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Gerichtsstandsvereinbarung schließt Gerichtsstandsbestimmung aus!

Streit um mangelhaften Hotelbau: Bayerisches Gericht weist Klage gegen Subunternehmer und Bürgen ab – Gerichtsstandsklausel verhindert gemeinsame Haftung. Bauherrin scheitert mit Versuch, Mängel an Hotelbau in einem gemeinsamen Verfahren gegen Subunternehmer und Bürgen feststellen zu lassen. Schuld ist eine Klausel im Bauvertrag, die den Gerichtsstand für den Subunternehmer festlegt, aber nicht für den Bürgen.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Das Gericht hat den Antrag auf Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts abgelehnt.
  • Die Antragstellerin wollte das örtlich zuständige Gericht für ein Beweisverfahren bestimmen lassen.
  • Es gab keine Übereinstimmung bezüglich eines gemeinsamen Gerichtsstands unter den beteiligten Parteien.
  • Im Bauvertrag war Frankfurt am Main als ausschließlicher Gerichtsstand festgelegt.
  • Die Antragstellerin erhielt abgetretene Ansprüche gegen Subunternehmer von der Generalunternehmerin.
  • Das Gericht bestätigte die Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung im Bauvertrag.
  • Ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand war nicht gegeben.
  • Die Antragstellerin argumentierte, dass die Gerichtsstandsvereinbarung auch für abgetretene Rechte gilt.
  • Das Gericht entschied, dass die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 ZPO nicht vorlagen.

Grenzen von Gerichtsstandvereinbarungen im Wirtschaftsleben

Gerichtsstandvereinbarungen begegnen uns im Wirtschaftsleben häufig. Sie dienen dazu, im Vorfeld eines möglichen Rechtsstreits den zuständigen Gerichtsort festzulegen. Diese Vereinbarungen können für Unternehmen klare Vorteile bringen, etwa bei der Planung des Rechtsstreits und der Vermeidung unnötiger Prozesskosten. Doch welche rechtlichen und praktischen Aspekte sind mit Gerichtsstandsvereinbarungen verbunden? Neben der Frage, ob sie überhaupt rechtlich zulässig sind, stellen sich insbesondere die Grenzen der vereinbarten Gerichtsstände.

So kann beispielsweise die Frage aufkommen, ob eine Gerichtsstandsvereinbarung eine gesetzliche Gerichtsstandsbestimmung ausschließen kann. Mit anderen Worten: Wenn das Gesetz für einen bestimmten Fall ein Gericht als zuständig benennt, kann dann eine Gerichtsstandsvereinbarung auf ein anderes Gericht verweisen? Diese Frage beschäftigt die Rechtssprechung seit langem und ist Gegenstand zahlreicher Gerichtsentscheidungen.

Um diese komplexe Thematik verständlicher zu erklären, wollen wir im Folgenden einen konkreten Fall beleuchten, der zeigt, wie die Gerichte mit diesem Problem umgehen.

Gerichtsstandsklauseln und Ihre Rechte: Wir helfen Ihnen weiter!

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Der Fall vor Gericht


Gerichtsstandsklausel verhindert gemeinsame Klage gegen Subunternehmer und Bürgen

Das Bayerische Oberste Landesgericht hat in einem aktuellen Beschluss die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands für ein selbständiges Beweisverfahren gegen einen Subunternehmer und dessen Bürgen abgelehnt. Der Fall zeigt die Grenzen von Gerichtsstandsvereinbarungen bei der Geltendmachung von Ansprüchen gegen mehrere Beteiligte auf.

Hintergrund: Mangelhaft ausgeführte Bauleistungen

Eine Bauherrin wollte in einem selbständigen Beweisverfahren Mängel an einem Hotelbau feststellen lassen. Beteiligt waren ein Subunternehmer, der die Arbeiten ausgeführt hatte, sowie dessen Bürge. Die Bauherrin hatte die Ansprüche gegen den Subunternehmer von der Generalunternehmerin abgetreten bekommen.

Im Bauvertrag zwischen Generalunternehmerin und Subunternehmer war Frankfurt am Main als ausschließlicher Gerichtsstand vereinbart worden. Der Bürge war an diese Vereinbarung nicht gebunden. Sein allgemeiner Gerichtsstand lag in Hannover, der des Subunternehmers in Neubrandenburg. Das Bauvorhaben selbst befand sich im Landgerichtsbezirk Stuttgart.

Grenzen der Gerichtsstandsbestimmung bei ausschließlicher Zuständigkeitsvereinbarung

Das Gericht sah die Voraussetzungen für eine Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO als nicht gegeben an. Zwar lag eine Streitgenossenschaft zwischen Subunternehmer und Bürge vor. Auch war die Gerichtsstandsvereinbarung mit dem Subunternehmer wirksam und für die Bauherrin als Rechtsnachfolgerin bindend.

Jedoch scheiterte eine gemeinsame Zuständigkeitsbestimmung daran, dass der vereinbarte ausschließliche Gerichtsstand Frankfurt dem Bürgen nicht aufgedrängt werden konnte. Eine solche Bestimmung wäre für den Bürgen unzumutbar gewesen. Besondere Sachgründe, die eine Ausnahme gerechtfertigt hätten, lagen nicht vor.

Konsequenzen für die Praxis

Der Fall verdeutlicht die Problematik von Gerichtsstandsvereinbarungen bei mehreren Beteiligten. Bauherren und Generalunternehmer sollten bei der Vertragsgestaltung bedenken, dass ausschließliche Gerichtsstandsklauseln eine gemeinsame Inanspruchnahme von Subunternehmern und deren Bürgen erschweren können.

Für Bauherren empfiehlt es sich, bei der Abtretung von Ansprüchen gegen Subunternehmer auch die zugehörigen Bürgschaften mit einzubeziehen. Zudem sollten Gerichtsstandsvereinbarungen möglichst einheitlich gestaltet werden, um eine gemeinsame Durchsetzung von Ansprüchen zu erleichtern.

Die Entscheidung zeigt auch, dass Gerichte bei der Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands zurückhaltend sind, wenn dadurch wirksame Prorogationsabreden unterlaufen würden. Der Zweck solcher Vereinbarungen, nämlich Rechtsstreitigkeiten an einem bestimmten Ort zu bündeln, wird vom Gericht respektiert.

Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung unterstreicht die Grenzen von Gerichtsstandsvereinbarungen bei mehreren Beteiligten. Eine ausschließliche Gerichtsstandsklausel mit einem Streitgenossen kann nicht ohne Weiteres auf andere Beteiligte, insbesondere Bürgen, ausgedehnt werden. Dies kann die gemeinsame Durchsetzung von Ansprüchen erheblich erschweren. Für die Praxis folgt daraus die Notwendigkeit, bei der Vertragsgestaltung im Baurecht auf einheitliche und umfassende Gerichtsstandsvereinbarungen zu achten, um spätere prozessuale Komplikationen zu vermeiden.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil hat wichtige Auswirkungen für alle, die mit Gerichtsstandsvereinbarungen in Verträgen zu tun haben. Wenn Sie als Auftraggeber oder Auftragnehmer einen Vertrag mit einer ausschließlichen Gerichtsstandsklausel abschließen, bedenken Sie, dass diese nur für die direkten Vertragspartner gilt. Bürgen oder andere Dritte sind daran nicht gebunden. Das kann dazu führen, dass Sie im Streitfall nicht alle Beteiligten an einem Gerichtsort verklagen können. Um dies zu vermeiden, sollten Sie bei komplexeren Vertragsbeziehungen mit mehreren Parteien auf einheitliche Gerichtsstandsvereinbarungen achten oder alternative Lösungen wie Schiedsvereinbarungen in Betracht ziehen.


