Amtsgericht Wiesbaden
Az.: 92 C 546/02-34
Urteil vom 26.11.2002
Im Rechtsstreit hat das Amtsgericht Wiesbaden auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26.11.2002 für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger als Gesamtschuldner zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweils vollstreckende Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Im November 1982 haben die Beklagten einen Mietvertrag über die Wohnung W…-K…-Straße 6, Erdgeschoss, in Wiesbaden mit Frau U… W… geschlossen. Frau U… W… verstarb vor Klageerhebung und wurde von ihrem Ehemann, Herrn H… W… beerbt. Herr H… W… verstarb im Verlaufe des Verfahrens und wurde von den jetzigen Klägern beerbt, die mit Schriftsatz vom 29. April 2002 den Rechtsstreit aufnahmen.
Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Mietvertragsurkunde vom 07. November 1982 wird auf die bei den Akten befindliche Kopie (Blatt 6 bis 13 der Akte) Bezug genommen.
Die Beklagte zu 2) betreut in der Wohnung Kinder als Tagesmutter. Diese Tätigkeit übt sie bereits seit 14 Jahren aus. Es handelt sich um Tagespflegen, d.h., dass Kinder im Laufe des Vormittags gebracht und nachmittags von ihren Eltern wieder abgeholt werden. Dies geschieht nur an Werktagen.
Viele Kinder werden von ihren Eltern mit dem Pkw gebracht.
Mit Schreiben vom 18. Juli 2001 hat der damalige Kläger H… W… die entsprechende Nutzung ausdrücklich untersagt.
Mit Schreiben vom 25. Juli 2001 wurde durch den Mieterschutzverein für die Beklagten darauf hingewiesen, dass Frau U… W… mit der Nutzung der Wohnung als Tagesmutter einverstanden gewesen sei. Die Beklagten beziehen sich insofern auf eine Vereinbarung vom 05. Juli 1989. Hinsichtlich des genauen Inhaltes dieser Vereinbarung wird auf die bei den Akten befindliche Kopie (Blatt 62 der Akte) Bezug genommen.
Im Oktober 1992 wurde die streitgegenständliche Wohnung von Frau U… W… mit einer Gas-Etagenheizung ausgestattet. Dabei wurden die vorhandenen Gasöfen ersetzt.
Mit Schreiben vom 31. Juli 2001 wurden die Beklagten nochmals aufgefordert, die Tätigkeit als Tagesmutter unverzüglich zu unterlassen.
Mit dem Schreiben vom 31. Juli 2001 wurden die Beklagten aufgefordert, den Nachweis der Reinigung dieser Therme zu erbringen.
Der damalige Kläger H… W… hat das Mietverhältnis zwischen den Parteien mit anwaltlichem Schreiben vom 30. August 2001 gekündigt. Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Kündigungserklärung wird auf die bei den Akten befindliche Kopie (Blatt 28/29 der Akte) Bezug genommen. Das Schreiben ging den Beklagten am 31.08.2001 zu.
Die Kläger behaupten, dass durch die Beklagte zu 2) als Tagesmutter anfangs zunächst nur ein bis zwei Kinder betreut wurden, nunmehr jedoch bis zu acht Kinder betreut würden. Beim Abholen und Bringen der Kinder würden die Eltern in der Einfahrt zum Hof des Grundstücks parken und so erhebliche Behinderungen auch des Gewerbebetriebs des Klägers zu 1) verursachen. Die Parkvorgänge dauerten bis zu 15 Minuten. Das Treppenhaus sei mit Kinderwagen zugestellt. Hinsichtlich der Gastherme behaupten die Kläger, dass mit den Beklagten vereinbart worden sei, dass die Beklagten die Anlage auf ihre Kosten reinigen lassen und die Belege der Vermieterin vorlegt. Hier bezieht sie sich auf ein Schreiben vom 02. November 1992. Hinsichtlich des genauen Inhaltes dieses Schreibens wird auf die bei den Akten befindliche Kopie (Blatt 39 der Akte) Bezug genommen.
Die Kläger beantragen, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, die Wohnung in der W…-K…-Straße 6, Erdgeschoss, bestehend aus 3 Zimmer, 1 Bad, 1 Küche und ein Kellerabteil (1. Abteil rechts) zu räumen und an die Kläger herauszugeben.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Sie behaupten, die Anzahl der betreuten Kinder sei über die Jahre hin gleich geblieben.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß den Beweisbeschlüssen vom 06. August und 29. Oktober 2002. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahmen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11. Oktober 2002 (Blatt 101 ff. der Akten) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2002 sowie auf das Schreiben der Zeugin K… W… vom 19. November 2002 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der geltend gemachte Räumungsanspruch steht den Klägern nicht zu, da das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis mangels wirksamer Kündigungserklärung nicht beendet wurde.
