Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Der Kern des Rechtsstreits: Anwaltsgebühren nach Vergleich
- Hintergrund des Falls: Mängel am Parkettboden
- Die Rolle der Streithelfer im Bauprozess
- Die Einigung: Ein Vergleich mit interner Regelung
- Der Streit um den Vergleichsmehrwert: Höhere Anwaltsgebühren gefordert
- Die Entscheidung des Landgerichts Kiel: Kein Mehrwert anerkannt
- Die erste Beschwerde und Zurückverweisung
- Erneute Entscheidung des Landgerichts: Ablehnung bleibt bestehen
- Die Entscheidung des OLG Schleswig: Der Mehrwert wird anerkannt
- Bedeutung der Entscheidung für Betroffene
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Hinweise und Tipps
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet „Vergleichsmehrwert“ im Zusammenhang mit Anwaltsgebühren bei einem Vergleich?
- Wie wirkt sich eine interne Einigung zwischen Streithelfern auf die Höhe der Anwaltsgebühren aus?
- Welche Faktoren bestimmen, ob ein Vergleichsmehrwert bei der Berechnung der Anwaltsgebühren berücksichtigt wird?
- Können Anwaltsgebühren auch dann steigen, wenn der ursprüngliche Streitwert gleich bleibt?
- Was kann ich tun, wenn ich die Anwaltsrechnung aufgrund eines vermeintlichen Vergleichsmehrwerts für zu hoch halte?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 1 W 16/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
- Datum: 13.03.2025
- Aktenzeichen: 1 W 16/24
- Verfahrensart: Beschwerdeverfahren zur Festsetzung des Werts der anwaltlichen Tätigkeit nach § 33 RVG
- Rechtsbereiche: Kostenrecht (RVG), Zivilprozessrecht
Beteiligte Parteien:
- Der Prozessbevollmächtigte (Rechtsanwalt) der Generalunternehmerin (als Beschwerdeführer): Legte Beschwerde gegen die Wertfestsetzung seiner Tätigkeit durch das Landgericht ein, mit dem Ziel einer höheren Festsetzung.
- Die Generalunternehmerin (als Nebenintervenientin im ursprünglichen Rechtsstreit): Baute die Wohnung für den Bauträger und trat dem Rechtsstreit auf dessen Seite bei. Ihr Anwalt ist der Beschwerdeführer.
- Die Subunternehmerin, die den Parkettboden verlegte (als Nebenintervenientin im ursprünglichen Rechtsstreit): Wurde von der Generalunternehmerin beauftragt und trat dem Rechtsstreit ebenfalls auf Seiten des Bauträgers bei.
- Die Erwerber der Eigentumswohnung (als Kläger im ursprünglichen Rechtsstreit): Machten Mängelansprüche wegen des Parkettbodens gegen den Bauträger geltend.
- Der Bauträger (als Beklagter im ursprünglichen Rechtsstreit): Wurde von den Erwerbern wegen Mängeln am Parkettboden verklagt.
Um was ging es?
- Sachverhalt: In einem Rechtsstreit zwischen den Käufern einer Eigentumswohnung und einem Bauträger ging es um Mängel an einem Parkettboden. Die Generalunternehmerin (die die Wohnung für den Bauträger errichtete) und deren Subunternehmerin (die den Boden verlegte) traten dem Streit auf Seiten des Bauträgers bei. Der ursprüngliche Streitwert betrug 22.000 Euro und wurde durch einen Vergleich über 16.400 Euro beigelegt. Der Anwalt der Generalunternehmerin legte Beschwerde gegen die vom Landgericht festgesetzte Höhe des Werts seiner anwaltlichen Tätigkeit ein.
- Kern des Rechtsstreits: Die korrekte Höhe des Werts der anwaltlichen Tätigkeit des Anwalts der Generalunternehmerin gemäß § 33 RVG im Rahmen des ursprünglichen Rechtsstreits.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Oberlandesgericht änderte den Beschluss des Landgerichts Kiel und setzte den Wert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Generalunternehmerin auf 33.625,00 Euro fest.
- Folgen: Der Wert, nach dem sich die Gebühren des Anwalts der Generalunternehmerin berechnen, wird auf 33.625,00 Euro erhöht. Das Beschwerdeverfahren selbst ist gerichtsgebührenfrei; die beteiligten Parteien des Beschwerdeverfahrens erhalten keine Kostenerstattung.
Der Fall vor Gericht
Der Kern des Rechtsstreits: Anwaltsgebühren nach Vergleich

Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hatte über die korrekte Berechnung von Anwaltsgebühren nach einem Vergleich zu entscheiden. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob eine interne Einigung zwischen zwei Streithelfern den Wert des Rechtsstreits und damit die Anwaltskosten erhöht. Konkret ging es um einen sogenannten Vergleichsmehrwert.
Hintergrund des Falls: Mängel am Parkettboden
Der Ursprung des Falls liegt in einem Bauprozess. Käufer einer Eigentumswohnung verklagten den Bauträger wegen Mängeln am Parkettboden. Sie forderten rund 22.000 Euro, unter anderem als Kostenvorschuss für die Reparatur und wegen des Minderwerts der Wohnung. Dieser Betrag bildete den ursprünglichen Streitwert des Verfahrens.
Die Rolle der Streithelfer im Bauprozess
In diesem Rechtsstreit traten zwei Unternehmen auf Seiten des beklagten Bauträgers bei. Die erste Streithelferin (Nebenintervenientin zu 1) war als Generalunternehmerin für den Bau der Wohnung verantwortlich. Sie hatte den Auftrag zur Verlegung des Parketts an die zweite Streithelferin (Nebenintervenientin zu 2) als Subunternehmerin vergeben. Beide hatten ein Interesse am Ausgang des Prozesses, da sie potenziell für die Mängel haftbar waren.