FAQ – Häufige Fragen

Sie stehen vor einem Rechtsstreit und fragen sich, wo dieser ausgetragen werden soll? Gerichtsstandsvereinbarungen können dabei eine wichtige Rolle spielen. Unsere FAQ-Rubrik bietet Ihnen wertvolles Wissen und praktische Tipps, um die für Sie optimale Lösung zu finden.


Was ist eine Gerichtsstandsvereinbarung?

Eine Gerichtsstandsvereinbarung ist eine vertragliche Abmachung zwischen zwei oder mehr Parteien, die festlegt, welches Gericht im Falle eines Rechtsstreits zuständig sein soll. Diese Vereinbarung ermöglicht es den Vertragspartnern, von der gesetzlich vorgesehenen Zuständigkeit abzuweichen und ein anderes Gericht für potenzielle Streitigkeiten zu bestimmen.

Die rechtliche Grundlage für Gerichtsstandsvereinbarungen findet sich in § 38 der Zivilprozessordnung (ZPO). Dieser Paragraph regelt, unter welchen Voraussetzungen solche Vereinbarungen zulässig sind. Es ist wichtig zu verstehen, dass nicht in allen Fällen eine freie Wahl des Gerichtsstands möglich ist.

Für die Wirksamkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Grundsätzlich ist eine solche Vereinbarung nur zwischen Kaufleuten, juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Sondervermögen zulässig. Dies bedeutet, dass im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen Gerichtsstandsvereinbarungen in der Regel möglich sind.

Bei Verträgen mit Verbrauchern gelten hingegen strengere Regeln. Hier sind Gerichtsstandsvereinbarungen nur in sehr begrenztem Umfang zulässig, um den Verbraucher zu schützen. Eine Vereinbarung zu Lasten des Verbrauchers, die ihn zwingt, an einem weit entfernten Ort zu klagen, wäre in den meisten Fällen unwirksam.

Die Form der Vereinbarung spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. In der Regel muss eine Gerichtsstandsvereinbarung schriftlich erfolgen. Dies kann durch eine entsprechende Klausel im Hauptvertrag oder durch eine separate schriftliche Vereinbarung geschehen. Häufig finden sich solche Klauseln auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).

Ein praktisches Beispiel verdeutlicht die Bedeutung: Ein Unternehmen aus München schließt einen Vertrag mit einem Zulieferer aus Hamburg. Beide vereinbaren, dass im Streitfall das Landgericht München zuständig sein soll. Kommt es nun zu einem Rechtsstreit, muss dieser vor dem Landgericht München verhandelt werden, auch wenn nach den allgemeinen Zuständigkeitsregeln eigentlich ein Gericht in Hamburg zuständig wäre.

Die Wahl des Gerichtsstands kann erhebliche praktische Auswirkungen haben. Sie beeinflusst nicht nur, wo ein möglicher Prozess stattfindet, sondern kann auch Auswirkungen auf Reisekosten, die Wahl des Anwalts und sogar auf die Erfolgsaussichten eines Verfahrens haben. Daher sollten Vertragsparteien sorgfältig abwägen, ob und wie sie eine Gerichtsstandsvereinbarung treffen.

Es ist zu beachten, dass Gerichtsstandsvereinbarungen in bestimmten Fällen unwirksam sein können. Dies gilt insbesondere, wenn sie gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen oder eine Partei unangemessen benachteiligen. Gerichte prüfen die Wirksamkeit solcher Vereinbarungen im Streitfall sehr genau.

Im internationalen Kontext gelten besondere Regeln für Gerichtsstandsvereinbarungen. Innerhalb der Europäischen Union wird die Zuständigkeit von Gerichten in grenzüberschreitenden Fällen durch die Brüssel-Ia-Verordnung geregelt. Diese erlaubt Gerichtsstandsvereinbarungen unter bestimmten Voraussetzungen auch in internationalen Verträgen.

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Kann eine Gerichtsstandsvereinbarung eine gesetzliche Gerichtsstandbestimmung außer Kraft setzen?

Gerichtsstandsvereinbarungen können unter bestimmten Voraussetzungen tatsächlich gesetzliche Gerichtsstandbestimmungen außer Kraft setzen. Allerdings unterliegt diese Möglichkeit einigen wichtigen Einschränkungen.

Grundsätzlich gilt, dass Parteien die Zuständigkeit eines Gerichts durch eine Vereinbarung festlegen können. Dies ist in § 38 der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Jedoch ist diese Möglichkeit nicht unbegrenzt. Die Wirksamkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Für Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen besteht die größte Freiheit. Sie können gemäß § 38 Abs. 1 ZPO ein an sich unzuständiges Gericht des ersten Rechtszuges durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung zuständig machen. Dies ermöglicht es Unternehmen, flexibel den für sie günstigsten Gerichtsstand zu wählen.

Anders sieht es bei Verbrauchern aus. Hier gelten strenge Schutzvorschriften. Gerichtsstandsvereinbarungen zu Lasten von Verbrauchern sind in der Regel unwirksam. Das Gesetz will verhindern, dass Verbraucher durch solche Klauseln benachteiligt werden, indem sie beispielsweise gezwungen werden, an einem weit entfernten Ort zu klagen.

Ein interessanter Sonderfall tritt ein, wenn mindestens eine der Vertragsparteien keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat. In diesem Fall können die Parteien laut § 38 Abs. 2 ZPO die Zuständigkeit eines Gerichts vereinbaren. Diese Vereinbarung muss schriftlich abgeschlossen oder schriftlich bestätigt werden, wenn sie mündlich getroffen wurde.

Es gibt jedoch absolute Grenzen für Gerichtsstandsvereinbarungen. § 40 ZPO legt fest, dass bestimmte gesetzliche Zuständigkeiten nicht durch Vereinbarung geändert werden können. Dies betrifft insbesondere ausschließliche Gerichtsstände, wie sie beispielsweise für Immobilienstreitigkeiten gelten. Hier bleibt das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Immobilie liegt, unabhängig von etwaigen Vereinbarungen der Parteien.

Besondere Regeln gelten im internationalen Kontext. Innerhalb der Europäischen Union wird die Wirksamkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen durch die Brüssel-Ia-Verordnung (EuGVVO) geregelt. Diese erlaubt grundsätzlich Gerichtsstandsvereinbarungen, stellt aber ebenfalls Schutzvorschriften für schwächere Parteien wie Verbraucher, Arbeitnehmer und Versicherungsnehmer auf.

In der Praxis ist Vorsicht geboten. Viele Unternehmen versuchen, durch Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einen für sie günstigen Gerichtsstand festzulegen. Solche Klauseln können jedoch unwirksam sein, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen. Gerichte prüfen solche Vereinbarungen oft kritisch, insbesondere wenn sie in AGB enthalten sind.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Gerichtsstandsvereinbarungen durchaus gesetzliche Gerichtsstandbestimmungen außer Kraft setzen können, aber nur innerhalb der vom Gesetz vorgegebenen Grenzen. Die Wirksamkeit hängt stark von den beteiligten Parteien, der Art des Rechtsgeschäfts und der Form der Vereinbarung ab. Im Zweifelsfall ist es ratsam, die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung genau zu prüfen.

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Welche rechtlichen Folgen hat eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung für die Beteiligten?

Eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung hat weitreichende rechtliche Folgen für die beteiligten Parteien. Sie legt verbindlich fest, welches Gericht im Streitfall für die Entscheidung zuständig ist. Dies bedeutet, dass die Parteien verpflichtet sind, etwaige Rechtsstreitigkeiten vor dem vereinbarten Gericht auszutragen.

Die Vereinbarung schließt in der Regel die Zuständigkeit anderer Gerichte aus, selbst wenn diese nach den allgemeinen gesetzlichen Regelungen eigentlich zuständig wären. Klagt eine Partei entgegen der Vereinbarung an einem anderen Gericht, kann die Gegenpartei die Unzuständigkeit rügen. Das angerufene Gericht muss dann die Klage als unzulässig abweisen.

