPO). Das bedeutet: Neben dem allgemeinen Gerichtsstand (meist der Wohnsitz des Beklagten) kann auch das Gericht am Erfüllungsort zuständig sein.
- Für Sie als Käufer: Wenn der Erfüllungsort für die Fahrzeugübergabe z.B. Ihr Wohnsitz ist (weil Lieferung vereinbart war), könnten Sie bei Mängeln am Fahrzeug nicht nur am Sitz des Verkäufers, sondern auch an Ihrem eigenen Wohnort klagen.
- Wichtig für Verbraucher: Als Verbraucher haben Sie oft ohnehin das Recht, an Ihrem Wohnsitz zu klagen, wenn es um Streitigkeiten aus Verbraucherverträgen geht (§ 29c ZPO), insbesondere bei Geschäften, die online abgeschlossen wurden. Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes kann aber eine zusätzliche Möglichkeit darstellen.
Die genaue Bestimmung des Erfüllungsortes hängt also stark von den Vereinbarungen im Kaufvertrag und den Umständen des Einzelfalls ab.
–ENDE FAQ-FRAGE–
Welche Rolle spielt der Gerichtsstand des Verkäufers bei der Wahl des zuständigen Gerichts?
Grundsätzlich gilt: Das zuständige Gericht ist in der Regel das Gericht am Sitz des Beklagten. Wenn Sie also als Käufer den Verkäufer verklagen möchten, ist normalerweise das Gericht an dessen Geschäftssitz oder eingetragenem Firmensitz zuständig. Dies ist der sogenannte allgemeine Gerichtsstand.
Diese Regel soll sicherstellen, dass der Beklagte (in diesem Fall der Verkäufer) nicht an einem beliebigen Ort verklagt werden kann, sondern an einem Ort, zu dem er einen klaren Bezug hat – eben seinem Geschäftssitz.
Für Sie als Käufer bedeutet das: Wenn der Verkäufer seinen Geschäftssitz weit von Ihrem Wohnort entfernt hat, müssten Sie nach dieser Grundregel auch dort Klage erheben, was mit Aufwand und Kosten verbunden sein kann.
Besondere Zuständigkeiten können eine Ausnahme sein
Es gibt jedoch Ausnahmen von dieser Grundregel. Eine wichtige Ausnahme ist der sogenannte besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes. Der Erfüllungsort ist der Ort, an dem eine vertragliche Pflicht erfüllt werden muss.
Im Falle eines Widerrufs eines Online-Autokaufs, wie in dem angesprochenen Zusammenhang, geht es oft um die Frage, wo das Auto zurückgegeben werden muss bzw. wo der Kaufpreis zurückzuzahlen ist. Nach einem Widerruf entstehen neue Pflichten: Sie müssen das Auto zurückgeben, der Verkäufer muss den Kaufpreis erstatten.
Gerichte legen den Erfüllungsort für die Pflicht zur Rückgabe des Autos nach einem Widerruf häufig auf den Ort fest, an dem sich das Auto befindet, wenn Sie den Widerruf erklären. Das ist oft Ihr Wohnort oder der Ort, an dem Sie das Fahrzeug gerade nutzen.
Wenn dieser Erfüllungsort (also der Standort des Autos zum Zeitpunkt des Widerrufs) maßgeblich ist, könnten Sie möglicherweise auch an diesem Ort Klage erheben, selbst wenn der Geschäftssitz des Verkäufers ganz woanders liegt. Das Gericht am Erfüllungsort wäre dann neben dem Gericht am Sitz des Verkäufers ebenfalls zuständig. Sie hätten dann unter Umständen eine Wahlmöglichkeit.
–ENDE FAQ-FRAGE–
Kann ich neben dem Kaufpreis auch weitere Kosten im Rahmen des Widerrufs geltend machen?
Ja, neben der Rückerstattung des reinen Kaufpreises können unter bestimmten Voraussetzungen auch weitere finanzielle Ansprüche bestehen. Hier ein Überblick über die wichtigsten Punkte:
Was standardmäßig erstattet wird:
- Der Kaufpreis: Das ist der Betrag, den Sie für das Auto bezahlt haben.
