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Gesamtschuldnerausgleich anlässlich eines Verkehrsunfalls – Höhe

Zwei Autofahrer verursachen gemeinsam einen Unfall – und müssen nun gemeinsam für den Schaden aufkommen. Das Amtsgericht Essen verurteilte beide Unfallbeteiligte zur Zahlung von Schadensersatz an die Geschädigte, da sie als Gesamtschuldner haften. Doch wie funktioniert diese Haftung im Innenverhältnis? Und welche Rechte hat die Geschädigte im Schadensersatzprozess?

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Es geht um einen Verkehrsunfall, bei dem mehrere Personen haften.
  • Die Beklagten wurden als Gesamtschuldner verurteilt, einen bestimmten Betrag inkl. Zinsen zu zahlen.
  • Die zentralen Fragen betreffen die Haftung und die Berechnung des Gesamtschuldnerausgleichs.
  • Das Gericht entschied, dass die Klage teilweise abgewiesen wird.
  • Es wurde entschieden, dass die Klägerin einen Teil der Verfahrenskosten tragen muss, während die Beklagten den größeren Teil übernehmen.
  • Schwierigkeiten lagen in der Bestimmung der Haftungsanteile und der finanziellen Verantwortung der Beteiligten.
  • Das Gericht entschied so, um eine faire Verteilung der Kosten sicherzustellen.
  • Die Entscheidung ist vorläufig vollstreckbar, jedoch nur gegen Sicherheitsleistung.
  • Die Vollstreckung kann abgewendet werden, wenn Sicherheitsleistungen erbracht werden.

Gesamtschuld nach Verkehrsunfall: Wie Gerichte den Ausgleich berechnen

Nach einem Verkehrsunfall kann es schnell teuer werden. Besonders dann, wenn mehrere Personen an dem Unfall beteiligt waren und es Schäden am Fahrzeug oder an Personen entstanden sind. Die Frage der Haftung und der finanziellen Verantwortung kann dabei schnell komplex werden. Dabei spielt die Frage der Gesamtschuldnerschaft eine wichtige Rolle. Was bedeutet das eigentlich genau und wie berechnet man den Gesamtschuldnerausgleich?

Im Falle einer Gesamtschuldnerschaft sind mehrere Personen für einen Schaden verantwortlich und haften gemeinsam für dessen Behebung. Die Geschädigte Person kann also von jedem der Gesamtschuldner die gesamte Schadenssumme fordern. Das bedeutet aber nicht, dass jeder Schuldner automatisch den gesamten Schaden zahlen muss. Die einzelnen Schuldner können sich untereinander einen sogenannten Gesamtschuldnerausgleich ausmachen und so die Kosten fairer verteilen.

Wie aber berechnet sich dieser Gesamtschuldnerausgleich? Welche Faktoren spielen eine Rolle? Um diese Fragen zu beantworten, werfen wir einen Blick auf ein aktuelles Urteil zu einem Verkehrsunfall und analysieren, wie die Gerichte in der Praxis den Gesamtschuldnerausgleich konkret berechnen.

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Nach einem Verkehrsunfall mit mehreren Beteiligten stehen Sie vor einem Berg von Fragen? Wir verstehen die Unsicherheiten und die Komplexität der Gesamtschuldnerschaft. Unsere erfahrenen Rechtsanwälte für Verkehrsrecht stehen Ihnen zur Seite und verschaffen Ihnen Klarheit. Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Ersteinschätzung und erfahren Sie, wie wir Ihre Interessen optimal vertreten können.

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Der Fall vor Gericht


Gesamtschuldnerische Haftung nach Verkehrsunfall

Das Amtsgericht Essen hat in einem Fall über den Gesamtschuldnerausgleich nach einem Verkehrsunfall entschieden (Az.: 29 C 430/20). Geklagt hatte eine Geschädigte gegen zwei Unfallbeteiligte auf Zahlung restlicher Schadensersatzansprüche in Höhe von 1.797,58 Euro nebst Zinsen.

Der Unfall hatte sich bereits im April 2018 ereignet. Die Klägerin machte geltend, dass die beiden Beklagten den Unfall gemeinsam verursacht und ihr dadurch einen Schaden zugefügt hätten. Daher würden beide gesamtschuldnerisch haften.

Beklagte als Gesamtschuldner zur Zahlung verurteilt

Das Gericht gab der Klage überwiegend statt und verurteilte die beiden Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung des geforderten Betrags nebst Zinsen an die Klägerin.

Im Übrigen, also hinsichtlich der über den zugesprochenen Betrag hinausgehenden Ansprüche, wurde die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Klägerin zu 1/3 und den Beklagten zu 2/3 auferlegt.