Für die Prozessführung ergeben sich daraus erhebliche praktische Konsequenzen. Die Parteien müssen sich auf die Besonderheiten des vereinbarten Gerichtsstands einstellen. Dies kann die Wahl des Rechtsanwalts beeinflussen, da nicht jeder Anwalt an jedem Gericht zugelassen ist. Auch sprachliche Aspekte können eine Rolle spielen, wenn ein ausländisches Gericht vereinbart wurde.

Die Durchsetzung von Ansprüchen kann durch eine Gerichtsstandsvereinbarung erleichtert oder erschwert werden. Einerseits schafft sie Rechtssicherheit, da von vornherein klar ist, wo geklagt werden muss. Andererseits kann sie für eine Partei nachteilig sein, wenn das vereinbarte Gericht weit entfernt ist oder das dort geltende Verfahrensrecht ungünstig ist.

Es ist wichtig zu beachten, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung die Anwendung des materiellen Rechts nicht beeinflusst. Das zuständige Gericht wendet weiterhin das nach den Regeln des internationalen Privatrechts bestimmte materielle Recht an.

In bestimmten Fällen kann eine Gerichtsstandsvereinbarung auch Auswirkungen auf die Vollstreckbarkeit von Urteilen haben. Wurde ein ausländisches Gericht vereinbart, muss das dort ergangene Urteil möglicherweise im Inland erst für vollstreckbar erklärt werden.

Die Wirksamkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung schließt grundsätzlich die Möglichkeit einer gerichtlichen Zuständigkeitsbestimmung aus. Dies bedeutet, dass die Parteien nicht nachträglich eine abweichende gerichtliche Zuständigkeit bestimmen lassen können, solange die Vereinbarung Bestand hat.

Für Verbraucher gelten besondere Schutzvorschriften. Gerichtsstandsvereinbarungen zu ihren Lasten sind oft unwirksam oder nur eingeschränkt zulässig. Dies soll verhindern, dass Verbraucher durch ungünstige Gerichtsstände von der Durchsetzung ihrer Rechte abgehalten werden.

Insgesamt zeigt sich, dass eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung erheblichen Einfluss auf die prozessuale Situation der Parteien haben kann. Sie bietet einerseits Planungssicherheit, kann aber andererseits auch zu Nachteilen führen, wenn sie nicht sorgfältig bedacht wurde.

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Können Gerichtsstandsvereinbarungen bei mehreren Beteiligten problematisch sein?

Gerichtsstandsvereinbarungen können bei mehreren Beteiligten in der Tat zu erheblichen Komplikationen führen. Dies liegt vor allem daran, dass unterschiedliche Vereinbarungen mit verschiedenen Parteien zu widersprüchlichen Zuständigkeiten führen können.

Ein Hauptproblem entsteht, wenn ein Kläger mit mehreren Beklagten jeweils separate Gerichtsstandsvereinbarungen getroffen hat. In solchen Fällen kann es vorkommen, dass für jeden Beklagten ein anderes Gericht zuständig ist. Dies erschwert eine einheitliche Rechtsverfolgung erheblich und kann zu parallelen Verfahren an verschiedenen Gerichten führen.

Die Rechtsprechung hat sich mit dieser Problematik auseinandergesetzt und klargestellt, dass derjenige, der in privatautonomer Entscheidung mit mehreren Streitgenossen unterschiedliche Gerichtsstandsvereinbarungen mit jeweils ausschließlichem Charakter trifft, die Folgen seiner Entscheidung zu tragen hat. Es liegt in der Verantwortung der Parteien, bei Vertragsabschlüssen auf die Vereinbarung kompatibler und praxistauglicher Regelungen hinzuwirken.

Ein anschauliches Beispiel verdeutlicht die Problematik: Ein Unternehmen schließt mit Lieferant A eine Gerichtsstandsvereinbarung für München, mit Lieferant B für Hamburg und mit Lieferant C für Berlin. Kommt es nun zu einem Rechtsstreit, der alle drei Lieferanten betrifft, müsste das Unternehmen theoretisch an drei verschiedenen Gerichten klagen. Dies führt nicht nur zu erhöhten Kosten, sondern birgt auch die Gefahr widersprüchlicher Urteile.

Die Rechtsprechung hat klargestellt, dass in solchen Fällen eine Gerichtsstandsbestimmung durch das Gericht nicht möglich ist. Die ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarungen können nicht durch eine richterliche Entscheidung überwunden werden, selbst wenn dies aus Gründen der Zweckmäßigkeit wünschenswert wäre.

Für die Praxis bedeutet dies, dass bei Vertragsgestaltungen mit mehreren Parteien besondere Sorgfalt geboten ist. Es empfiehlt sich, einheitliche Gerichtsstandsklauseln zu verwenden oder zumindest darauf zu achten, dass die vereinbarten Gerichtsstände miteinander kompatibel sind. Alternativ können die Parteien auch flexible Gerichtsstandsvereinbarungen treffen, die es ermöglichen, im Streitfall einen gemeinsamen Gerichtsstand zu wählen.

Die Problematik verschärft sich noch, wenn internationale Sachverhalte betroffen sind. Hier können zusätzlich Fragen des anwendbaren Rechts und der internationalen Zuständigkeit auftreten. Die Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung (EuGVVO) bietet zwar einen Rahmen für Gerichtsstandsvereinbarungen innerhalb der EU, löst aber nicht alle Probleme bei mehreren Beteiligten.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Wirksamkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen auch von der Art der Streitigkeit abhängen kann. Bestimmte Rechtsgebiete, wie etwa das Verbraucherrecht oder das Arbeitsrecht, unterliegen besonderen Schutzvorschriften, die die Wirksamkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen einschränken können.

Für Unternehmen und Rechtsberater ergibt sich aus dieser Problematik die Notwendigkeit, bei der Gestaltung von Verträgen mit mehreren Parteien besonders umsichtig vorzugehen. Eine sorgfältige Planung und Abstimmung der Gerichtsstandsklauseln kann spätere Schwierigkeiten bei der Rechtsdurchsetzung vermeiden und zu einer effizienteren Streitbeilegung beitragen.

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Was passiert, wenn eine Partei nicht an eine Gerichtsstandsvereinbarung gebunden ist?

Wenn eine Partei nicht an eine Gerichtsstandsvereinbarung gebunden ist, ergeben sich daraus verschiedene rechtliche Konsequenzen. Grundsätzlich gilt, dass Gerichtsstandsvereinbarungen nur dann wirksam sind, wenn beide Parteien rechtmäßig daran gebunden sind. Ist eine Partei nicht gebunden, kann dies die Durchsetzbarkeit der Vereinbarung erheblich beeinträchtigen.

In solchen Fällen bleibt die nicht gebundene Partei frei, das nach den allgemeinen Zuständigkeitsregeln zuständige Gericht anzurufen. Dies bedeutet, dass sie ihre Klage bei jedem Gericht einreichen kann, das nach den gesetzlichen Bestimmungen zuständig ist. Die vereinbarte Gerichtsstandsklausel entfaltet für diese Partei keine Wirkung.

Für die andere Partei, die an die Vereinbarung gebunden ist, stellt sich die Situation komplexer dar. Sie muss grundsätzlich die vereinbarte Zuständigkeit beachten, kann aber unter Umständen argumentieren, dass die Vereinbarung insgesamt unwirksam ist, da sie nicht für beide Parteien gleichermaßen gilt. Dies hängt jedoch von den spezifischen Umständen des Einzelfalls und der anwendbaren Rechtsordnung ab.