I.
Zwischen den Parteien besteht ein Mietverhältnis gemäß Mietvertrag vom 07. November 1982. In das zunächst zwischen den Beklagten und Frau U… W… bestehende Mietverhältnis trat zunächst der vorherige Kläger, Herr H… W…, und sodann die nunmehrigen Kläger, jeweils im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach dem Tod der vormals Berechtigten ein.
Dieser Mietvertrag wurde auch durch die fristlose Kündigung des Klägervertreters vom 30. August 2001 nicht beendet. Das Kündigungsschreiben ging unbestritten den Beklagten zu am 31. August 2001. Insofern gilt das Mietrecht in der Fassung bis zum 31. August 2001.
Das von den Klägern in Anspruch genommene Recht zur fristlosen Kündigung steht ihnen nicht zu.
1.
Sofern die Kläger insofern geltend machen, die Beklagten seien ihrer Pflicht zur Wartung der Gastherme nicht nachgekommen, kann das Gericht dem nicht folgen, da eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten als Mieter zur Wartung der Gastherme nicht nachgewiesen ist.
Die Kläger konnten die von ihnen in Anspruch genommene Vereinbarung zwischen den Parteien nicht beweisen. Sie haben sich insofern lediglich auf das in Kopie zur Akte gereichte Schreiben der Frau U… W… vom 02. November 1992 bezogen. Hierin teilte Frau U… W… den Beklagten mit, dass sie eine Gas-Etagenheizung habe einbauen lassen. Sie teilte außerdem mit, dass mit den Beklagten vereinbart worden sei, dass diese die Heizungsanlage jährlich zu reinigen lassen haben.
Dieses Schreiben wurde von den Beklagten lediglich mit der Anmerkung „zur Kenntnis genommen“ unterschrieben.
Der Wortlaut des vorgelegten Schreibens lässt den unbedingten Schluss auf eine zwischen den Parteien zustande gekommene Vereinbarung nicht zu. Die Beklagten haben das Schreiben der verstorbenen Frau U… W… nicht etwa nur Kommentarlos oder mit dem Vermerk „einverstanden“ unterschrieben. Sie haben vielmehr ausdrücklich den Vermerk „zur Kenntnis genommen“ angebracht. Diese Formulierung lässt eine Zustimmung zu dem vorenthaltenen Text des Schreibens gerade nicht erkennen. Er beschreibt lediglich eine Kenntnisnahme durch den Empfänger, die Beklagten. Zwar besteht durchaus die Möglichkeit, dass die Beklagten hierin ihre Zustimmung Kund tun wollten. Immerhin wurde auch von ihnen nicht vorgetragen, dass sie sich gegen den Inhalt des Schreibens gewehrt hätten. Die bloße Kenntnisnahme dieses Schriftstückes ist jedoch aufgrund der Formulierung nicht geeignet, das Gericht mit der erforderlichen Sicherheit von der Vornahme einer solchen Vereinbarung zu überzeugen. Es ist genauso gut vorstellbar, dass die Beklagten durch die Verwendung der Worte „zur Kenntnis genommen“ ihre Vorbehalte gegen den Inhalt des Schreibens ausdrücken wollten. Diese Nichtbeweisbarkeit geht zu Lasten der Kläger.
2.
Auch die Nutzung der Wohnung durch die Beklagte zu 2) als Tagesmutter ist nicht dazu geeignet, einen Grund zur fristlosen Kündigung darzustellen.
Zwar ist den Klägern insofern zuzustimmen, dass die ungefragte Nutzung einer Wohnung zu gewerblichen Zwecken – und hierzu zählt auch die Tätigkeit als Tagesmutter – eine Zweckentfremdung darstellt, die grundsätzlich zur fristlosen Kündigung rechtfertigt.