Die Einigung: Ein Vergleich mit interner Regelung
Die Parteien des Hauptverfahrens – also die Wohnungskäufer und der Bauträger – einigten sich schließlich auf einen Vergleich. Nach einer Mediation wurde vereinbart, dass der Bauträger 16.400 Euro an die Kläger zahlt. Damit sollten alle Ansprüche wegen der Parkettmängel abgegolten sein.
Die interne Kostenverteilung der Streithelfer
Besonders relevant für das spätere Gebührenverfahren war eine zusätzliche Klausel im Vergleich. Diese regelte das Innenverhältnis zwischen den beiden Streithelfern. Die Generalunternehmerin (Streithelferin 1) verpflichtete sich gegenüber dem Bauträger, die volle Vergleichssumme von 16.400 Euro zu übernehmen. Gleichzeitig einigten sich die Generalunternehmerin und die Subunternehmerin (Streithelferin 2) darauf, dass die Subunternehmerin intern einen Betrag von 11.625 Euro davon tragen sollte.
Der Streit um den Vergleichsmehrwert: Höhere Anwaltsgebühren gefordert
Der Anwalt der Generalunternehmerin (Streithelferin 1) beantragte daraufhin beim Landgericht Kiel, den Wert für seine Tätigkeit höher festzusetzen. Er argumentierte, dass durch die interne Einigung über die 11.625 Euro ein zusätzlicher Streitpunkt beigelegt wurde. Dieser sogenannte Mehrwert des Vergleichs müsse bei der Berechnung seiner Gebühren berücksichtigt werden.
Argumentation des Anwalts: Regelung des Innenausgleichs
Zur Begründung führte der Anwalt an, die beiden Streithelferinnen hätten mit ihrer Vereinbarung einen potenziellen Streit über den gesamtschuldnerischen Innenausgleich beigelegt. Einfach gesagt: Sie regelten, wer von ihnen intern für welchen Anteil des Schadens aufkommen muss. Dies sei ein eigener rechtlicher und wirtschaftlicher Gegenstand gewesen, der über den ursprünglichen Streitwert hinausging, zumal die Subunternehmerin sich zuvor auf Gegenansprüche berufen hatte.
Die Entscheidung des Landgerichts Kiel: Kein Mehrwert anerkannt
Das Landgericht Kiel lehnte den Antrag des Anwalts zunächst ab. Es setzte den Wert für den Vergleich auf die ursprünglichen 22.000 Euro fest. Die Begründung: Die interne Vereinbarung der Streithelfer regle lediglich die Verteilung der Vergleichssumme aus dem Hauptverfahren. Sie stelle keinen eigenständigen, zusätzlichen Regelungsgegenstand dar, der einen Mehrwert begründen könnte.
Die erste Beschwerde und Zurückverweisung
Gegen diesen Beschluss legte der Anwalt Beschwerde beim OLG Schleswig ein. Das OLG hob die Entscheidung des Landgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück nach Kiel. Die genauen Gründe dieser ersten OLG-Entscheidung werden im aktuellen Beschluss nicht detailliert wiedergegeben, deuten aber darauf hin, dass das OLG die Argumentation des Landgerichts für nicht tragfähig hielt.
Erneute Entscheidung des Landgerichts: Ablehnung bleibt bestehen
Trotz der Zurückverweisung blieb das Landgericht Kiel bei seiner Auffassung. Mit einem neuen Beschluss vom 10.12.2024 setzte es den Wert erneut auf 22.000 Euro fest. Es verwies dabei auf seine frühere Begründung und die Zuständigkeit nach § 33 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), der die Streitwertfestsetzung regelt.
Die Entscheidung des OLG Schleswig: Der Mehrwert wird anerkannt
Der Anwalt legte erneut Beschwerde beim OLG Schleswig ein – diesmal mit Erfolg. Das OLG änderte den Beschluss des Landgerichts ab. Es stellte fest, dass der Wert der anwaltlichen Tätigkeit für den Prozessbevollmächtigten der Generalunternehmerin (Streithelferin 1) auf 33.625 Euro festzusetzen ist.
Begründung des OLG Schleswig: Interne Einigung erhöht den Wert
Das OLG folgte damit der Argumentation des Anwalts. Die Richter sahen in der internen Einigung zwischen den beiden Streithelfern über die Kostentragung von 11.625 Euro einen zusätzlichen Regelungsgegenstand. Diese Einigung beendete einen potenziellen weiteren Rechtsstreit zwischen den beiden Unternehmen über die interne Haftungsverteilung (Innenausgleich).
Durch die Aufnahme dieser internen Regelung in den gerichtlichen Vergleich wurde mehr geregelt als nur der ursprüngliche Streit zwischen Klägern und Beklagtem. Der Wert dieses zusätzlich geregelten Anspruchs (11.625 Euro) muss daher zum ursprünglichen Streitwert (22.000 Euro) addiert werden. Dies ergibt den vom OLG festgesetzten Gesamtwert von 33.625 Euro für die Gebührenberechnung des Anwalts der Streithelferin 1.
Bedeutung der Entscheidung für Betroffene
Anwälte und Mandanten
Diese Entscheidung hat direkte Auswirkungen auf die Berechnung von Anwaltsgebühren in Fällen mit Streithelfern und komplexen Vergleichen. Schließen Streithelfer im Rahmen eines Vergleichs auch eigene interne Vereinbarungen zur Haftungsverteilung, kann dies den Gegenstandswert erhöhen. Anwälte können dann potenziell höhere Gebühren abrechnen, da ihre Tätigkeit einen größeren Umfang abdeckt. Für Mandanten (hier die Streithelfer) bedeutet dies, dass die Anwaltskosten steigen können, wenn interne Streitigkeiten im Vergleich mitgeregelt werden.