- Die Kosten der ursprünglichen Lieferung (Hinsendekosten): Der Verkäufer muss Ihnen auch die Kosten erstatten, die für die Lieferung des Autos zu Ihnen angefallen sind. Aber Achtung: Erstattet werden in der Regel nur die Kosten für die günstigste Standardlieferoption, die angeboten wurde. Haben Sie eine teurere Versandart (z.B. Expresslieferung) gewählt, bekommen Sie möglicherweise nur die Kosten des Standardversands zurück.
Zusätzliche Ansprüche bei Verzögerungen (Verzug)
Wenn der Verkäufer den Kaufpreis nicht rechtzeitig zurückzahlt, nachdem Sie Ihren Widerruf erklärt und das Auto (sofern bereits erhalten) zurückgesendet haben, kann er in Verzug geraten.
- Ab diesem Zeitpunkt können Ihnen gesetzliche Verzugszinsen auf den ausstehenden Betrag zustehen. Die Höhe dieser Zinsen ist gesetzlich festgelegt und soll den finanziellen Nachteil durch die verspätete Zahlung ausgleichen.
Ersatz weiterer Schäden (z.B. Anwaltskosten)
Darüber hinaus können unter Umständen auch weitere Kosten als Schadensersatz geltend gemacht werden. Dies ist jedoch komplexer und hängt stark vom Einzelfall ab. Voraussetzung ist meist, dass der Verkäufer eine Pflicht verletzt hat (z.B. die Rückzahlung grundlos verweigert oder stark verzögert) und Ihnen dadurch ein nachweisbarer Schaden entstanden ist.
Beispiele für solche Schäden könnten sein:
- Anwaltskosten: Wenn Sie einen Anwalt einschalten mussten, weil der Verkäufer sich nachweislich pflichtwidrig verhalten hat (z.B. trotz klarer Rechtslage die Rückzahlung verweigert und Sie zur Durchsetzung Ihrer Rechte rechtliche Hilfe brauchten).
- Andere direkt verbundene Kosten: In bestimmten Situationen könnten auch andere Kosten erstattungsfähig sein, die Ihnen direkt und nachweislich durch das Fehlverhalten des Verkäufers nach dem Widerruf entstanden sind. Dies könnten beispielsweise bestimmte Finanzierungskosten oder Kosten für eine zwischenzeitliche Ersatzlösung sein, wenn diese kausal auf eine Pflichtverletzung des Verkäufers zurückzuführen sind.
Wichtig zu verstehen ist: Die reine Ausübung des Widerrufsrechts führt nicht automatisch zur Erstattung aller denkbaren Zusatzkosten über den Kaufpreis und die Standard-Hinsendekosten hinaus. Ob solche zusätzlichen Ansprüche auf Verzugszinsen oder Schadensersatz bestehen, hängt immer von den konkreten Umständen Ihres Falles ab (insbesondere vom Verhalten des Verkäufers nach dem Widerruf) und muss im Streitfall von Ihnen nachgewiesen werden (z.B. durch Rechnungen, Mahnungen, Schriftverkehr).
–ENDE FAQ-FRAGE–
Was passiert, wenn das Gericht meine Klage aufgrund fehlender örtlicher Zuständigkeit abweist?
Wenn ein Gericht feststellt, dass es für Ihre Klage örtlich nicht zuständig ist – also quasi am falschen Ort sitzt – wird es die Klage in der Regel als „unzulässig“ abweisen.
Ihr Anspruch geht nicht verloren
Das Wichtigste zuerst: Eine solche Abweisung bedeutet nicht, dass Sie Ihren Anspruch (z.B. auf Rückzahlung nach einem Widerruf eines Online-Autokaufs) verlieren. Das Gericht hat nur über die Zuständigkeit entschieden, nicht über den Inhalt Ihrer Forderung. Sie können Ihren Anspruch weiterhin verfolgen. Die Abweisung erfolgt, weil eine formale Voraussetzung für das Verfahren an diesem speziellen Gericht fehlt.