Hier besteht jedoch die Besonderheit, dass die ursprüngliche Vermieterin Frau W… mit der Tagesmuttertätigkeit der Beklagten zu 2) im Sommer 1989 einverstanden war. Dies ergibt sich aus der Vereinbarung zwischen den Beklagten und Frau U… W… vom 05. Juli 1989. Ausweislich des Inhaltes dieser Vereinbarung waren sich die Beklagten und Frau W… darin einig, dass „wegen des erhöhten Wasserverbrauches durch die in Pflege genommenen Kinder“ von der Nebenkostenabrechnung sechs statt vier Personen in Ansatz gebracht und die monatlichen Abschlagszahlungen erhöht werden.
Indem Frau U… W… im Jahr 1989 eine solche Vereinbarung mit den Beklagten schloss, tat sie hiermit Kund, dass sie nicht nur von der Tätigkeit der Beklagten als Tagesmutter Kenntnis hatte, sonders dass sie auch keine Einwendungen insofern erhob. Anderenfalls hätte es nahe gelegen, nicht etwa die Tätigkeit der Beklagten zu 2) als Tagesmutter hinzunehmen und insofern den Mietvertrag den geänderten Verhältnissen anzupassen, sondern vielmehr die Beklagte zu 2) auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen. Durch die Vereinbarung vom 05. Juli 1989 wurde der Mietvertrag daher übereinstimmend – zumindest schlüssig – geändert, dahingehend, dass eine Tätigkeit der Beklagten zu 2) als Tagesmutter in den Wohnräumen gestattet sein soll.
Wenn sich die Kläger demgegenüber auf ein Schreiben der Frau U… W… vom 19. Mai 1992 berufen, in dem diese die anderweitige Nutzung als „nicht vorgesehen“ bezeichnete, so ist hier festzustellen, dass der 1989 übereinstimmend geänderte Mietvertrag nicht durch einseitige Erklärung von Frau U… W… wieder geändert werden konnte. Hierzu hätte es einer Vereinbarung zwischen beiden Parteien bedurft.
Sofern die Kläger geltend machen, die Verhältnisse hätten sich seit dem Beginn der Tagesmuttertätigkeit der Beklagten zu 2) und dem heutigen Tage verändert, kann dem nicht gefolgt werden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht es zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass sich die Anzahl der durch die Beklagte zu 2) betreuten Kinder im relevanten Zeitraum zwischen der Änderung des Mietvertrages 1989 und dem heutigen Tage nicht wesentlich geändert hat.
Zwar sagte die Zeugin G…-W… in ihrer Vernehmung vom 11. Oktober 2002 aus, dass bei ihrem Einzug in das Vorderhaus 1990 die Beklagte zu 2) zunächst nur drei Kinder bei sich gehabt habe. Dies habe sich etwa 1995/96 verändert. Dann habe diese bis zu acht Kinder gehabt.
Diese Aussage wird jedoch bereits durch die Zeugen G… und N… C… widerlegt, die beide ausgesagt haben, dass bereits von Anfang an sieben bis neun Kinder bei der Beklagten zu 2) in Pflege gewesen seien. Dies wird auch von der Zeugin H… bestätigt, deren Aussage jedoch ansonsten wenig ergiebig ist, da sie die Beklagte zu 2) „nur“ mit Kindern in der Stadt, nicht jedoch in der Wohnung sah.
Die Zeugen St… und Sch…. sind demgegenüber unergiebig, da sie die Beklagte nur jeweils punktuell an wenigen Tagen im Jahre 2001 und 2002 gesehen haben. Ähnliches gilt für die Zeugin H…, die die Beklagte zu 2) im Zeitraum 1990 – 1994/95 nur zwei oder drei Monate mit Kindern sah.
Auch die Zeugen H… und B… berichten von einer Vielzahl von Kindern.
Am überzeugendsten war jedoch nach Auffassung des Gerichtes die Aussage der Zeugin Dr. O…. Diese konnte detailliert und unter Bezugnahme auf ein Fotoalbum aus dem Jahre 1989 und 1990 darlegen, dass zu dem Zeitpunkt als ihre eigene Tochter Tatjana bei der Beklagten war, sich dort acht oder neun Kinder einschließlich der eigenen Kinder der Beklagten befanden. Die Zeugin Dr. O… konnte hier Fotos von einer Nikolausfeier 1989 und 1990 zeigen. 1989 waren hierauf neun Kinder, 1990 acht Kinder zu sehen. Außerdem waren in diesem Fotoalbum Namen der jeweiligen Kinder benannt, die sich im wesentlichen mit den von der Zeugin G… B… genannten Namen übereinstimmen.