Gerichte prüfen in solchen Situationen genau, ob die Gerichtsstandsvereinbarung überhaupt zustande gekommen ist und ob sie für beide Parteien bindend sein sollte. Dabei spielen Faktoren wie die Verhandlungsposition der Parteien, die Art des Vertrages und mögliche gesetzliche Schutzvorschriften eine wichtige Rolle.

Ein wesentlicher Aspekt ist die Frage, warum eine Partei nicht an die Vereinbarung gebunden ist. Dies kann verschiedene Gründe haben, etwa wenn es sich um einen Verbrauchervertrag handelt, bei dem gesetzliche Schutzvorschriften greifen, oder wenn die Vereinbarung nicht ordnungsgemäß in den Vertrag einbezogen wurde.

In der Praxis führt eine solche Situation oft zu Unsicherheiten und möglicherweise zu parallelen Gerichtsverfahren an verschiedenen Orten. Dies kann erhebliche Kosten und Verzögerungen verursachen. Um solche Probleme zu vermeiden, ist es ratsam, bei der Gestaltung von Gerichtsstandsvereinbarungen besondere Sorgfalt walten zu lassen und sicherzustellen, dass sie für alle Beteiligten rechtlich bindend sind.

Es ist wichtig zu beachten, dass die rechtliche Beurteilung solcher Fälle oft komplex ist und von den spezifischen Umständen abhängt. Die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat die Möglichkeiten zur Vereinbarung von Gerichtsständen innerhalb der EU erweitert. So können laut einem Urteil vom 8. Februar 2024 auch Parteien aus demselben Mitgliedstaat die Zuständigkeit eines Gerichts in einem anderen EU-Staat vereinbaren, selbst wenn der Vertrag keinen weiteren Bezug zu diesem Staat aufweist.

Diese Entwicklung unterstreicht die zunehmende Flexibilität bei der Wahl des Gerichtsstands in der EU. Gleichzeitig bleibt es wichtig, die Wirksamkeit solcher Vereinbarungen sorgfältig zu prüfen und sicherzustellen, dass sie den rechtlichen Anforderungen entsprechen. Nur so kann vermieden werden, dass eine Partei später nicht an die Vereinbarung gebunden ist und dadurch rechtliche Unsicherheiten entstehen.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Gerichtsstandsvereinbarung: Eine Gerichtsstandsvereinbarung legt fest, welches Gericht im Falle eines Rechtsstreits zuständig ist. Diese Vereinbarung wird von den Vertragsparteien getroffen und kann die gesetzliche Zuständigkeit außer Kraft setzen. Sie bietet Klarheit und Planbarkeit für den Fall eines Rechtsstreits und kann Prozesskosten sparen. Solche Vereinbarungen sind besonders im Geschäftsverkehr üblich und wichtig, um Streitigkeiten an einem vorher festgelegten Ort zu bündeln.
  • Ausschließlicher Gerichtsstand: Ein ausschließlicher Gerichtsstand bedeutet, dass nur ein bestimmtes Gericht für die Entscheidung eines Rechtsstreits zuständig ist. Diese Exklusivität verhindert, dass der Fall an einem anderen Gericht verhandelt wird. Im vorliegenden Fall war Frankfurt am Main als ausschließlicher Gerichtsstand vereinbart, was für den Subunternehmer bindend war, jedoch nicht für den Bürgen.
  • Streitgenossenschaft: Streitgenossenschaft liegt vor, wenn mehrere Personen gemeinsam auf Kläger- oder Beklagtenseite auftreten, weil ihre Ansprüche oder Rechtsverhältnisse miteinander verbunden sind. In diesem Fall waren Subunternehmer und Bürge als Streitgenossen in Bezug auf die Bauleistungen involviert. Eine gemeinsame Zuständigkeitsbestimmung war jedoch nicht möglich, da der Bürge nicht an die Gerichtsstandsvereinbarung gebunden war.
  • Abtretung: Eine Abtretung ist die Übertragung eines Anspruchs von einem Gläubiger (Zedent) auf einen anderen (Zessionar). Hier hat die Bauherrin die Ansprüche gegen den Subunternehmer von der Generalunternehmerin übernommen. Dies bedeutet, dass die Bauherrin nun die Rechte der Generalunternehmerin gegenüber dem Subunternehmer geltend machen kann, was im vorliegenden Fall zur Komplexität der Zuständigkeitsfrage beitrug.
  • Selbständiges Beweisverfahren: Ein selbständiges Beweisverfahren dient dazu, Beweise zu sichern, bevor ein Hauptsacheverfahren beginnt. Es wird häufig bei Bauvorhaben genutzt, um Mängel zu dokumentieren, bevor weitere rechtliche Schritte eingeleitet werden. Im vorliegenden Fall wollte die Bauherrin Mängel am Hotelbau feststellen lassen, was zur Diskussion über die Zuständigkeit der Gerichte führte.
  • Prorogation: Prorogation ist die Vereinbarung eines bestimmten Gerichtsstands durch die Vertragsparteien. Diese Vereinbarung kann die gesetzliche Gerichtsstandsregelung außer Kraft setzen und wird in den meisten Fällen akzeptiert, wenn sie klar und eindeutig getroffen wurde. Im aktuellen Fall war die Prorogation von Frankfurt am Main als Gerichtsstand wirksam, konnte jedoch dem Bürge nicht ohne weiteres auferlegt werden.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO (Zuständigkeit des Gerichts): Diese Vorschrift regelt die Bestimmung des zuständigen Gerichts, wenn mehrere Personen gemeinsam verklagt werden und diese ihren Gerichtsstand bei unterschiedlichen Gerichten haben. Im vorliegenden Fall wurde die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands für das selbstständige Beweisverfahren gegen Subunternehmer und Bürgen abgelehnt, da der vereinbarte ausschließliche Gerichtsstand Frankfurt am Main dem Bürgen nicht aufgezwungen werden konnte.
  • § 60 ZPO (Streitgenossenschaft): Die Streitgenossenschaft ermöglicht es mehreren Personen, gemeinsam auf Kläger- oder Beklagtenseite aufzutreten, wenn ihre Ansprüche oder Rechtsverhältnisse in einem Zusammenhang stehen. Im vorliegenden Fall lag eine Streitgenossenschaft zwischen Subunternehmer und Bürge vor, da beide in Bezug auf die mangelhaft ausgeführten Bauleistungen in Anspruch genommen wurden.
  • § 38 ZPO (Ausschließliche Gerichtsstände): Bestimmte Gerichtsstände sind kraft Gesetzes ausschließlich zuständig, d.h. andere Gerichte sind für diese Streitigkeiten nicht zuständig. Im vorliegenden Fall war Frankfurt am Main als ausschließlicher Gerichtsstand im Bauvertrag vereinbart worden, jedoch konnte dieser dem Bürgen nicht aufgezwungen werden.
  • § 46 ZPO (Vertragliche Gerichtsstände): Parteien können durch Vereinbarung einen bestimmten Gerichtsstand festlegen (Prorogation). Im vorliegenden Fall war im Bauvertrag zwischen Generalunternehmerin und Subunternehmer Frankfurt am Main als ausschließlicher Gerichtsstand vereinbart worden. Diese Vereinbarung war wirksam und für die Bauherrin als Rechtsnachfolgerin bindend.
  • Art. 25 EuGVVO (Gerichtsstandsvereinbarungen): Diese Vorschrift regelt die internationale Zuständigkeit bei Gerichtsstandsvereinbarungen in Zivil- und Handelssachen. Sie besagt, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung zwischen Unternehmen grundsätzlich wirksam ist und die Gerichte des vereinbarten Gerichtsstands international zuständig sind. Im vorliegenden Fall war die Gerichtsstandsvereinbarung zwischen Generalunternehmerin und Subunternehmer wirksam, jedoch konnte sie dem Bürgen nicht aufgezwungen werden.