Haftung als Gesamtschuldner bei gemeinsamem Unfall

Bei einem Verkehrsunfall haften mehrere Schädiger, die den Unfall gemeinsam verursacht haben, gegenüber dem Geschädigten als Gesamtschuldner. Das bedeutet, dass der Geschädigte von jedem der Schädiger den gesamten Schaden ersetzt verlangen kann.

Im Innenverhältnis zwischen den Schädigern findet dann ein Ausgleich statt, bei dem jeder entsprechend seinem Verursachungs- bzw. Verschuldensanteil beteiligt wird. Diese Aufteilung der Haftung im Innenverhältnis berührt aber nicht die gesamtschuldnerische Haftung nach außen gegenüber dem Geschädigten.

Anspruch auf vollständigen Schadensausgleich

Der Geschädigte hat also die Wahl, von welchem der als Gesamtschuldner haftenden Unfallbeteiligten er seinen Schaden ersetzt verlangt. Er muss sich nicht an alle halten, sondern kann sich einen aussuchen.

Wichtig ist, dass der Geschädigte Anspruch auf den vollständigen Ausgleich seines unfallbedingten Schadens hat. Dazu gehören Reparaturkosten, Nutzungsausfall, Gutachterkosten, Schmerzensgeld und andere ersatzfähige Positionen.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil bekräftigt den Grundsatz der gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Schädiger bei der gemeinsamen Verursachung eines Verkehrsunfalls. Der Geschädigte hat das Wahlrecht, von welchem Schädiger er den kompletten Schadensersatz verlangt. Die interne Haftungsverteilung zwischen den Schädigern berührt den Ausgleichsanspruch des Geschädigten nicht. Das Urteil stärkt somit die Rechtsposition von Unfallopfern und erleichtert die Durchsetzung ihrer berechtigten Schadensersatzansprüche.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Waren Sie an einem Unfall beteiligt, bei dem mehrere Personen den Schaden verursacht haben? Dann könnte dieses Urteil für Sie relevant sein. Es zeigt, dass jeder Unfallbeteiligte grundsätzlich für den gesamten Schaden haftbar gemacht werden kann, unabhängig von seinem individuellen Beitrag zum Unfall. Dies nennt man Gesamtschuldnerschaft.

Was bedeutet das konkret? Wurden Sie beispielsweise in einen Unfall verwickelt, bei dem Sie und ein anderer Fahrer den Schaden gemeinsam verursacht haben, kann der Geschädigte von Ihnen den gesamten Schadenersatz fordern – auch wenn Sie nur teilweise verantwortlich sind.

Aber keine Sorge: Im Innenverhältnis, also zwischen den Unfallbeteiligten, wird später ein Ausgleich vorgenommen. Dabei wird berücksichtigt, wer welchen Anteil am Unfall hatte. Das bedeutet, dass Sie nicht den gesamten Schaden alleine tragen müssen, sondern nur für Ihren Teil aufkommen.

Wichtig: Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung einer guten Haftpflichtversicherung, die Sie im Schadensfall umfassend schützt. Sollten Sie Fragen zur Gesamtschuldnerschaft oder zu Ihren Rechten und Pflichten nach einem Unfall haben, zögern Sie nicht, rechtlichen Rat einzuholen.


FAQ – Häufige Fragen

Sie sind in einen Verkehrsunfall verwickelt und nicht sicher, wer für den entstandenen Schaden haftet? Gesamtschuldnerschaft kann in solchen Situationen ein komplexes Thema sein. Unsere FAQ Rubrik klärt Sie mit Expertise und Klarheit über Ihre Rechte und Pflichten auf.


Was bedeutet Gesamtschuldnerschaft nach einem Verkehrsunfall?

Die Gesamtschuldnerschaft nach einem Verkehrsunfall bedeutet, dass mehrere Personen gemeinsam für den entstandenen Schaden haften. Dies kann der Fall sein, wenn mehrere Beteiligte durch ihr Verhalten zur Entstehung des Unfalls beigetragen haben. In einer solchen Situation kann der Geschädigte von jedem der Gesamtschuldner die vollständige Schadensersatzleistung verlangen. Die Gesamtschuldnerschaft ist im deutschen Recht unter anderem in § 421 BGB geregelt.

Ein Beispiel verdeutlicht dies: Wenn ein Fahrer A und ein Fahrer B durch jeweils eigenes Fehlverhalten einen Unfall verursachen, können beide als Gesamtschuldner haften. Der Geschädigte kann sich entscheiden, von welchem der beiden er den gesamten Schaden ersetzt haben möchte. Der in Anspruch genommene Gesamtschuldner hat dann die Möglichkeit, im Innenverhältnis einen Ausgleich von dem anderen Gesamtschuldner zu verlangen.