Die Klage muss zum richtigen Gericht
Die Konsequenz einer Abweisung als unzulässig ist, dass die Klage beim örtlich zuständigen Gericht neu eingereicht werden muss. Welches Gericht das richtige ist, richtet sich nach gesetzlichen Regeln (der Zivilprozessordnung, kurz ZPO). Bei Verträgen, die Verbraucher online schließen (wie es beim Autokauf vorkommen kann), ist oft das Gericht am Wohnsitz des Verbrauchers zuständig.
Alternative: Die Verweisung an das zuständige Gericht
Es gibt jedoch oft eine praktischere Lösung als die komplette Neuerhebung der Klage: die Verweisung. Wenn Sie die Klage bei einem deutschen Gericht eingereicht haben, das sich aber für unzuständig hält, kann dieses Gericht den Rechtsstreit auf Ihren Antrag hin an das zuständige Gericht verweisen (geregelt in § 281 der Zivilprozessordnung).
- Was bedeutet Verweisung? Das unzuständige Gericht trifft eine formale Entscheidung und schickt den Fall damit offiziell an das zuständige Gericht weiter. Sie müssen die Klage dann nicht komplett neu formulieren und einreichen. Der Rechtsstreit wird beim zuständigen Gericht fortgesetzt.
- Vorteil für Fristen: Ein großer Vorteil der Verweisung ist, dass die Klage rechtlich so behandelt wird, als wäre sie von Anfang an beim richtigen Gericht eingegangen. Das ist besonders wichtig, wenn es um die Einhaltung von Fristen geht, wie zum Beispiel die Verjährungsfrist für Ihren Anspruch. Durch die ursprüngliche Klageeinreichung kann die Verjährung gehemmt werden (also vorübergehend gestoppt), und diese Hemmung bleibt bei einer Verweisung in der Regel bestehen. Bei einer reinen Abweisung und deutlich späterer Neuerhebung der Klage beim zuständigen Gericht könnte die Verjährung unter Umständen eintreten, was bedeuten würde, dass der Anspruch nicht mehr durchsetzbar ist.
Eine Klageabweisung wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit ist also ein formales Hindernis, das aber überwunden werden kann, ohne dass Ihr eigentlicher Anspruch verloren geht. Die Möglichkeit der Verweisung kann dabei helfen, Zeit zu sparen und mögliche Probleme mit Fristen zu vermeiden.
–ENDE FAQ-FRAGE–
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Örtliche Zuständigkeit
Die örtliche Zuständigkeit regelt, welches Gericht an welchem Ort für eine Klage verantwortlich ist. Sie stellt sicher, dass ein Rechtsstreit vor dem geografisch passenden Gericht verhandelt wird, was in der Zivilprozessordnung (ZPO), insbesondere in den §§ 12 ff. ZPO, festgelegt ist. Im vorliegenden Fall stritten die Parteien darüber, ob das Landgericht am Wohnsitz des Käufers (Stuttgart) oder das Gericht am Sitz der Verkäuferin (Berlin) zuständig ist. Das OLG Stuttgart entschied, dass Berlin der korrekte Ort für die Klage ist und verwies den Fall dorthin.
Beispiel: Wenn Sie in München wohnen und jemanden in Hamburg wegen eines nicht bezahlten Darlehens verklagen wollen, müssen Sie die Klage normalerweise beim zuständigen Gericht in Hamburg einreichen, da dort der Wohnsitz des Beklagten ist (§ 13 ZPO).
Widerruf (einer Vertragserklärung)
Der Widerruf ist das Recht eines Verbrauchers, sich innerhalb einer bestimmten Frist ohne Angabe von Gründen von einem geschlossenen Vertrag zu lösen. Dieses Recht besteht insbesondere bei Fernabsatzverträgen (z. B. Online-Käufe, § 312g BGB) oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen. Die übliche Frist beträgt 14 Tage (§ 355 Abs. 2 BGB); sie beginnt jedoch erst zu laufen, wenn der Unternehmer den Verbraucher korrekt über sein Widerrufsrecht belehrt hat. Im Text machte der Käufer von seinem Widerrufsrecht Gebrauch, um den Kaufpreis für das online gekaufte Auto zurückzufordern, und argumentierte, die Frist sei wegen fehlerhafter Belehrung noch nicht abgelaufen.