Das vorliegende Urteil

BayObLG – Az.:: 101 AR 86/24 – Beschluss vom 03.07.2024


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

 

Der Antrag auf Bestimmung des (örtlich) zuständigen Gerichts wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin beantragt, das örtlich zuständige Gericht für ein beim Landgericht Nürnberg-Fürth bereits eingeleitetes selbständiges Beweisverfahren gegen die Antragsgegnerinnen (Az. 9 OH 2896/24) zu bestimmen.

Zur Begründung bringt sie vor, sie sei als Bauherrin mit der (im Landgerichtsbezirk Nürnberg-Fürth ansässigen) Rechtsnachfolgerin der ### AG ###, der ### GmbH ###, in Form eines Generalübernahmevertrags zur Errichtung eines Hotels in ### (Landgerichtsbezirk Stuttgart) verbunden. Die im Landgerichtsbezirk Neubrandenburg ansässige Antragsgegnerin zu 1) sei eine von der Generalunternehmerin beauftragte Subunternehmerin im Rahmen dieses Bauvorhabens. In § 15 Ziff. 3 des Bauvertrags zwischen der Generalunternehmerin und der Antragsgegnerin zu 1) sei als ausschließlicher Gerichtsstand Frankfurt am Main vereinbart. Die im Bezirk des Landgerichts Hannover ansässige Antragsgegnerin zu 2) habe sich gegenüber der Generalunternehmerin für Gewährleistungsansprüche gegen die Antragsgegnerin zu 1) verbürgt.

Die Antragstellerin hat zunächst mit Schriftsatz vom 31. August 2022 beim Landgericht Nürnberg-Fürth einen Antrag auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens (Az. 9 OH 4951/22) gegen die Generalunternehmerin (dortige Antragsgegnerin zu 1]) und – gestützt auf eine mit der Generalunternehmerin als Zedentin geschlossene Abtretungsvereinbarung – fünfzehn Subunternehmer (unter anderem die hiesige Antragsgegnerin zu 1] als dortige Antragsgegnerin zu 2]) sowie die hiesige Antragsgegnerin zu 2] (als dortige Antragsgegnerin zu 17]) eingereicht. Nach Zurücknahme der Anträge im selbständigen Beweisverfahren gegen die Generalunternehmerin sowie die dortigen Antragsgegnerinnen zu 12), 13) und 15) hat das Bayerische Oberste Landesgericht mit Beschluss vom 6. April 2023 (Az. 102 AR 152/22) bezogen auf dieses selbständige Beweisverfahren einen Antrag der Antragstellerin auf Bestimmung des (örtlich) zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO mit der Begründung zurückgewiesen, dass nicht im Hinblick auf sämtliche Antragsgegner die Voraussetzungen einer Streitgenossenschaft vorlägen.

Die Antragstellerin hat daraufhin beim Landgericht Nürnberg-Fürth beantragt, das selbständige Beweisverfahren, soweit es sich gegen die hiesigen Antragsgegnerinnen richtet, abzutrennen. Das aus der Abtrennung hervorgegangene selbständige Beweisverfahren des Landgerichts Nürnberg-Fürth (Az. 9 OH 4964/23) hat die Antragstellerin anschließend auf die Generalunternehmerin erweitert. Mit Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 8. Mai 2024 ist auf Antrag der Antragstellerin das selbständige Beweisverfahren gegen die hiesigen Antragsgegnerinnen erneut abgetrennt worden, da nach dem Vortrag der Antragstellerin die Generalunternehmerin und die hiesigen Antragsgegnerinnen nicht bereit gewesen seien, eine Gerichtsstandsvereinbarung zu treffen, und die Voraussetzungen einer Gerichtsstandsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht vorgelegen hätten. Das aus dieser Abtrennung hervorgegangene, beim Landgericht Nürnberg-Fürth geführte und der vorliegend beantragten Gerichtsstandsbestimmung zugrunde liegende selbständige Beweisverfahren (Az. 9 OH 2896/24) richtet sich danach ausschließlich gegen die hiesigen Antragsgegnerinnen.

Die Antragstellerin trägt vor, Gegenstand des selbständigen Beweissicherungsverfahrens sei die Feststellung von Mängeln bzw. deren Ursachen. Sie habe sich von der Generalunternehmerin sämtliche im Rahmen der Durchführung des Gesamtbauvorhabens erwachsenen Ansprüche gegen Nachunternehmer, insbesondere Handwerksunternehmen und Planer, sowie Ansprüche auf Erbringung der vertraglichen Primär- und Sekundärpflichten abtreten lassen. Zu diesen Projektbeteiligten gehöre auch die Antragsgegnerin zu 1). Diese sei nicht bereit, eine Gerichtsstandsvereinbarung hinsichtlich des Landgerichts Nürnberg-Fürth zu treffen. Auch die Antragsgegnerin zu 2) sei nicht bereit, ohne Zustimmung der Antragsgegnerin zu 1) eine Gerichtsstandsvereinbarung zu treffen.

§ 15 Ziff. 3 des zwischen der Generalunternehmerin und der Antragsgegnerin zu 1) geschlossenen Bauleistungsvertrags lautet:

„Erfüllungsort für alle Verpflichtungen aus diesem Vertrag ist der Ort des Bauvorhabens. Sind Auftraggeber und Auftragnehmer Vollkaufleute, gilt Frankfurt a.M. als ausschließlicher Gerichtsstand vereinbart. (…).“

In rechtlicher Hinsicht führt die Antragstellerin aus, das Bayerische Oberste Landesgericht sei gemäß § 36 Abs. 2 ZPO zuständig, weil die allgemeinen Gerichtsstände der Antragsgegnerinnen in unterschiedlichen Oberlandesgerichtsbezirken lägen und das zuerst mit der Sache befasste Gericht dem Oberlandesgerichtsbezirk Nürnberg angehöre. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO sei auch bei einem selbständigen Beweisverfahren möglich und auch in bereits rechtshängigen Verfahren anwendbar. Es seien weder Beweise erhoben noch ein Beweisbeschluss erlassen worden. Die Antragsgegnerinnen hätten ihren allgemeinen Gerichtsstand bei verschiedenen Gerichten. Passive Streitgenossenschaft im Sinne des § 60 ZPO sei gegeben. Ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand habe nie bestanden. Insbesondere sei kein gemeinsamer Gerichtsstand des Erfüllungsorts eröffnet. Nachdem mit der Antragstellerin zu 1) eine Prorogation hinsichtlich des Landgerichts Frankfurt am Main bestehe und das Bauvorhaben im Bezirk des Landgerichts Stuttgart liege, komme auch die Zuständigkeitsbestimmung eines dieser Gerichte grundsätzlich in Betracht. Um der Prorogation zu folgen, sollte Frankfurt am Main als Gerichtsstand bestimmt werden.

Die Antragsgegnerinnen haben von der ihnen eröffneten Gelegenheit, sich zum Bestimmungsantrag zu äußern, keinen Gebrauch gemacht.

Die Akte 102 AR 152/22 des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat der Senat beigezogen.

 

II.

Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts ist zurückzuweisen, da die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nicht vorliegen.

1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist für die Entscheidung über das Bestimmungsgesuch nach § 36 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 9 EGZPO zuständig. Die Antragsgegnerinnen haben ihren jeweiligen allgemeinen Gerichtsstand (§§ 12, 17 ZPO) in verschiedenen Oberlandesgerichtsbezirken (Rostock und Celle), so dass das für sie gemeinschaftliche im Rechtszug zunächst höhere Gericht der Bundesgerichtshof ist. Das mit der Sache bereits befasste Gericht, das Landgericht Nürnberg-Fürth, liegt in Bayern.