Die rechtliche Grundlage für die Gesamtschuldnerschaft bei Verkehrsunfällen findet sich in verschiedenen Vorschriften. § 7 StVG regelt die Haftung des Fahrzeughalters, während § 18 StVG die Haftung des Fahrzeugführers betrifft. Zudem kann ein Direktanspruch gegen die Haftpflichtversicherung gemäß § 115 VVG bestehen. Diese Regelungen führen dazu, dass Halter, Fahrer und Versicherer gemeinsam als Gesamtschuldner haften können.

Ein wichtiger Aspekt der Gesamtschuldnerschaft ist der sogenannte Gesamtschuldnerausgleich. Dieser regelt, wie die Gesamtschuldner untereinander die Last des Schadensersatzes aufteilen. Nach § 426 BGB sind die Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Teilen verpflichtet, es sei denn, es ist etwas anderes bestimmt. Dies bedeutet, dass derjenige Gesamtschuldner, der den gesamten Schaden beglichen hat, von den anderen Gesamtschuldnern einen anteiligen Ausgleich verlangen kann.

Die Höhe des Ausgleichsanspruchs richtet sich nach der jeweiligen Verursachungsbeiträge der Gesamtschuldner. Wenn beispielsweise der Fahrer A zu 70 % und der Fahrer B zu 30 % für den Unfall verantwortlich sind, kann der Fahrer A, der den gesamten Schaden beglichen hat, von Fahrer B 30 % des Schadens ersetzt verlangen.

In der Praxis kann die Gesamtschuldnerschaft zu komplexen rechtlichen Auseinandersetzungen führen, insbesondere wenn die genaue Verursachung des Unfalls und die Haftungsanteile der Beteiligten strittig sind. Gerichte müssen dann eine sorgfältige Abwägung der Umstände vornehmen, um eine gerechte Verteilung der Haftung zu gewährleisten.

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Wie läuft der Gesamtschuldnerausgleich im Innenverhältnis ab?

Der Gesamtschuldnerausgleich im Innenverhältnis regelt die Verteilung der Schadensersatzpflicht unter mehreren Schuldnern, die gegenüber einem Gläubiger gesamtschuldnerisch haften. Dies bedeutet, dass jeder Schuldner gegenüber dem Gläubiger für die gesamte Schuld einstehen muss, der Gläubiger jedoch nur einmal befriedigt werden kann. Sobald ein Gesamtschuldner die gesamte Schuld beglichen hat, kann er von den anderen Gesamtschuldnern einen Ausgleich verlangen.

Gemäß § 426 BGB sind die Gesamtschuldner im Innenverhältnis grundsätzlich zu gleichen Teilen verpflichtet, es sei denn, es wurde eine andere Regelung getroffen. Diese Regelung kann sich aus dem Gesetz, einer Vereinbarung oder der Natur des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses ergeben. Der Ausgleichsanspruch entsteht bereits mit der Begründung der Gesamtschuld und nicht erst mit der Befriedigung des Gläubigers.

Im Kontext eines Verkehrsunfalls kann dies wie folgt aussehen: Angenommen, zwei Fahrer, A und B, verursachen gemeinsam einen Unfall und haften gesamtschuldnerisch für den entstandenen Schaden. Der Geschädigte kann von beiden Fahrern die gesamte Schadenssumme verlangen. Wenn Fahrer A den gesamten Schaden begleicht, kann er im Innenverhältnis von Fahrer B den Ausgleich für dessen Anteil verlangen. Die Höhe des Ausgleichsanspruchs richtet sich nach dem jeweiligen Verschulden der Beteiligten. Wenn beispielsweise festgestellt wird, dass Fahrer A zu 60 % und Fahrer B zu 40 % für den Unfall verantwortlich sind, kann Fahrer A von Fahrer B 40 % der beglichenen Schadenssumme zurückfordern.

Besondere Regelungen gelten, wenn einer der Gesamtschuldner aufgrund gesetzlicher Haftungsprivilegien nur eingeschränkt haftet. In solchen Fällen kann der Ausgleichsanspruch im Innenverhältnis entsprechend angepasst werden, um die Privilegierung nicht zu unterlaufen. Dies ist beispielsweise bei sozialversicherungsrechtlichen Haftungsprivilegien der Fall, wo der privilegierte Schuldner im Innenverhältnis weniger oder gar nicht haftet.

Der Gesamtschuldnerausgleich dient somit dazu, die finanzielle Last unter den Schuldnern gerecht zu verteilen, basierend auf ihrem jeweiligen Verschulden oder anderen relevanten Faktoren.

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Was muss ich als Geschädigter tun, um meinen Schaden geltend zu machen?

Um als Geschädigter einen Schaden geltend zu machen, sind mehrere Schritte erforderlich. Zunächst sollte der Geschädigte den Schaden dokumentieren. Dies umfasst das Fotografieren des Schadens, das Sammeln von Belegen und das Notieren von Zeugenaussagen. Diese Dokumentation dient als Beweismittel und ist essenziell für die spätere Schadensregulierung.