Gerichtliche Praxis
Das Urteil des OLG Schleswig schafft Klarheit darüber, wie ein Vergleichsmehrwert in Konstellationen mit Streithelfern zu bewerten ist. Es bestätigt, dass die Beilegung von Ansprüchen im Innenverhältnis zwischen Streitgenossen oder Streithelfern werterhöhend wirken kann, wenn diese über die reine Verteilung der Hauptforderung hinausgeht und einen eigenen Regelungscharakter hat. Dies ist insbesondere relevant, wenn ohne die Regelung ein separater Prozess über den Innenausgleich gedroht hätte. Gerichte müssen bei der Wertfestsetzung künftig genau prüfen, ob solche zusätzlichen Regelungen im Vergleich enthalten sind.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass bei einem Vergleich zwischen Hauptparteien und Nebenintervenienten der Gegenstandswert für Anwaltsgebühren erhöht werden kann, wenn zusätzliche, nicht im Hauptstreit enthaltene Ansprüche zwischen den Nebenintervenienten geregelt werden. Konkret wurde ein Mehrwert von 11.625 € anerkannt, der sich aus der im Vergleich festgelegten internen Kostenverteilung zwischen den bauausführenden Unternehmen ergab. Für Beteiligte an Baurechtsstreitigkeiten ist bedeutsam, dass Regelungen über die interne Haftungsverteilung zwischen Haupt- und Subunternehmern gebührenrechtlich als eigenständige Streitwerte angesehen werden können, was sich auf die Höhe der Anwaltskosten auswirkt.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Mandanten in Zivilprozessen zum Thema Anwaltskosten bei gerichtlichen Vergleichen
Ein gerichtlicher Vergleich beendet oft einen Rechtsstreit, kann aber unerwartete Kostenfolgen haben. Insbesondere die Anwaltsgebühren richten sich nach dem Wert, über den sich geeinigt wurde. Dieser Wert kann durch den Inhalt des Vergleichs beeinflusst werden, was zu höheren Anwaltsrechnungen führen kann als ursprünglich erwartet.
Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar und ersetzen nicht die individuelle juristische Beratung. Jeder Fall ist anders und kann besondere Umstände aufweisen, die einer speziellen Einschätzung bedürfen.
Tipp 1: Vergleichsinhalte genau verstehen und hinterfragen
Bevor Sie einem gerichtlichen Vergleich zustimmen, lassen Sie sich von Ihrem Anwalt den gesamten Inhalt genau erklären. Fragen Sie explizit nach, wie sich jede einzelne Regelung im Vergleich auf den sogenannten Gegenstandswert und damit auf die Höhe der Anwaltskosten auswirkt. Manchmal können auch scheinbar nebensächliche Punkte den Wert erhöhen.
⚠️ ACHTUNG: Versteckte oder unklare Regelungen im Vergleichstext können dazu führen, dass der für die Anwaltsgebühren maßgebliche Wert höher angesetzt wird, als es auf den ersten Blick erscheint.
Tipp 2: Kostenfolgen des Vergleichs vorab klären
Sprechen Sie Ihren Anwalt vor Abschluss des Vergleichs aktiv auf die endgültigen Kosten an. Bitten Sie um eine nachvollziehbare Erläuterung, wie sich die Anwaltsgebühren auf Basis des vorgeschlagenen Vergleichs berechnen. Klären Sie, ob der Vergleichswert vom ursprünglichen Streitwert abweicht und welche Konsequenzen das für Ihre Rechnung hat.
Tipp 3: Grundlage der Anwaltsgebühren kennen (RVG)
Die Gebühren Ihres Anwalts richten sich in Deutschland nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Grundlage ist meist der Gegenstandswert (Streitwert). Ein Vergleich kann diesen Wert neu definieren oder zusätzliche Regelungsgegenstände umfassen, was die Berechnungsgrundlage für die Gebühren verändert (oft erhöht).
Tipp 4: Eindeutigkeit bei allen Vergleichspunkten anstreben
Achten Sie darauf, dass alle Punkte, über die eine Einigung erzielt wird, klar und unmissverständlich im Vergleichstext formuliert sind. Vage Formulierungen oder mündliche Nebenabreden, die nicht im schriftlichen Vergleich enthalten sind, können später zu Streitigkeiten über den tatsächlichen Inhalt und Wert der Einigung – und damit über die Kosten – führen.
⚠️ ACHTUNG: Unklarheiten im Vergleichstext gehen oft zulasten der Mandanten, wenn es um die spätere Festsetzung der Anwaltskosten geht.
Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Der Teufel steckt oft im Detail: Auch wenn es primär um eine Hauptforderung geht (z.B. Schadensersatz für einen Parkettschaden), können im Vergleich geregelte Nebenaspekte (z.B. Verzicht auf weitere Ansprüche, Regelungen zu anderen Mängeln) den Gesamtwert der Einigung und somit die Anwaltskosten erhöhen. Seien Sie sich bewusst, dass der Vergleich oft mehr umfasst als nur die ursprüngliche Klageforderung.
✅ Checkliste: Gerichtlicher Vergleich und Kosten
- Habe ich den gesamten Vergleichstext verstanden?
- Hat mein Anwalt mir erklärt, wie sich jede Klausel auf den Gegenstandswert und die Kosten auswirkt?
- Kenne ich die voraussichtliche Höhe der Anwaltskosten auf Basis dieses konkreten Vergleichs?
- Sind alle Vereinbarungen klar und schriftlich im Vergleich festgehalten?
Benötigen Sie Hilfe?
Droht Ihnen ein Streit um Anwaltsgebühren nach einem Vergleich?
Die Komplexität von Vergleichsverhandlungen, insbesondere mit mehreren Beteiligten wie Streithelfern, kann zu unerwarteten Fragen bei der Berechnung von Anwaltsgebühren führen. Die Frage, ob interne Vereinbarungen zwischen Streithelfern den Wert eines Rechtsstreits und damit die Anwaltskosten erhöhen, ist oft schwer zu beurteilen.