2. Die Voraussetzungen für die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts liegen jedoch nicht vor.

a) Eine Bestimmung des zuständigen Gerichts kann in entsprechender Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auch für ein selbständiges Beweisverfahren vorgenommen werden (vgl. BayObLG, Beschl. v. 5. August 2022, 101 AR 54/22; Beschl. v. 10. Juni 2020, 1 AR 39/20, m. w. N.).

b) Der Gerichtsstandsbestimmung steht nicht entgegen, dass das selbständige Beweisverfahren bereits anhängig ist (BayObLG, Beschl. v. 10. Juni 2020, 1 AR 39/20), denn über den Wortlaut des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hinaus kann eine Bestimmung auch noch nach Rechtshängigkeit erfolgen (Toussaint in BeckOK, ZPO, 52. Ed. Stand 1. März 2024, § 36 Rn. 19). Der Senat ist auch nicht im Hinblick auf den Verfahrensstand an einer Zuständigkeitsbestimmung gehindert.

c) Nach dem insoweit allein maßgeblichen (BayObLG, Beschl. v. 24. August 2023, 102 AR 154/23 e; Beschl. v. 12. September 2022, 101 AR 105/22; Beschl. v. 28. Oktober 1997, 1Z AR 74/97, NJW-RR 1998, 1291) Vorbringen der Antragstellerin sollen die Antragsgegnerinnen zudem als Streitgenossinnen im Sinne von § 60 ZPO in Anspruch genommen werden.

Für das Vorliegen einer Streitgenossenschaft ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass sich aus dem Vortrag des Antragstellers in tatsächlicher Hinsicht nachvollziehbar ableiten lässt, dass die behaupteten Ansprüche in einem inneren sachlichen Zusammenhang stehen, der sie ihrem Wesen nach als gleichartig erscheinen lässt; Identität oder Gleichheit des tatsächlichen und rechtlichen Grundes der gegen die Streitgenossen erhobenen Ansprüche ist nicht erforderlich (vgl. BGH, Beschl. v. 6. Juni 2018, X ARZ 303/18, NJW 2018, 2200 Rn. 12; BayObLG, Beschl. v. 24. August 2023, 102 AR 154/23 e; Beschl. v. 12. September 2022, 101 AR 105/22). Darauf, ob das tatsächliche Vorbringen des Antragstellers zutrifft, kommt es im Verfahren auf Zuständigkeitsbestimmung nicht an (vgl. BayObLG, Beschl. v. 12. September 2022, 101 AR 105/22; Beschl. v. 26. April 2002, 1Z AR 30/02; NJW-RR 1998, 1291).

Auf der Grundlage des Vorbringens der Antragstellerin ist eine Streitgenossenschaft im Sinne des § 60 ZPO zu bejahen.

Mit dem Beweisantrag sollen nach dem Vorbringen der Antragstellerin behauptete Mängel bzw. deren Ursachen festgestellt werden. Die Ansprüche werden aus demselben tatsächlichen Geschehen hergeleitet, nämlich der behaupteten mangelhaften Ausführung von Bauleistungen seitens der Antragsgegnerin zu 1), für welche die Antragsgegnerin zu 2) eine Gewährleistungsbürgschaft übernommen haben soll. Dass einzelne Sachverhaltselemente nur im Verhältnis zu einzelnen Antragsgegnerinnen von Bedeutung sein mögen, ist unschädlich (vgl. BGH NJW 2018, 2200 Rn. 13; BayObLG, Beschl. v. 29. März 2021, 101 AR 16/21; Beschl. v. 18. Juli 2019, 1 AR 52/19, NZI 2019, 732 Rn. 20). Die Anspruchsgründe sind auch in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen gleichartig. Die Hauptschuld, für deren Erfüllung sich die Antragsgegnerin zu 2) nach dem Vortrag der Antragstellerin verbürgt hat, besteht in Gewährleistungsansprüchen gegen die Antragsgegnerin zu 1) aus dem zwischen ihr und der Generalunternehmerin geschlossenen Bauleistungsvertrag. Solche Mängelansprüche verfolgt die Antragstellerin aus ihr von der Generalunternehmerin abgetretenem Recht gegen die Antragsgegnerin zu 1). Auf demselben Rechtsverhältnis müssen die Ansprüche nicht beruhen (vgl. BGH, Beschl. v. 3. Mai 2011, X ARZ 101/11, NJW-RR 2011, 1137 Rn. 18; BayObLG, Beschl. v. 29. März 2021, 101 AR 16/21).

Darauf, ob die tatsächlichen Behauptungen der Antragstellerin zutreffen, kommt es im Bestimmungsverfahren nicht an. Dies gilt für das selbständige Beweisverfahren erst recht infolge des § 485 Abs. 2 Satz 1 ZPO, der für die Zuständigkeit, wenn Klage noch nicht erhoben ist, den Vortrag des Antragstellers für allein maßgebend erklärt (vgl. BayObLG, Beschl. v. 10. Juni 2020, 1 AR 39/20, m. w. N.).

e) Ein die Gerichtsstandsbestimmung ausschließender gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand ist nicht begründet.

aa) Gemäß § 486 Abs. 2 ZPO ist für ein selbständiges Beweisverfahren, wenn, wie hier, ein Rechtsstreit noch nicht anhängig ist, dasjenige Gericht zuständig, das nach dem Vortrag des Antragstellers zur Entscheidung in der Hauptsache berufen wäre.

bb) Im Hinblick auf die von der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin zu 1) gerichteten Ansprüche aus abgetretenem Recht der Generalunternehmerin enthält der Bauleistungsvertrag vom 15. September/1. Oktober 2016 in § 15 Ziff. 3 eine Klausel, wonach das Landgericht Frankfurt am Main ausschließlich zuständig sein soll. Die Gerichtsstandsvereinbarung ist wirksam und hat zum Inhalt, dass Frankfurt am Main als ausschließlicher Gerichtsstand vereinbart ist, § 38 Abs. 1, § 486 Abs. 2 ZPO; die Prorogation gilt auch für die Antragstellerin als Zessionarin.