Im nächsten Schritt ist es wichtig, den Schaden unverzüglich der eigenen Versicherung zu melden. Die Versicherung benötigt alle relevanten Informationen, um den Schaden zu prüfen und gegebenenfalls eine Schadensregulierung einzuleiten. Hierzu gehören neben der Schadensdokumentation auch Angaben zum Unfallhergang und den beteiligten Personen.

Falls der Schaden durch einen Dritten verursacht wurde, sollte der Geschädigte dessen Versicherung informieren. Dies kann entweder direkt oder über die eigene Versicherung erfolgen. Es ist ratsam, die Kontaktdaten des Unfallverursachers sowie dessen Versicherungsinformationen zu notieren.

Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Einholung eines Gutachtens. Ein unabhängiger Sachverständiger kann den Schaden bewerten und die Höhe der Reparaturkosten oder des Wiederbeschaffungswertes ermitteln. Dieses Gutachten ist ein zentrales Element bei der Durchsetzung der Schadensersatzansprüche.

Sollte der Unfall zu Personenschäden geführt haben, ist es notwendig, ärztliche Atteste und Berichte einzuholen. Diese Dokumente belegen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen und sind Grundlage für die Geltendmachung von Schmerzensgeld und weiteren Ansprüchen.

In Fällen, in denen die Schadensregulierung durch die Versicherung des Unfallverursachers nicht zufriedenstellend verläuft, kann es sinnvoll sein, rechtlichen Beistand in Anspruch zu nehmen. Ein Anwalt für Verkehrsrecht kann den Geschädigten unterstützen und die Ansprüche gegenüber der Versicherung oder dem Unfallverursacher durchsetzen.

Besondere Beachtung verdient der Gesamtschuldnerausgleich bei Verkehrsunfällen. Wenn mehrere Personen für den Schaden verantwortlich sind, haften sie als Gesamtschuldner. Der Geschädigte kann von jedem Gesamtschuldner die vollständige Schadenssumme verlangen. Die Gesamtschuldner müssen dann untereinander einen Ausgleich herbeiführen. Die Höhe des Ausgleichs richtet sich nach dem jeweiligen Verschuldensanteil der Beteiligten.

Es ist wichtig, alle Schritte sorgfältig und fristgerecht zu erledigen, um die eigenen Ansprüche erfolgreich durchzusetzen. Eine gründliche Dokumentation und die rechtzeitige Einschaltung von Experten können den Prozess erheblich erleichtern.

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Kann der Geschädigte den gesamten Schadensbetrag von einem der Gesamtschuldner fordern?

Ja, der Geschädigte kann den gesamten Schadensbetrag von einem der Gesamtschuldner fordern. Dies ist im deutschen Recht durch das Prinzip der Gesamtschuldnerschaft geregelt, das in § 421 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verankert ist. Danach haften mehrere Schuldner als Gesamtschuldner, wenn jeder von ihnen die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet ist, der Gläubiger die Leistung aber nur einmal fordern kann. Dies bedeutet, dass der Geschädigte die Wahl hat, von welchem der Gesamtschuldner er den gesamten Schadensersatz verlangt.

Ein praktisches Beispiel verdeutlicht dies: Wenn bei einem Verkehrsunfall mehrere Personen für den Schaden verantwortlich sind, kann der Geschädigte den gesamten Schadensbetrag von einem der beteiligten Fahrer oder deren Haftpflichtversicherer verlangen. Der in Anspruch genommene Gesamtschuldner hat dann die Möglichkeit, im Innenverhältnis zu den anderen Gesamtschuldnern einen Ausgleich zu verlangen. Dies wird als Gesamtschuldnerausgleich bezeichnet und ist in § 426 BGB geregelt.

Ein Fall, der dies illustriert, ist ein Verkehrsunfall, bei dem ein Fahrzeug auf der Autobahn liegen bleibt und nicht ausreichend abgesichert wird. Kommt es zu einem Auffahrunfall, haften sowohl der Fahrer des liegengebliebenen Fahrzeugs als auch der auffahrende Fahrer gesamtschuldnerisch für den entstandenen Schaden. Der Geschädigte kann sich entscheiden, den gesamten Schadensersatz von einem der beiden Fahrer zu fordern, unabhängig davon, wie die Haftung im Innenverhältnis zwischen den Fahrern verteilt ist.

Ein weiteres Beispiel ist ein Unfall, bei dem ein Fahrzeug auf einem Parkplatz rückwärts fährt und dabei ein anderes Fahrzeug beschädigt. Auch hier kann der Geschädigte den gesamten Schaden von einem der beteiligten Fahrer verlangen, selbst wenn beide Fahrer eine Mitschuld tragen.