Wir unterstützen Sie dabei, die korrekte Berechnung Ihrer Anwaltsgebühren zu prüfen und Ihre Rechte zu wahren. Unsere Expertise hilft Ihnen, die oft komplizierten Zusammenhänge zu verstehen und unberechtigte Forderungen abzuwehren.
Schildern Sie uns Ihre Situation und lassen Sie uns gemeinsam analysieren, ob die geltend gemachten Gebührenforderungen angemessen sind und Ihren Rechten entsprechen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet „Vergleichsmehrwert“ im Zusammenhang mit Anwaltsgebühren bei einem Vergleich?
Wenn Sie sich in einem Rechtsstreit befinden und diesen durch einen Vergleich beenden, einigen Sie sich mit der Gegenseite auf eine Lösung, ohne dass ein Gerichtsurteil ergeht. Die Anwaltsgebühren für diesen Vergleich richten sich nach dessen Wert. Hier kommt der Begriff „Vergleichsmehrwert“ ins Spiel.
Was ist der Streitwert und was der Vergleichswert?
Zunächst gibt es den Streitwert des ursprünglichen Gerichtsverfahrens. Das ist der Wert, um den ursprünglich gestritten wurde (z.B. der eingeklagte Geldbetrag).
Ein Vergleich kann aber oft mehr Punkte regeln, als ursprünglich vor Gericht verhandelt wurden. Genau hier entsteht der Vergleichsmehrwert:
- Der Vergleichsmehrwert ist der Wert der zusätzlichen Angelegenheiten, die im Vergleich mitgeregelt werden, aber nicht Teil des ursprünglichen Gerichtsverfahrens waren.
Der Gesamtwert des Vergleichs setzt sich dann zusammen aus dem ursprünglichen Streitwert und diesem Vergleichsmehrwert. Dieser Gesamtwert ist die Grundlage für die Berechnung bestimmter Anwaltsgebühren, insbesondere der sogenannten Einigungsgebühr.
Wie entsteht ein Vergleichsmehrwert? (Beispiele)
Stellen Sie sich vor, Sie haben jemanden auf Zahlung von 5.000 € verklagt. Das ist der anfängliche Streitwert. Im Rahmen eines Vergleichs einigen Sie sich auf Folgendes:
- Der Beklagte zahlt Ihnen 4.000 €.
- Zusätzlich einigen Sie sich darauf, dass ein anderer, bisher nicht eingeklagter Anspruch (z.B. die Rückgabe eines Gegenstandes im Wert von 1.000 €) ebenfalls erledigt ist.
- Außerdem verzichtet der Beklagte auf eine eigene Forderung gegen Sie (z.B. 500 €), über die bisher nicht gestritten wurde.
In diesem Beispiel wären der Wert des zurückgegebenen Gegenstandes (1.000 €) und der Wert der Forderung, auf die der Beklagte verzichtet (500 €), der Vergleichsmehrwert. Diese Punkte waren vorher nicht Teil des Gerichtsverfahrens.
- Der Vergleichsmehrwert beträgt hier 1.500 € (1.000 € + 500 €).
- Der Gesamtwert des Vergleichs, nach dem sich bestimmte Anwaltsgebühren berechnen, wäre dann der ursprüngliche Streitwert (5.000 €) plus der Vergleichsmehrwert (1.500 €), also insgesamt 6.500 €.
Weitere Beispiele für Punkte, die einen Vergleichsmehrwert begründen können:
- Regelungen über zukünftige Ansprüche.
- Die Einigung über ein Arbeitszeugnis in einem Kündigungsstreit (wenn das Zeugnis nicht Teil der ursprünglichen Klage war).
- Die Regelung weiterer, bisher nicht streitiger Vertragsbeziehungen.
- Der Verzicht auf gegenseitige Ansprüche, die nicht Gegenstand der Klage waren.
Warum ist der Vergleichsmehrwert wichtig für die Anwaltsgebühren?
Die Anwaltsgebühren sind gesetzlich im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelt. Für den Abschluss eines Vergleichs fällt oft eine Einigungsgebühr an.
- Die Höhe dieser Einigungsgebühr (und manchmal auch anderer Gebühren wie der Terminsgebühr) richtet sich nach dem Gesamtwert des Vergleichs.
- Ein höherer Vergleichswert (durch einen Mehrwert) führt also zu höheren Anwaltsgebühren für den Vergleichsabschluss, als wenn nur über den ursprünglichen Streitwert eine Einigung erzielt worden wäre.
Das bedeutet für Sie: Auch wenn ein Vergleich eine umfassende und endgültige Regelung für mehrere Streitpunkte bietet, kann er durch den Vergleichsmehrwert zu höheren Anwaltskosten führen als ein reines Urteil über die eingeklagte Forderung. Dafür sind dann aber auch die zusätzlichen Punkte rechtssicher und abschließend geklärt.
Wie wirkt sich eine interne Einigung zwischen Streithelfern auf die Höhe der Anwaltsgebühren aus?
Eine interne Einigung, die ausschließlich zwischen den unterstützenden Parteien eines Rechtsstreits (den sogenannten Streithelfern) getroffen wird, kann die Höhe der Anwaltsgebühren beeinflussen. Dies geschieht, wenn durch diese Vereinbarung der Gesamtwert, nach dem sich die Gebühren richten, ansteigt.
Der Vergleichsmehrwert: Wenn eine Einigung mehr wert ist
Anwaltsgebühren in Gerichtsverfahren berechnen sich grundsätzlich nach dem Gegenstandswert (auch Streitwert genannt). Das ist der Wert, um den gestritten wird – zum Beispiel der Betrag einer eingeklagten Forderung.
Wenn sich Parteien einigen (einen Vergleich schließen), kann diese Einigung manchmal Punkte regeln, die über den ursprünglichen Streitgegenstand hinausgehen. Stellen Sie sich vor, der Prozess dreht sich um eine unbezahlte Rechnung von 10.000 Euro. In der Einigung regeln die Streithelfer aber zusätzlich untereinander, dass sie gegenseitig auf mögliche zukünftige Ansprüche im Wert von 5.000 Euro verzichten, die mit dem Fall zusammenhängen.