Demgegenüber sind bereits nach dem Klägervortrag derzeit ebenfalls bis zu acht Kinder bei der Beklagten zu 2) in Pflege. Dies ergibt jedoch, dass sich die Verhältnisse vom Zeitpunkt der Änderung des Mietvertrages 1989 bis heute nicht im Wesentlichen geändert haben. Dafür spricht auch die Aussage der Zeugin K…, die 1997/98 die Beklagte mehrfach mit Kindern sah. Folglich muss das Gericht davon ausgehen, dass der derzeitige Gebrauch den Verhältnissen des geänderten Mietvertrages entspricht.
Zu einer anderen Bewertung führen auch nicht die von den Klägern vorgetragenen Parkvorgänge in der Einfahrt des Anwesens. Sofern diese nur kurze Zeit in Anspruch nehmen (bis zu fünf Minuten) sind sie angesichts der von Frau U… W… gebilligten Nutzung der Wohnung durch die Beklagte als Tagesmutter hinzunehmen. Sofern einzelne Haltevorgänge darüber hinausgehen, fallen diese hinsichtlich ihrer Anzahl nicht derart bedeutend ins Gewicht, dass sie eine fristlose Kündigung rechtfertigen würden. Abgesehen davon, dass der Kläger die Art der Beeinträchtigung seines Gewerbebetriebes durch die Parkvorgänge der Eltern der Tageskinder nicht substantiiert hat, konnten auch die Zeugen wie z.B. der Zeuge St…, die Zeugin G…-W…, der Zeuge Sch… und die Zeugin H… nur jeweils zwei Vorfälle erwähnen, in denen es zu längerzeitigen Verzögerungen bis zu 15 oder 20 Minuten kam. Dies ist im Anbetracht der bereits 14 Jahre dauernden Tagesmuttertätigkeit der Beklagten zu 2) keine außergewöhnliche Beeinträchtigung. Letztendlich haben sich auch diese einzelnen Parkvorgänge, die über das zumutbare Fünf-Minuten-Maß hinausgehen, deutlich in Grenzen gehalten. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die vorgenannten Zeugen jeweils unterschiedliche Vorkommnisse beobachtet haben, so handelt es sich um maximal bis zu acht Behinderungen von bis zu 20 Minuten in 14 Jahren. Dies rechtfertigt keine fristlose Kündigung.
Entsprechendes gilt für das angebliche Zuparken des Treppenhauses durch Kinderwagen. Das Gericht konnte sich im Rahmen des Ortstermines davon einen Eindruck verschaffen, wie geräumig das Treppenhaus ist. Außerdem wurde damals übereinstimmend berichtet, dass unterhalb der Beklagtenwohnung keinerlei weiterer Wohnraum mehr liegt. Der Fluchtweg von der Treppe hinunter aus der Haustür hinaus ist jedoch auch durch das vorgetragene Abstellen der Kinderwagen nicht beeinträchtigt. Ebenso wenig der Fluchtweg von der Wohnung der Beklagten nach draußen. Allenfalls eine im Keller befindliche Person müsste an den Kinderwagen vorbei. Hier erscheint aber auch bei zwei nebeneinander parkenden Kinderwagen ein ausreichend großer Platz vorhanden, dass auch eine solche Einzelperson gefahrlos ins Freie gelangen kann.
II.
Auch die mit der Kündigung vom 30. August 2001 hilfsweise ausgesprochene fristgerechte Kündigung konnte das Mietverhältnis zwischen den Parteien nicht wirksam beenden.
Das Mietverhältnis begann am 15. November 1982 und wurde durch die fehlenden Kündigungen jeweils um 12 Monate verlängert. Wäre die Kündigung vom 30. August 2001 unwidersprochen geblieben, wäre eine Kündigungsfrist gemäß § 2 Nr. 4 des Mietvertrages von 12 Kalendermonaten, zu berücksichtigen gewesen. Durch die Kündigung vom 30. August 2001 hätte das Mietverhältnis folglich frühestens zum 14. November 2002 beendet werden können.
Die Berechtigung der ordentlichen Kündigung scheitert jedoch bereits daran, dass der Vermieter kein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses im Sinne von § 564 b Abs. 1 BGB in der bis zum 31. August 2001 geltenden Fassung hat.
Als berechtigte Interessen kommen hier allenfalls eine nicht unerhebliche schuldhafte Vertragsverletzung durch die Mieter gemäß § 564 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB a.F. oder ein sonstiges berechtigtes Interesse im Sinne von § 564 b Abs. 1 BGB a.F. in Betracht.