Diese Regelung dient dem Schutz des Geschädigten, indem sie ihm ermöglicht, seinen Anspruch effizient und ohne zusätzliche Belastungen durchzusetzen. Der Gesamtschuldner, der den gesamten Schadensbetrag gezahlt hat, kann dann im Innenverhältnis von den anderen Gesamtschuldnern den entsprechenden Anteil zurückfordern.

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Wie wird die Höhe des Ausgleichs im Innenverhältnis zwischen den Gesamtschuldnern berechnet?

Die Höhe des Ausgleichs im Innenverhältnis zwischen den Gesamtschuldnern richtet sich nach den individuellen Verursachungs- und Verschuldensanteilen der Beteiligten. Diese Regelung basiert auf § 426 Abs. 1 BGB, der besagt, dass Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Teilen verpflichtet sind, sofern nichts anderes bestimmt ist.

Im Kontext eines Verkehrsunfalls bedeutet dies, dass die Haftung der einzelnen Beteiligten nach ihrem jeweiligen Anteil an der Schadensverursachung bemessen wird. Dabei wird berücksichtigt, in welchem Umfang jeder Beteiligte zur Entstehung des Schadens beigetragen hat. Diese Anteile können unterschiedlich hoch sein, je nachdem, wie stark das Verhalten des Einzelnen den Schaden beeinflusst hat.

Ein praktisches Beispiel verdeutlicht dies: Wenn zwei Fahrer an einem Unfall beteiligt sind und einer der Fahrer zu 70 % und der andere zu 30 % für den Unfall verantwortlich gemacht wird, dann haftet der erste Fahrer im Innenverhältnis zu 70 % und der zweite zu 30 % für den entstandenen Schaden. Diese Verteilung erfolgt unabhängig davon, ob einer der Beteiligten im Außenverhältnis gegenüber dem Geschädigten den gesamten Schaden beglichen hat. Der zahlende Gesamtschuldner kann dann im Innenverhältnis von den anderen Gesamtschuldnern den entsprechenden Ausgleich verlangen.

Die genaue Bestimmung der Anteile erfolgt durch eine wertende Betrachtung der Umstände des Einzelfalls. Hierbei spielen Faktoren wie die Schwere des Verschuldens, die Art und Weise der Schadensverursachung und die jeweiligen Beiträge zur Schadensentstehung eine Rolle. Gerichte berücksichtigen dabei auch die Aussagen von Zeugen, Gutachten und andere Beweismittel, um eine gerechte Verteilung der Haftung zu gewährleisten.

In Fällen, in denen keine klare Vereinbarung über die Haftungsverteilung besteht, wird die Ausgleichspflicht nach den allgemeinen Grundsätzen des § 426 BGB bemessen. Dies bedeutet, dass die Last des Schadens im Innenverhältnis nach den Anteilen an dessen Herbeiführung aufgeteilt wird.