Dieser zusätzliche Regelungspunkt (der Verzicht auf zukünftige Ansprüche) hat einen eigenen wirtschaftlichen Wert. Dieser Wert, der über den ursprünglichen Streitwert hinausgeht, wird Vergleichsmehrwert genannt.
Auswirkung auf die Gebührenberechnung
Kommt durch eine Einigung – auch eine rein interne zwischen Streithelfern – ein solcher Vergleichsmehrwert zustande, erhöht sich der Gesamtwert, der für die Berechnung der Anwaltsgebühren relevant ist.
Gesamtwert für Gebührenberechnung = Ursprünglicher Streitwert + Vergleichsmehrwert
Die Anwälte der beteiligten Streithelfer berechnen ihre Gebühren dann auf Basis dieses höheren Gesamtwertes. Das führt dazu, dass die Anwaltsgebühren höher ausfallen können, als wenn nur der ursprüngliche Streitwert die Grundlage wäre.
Bewertung der internen Einigung
Der Wert der internen Einigung zwischen den Streithelfern muss bestimmt werden, um den möglichen Vergleichsmehrwert zu ermitteln. Dieser Wert hängt davon ab, was genau die Streithelfer untereinander geregelt haben. Regeln sie beispielsweise, wer welche Kosten im Innenverhältnis trägt oder wer für welche Risiken einsteht, hat diese Vereinbarung einen wirtschaftlichen Wert, der als Vergleichsmehrwert in die Gebührenberechnung einfließen kann.
Für die Anwälte der Streithelfer bedeutet eine interne Einigung mit Vergleichsmehrwert also, dass ihre Gebühren auf einer höheren Wertbasis berechnet werden können.
Welche Faktoren bestimmen, ob ein Vergleichsmehrwert bei der Berechnung der Anwaltsgebühren berücksichtigt wird?
Ein Vergleich beendet oft einen Streitfall. Manchmal regelt dieser Vergleich aber mehr als nur das ursprüngliche Problem, um das gestritten wurde. Wenn das der Fall ist, spricht man von einem „Vergleichsmehrwert“. Dieser Mehrwert kann die Grundlage für die Berechnung bestimmter Anwaltsgebühren erhöhen.
Wann entsteht ein Vergleichsmehrwert?
Ein Vergleichsmehrwert entsteht immer dann, wenn im Vergleich zusätzlich Punkte geregelt werden, die vorher nicht Teil des Streits waren. Es geht also um Themen oder Ansprüche, die über den ursprünglichen Streitgegenstand hinausgehen.
Stellen Sie sich vor, Sie streiten sich mit Ihrem Nachbarn nur darüber, wer die Kosten für die Reparatur eines gemeinsamen Zauns trägt (Streitwert z.B. 500 Euro). Im Vergleich einigen Sie sich nicht nur über die Zaunkosten, sondern regeln zusätzlich auch die Nutzung eines gemeinsamen Weges, was bisher vielleicht unklar, aber noch kein offizieller Streitpunkt war. Diese Regelung zur Wegnutzung war nicht Teil des ursprünglichen Streits um den Zaun. Ihr Wert stellt einen Vergleichsmehrwert dar.
Weitere Beispiele für Regelungen, die einen Mehrwert begründen können:
- Sie klagen auf Zahlung einer einzelnen Miete. Im Vergleich einigen Sie sich nicht nur über diese Miete, sondern auch über die zukünftige Beendigung des Mietverhältnisses und die Regelung der Schönheitsreparaturen, obwohl dies zuvor nicht gefordert wurde.
- In einem Streit um eine offene Rechnung (z.B. 1.000 Euro) wird im Vergleich zusätzlich vereinbart, dass damit auch alle anderen denkbaren, aber bisher nicht geltend gemachten Ansprüche zwischen Ihnen und der anderen Partei aus der gesamten Geschäftsbeziehung erledigt sind (eine sogenannte umfassende Ausgleichsklausel).
Entscheidend ist immer: Wird im Vergleich etwas geregelt, das nicht ohnehin schon Gegenstand des Gerichtsverfahrens oder der vorgerichtlichen Auseinandersetzung war? Wenn ja, hat dieser zusätzliche Regelungspunkt einen eigenen Wert, der den Mehrwert ausmacht. Die reine Tatsache, dass man sich einigt, genügt dafür nicht.
Wie wirkt sich der Mehrwert auf die Anwaltsgebühren aus?
Der Wert dieser zusätzlich geregelten Punkte (der Mehrwert) wird zum Wert des ursprünglichen Streits hinzugerechnet.
- Beispiel Zaun: Ursprünglicher Streitwert (Zaunreparatur) = 500 Euro. Wert der zusätzlichen Regelung (Wegnutzung) = z.B. 1.000 Euro.
- Gesamtwert für den Vergleich = 1.500 Euro (500 Euro + 1.000 Euro).
Dieser höhere Gesamtwert (hier 1.500 Euro) ist dann die Basis für die Berechnung bestimmter Anwaltsgebühren, die durch die Einigung im Vergleich anfallen. Insbesondere die sogenannte Einigungsgebühr – eine Gebühr dafür, dass der Anwalt an einer gütlichen Einigung mitwirkt – wird auf Basis dieses möglicherweise erhöhten Vergleichswertes berechnet.
Das bedeutet für die Gebührenberechnung: Nicht alle Gebühren des Anwalts steigen dadurch automatisch. Aber die Gebühr, die speziell für das Zustandekommen der Einigung (des Vergleichs) anfällt, kann höher sein, wenn durch den Vergleich mehr geregelt wurde, als ursprünglich im Streit lag.
Können Anwaltsgebühren auch dann steigen, wenn der ursprüngliche Streitwert gleich bleibt?