Beispiel: Sie bestellen online Kleidung. Nach Erhalt stellen Sie fest, dass sie nicht passt. Innerhalb von 14 Tagen können Sie den Kaufvertrag widerrufen, die Ware zurücksenden und erhalten den Kaufpreis zurück.
Fernabsatzvertrag
Ein Fernabsatzvertrag ist ein Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher über Waren oder Dienstleistungen, der ausschließlich über Fernkommunikationsmittel abgeschlossen wird (§ 312c BGB). Zu diesen Mitteln zählen beispielsweise Internet (Online-Shops), E-Mail, Telefon oder Briefe, also Kommunikationsmittel, bei denen die Parteien nicht gleichzeitig körperlich anwesend sind. Das Gesetz gewährt Verbrauchern bei solchen Verträgen typischerweise ein Widerrufsrecht (§ 312g BGB), um die Nachteile der fehlenden Möglichkeit zur Prüfung der Ware vor Vertragsschluss auszugleichen. Im Text berief sich der Käufer darauf, dass der Online-Autokauf ein Fernabsatzvertrag sei, um sein Widerrufsrecht zu begründen.
Beispiel: Wenn Sie über eine Webseite ein Buch bestellen oder telefonisch einen Stromvertrag abschließen, handelt es sich in der Regel um einen Fernabsatzvertrag.
Erfüllungsort
Der Erfüllungsort ist der Ort, an dem ein Schuldner seine vertragliche Leistungspflicht erfüllen muss (§ 269 BGB). Dieser Ort kann vertraglich vereinbart sein oder sich aus den Umständen oder der Natur des Schuldverhältnisses ergeben; ansonsten ist es meist der Wohn- oder Geschäftssitz des Schuldners. Der Erfüllungsort ist juristisch relevant, da er nach § 29 ZPO einen besonderen Gerichtsstand begründen kann, d.h., er kann bestimmen, welches Gericht örtlich zuständig ist. Im Text war der Erfüllungsort für die Rückabwicklung des Kaufvertrags nach Widerruf umstritten: Der Käufer sah ihn an seinem Wohnsitz (was Stuttgart zuständig machen würde), die Verkäuferin an ihrem Sitz (was für Berlin sprach).
Beispiel: Sie beauftragen einen Handwerker aus einer Nachbarstadt, Ihre Wohnung zu streichen. Erfüllungsort für die Malerarbeiten ist Ihre Wohnung, da die Leistung dort erbracht werden muss. Erfüllungsort für Ihre Zahlungspflicht ist in der Regel der Wohnsitz/Geschäftssitz des Handwerkers.
Urkundenprozess
Der Urkundenprozess ist ein besonderes, beschleunigtes Klageverfahren nach §§ 592 ff. Zivilprozessordnung (ZPO), das nur bei Geldforderungen oder der Leistung bestimmter vertretbarer Sachen möglich ist. Seine Besonderheit liegt darin, dass der Kläger alle anspruchsbegründenden Tatsachen ausschließlich durch Urkunden (z.B. schriftliche Verträge, Schuldscheine, Rechnungen) beweisen muss. Andere Beweismittel wie Zeugen sind in diesem Verfahrensstadium grundsätzlich ausgeschlossen, was zu einer schnelleren Entscheidung führen soll. Im Text hatte der Käufer seine Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises im Urkundenprozess eingereicht, was die Verkäuferin für unzulässig (nicht statthaft) hielt, da nicht alle relevanten Tatsachen (z.B. die Rücksendung des Autos) urkundlich beweisbar seien.