Die Regelungen zum Gesamtschuldnerausgleich sind darauf ausgelegt, eine faire und gerechte Verteilung der finanziellen Lasten unter den Beteiligten sicherzustellen, sodass keiner der Gesamtschuldner übermäßig belastet wird, während die anderen ungeschoren davonkommen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 840 BGB (Gesamtschuldnerschaft): Dieser Paragraph regelt die Haftung mehrerer Personen für eine gemeinsame Schuld. Nach diesem Grundsatz kann der Geschädigte den gesamten Schadensersatzbetrag von einem der Gesamtschuldner fordern, ohne dabei die konkreten Anteile der einzelnen Beteiligten berücksichtigen zu müssen. Im vorliegenden Fall wurden die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung verurteilt, d.h. die Klägerin kann den vollen Schadensersatzbetrag von einem der Beklagten, oder von beiden gemeinsam, fordern.
  • § 426 BGB (Haftungsverteilung im Innenverhältnis): Dieser Paragraph regelt die Verteilung der Kosten und Pflichten zwischen den Beteiligten einer Gesamtschuldnerschaft. Im Innenverhältnis zwischen den Beklagten müssen sie den Schadensersatzbetrag, den sie gemeinsam an die Klägerin zahlen, untereinander proportional zu ihrem Verschulden aufteilen. Es ist üblich, dass die Gerichte im Rahmen eines Verkehrsunfalls die Schuldverhältnisse anhand der Beweislage im Einzelnen aufklären, um den Haftungsanspruch im Innenverhältnis gerecht zu verteilen.
  • § 170 Abs. 1 S. 1 StGB (Fahrlässige Körperverletzung): Dieser Paragraph regelt die strafrechtliche Verantwortung für fahrlässig verursachte Körperverletzung. Dieser Straftatbestand wird häufig im Kontext von Verkehrsunfällen relevant, da viele Unfälle versehentlich geschehen und dadurch Verletzungen entstehen. Bei fahrlässiger Körperverletzung muss bewiesen werden, dass der Verursacher den Unfall grob fahrlässig herbeigeführt hat, indem er seine Sorgfaltspflicht deutlich missachtet hat. Im konkreten Fall ist es davon auszugehen, dass mindestens einer der Beklagten grob fahrlässig gehandelt hat, da es ansonsten zu keinen Schaden an der Klägerin gekommen wäre.
  • § 254 BGB (Schadensersatz): Dieser Paragraf regelt die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen. Der Geschädigte muss nachweisen, dass ihm durch den Unfall ein Schaden entstanden ist, dass dieser Schaden vom anderen Verkehrsteilnehmer verursacht wurde und dass die Ursache des Schadens in einem schuldhaften Verhalten des Verursachers liegt. Gerne werden im Kontext von Verkehrsunfällen die Reparaturkosten für Fahrzeuge, die Kosten für medizinische Behandlungen und die Kosten für Verdienstausfall als Schaden geltend gemacht. Im vorliegenden Fall werden die 1.797,58 EUR als Schadensersatzzahlung vom Gericht als gerechtfertigt angesehen.
  • § 823 BGB (Schadensersatzpflicht bei Verletzung von Rechten): Dieser Paragraph regelt, dass jeder, der vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen schädigt, verpflichtet ist, dem anderen den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. In vielen Fällen von Verkehrsunfällen wird § 823 BGB angewendet, da er die Grundlage für Schadensersatzansprüche bietet, wenn ein anderer Verkehrsteilnehmer durch das Verhalten eines anderen verletzt wurde. Im vorliegenden Fall ist es wahrscheinlich, dass mindestens einem der Beklagten eine Pflichtverletzung zugrundeliegt, was zur Schadensersatzpflicht führt.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Gesamtschuldnerschaft: Wenn mehrere Personen für einen Schaden verantwortlich sind, haften sie gemeinsam. Das bedeutet, der Geschädigte kann von jedem Einzelnen den vollen Schadensersatz verlangen.
  • Innenverhältnis: Bezeichnet die rechtlichen Beziehungen zwischen den Gesamtschuldnern untereinander. Hier wird festgelegt, welcher Schädiger welchen Anteil am Gesamtschaden zu tragen hat.
  • Schadensersatzansprüche: Das Recht des Geschädigten, vom Schädiger den Ersatz des durch den Unfall entstandenen Schadens zu verlangen. Dies umfasst beispielsweise Reparaturkosten, Schmerzensgeld oder Verdienstausfall.
  • Verursachungsanteil: Der Anteil, zu dem jeder Schädiger den Unfall verursacht hat. Dieser wird im Innenverhältnis berücksichtigt, um die Haftung zwischen den Schädigern aufzuteilen.
  • Verschuldensanteil: Der Anteil, zu dem jeder Schädiger den Unfall durch sein schuldhaftes Verhalten verursacht hat. Auch dieser wird im Innenverhältnis berücksichtigt, um die Haftung zwischen den Schädigern aufzuteilen.

Das vorliegende Urteil

AG Essen – Az.: 29 C 430/20 – Urteil vom 16.03.2022

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.797,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.04.2018 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 1/3 und den Beklagten zu 2/3 auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.
[…]

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Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Gesamtschulderinnenausgleich anlässlich eines Verkehrsunfalls vom 15.04.2017 in der Tiefgarage am M in Essen.

Die Beklagte zu 2) befuhr das Parkhaus auf Ebene 1 in Höhe der Säule K mit dem bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten Fahrzeug auf der Fahrspur Richtung Ausfahrt als Herr B ebenfalls auf Höhe der Säule K mit dem bei der Klägerin haftpflichtversicherten Fahrzeug vorwärts aus seiner Parklücke herausfuhr. Zwischen den Fahrzeugen kam es zu einer Kollision, deren genauer Hergang zwischen den Parteien streitig ist.

Die Fahrzeuge verhakten sich infolge der Kollision ineinander. Das Klägerfahrzeug stieß sodann gegen das rechts von ihm abgestellte Fahrzeug des Herrn L, wobei dieses beschädigt wurde.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 15.05.2017 forderte Herr L die Klägerin auf, den ihm entstandenen Schaden in Höhe von insgesamt 5.392,75 EUR zu erstatten. Die Klägerin regulierte daraufhin den Schaden, wobei durch ein Versehen 5.510,52 EUR gezahlt wurden.

Mit Schreiben vom 07.02.2018 forderte die Klägerin die Beklagte zu 1) zum Ausgleich des hälftigen Betrages in Höhe von 2.755,26 EUR auf. Die Beklagte zu 1) lehnte eine Ausgleichszahlung mit Schreiben vom 26.04.2018 ab.