Ja, Anwaltsgebühren können tatsächlich auch dann höher ausfallen, wenn der Wert, um den ursprünglich gestritten wurde (der Streitwert), unverändert bleibt. Das passiert häufig im Zusammenhang mit einem Vergleich.
Der Vergleich macht oft den Unterschied
Ein Gerichtsverfahren oder ein Streit endet nicht immer mit einem Urteil. Oft einigen sich die Parteien auf einen Vergleich, um die Angelegenheit beizulegen. Ein solcher Vergleich kann manchmal mehr Punkte regeln, als ursprünglich in der Klage gefordert oder im Streitfall diskutiert wurde.
Stellen Sie sich vor, Sie streiten sich mit jemandem um eine Geldforderung von 3.000 Euro. Das ist der ursprüngliche Streitwert. Wenn Sie sich nun einigen (einen Vergleich schließen) und dabei nicht nur die Zahlung der 3.000 Euro regeln, sondern zusätzlich vereinbaren, dass auch alle anderen denkbaren Ansprüche aus dieser Angelegenheit damit erledigt sind oder dass eine bestimmte Sache zurückgegeben wird, dann hat dieser Vergleich einen höheren Wert als die ursprünglichen 3.000 Euro.
Was ist der „Vergleichsmehrwert“?
Dieser zusätzliche Wert, der durch die erweiterten Regelungen im Vergleich entsteht, wird „Vergleichsmehrwert“ genannt. Er repräsentiert den Wert der Punkte, die über die ursprüngliche Forderung hinaus im Vergleich mitgeregelt werden.
- Beispiel: Sie streiten um 3.000 Euro (ursprünglicher Streitwert). Im Vergleich einigen Sie sich auf die Zahlung und regeln zusätzlich, dass Ihr Gegner auf eine Gegenforderung verzichtet, die einen Wert von 1.000 Euro hat. Dieser Verzicht ist der Vergleichsmehrwert.
Auswirkungen auf Ihre Anwaltskosten
Für die Berechnung der Anwaltsgebühren wird dieser Vergleichsmehrwert zum ursprünglichen Streitwert addiert.
- Im Beispiel: Der ursprüngliche Streitwert (3.000 Euro) plus der Vergleichsmehrwert (1.000 Euro) ergibt einen Gesamtwert von 4.000 Euro für die Berechnung der Gebühren, die durch den Vergleichsabschluss entstehen.
Für Sie bedeutet das: Obwohl sich die ursprüngliche Forderung nicht geändert hat, können die Anwaltsgebühren steigen, weil sich der Wert erhöht hat, auf dessen Basis die Gebühren berechnet werden. Der Grund dafür ist, dass der Anwalt durch die Mitwirkung an der umfassenderen Einigung im Vergleich zusätzliche Tätigkeiten erbracht und dazu beigetragen hat, weitere Streitpunkte verbindlich zu klären. Die gesetzlichen Regelungen zur Anwaltsvergütung sehen vor, dass dieser Mehrwert bei den Gebühren berücksichtigt wird. So können zukünftige Auseinandersetzungen über die zusätzlich geregelten Punkte vermieden werden.
Was kann ich tun, wenn ich die Anwaltsrechnung aufgrund eines vermeintlichen Vergleichsmehrwerts für zu hoch halte?
Wenn Sie eine Anwaltsrechnung erhalten und Zweifel an deren Höhe haben, insbesondere weil Sie vermuten, dass ein sogenannter Vergleichsmehrwert zu einer höheren Gebühr geführt hat, gibt es verschiedene Wege, dies zu klären.
Zunächst ist es wichtig zu verstehen, was ein Vergleichsmehrwert bedeutet: Anwaltsgebühren richten sich oft nach dem sogenannten Streitwert, also dem finanziellen Wert, um den es im Rechtsstreit geht. Wenn Sie sich mit der Gegenseite einigen und einen Vergleich schließen, kann dieser Vergleich manchmal auch Punkte regeln, die ursprünglich gar nicht Teil der Klage oder des direkten Streits waren. Dieser zusätzliche Wert, der durch den Vergleich mitgeregelt wird, nennt sich Vergleichsmehrwert. Bestimmte Anwaltsgebühren, wie die Einigungsgebühr, können dann auf Basis des gesamten Werts (ursprünglicher Streitwert + Vergleichsmehrwert) berechnet werden. Das kann dazu führen, dass die Rechnung höher ausfällt als zunächst vielleicht erwartet.
Gespräch mit dem eigenen Anwalt suchen
Der erste Schritt kann ein Gespräch mit Ihrem Anwalt sein. Bitten Sie um eine detaillierte Erläuterung der Rechnung. Lassen Sie sich genau erklären, wie der Streitwert, der eventuelle Vergleichsmehrwert und die daraus resultierenden Gebühren berechnet wurden. Oft können Unklarheiten oder Missverständnisse in einem solchen Gespräch bereits ausgeräumt werden. Prüfen Sie auch, ob Sie zu Beginn des Mandats eine Vergütungsvereinbarung unterzeichnet haben, die von den gesetzlichen Gebühren abweicht, oder ob nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) abgerechnet wird.
Prüfung durch die Rechtsanwaltskammer
Sollten nach dem Gespräch weiterhin Zweifel an der Korrektheit der Rechnung bestehen, haben Sie die Möglichkeit, diese von der zuständigen Rechtsanwaltskammer überprüfen zu lassen. Jeder Anwalt ist Mitglied einer regionalen Rechtsanwaltskammer. Diese Kammern bieten häufig ein kostenloses Schlichtungs- oder Gutachtenverfahren zur Überprüfung von Anwaltsrechnungen an. Die Kammer prüft dann, ob die Abrechnung den gesetzlichen Vorgaben (RVG) oder einer wirksamen Vergütungsvereinbarung entspricht. Informationen zum genauen Verfahren und zur Zuständigkeit finden Sie auf der Webseite der jeweiligen Rechtsanwaltskammer.