Die vertragliche Regelung bezieht sich auf Rechtsstreitigkeiten, die sich aus dem Bauleistungsvertrag ergeben, und damit auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis im Sinne des § 40 Abs. 1 ZPO. Die Generalunternehmerin und die Antragsgegnerin zu 1) waren als Form-Kaufleute prorogationsbefugt, § 6 Abs. 1 HGB, § § 3 Abs. 1 AktG, § 13 Abs. 3 GmbHG. An die Vereinbarung sind auch Sonderrechtsnachfolger, somit auch die Antragstellerin als Zessionarin, gebunden (vgl. BayObLG, Beschl. v. 28. Oktober 2020, 1 AR 78/20), ohne dass es darauf ankäme, dass die Antragstellerin selbst prorogationsbefugt ist. Die Generalunternehmerin und die Antragsgegnerin zu 1) haben in § 15 Ziff. 3 des Bauleistungsvertrags Frankfurt am Main als ausschließlichen Gerichtsstand vereinbart. Die Ausschließlichkeit ist vorliegend somit im Wortlaut der Klausel explizit zum Ausdruck gebracht. Zudem bestand – anders als bei Verträgen, bei denen lediglich der jeweilige Sitz der Vertragspartner als gerichtsstandsbegründend in Betracht kommt – für beide Seiten die Gefahr, auch am Gerichtsstand des einheitlichen Erfüllungsorts des Bauvertrags im Landgerichtsbezirk Stuttgart verklagt zu werden (vgl. BGH, Beschl. v. 18. Februar 2010, Xa ARZ 14/10; NJW-RR 2010; Beschl. v. 11. November 2003, X ARZ 91/09, BGHZ 157, 20; BayObLG, Beschl. v. 12. September 2022, 101 AR 82/22, NJW-RR 2022, 1605 Rn. 47; Beschl. v. 10. November 2003, 1Z AR 129/03; Schultzky in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 29 Rn. 25.9 m. w. N.). Diese Möglichkeit wurde durch die Bestimmung eines Gerichtsstands in Frankfurt am Main ausgeschlossen, so dass die Ausschließlichkeit der Vereinbarung im übereinstimmenden Interesse der Vertragsparteien gelegen haben dürfte (vgl. BayObLG, Beschl. v. 28. Oktober 2020, 1 AR 78/20). Schließlich führt auch der Zusatz, dass die Klausel nur gelten soll, wenn es sich bei Auftraggeber und Auftragnehmer um „Vollkaufleute“ handelt, nicht zur Unwirksamkeit der Klausel. Es ist – anders als im Falle einer salvatorischen Klausel (vgl. hierzu BayObLG, Beschl. v. 26. Oktober 2021, 101 AR 148/21, MDR 2022, 86) – hinreichend klar, dass mit „Vollkaufleute“ Kaufleute im Sinne des § 38 Abs. 1 ZPO, §§ 1 bis 7 HGB gemeint sind. Dass die Gerichtsstandsklausel in § 15 Ziff. 3 des Bauleistungsvertrags eine Allgemeine Geschäftsbedingung sei, wird zudem weder von den Beteiligten behauptet noch gibt es dafür hinreichende Anhaltspunkte. Eine andere Bewertung folgt nicht daraus, dass die Verträge der Generalunternehmerin mit einigen der weiteren vierzehn Subunternehmern ausweislich der beigezogenen Akten des vorangegangenen Bestimmungsverfahrens (Az. 102 AR 152/22) entsprechende Klauseln enthalten. Auf die Frage, ob der Klausel die Anerkennung gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1, § 310 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB zu versagen ist, weil nicht der Sitz des Verwenders, sondern eine andere Großstadt bestimmt worden ist, kommt es somit nicht an (vgl. OLG München, Beschl. v. 20. August 2012, 34 AR 312/12; Grüneberg in Grüneberg, BGB, 83. Aufl. 2024, § 307 Rn. 93; Schultzky in Zöller, ZPO, § 38 Rn. 27), zumal vorliegend auch ein schützenswertes Interesse der betreffenden Subunternehmer bestanden haben könnte, einheitlich im Bezirk des zentral in Deutschland liegenden Landgerichts Frankfurt am Main verklagt zu werden.

cc) Eine Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt am Main besteht für die gegen die Antragsgegnerin zu 2) gerichteten Ansprüche nicht.

Die Antragsgegnerin zu 2) ist als Bürgin nicht an die Prorogation des Gläubigers der Hauptschuld, vorliegend der Generalunternehmerin, gebunden. Allgemeiner Gerichtsstand der Antragsgegnerin zu 2) für Ansprüche der Antragstellerin aus der Bürgschaft nach behaupteter Abtretung der Ansprüche der Generalunternehmerin gegen die Antragsgegnerin zu 1) ist Hannover, §§ 12, 17 ZPO. Auch unter dem Gesichtspunkt des Erfüllungsorts (§ 29 ZPO) ist kein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand in Frankfurt am Main begründet. Die Ansprüche gegen die Antragsgegnerin zu 2) aus der Bürgschaft sind nicht auf Mangelbeseitigung, sondern auf Geldzahlung gerichtet. Da ein vereinbarter Erfüllungsort für die Bürgschaft nicht behauptet ist und sich auch aus den Umständen, insbesondere der Natur des Schuldverhältnisses, nichts anderes entnehmen lässt, ist Erfüllungsort für die Verbindlichkeit aus der Bürgschaft der Ort, an dem die Antragsgegnerin zu 2) zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses ihren Sitz hatte, somit wiederum Hannover, § 29 Abs. 1 ZPO, § 270 Abs. 4, § 269 Abs. 1 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 21. November 1996, IX ZR 264/95, NJW 1997, 397; BayObLG, Beschl. v. 25. Juli 2022, 101 AR 36/22; Beschl. v. 5. März 2020, 1 AR 2/20; Beschl. v. 12. Februar 2020, 1 AR 94/19, NJW-RR 2020, 763 Rn. 31; Beschl. v. 12. Juni 2019, 1 AR 62/19; Beschl. v. 31. März 1992, 1Z AR 15/92; OLG Hamm, Beschl. v. 23. September 2014, I-32 SA 59/14, MDR 2014, 1247; Schultzky in Zöller, ZPO, § 29 Rn. 25.14). Es bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass als abweichender Leistungsort der Erfüllungsort der Hauptverbindlichkeit maßgeblich sein solle. Überdies liegt der Erfüllungsort der Hauptverbindlichkeit ausweislich der mit der Antragsgegnerin zu 1) getroffenen Erfüllungsortvereinbarung (§ 15 Ziff. 3 des Bauleistungsvertrags) in Stuttgart, § 29 Abs. 2 ZPO, und nicht in Frankfurt am Main.

f) Der Zuständigkeitsbestimmung steht im Streitfall entgegen, dass mit der Antragsgegnerin zu 1) ein – nach dem klaren Wortlaut der Klausel – ausschließlicher Gerichtsstand bei einem Gericht vereinbart worden ist, an dem der andere Streitgenosse, die Antragsgegnerin zu 2), nicht ihren allgemeinen Gerichtsstand hat.

aa) Eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO setzt grundsätzlich voraus, dass die Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand eines von ihnen verklagt werden sollen. Nach ständiger Rechtsprechung können zwar besondere Sachgründe, gegebenenfalls auch eine durch Prorogation begründete ausschließliche Gerichtszuständigkeit, eine Ausnahme von dem Grundsatz zulassen (vgl. BGH NJW 2008, 3789 Rn. 11; Beschl. v. 9. Oktober 1986, I ARZ 487/86, NJW 1987, 439; Beschl. v. 16. Februar 1984, I ARZ 395/83, BGHZ 90, 155 [159 f.]; BayObLG, Beschl. v. 5. März 2020, 1 AR 2/20). Ein solcher Ausnahmefall ist aber nicht gegeben.

(1) Im Streitfall liegt mit § 15 Ziff. 3 des Bauleistungsvertrags vom 15. September/1. Oktober 2016 eine wirksame, die ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt am Main begründende Gerichtsstandsvereinbarung zwischen der Generalunternehmerin und der Antragsgegnerin zu 1) vor, während die allgemeinen Gerichtsstände der Antragsgegnerinnen in den Landgerichtsbezirken Neubrandenburg und Hannover liegen.

(2) Die Prorogation eines ausschließlichen Gerichtsstands mit einem der Streitgenossen hat zur Folge, dass keiner der allgemeinen Gerichtsstände der Antragsgegner, sondern nur der vereinbarte ausschließliche Gerichtsstand für die gemeinsame Klage bestimmt werden kann. Das mit einem Streitgenossen als ausschließlich zuständig vereinbarte Gericht kann dem durch die Prorogation Begünstigten grundsätzlich nicht durch eine Gerichtsstandsbestimmung entzogen werden (BGH, Beschl. v. 28. Oktober 1982, I ARZ 449/82, NJW 1983, 996; BayObLG, Beschl. v. 28. Oktober 2020, 1 AR 78/20; Beschl. v. 5. März 2020, 1 AR 2/20; NJW-RR 2020, 763 Rn. 51; Beschl. v. 9. März 1999, 1Z AR 5/99, NJW-RR 2000, 660).