Die Klägerin behauptet, Herr B habe mit dem Klägerfahrzeug zum Zeitpunkt der Kollision gestanden. Die Beklagte zu 2) sei mit einer Geschwindigkeit von mindestens 35 km/h gegen das stehende Klägerfahrzeug gefahren und habe das Klägerfahrzeug durch die Wucht des Aufpralls gegen das Fahrzeug des Herrn L geschoben.

Sie meint, sie habe im Rahmen eines Gesamtschuldnerinnenausgleichs jedenfalls Anspruch auf hälftige Erstattung des von Herrn L beanspruchten Schadens.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin EUR 2.696,38 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 26. April 2018 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, das Klägerfahrzeug sei aus der Parklücke herausgefahren und dabei gegen das mit 10-15 km/h vorbeifahrende Beklagtenfahrzeug gestoßen.

Sie meinen, ein Anspruch auf Gesamtschuldnerinnenausgleich bestehe wegen der alleinigen Schadensverursachung auf Klägerseite nicht.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen J. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das schriftliche Sachverständigengutachten vom 10.01.2022 (Bl. 233 ff. d.A.).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist wie tenoriert begründet.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung von 1.797,58 EUR. Ein darüber hinausgehender Anspruch kommt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht.

1.

Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten in Höhe von 1.797,58 EUR folgt aus § 426 Abs. 1 S. 1 BGB.

Nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB sind Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.

Die Klägerin und die Beklagten haften dem Geschädigten L gegenüber gem. § 840 Abs. 1 BGB grundsätzlich als Gesamtschuldner für den Fahrzeugschaden anlässlich des Verkehrsunfalls vom 15.04.2017, denn die Beschädigung seines Fahrzeuges ist jeweils bei Betrieb des bei der Klägerin haftpflichtversicherten Kfz sowie des Beklagtenfahrzeuges entstanden, §§ 7 Abs. 1, 17, 18 StVG i.V.m. § 115 VVG. Die Beschädigung ist nämlich eingetreten, nachdem das Kläger- und Beklagtenfahrzeug miteinander kollidierten, sich ineinander verhakten und infolge dessen das Klägerfahrzeug gegen das ordnungsgemäß abgestellte Fahrzeug des Herrn L stieß.

Die Klägerin kann jedoch Ausgleich nur in Höhe von 1.797,58 EUR verlangen, denn im Innenverhältnis ergibt sich eine Haftungsquote der Klägerin von 2/3 und der Beklagten von 1/3.

§ 426 Abs. 1 S. 1 BGB ordnet eine Haftung zu gleichen Anteilen an, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Eine derartige, anderweitige Bestimmung kann sich insbesondere auch aus gesetzlichen Ausgleichsregeln ergeben. Das Maß der internen Beteiligung bemisst sich dabei – entsprechend § 17 Abs. 1 StVG und § 254 BGB – in erster Linie danach, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen verursacht bzw. verschuldet worden ist. Dabei ist derjenige, der sich auf einen für ihn günstigen, vom Kopfteilregress abweichenden Ausgleichsmaßstab beruft, beweispflichtig für die Umstände, aus denen sich die abweichende Verteilung ergibt (MüKo-Heinemeyer, BGB, 8. Aufl. 2019, § 426 Rn. 15).

Nach diesen Maßstäben kommt es hier in erster Linie darauf an, in welchem Verhältnis die Parteien untereinander für die Folgen aus der zwischen ihnen stattgefundenen Kollision haften, § 17 Abs. 1 StVG. Dies führt vorliegend zu einer Haftungsquote von 2/3 auf Kläger- und 1/3 auf Beklagtenseite. Im Einzelnen:

Die grundsätzliche Haftung der Parteien dem Grunde nach als Halter und Fahrer bzw. als Versicherer der beteiligten Fahrzeuge folgt aus §§ 7 Abs. 1, 18 StVG bzw. § 115 VVG, denn auch mögliche eigene Fahrzeugschäden sind bei Betrieb beider Fahrzeuge entstanden. Ein Fall höherer Gewalt im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG lag nicht vor.

Für keinen der Unfallbeteiligten liegt ein Haftungsausschluss nach § 17 Abs. 3 StVG vor, weil die Kollision weder für den Fahrer des Klägerfahrzeuges, Herrn B, noch die Beklagte zu 2) unabwendbar war.