Einholung einer Zweitmeinung
Eine weitere Möglichkeit ist, die Rechnung und den zugrundeliegenden Sachverhalt von einem anderen, unabhängigen Anwalt prüfen zu lassen. Dieser kann die Berechnung nachvollziehen und Ihnen eine Einschätzung zur Angemessenheit und Korrektheit der Rechnung geben.
Wichtigkeit von Fristen
Beachten Sie mögliche Fristen. Wenn Sie Einwände gegen die Rechnung haben, sollten Sie nicht zu lange zögern, um Ihre Optionen zu prüfen und gegebenenfalls aktiv zu werden. Für Einwände gegen eine Anwaltsrechnung oder die Einleitung eines Überprüfungsverfahrens können bestimmte Fristen gelten, deren Versäumnis Nachteile haben kann. Handeln Sie daher zeitnah, wenn Sie Zweifel an der Rechnung haben.
⚖️ DISCLAIMER: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Vergleichsmehrwert
Ein Vergleichsmehrwert entsteht in einem gerichtlichen Vergleich, wenn die Parteien nicht nur den ursprünglichen Streitgegenstand regeln, sondern darüber hinausgehende Ansprüche oder Rechtsverhältnisse mit erledigen. Dieser „Mehrwert“ erhöht den Streitwert (auch Gegenstandswert genannt), der die Grundlage für die Berechnung der Anwalts- und Gerichtsgebühren bildet. Die Regelung zusätzlicher Punkte führt also dazu, dass die Anwaltsgebühren höher ausfallen können, als wenn nur der ursprüngliche Streit beigelegt worden wäre. Die Ermittlung des Wertes richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen, z.B. aus der Zivilprozessordnung (ZPO) und dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
Beispiel: Die Kläger verklagen den Beklagten auf 20.000 Euro (Streitwert). Im Vergleich einigen sie sich auf eine Zahlung von 15.000 Euro. Zusätzlich vereinbaren sie aber auch, dass ein anderer, bisher nicht eingeklagter Anspruch über 5.000 Euro damit ebenfalls erledigt ist. Dieser zusätzliche Betrag von 5.000 Euro stellt den Vergleichsmehrwert dar. Der für die Gebühren relevante Wert des Vergleichs beträgt somit 25.000 Euro (15.000 Euro für den Hauptstreit + 5.000 Euro Mehrwert).
Nebenintervenientin
Eine Nebenintervenientin (oder ein Nebenintervenient, auch Streithelfer genannt) ist eine Person oder ein Unternehmen, die bzw. das sich an einem bereits laufenden Rechtsstreit beteiligt, um eine der Hauptparteien (Kläger oder Beklagter) zu unterstützen. Dies ist zulässig, wenn die Nebenintervenientin ein rechtliches Interesse am Sieg der unterstützten Partei hat. Ein solches Interesse besteht oft dann, wenn die Nebenintervenientin im Falle einer Niederlage der unterstützten Partei von dieser möglicherweise in Regress genommen (also zur Verantwortung gezogen) werden könnte. Die rechtlichen Grundlagen finden sich in den §§ 66 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).
Beispiel: Im Text treten die Generalunternehmerin und die Subunternehmerin dem Rechtsstreit auf Seiten des Bauträgers bei. Sie haben ein rechtliches Interesse daran, dass der Bauträger gewinnt, denn wenn er wegen des Parketts verliert, könnte er versuchen, die Kosten von ihnen zurückzufordern.
Streitwert
Der Streitwert, oft auch als Gegenstandswert bezeichnet (insbesondere im Kontext der Anwaltsgebühren), ist der in Geld ausgedrückte Wert des Interesses, um das in einem Rechtsstreit gestritten wird. Er ist von entscheidender Bedeutung, da sich nach ihm sowohl die Gerichtsgebühren als auch die Rechtsanwaltsgebühren berechnen, die nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) festgelegt werden. Je höher der Streitwert, desto höher sind in der Regel die Kosten des Verfahrens. Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt durch das Gericht, oft nach den Vorschriften der §§ 3 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) und § 23 RVG.
Beispiel: Wenn ein Käufer wegen Mängeln am Parkett klagt und eine Reparatur im Wert von 22.000 Euro fordert, beträgt der anfängliche Streitwert 22.000 Euro. Die Anwaltsgebühren werden auf Basis dieses Werts berechnet.
Beschwerdeverfahren
Ein Beschwerdeverfahren ist ein Rechtsmittelverfahren, bei dem eine Partei eine Entscheidung eines Gerichts (oft ein Beschluss, kein Urteil) oder einer Behörde von einer höheren Instanz überprüfen lässt. Ziel ist es, die angefochtene Entscheidung aufheben oder abändern zu lassen, weil die Partei sie für fehlerhaft hält. Es dient der Rechtskontrolle und Sicherung der Rechte der Beteiligten. Die genauen Voraussetzungen und der Ablauf sind in den jeweiligen Verfahrensordnungen geregelt, z.B. in der Zivilprozessordnung (ZPO, §§ 567 ff.) oder, wie im Text, spezifisch für die Wertfestsetzung nach § 33 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
Beispiel: Im vorliegenden Fall war der Anwalt der Generalunternehmerin mit der Entscheidung des Landgerichts über die Höhe des Werts seiner Tätigkeit nicht einverstanden. Er legte deshalb Beschwerde beim Oberlandesgericht ein, um eine höhere Wertfestsetzung zu erreichen.
Beschwerdeführer
Der Beschwerdeführer ist die Partei in einem Rechtsstreit oder Verwaltungsverfahren, die das Beschwerdeverfahren einleitet. Es ist die Person oder Organisation, die mit einer gerichtlichen oder behördlichen Entscheidung nicht einverstanden ist und diese deshalb durch eine höhere Instanz überprüfen lassen möchte. Um Beschwerde einlegen zu können, muss der Beschwerdeführer durch die Entscheidung beschwert, also in seinen Rechten beeinträchtigt sein (Beschwerdebefugnis). Die Rolle des Beschwerdeführers ist aktiv; er muss die Beschwerde form- und fristgerecht einreichen und begründen.