Beispiel: Ein Unternehmen verklagt einen Kunden auf Zahlung einer offenen Rechnung. Es legt den schriftlichen Vertrag und die Rechnung als Urkunden vor und beantragt ein Urteil im Urkundenprozess, um schnell einen vollstreckbaren Titel zu erhalten.
Widerrufsbelehrung
Die Widerrufsbelehrung ist die gesetzlich vorgeschriebene Information, die ein Unternehmer einem Verbraucher bei bestimmten Verträgen (insbesondere Fernabsatzverträgen) über sein Widerrufsrecht erteilen muss (geregelt z.B. in Art. 246a EGBGB). Sie muss klar und verständlich über das Bestehen des Rechts, die Fristen, die Form des Widerrufs (z.B. per E-Mail, Brief) und die Rechtsfolgen (Rücksendung der Ware, Rückzahlung des Geldes) aufklären. Ist die Belehrung fehlerhaft oder fehlt sie ganz, beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist nicht zu laufen und der Verbraucher kann unter Umständen deutlich länger widerrufen (maximal ein Jahr und 14 Tage, § 356 Abs. 3 BGB). Im Text argumentierte der Käufer, die von der Verkäuferin erteilte Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft gewesen, weshalb sein Widerruf auch nach über einem Jahr noch wirksam sei.
Beispiel: Wenn Sie online etwas bestellen, finden Sie meist im Bestellprozess oder in einer separaten E-Mail einen Textabschnitt mit der Überschrift „Widerrufsbelehrung“, der Ihnen Ihre Rechte und Pflichten im Falle eines Widerrufs erläutert.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 312c Abs. 1 BGB Fernabsatzvertrag: Ein Fernabsatzvertrag ist ein Vertrag, der zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen wird, z.B. über das Internet. Verbraucher genießen hierbei besonderen Schutz, insbesondere das Widerrufsrecht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kauf des Elektroautos über den Online-Shop der Beklagten stellt grundsätzlich einen Fernabsatzvertrag dar, was dem Kläger potenziell ein Widerrufsrecht einräumt.
- § 355 Abs. 1 BGB Widerrufsrecht des Verbrauchers: Verbrauchern steht bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht zu, um sich ohne Angabe von Gründen vom Vertrag zu lösen. Dieses Recht dient dem Schutz des Verbrauchers bei online oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger berief sich auf sein Widerrufsrecht, um den Kaufvertrag rückgängig zu machen und die Rückzahlung des Kaufpreises zu erreichen.
- § 356 Abs. 2 Nr. 2 BGB Beginn der Widerrufsfrist: Die Widerrufsfrist beginnt bei Kaufverträgen mit Lieferung der Ware, jedoch erst, wenn der Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. Eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung oder das Fehlen dieser kann den Beginn der Widerrufsfrist hinauszögern. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger argumentierte, dass die Widerrufsfrist noch nicht begonnen habe, da die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei und die Lieferung aufgrund fehlender Teile nicht vollständig gewesen sei.
- § 29 Abs. 1 ZPO Gerichtsstand des Erfüllungsortes: Für Klagen aus einem Vertragsverhältnis ist auch das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Dieser Gerichtsstand kann für Verbraucher vorteilhaft sein, da er es ihnen ermöglicht, an ihrem Wohnort zu klagen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger versuchte, die Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart über den Erfüllungsort zu begründen, was das Gericht jedoch ablehnte und den Rechtsstreit an das Landgericht Berlin verwies.
- § 357 Abs. 1 BGB Rechtsfolgen des Widerrufs: Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Der Verbraucher muss die Ware zurücksenden und der Unternehmer den Kaufpreis erstatten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger forderte im Rahmen des Widerrufs die Rückzahlung des Kaufpreises, während das Fahrzeug noch in seinem Besitz war, was die gegenseitigen Rückgewährpflichten verdeutlicht.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Online-Käufer zum Widerruf von Verträgen
Ein Klick, und das neue Auto oder Produkt ist bestellt. Doch was, wenn Sie es sich anders überlegen oder Probleme auftreten? Gerade bei Online-Käufen ist das Widerrufsrecht wichtig, aber es gibt Fallstricke.
Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.
Tipp 1: Widerrufsbelehrung genau prüfen
Die Widerrufsfrist von 14 Tagen beginnt erst, wenn Sie die Ware erhalten und korrekt über Ihr Widerrufsrecht belehrt wurden. Prüfen Sie die Belehrung des Verkäufers sorgfältig. Entspricht sie nicht den gesetzlichen Vorgaben, kann sich die Widerrufsfrist erheblich verlängern (maximal 12 Monate und 14 Tage).
⚠️ ACHTUNG: Verlassen Sie sich nicht darauf, dass eine Belehrung fehlerhaft ist. Die Anforderungen sind komplex. Im Zweifel sollten Sie rechtzeitig anwaltlichen Rat einholen, statt auf eine Verlängerung der Frist zu spekulieren.
Tipp 2: Widerruf fristgerecht und nachweisbar erklären
Auch wenn Sie glauben, mehr Zeit zu haben: Erklären Sie Ihren Widerruf idealerweise innerhalb der regulären 14-Tage-Frist. Wichtig ist, dass Sie den Widerruf nachweisen können. Senden Sie ihn schriftlich (z. B. per E-Mail mit Lesebestätigung oder Einschreiben) und heben Sie den Nachweis auf. Die reine Rücksendung der Ware ohne Erklärung genügt nicht immer.
Tipp 3: Gerichtsstand bei Streitigkeiten beachten
Kommt es zum Streit über den Widerruf und eine Klage wird nötig, ist der richtige Gerichtsstand entscheidend. Als Verbraucher können Sie oft an Ihrem eigenen Wohnsitz klagen. Es kann aber Ausnahmen geben, oder der Verkäufer sitzt im Ausland. Eine Klage am falschen Ort kann zu erheblichen Verzögerungen und Mehrkosten führen, wie der Fall zeigt (Verweisung von Stuttgart nach Berlin).
⚠️ ACHTUNG: Klären Sie vor Einreichung einer Klage genau, welches Gericht zuständig ist. Falsche Annahmen können das Verfahren unnötig verlängern und verteuern.
Tipp 4: Bei hohen Vertragssummen frühzeitig beraten lassen
Gerade bei teuren Anschaffungen wie einem Auto wiegen Fehler beim Widerruf schwer. Zögern Sie nicht, bei Unklarheiten bezüglich der Widerrufsbelehrung, der Frist oder der Rückabwicklung frühzeitig eine spezialisierte Kanzlei zu konsultieren. Eine Erstberatung kann helfen, Ihre Rechte korrekt einzuschätzen und Fehler zu vermeiden.
Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Der vorgestellte Fall macht deutlich, dass selbst wenn Sie im Recht sind (z. B. wegen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung), verfahrenstechnische Fragen wie der Gerichtsstand den Prozess erheblich beeinflussen können. Eine falsche Wahl des Gerichts oder des Verfahrens (hier: Urkundenprozess) kann dazu führen, dass Sie zunächst Kosten tragen müssen, auch wenn die eigentliche Rechtsfrage noch nicht entschieden ist. Dokumentieren Sie den gesamten Vorgang – vom Kauf bis zur Kommunikation über den Widerruf – lückenlos.
✅ Checkliste: Widerruf bei Online-Käufen
- [ ] Widerrufsbelehrung erhalten und auf Verständlichkeit/Vollständigkeit geprüft?
- [ ] Beginn und Ende der 14-tägigen Widerrufsfrist korrekt berechnet? (Ab Erhalt Ware + korrekter Belehrung)
- [ ] Widerruf eindeutig und nachweisbar erklärt (z. B. E-Mail, Einschreiben)?
- [ ] Frist für die Rücksendung der Ware nach Widerruf beachtet (i.d.R. 14 Tage)?
- [ ] Bei Streitigkeiten: Zuständiges Gericht (Gerichtsstand) geklärt?
Das vorliegende Urteil
OLG Stuttgart – Az.: 6 U 89/24 – Urteil vom 25.03.2025
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