(3) Den anderen Streitgenossen kann dieses Gericht über eine Bestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nur aufgedrängt werden, wenn – wie hier – ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand mit den übrigen Streitgenossen nicht bestanden hat und zudem den anderen Streitgenossen unter Berücksichtigung der mit der Prorogation verfolgten Zwecke zugemutet werden kann, sich ebenfalls vor diesem Gericht verklagen zu lassen (BGH NJW 2008, 3789 Rn. 11 m. w. N.; Beschl. v. 8. März 1957, I ARZ 12/57, BB 1957, 941; BayObLG, Beschl. v. 12. September 2022, 101 AR 67/22; Beschl. v. 28. Oktober 2020, 1 AR 78/20; Beschl. v. 5. März 2020, 1 AR 2/20; Beschl. v. 12. Februar 2020, 1 AR 94/19, NJW-RR 2020, 763 Rn. 47; Beschl. v. 12. Juni 2019, 1 AR 62/19; Beschl. v. 15. März 1999, 1Z AR 15/99, NJW-RR 2000, 1592; NJW-RR 2000, 660; OLG Hamm, Beschl. v. 15. April 2020, 32 Sa 21/20; Schultzky in Zöller, ZPO, § 36 Rn. 24 m. w. N.). Letzteres ist vorliegend nicht der Fall.

(a) Die Bestimmung des einseitig vereinbarten Gerichtsstands des Gläubigers der Hauptschuld für den durch die Prorogation nicht gebundenen Bürgen ist in der Regel als unzumutbar anzusehen (BayObLG, Beschl. v. 5. März 2020, 1 AR 2/20; NJW-RR 2000, 660). Der Vertragspartner, der nur mit einem von mehreren Streitgenossen eine Gerichtsstandsvereinbarung mit ausschließlichem Charakter trifft, hat in der Regel die Folgen seiner Entscheidung zu tragen (vgl. BayObLG, Beschl. v. 5. März 2020, 1 AR 2/20).

(b) Besondere Sachgründe, die eine Ausnahme dahingehend rechtfertigen, dass der Antragsgegnerin zu 2) unter Berücksichtigung der mit der Prorogation verfolgten Zwecke zugemutet werden kann, sich ebenfalls vor diesem Gericht verklagen zu lassen, sind nicht gegeben.

Eine Ausnahme ist vom Bundesgerichtshof in einem Fall angenommen worden, in dem der als Streitgenosse in Anspruch genommene Partner der Gerichtsstandsvereinbarung keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hatte (vgl. BGH NJW 1988, 646). Dies ist hier nicht der Fall.

 

Zumutbarkeit ist weiter in Fällen bejaht worden, in denen eine über die Bürgschaft hinausgehende enge Verbundenheit zwischen dem durch die Prorogation gebundenen Hauptschuldner und dem nicht gebundenen Bürgen dergestalt bestanden hatte, dass der Bürge zugleich als gesetzlicher Vertreter der Hauptschuldnerin den die Gerichtsstandklausel enthaltenden Vertrag für diese unterzeichnet hatte und die Hauptschuldnerin ohnehin im Prozess vertrat (vgl. BayObLG, Beschl. v. 25. Juli 2022, 101 AR 36/22; Beschl. v. 12. Juni 2019, 1 AR 62/19; OLG München, Beschl. v. 26. September 2017, 34 AR 140/17; allgemein: BGH, NJW 2008, 3789 Rn. 11; zur Zumutbarkeit des im Verhältnis zur Gesellschaft prorogierten Gerichts für das als Streitgenossen unter dem Gesichtspunkt des Delikts mitverklagten Vorstandsmitglied: BGH, NJW 1988, 646). Eine solche Konstellation liegt nicht vor.

Zumutbarkeit ist außerdem angenommen worden in einem Fall, in dem der Standort des zum Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens gemachten Bauwerks mit einem der in Anspruch genommenen Streitgenossen als ausschließlicher Gerichtsstand vereinbart war und die Bestimmung des Gerichts an diesem Ort – ohne Prorogation – zweckmäßig wäre, weil sie zur Erleichterung der Beweisaufnahme führte (vgl. BayObLG, Beschl. v. 5. August 2022, 101 AR 54/22). Ein vergleichbarer Sachverhalt ist hier nicht gegeben. Das Bauwerk befindet sich nicht an dem mit der Antragsgegnerin zu 1) vereinbarten Gerichtsstand in Frankfurt am Main, sondern im Landgerichtsbezirk Stuttgart.

Der Zweck der Prorogation bestand aus Sicht der Generalunternehmerin darin, die Antragsgegnerin zu 1) und die weiteren Subunternehmer, mit denen eine auf Frankfurt am Main lautende Gerichtsstandsvereinbarung geschlossen worden ist, an diesem Gericht, gegebenenfalls als Streitgenossen, in Anspruch nehmen zu können. Die Vereinbarung eines ausschließlichen Gerichtsstands nimmt der an sie gebundenen Partei das Recht, die Gegenpartei mit Hilfe einer Bestimmung des zuständigen Gerichts an ein anderes Gericht zu ziehen (vgl. BGH, Beschl. v. 19. März 1987, I ARZ 903/86, NJW 1988, 646). Wie bereits ausgeführt, ist die Vereinbarung des ausschließlichen Gerichtsstands – zumindest im vorliegend gegebenen rein inländischen Kontext – auch bei der Durchsetzung der davon erfassten Ansprüche durch die Antragstellerin als Rechtsnachfolgerin zu beachten (zu Art. 25 Abs. 1 Brüssel-Ia-VO vgl. EuGH, Beschl. v. 18. November 2020, C519/19, IPRax 2022, 280 Rn. 47; Grüneberg in Grüneberg, BGB, § 307 Rn. 93). Denn ein Zessionar kann einen Anspruch nur mit dem Inhalt erlangen, den dieser in der Hand des Zedenten hat. Zu den Modalitäten, die den Inhalt des Anspruchs ausmachen, gehört auch, dass er nur vor einem bestimmten Gericht oder auch nur vor einem anderen Gericht als den gesetzlich vorgesehenen erhoben werden kann (vgl. BayObLG, Beschl. v. 28. Oktober 2020, 1 AR 78/20). Die Antragstellerin als Zessionarin muss sich danach an dem Zweck der Prorogation festhalten lassen. Der Bürgin darf der für die Hauptschuld prorogierte Gerichtsstand nicht aufgedrängt werden. Dass die Antragstellerin in der Antragsschrift angeregt hat, vorrangig das Landgericht Frankfurt am Main (und gegebenenfalls das Landgericht Stuttgart) auszuwählen, und die Antragsgegnerin zu 2) im Zuständigkeitsbestimmungsverfahren nicht erklärt hat, mit der Auswahl dieses Gerichts nicht einverstanden zu sein, rechtfertigt die Bestimmung des Landgerichts Frankfurt am Main (oder auch des Landgerichts Stuttgart) nicht.

bb) Der Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgericht im vorangegangenen Verfahren (Az. 102 AR 152/22) führt zu keiner anderen Bewertung. In den Gründen der Entscheidung vom 6. April 2023 ist zwar ausgeführt, dass Streitgenossenschaft zwischen den hiesigen Antragsgegnerinnen (dortige Antragsgegnerinnen zu 2] und 17]) zu bejahen sein dürfte, ihnen ist darüber hinaus jedoch keine Aussage zu den sonstigen Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung zu entnehmen. Wie bereits ausgeführt, ist in der genannten Entscheidung Streitgenossenschaft im Hinblick auf das zu diesem Zeitpunkt gegen zahlreiche Antragsgegner gerichtete selbständige Beweisverfahren verneint und eine Gerichtsstandsbestimmung für einzelne Streitgenossen unter anderem deswegen abgelehnt worden, weil nicht ausreichend dargestellt worden sei, hinsichtlich welcher Antragsgegner insbesondere unter Berücksichtigung der Gerichtsstandsvereinbarungen eine gemeinsame Inanspruchnahme in Betracht komme (BayObLG a. a. O.).

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (vgl. BayObLG, Beschl. v. 12. Juni 2019, 1 AR 12/18, NJW-RR 2019, 957 Rn. 5).

 


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