Beispiel: Im analysierten Fall ist der Prozessbevollmächtigte (Anwalt) der Generalunternehmerin der Beschwerdeführer. Er hat die Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts zur Wertfestsetzung eingelegt, weil er eine höhere Gebühr auf Basis eines höheren Streitwerts anstrebt.
Mängelansprüche
Mängelansprüche, oft auch Gewährleistungsansprüche genannt, sind die Rechte, die einem Käufer oder Auftraggeber zustehen, wenn die gekaufte Sache oder das hergestellte Werk einen Mangel aufweist, also nicht die vereinbarte oder übliche Beschaffenheit hat. Diese Ansprüche zielen darauf ab, den vertragsgemäßen Zustand herzustellen oder den Nachteil auszugleichen. Zu den wichtigsten Mängelansprüchen gehören das Recht auf Nacherfüllung (Reparatur oder Neulieferung), Minderung (Herabsetzung des Preises), Rücktritt vom Vertrag und Schadensersatz. Die gesetzlichen Grundlagen finden sich vor allem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), z.B. im Kaufrecht (§§ 437 ff. BGB) und Werkvertragsrecht (§§ 634 ff. BGB).
Beispiel: Die Käufer der Wohnung machten Mängelansprüche wegen des fehlerhaften Parkettbodens gegen den Bauträger geltend. Sie forderten wahrscheinlich die Beseitigung des Mangels oder eine finanzielle Entschädigung.
Interne Haftungsverteilung
Die interne Haftungsverteilung bezieht sich auf die Regelung, wie Verantwortlichkeiten und Kosten zwischen mehreren Parteien aufgeteilt werden, die auf derselben Seite eines Rechtsstreits stehen oder gemeinsam für einen Schaden haften (z.B. als Gesamtschuldner). Es geht darum zu klären, wer im Innenverhältnis – also untereinander – letztlich welchen Anteil an einer Schuld oder einem Schaden trägt. Solche internen Regelungen können Teil eines Vergleichs sein oder separat vereinbart werden. Fehlt eine Vereinbarung, gelten oft gesetzliche Regeln wie der Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 BGB.
Beispiel: Im Text haben sich die Generalunternehmerin und die Subunternehmerin im Rahmen des Vergleichs darauf geeinigt, wie sie die Kosten für den mangelhaften Parkettboden untereinander aufteilen. Diese interne Regelung über 11.625 Euro führte zum Vergleichsmehrwert.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 33 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG): Diese Vorschrift regelt die Festsetzung des Gegenstandswerts für die Berechnung von Anwaltsgebühren, wenn kein gerichtliches Verfahren stattgefunden hat oder der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nicht festgesetzt wurde. Das Gericht setzt auf Antrag den Wert fest, der die Grundlage für die Anwaltsgebühren bildet. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG Schleswig musste den Wert der anwaltlichen Tätigkeit für den Vergleich festsetzen, da die Anwaltsgebühren der Nebenintervenientin zu 1) strittig waren und das Landgericht den Wert zuvor zu niedrig angesetzt hatte.
- Streitwertfestsetzung im Zivilprozess: Der Streitwert bestimmt den Umfang der Gerichtskosten und der Anwaltsgebühren in einem Zivilprozess. Er richtet sich grundsätzlich nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers bzw. des Antragstellers. Ein höherer Streitwert führt zu höheren Kosten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht hatte den Streitwert zunächst auf die ursprüngliche Klageforderung von 22.000 Euro festgesetzt. Das OLG musste entscheiden, ob ein „Mehrwert“ durch die interne Vereinbarung der Nebenintervenientinnen entsteht, der den Streitwert und damit die Anwaltsgebühren erhöht.
- Vergleich im Zivilprozess (§ 779 BGB): Ein Vergleich ist ein Vertrag, durch den Streit oder Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Durch einen Vergleich können nicht nur anhängige, sondern auch nicht-rechtshängige Ansprüche geregelt werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Parteien des ursprünglichen Rechtsstreits (Kläger und Beklagte) haben einen Vergleich geschlossen, um den Streit über die Mängel am Parkettboden zu beenden. Zusätzlich wurde im Vergleich eine Vereinbarung zwischen den Nebenintervenientinnen getroffen, was die Frage nach dem „Mehrwert“ aufwarf.
- Nebenintervention (§§ 66 ff. ZPO): Die Nebenintervention ermöglicht es Dritten, einem Rechtsstreit beizutreten, um eine Partei zu unterstützen, wenn sie ein rechtliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits haben. Nebenintervenienten unterstützen eine Partei, werden aber nicht selbst Partei des Rechtsstreits im eigentlichen Sinne. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Nebenintervenientinnen sind dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten, da sie als General- bzw. Subunternehmerin ein Interesse daran hatten, dass die Beklagte den Prozess gewinnt oder die Kosten gering gehalten werden. Ihre interne Vereinbarung im Vergleich wurde relevant für die Streitwertfestsetzung.
Das vorliegende Urteil
OLG Schleswig – Az.: 1 W 16/24 – Beschluss vom 13.03.2025
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Ich bin seit meiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2003 Teil der Kanzlei der Rechtsanwälte Kotz in Kreuztal bei Siegen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht, sowie als Notar setze ich mich erfolgreich für meine Mandanten ein. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind Mietrecht, Strafrecht, Verbraucherrecht, Reiserecht, Medizinrecht, Internetrecht, Verwaltungsrecht und Erbrecht. Ferner bin ich Mitglied im Deutschen Anwaltverein und in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. Als Rechtsanwalt bin ich bundesweit in allen Rechtsgebieten tätig und engagiere mich unter anderem als Vertragsanwalt für […] mehr über Dr. Christian Gerd Kotz