Eine nicht unerhebliche schuldhafte Vertragsverletzung der Mieter im Sinne von § 564 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB a.F. liegt nicht vor. Wie bereits unter I. dargestellt, muss das Gericht davon ausgehen, dass durch die Vereinbarung zwischen den Beklagten und Frau U… W… im Jahr 1989 der Mietvertrag dahingehend geändert wurde, dass der Beklagten auch eine Nutzung der Wohnung für ihre Tätigkeit als Tagesmutter erlaubt sein sollte. Auch das Maß der Nutzung durch die Beklagte zu 2), also die Zahl der betreuten Kinder, hat sich über die Jahre nicht verändert. Jedenfalls ist der Vergleich zwischen dem Beginn der Tagesmuttertätigkeit 1989/90 und der jetzt von den Klägern behaupteten Zahl von acht betreuten Kindern ergibt vergleichbare Verhältnisse. Die Nutzung der Wohnung für die Tätigkeit als Tagesmutter ist daher als solche nicht als erhebliche Vertragsverletzung im Sinne von § 564 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB a.F. anzusehen.
Sofern die Eltern der Tageskinder beim Bringen und Holen der Kinder in der Einfahrt zum Hof kurzzeitig parken, ist dies angesichts der gebilligten Nutzung der Wohnung für die Tagesmuttertätigkeit grundsätzlich hinzunehmen. Lediglich bei einem längerfristigen Verbleib der Eltern in der Beklagtenwohnung, und damit einem längerfristigen Blockieren der Einfahrt durch das Fahrzeug der bringenden Eltern könnte eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegen. Diese wäre von der Beklagten jedoch nur dann verschuldet, wenn diese sich bei einer entsprechenden Anzeige der Vermieter nicht darum gekümmert hätte, dass die Einfahrt schnellstmöglich wieder geräumt wird. Auch die Zeugin G…-W… gab an, dass im Regelfall das Ein- und Ausladen der Kinder um die fünf Minuten dauerte. Sie konnte sich nur an drei Vorfälle erinnern, an denen sie selbst zu Terminen musste und wegen in der Einfahrt geparkter Autos nicht rausfahren konnte. Letztendlich konnte das Gericht hier nicht mit der hierfür erforderlichen Sicherheit zuordnen, dass in solchen Fällen auch von der Beklagten verlangt worden war, die Einfahrt schnellstmöglich räumen zu lassen und den Ausfahrenden die freie Fahrt zu ermöglichen. Punktuelle Behinderungen, die über die üblichen fünf Minuten zum Bringen und Holen der Kinder hinausgehen, sind wohl auch hinzunehmen, sofern sie nur gelegentlich vorkommen und nicht zur Regel werden.
Das „Zustellen“ des Treppenhauses mit Kinderwagen konnte das Gericht nicht berücksichtigen, da dies als Kündigungsgrund nicht im Kündigungsschreiben vom 30. August 2001 angegeben war, § 564 b Abs. 3 BGB a.F. Im Übrigen hätte auch bei Berücksichtigung dieses Umstandes die Beurteilung nicht anders ausfallen können, da hier keine erhebliche Vertragsverletzung seitens der Beklagten vorliegt, insofern kann auch das unter I. Gesagte verwiesen werden.
Auch ein „sonstiges berechtigtes Interesse“ der Vermieter an der Beendigung des Mietverhältnisses im Sinne von § 564 b Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. liegt nicht vor.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein auf andere Umstände gegründetes Interesse des Vermieters an der ordentlichen Kündigung gemäß § 564 b Abs. 1 BGB a.F. nur dann zur Kündigung berechtigt, wenn dieses Interesse ebenso schwer liegt, wie das in den Fällen des § 564 b Abs. 2 Nr. 1 bis 3 BGB.
Hierbei sind die Nichtvornahme der Wartung der Gastherme ebenso wenig wie die Tätigkeit der Beklagten zu 2) als Tagesmutter zu berücksichtigen, da dies Fälle sind, die allenfalls bei einer verschuldeten Vertragsverletzung ein berechtigtes Interesse des Vermieters im Sinne des § 564 b Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. darstellen würden. Auch von den übrigen, von der Rechtsprechung gebildeten Fallgruppen zum berechtigten Interesse im Sinne von § 564 b Abs. 1 BGB a.F. trifft keine zu. Weiter Gründe wurden im Kündigungsschreiben auch nicht angegeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 7, 711 ZPO.