Unabwendbar ist ein Unfall nach ständiger Rechtsprechung nur dann, wenn dieser auch für einen sog. Idealfahrer bei Anwendung der über die gewöhnliche Sorgfalt hinausgehenden, nach den Umständen des konkreten Falles gebotenen besonderen Aufmerksamkeit, Geistesgegenwärtigkeit und Umsicht nicht zu vermeiden gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 28.05.1985 – VI ZR 258/83). Dabei ist nicht bloß entscheidend, wie ein Idealfahrer in der konkreten Situation reagiert hätte, sondern auch, ob ein Idealfahrer überhaupt in eine solche Gefahrenlage geraten wäre (BGH, Urteil vom 17.03.1992 – VI ZR 62/91). Es ist hier aber nicht ausgeschlossen, dass ein besonders aufmerksamer Fahrer des Kläger- oder Beklagtenfahrzeug den Unfall verhindert hätte. Ein Idealfahrer des Klägerfahrzeuges hätte schon nicht zum Herausfahren aus der Parklücke angesetzt, wenn sich ein Fahrzeug auf der Fahrbahn nähert. Ein Idealfahrer des Beklagtenfahrzeuges wäre mit derart verlangsamter Geschwindigkeit gefahren, dass auch bei einem plötzlichen Herausfahren ein Abbremsen zur Kollisionsverhinderung möglich gewesen wäre.

Bei der angesichts einer fehlenden Unabwendbarkeit durchzuführenden Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge hängen die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie deren Umfang nach § 17 Abs. 1, 2 StVG von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Im Rahmen der Abwägung sind alle festgestellten, d.h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben. In erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung (ständige Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 10.01.1995 – VI ZR 247/94; BGH, Urteil vom 07.02.2012 – VI ZR 133/11; OLG Hamm, Urteil vom 11.09.2012 – I-9 U 32/12). Jeder Halter hat dabei die Umstände zu beweisen, die dem anderen zum Verschulden gereichen und aus denen er die nach der Abwägung für sich günstigen Rechtsfolgen herleiten will (BGH, Urteil vom 15.11.1960 – VI ZR 30/60). Nach diesen Grundsätzen ergibt sich Folgendes:

Auf Klägerseite ist neben der allgemeinen, vom Fahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr ein Verstoß des Fahrers B gegen § 1 Abs. 2 StVO in die Abwägung einzustellen. Ein Verstoß gegen § 10 S. 1 StVO kommt hingegen nicht in Betracht, denn die Vorschrift findet hier keine Anwendung. Die Norm schützt nur die Teilnehmer des fließenden Verkehrs. Fahrspuren auf Parkplätzen und in Parkhäusern dienen hingegen nicht dem fließenden Verkehr, weshalb im Regelfall davon auszugehen ist, dass die Fahrspuren dort keine generelle Vorfahrt gewähren. Einen Vertrauensgrundsatz zugunsten des „fließenden“ Verkehrs gibt es auf Parkplätzen nicht. Vielmehr sind die gegenseitigen Rücksichtspflichten erhöht und einander angenähert (Hentschel/König/Dauer-König, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 8 StVO Rn. 31a).

Gleichwohl findet auch auf Parkplätzen ohne eindeutigen Straßencharakter das Gebot der allgemeinen Rücksichtnahme aus § 1 Abs. 2 StVO Anwendung (Hentschel/König/Dauer-König, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 1 StVO Rn. 15). Danach hat, wer am Verkehr teilnimmt, sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen vermeidbar, behindert oder belästigt wird. Im Rahmen der Pflichtenkonkretisierung nach § 1 Abs. 2 StVO können auch die Wertungen der übrigen StVO-Vorschriften Berücksichtigung finden.

Der Fahrer B ist den Sorgfaltsanforderungen des § 1 Abs. 2 StVO nicht gerecht geworden, denn zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass er mit dem Klägerfahrzeug aus der Parklücke herausgefahren und dabei gegen das vorbeifahrenden Beklagtenfahrzeug gestoßen ist, § 286 ZPO.

Das Gericht stützt sich hierbei auf die überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen J in seinem schriftlichen Gutachten vom 10.01.2022.

Dieser hat festgestellt, dass das Klägerfahrzeug mit dem linken Abschnitt der Front in Vorwärtsbewegung in den rechten vorderen Kotflügel und in den Bereich des Radausschnitts des rechten Vorderrades des Beklagtenfahrzeuges hineingefahren ist. Dies lässt sich plausibel anhand der Beschädigungen und Deformationen der Fahrzeuge herleiten. Demgegenüber lässt sich das Schadensbild nicht mit der Behauptung der Klägerseite in Einklang bringen, dass das Beklagtenfahrzeug in das stehende Klägerfahrzeug hineingefahren sei, denn in diesem Fall hätte das Beklagtenfahrzeug mit dem rechten Abschnitt der Front und dem vorderen Abschnitt des rechten vorderen Kotflügels gegen den vorderen Abschnitt des linken vorderen Kotflügels des Klägerfahrzeuges stoßen müssen.

Das Gericht schließt sich den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen in eigener Überzeugungsbildung an. Für die vorliegende Begutachtung ist er als Sachverständiger für Unfallrekonstruktion besonders qualifiziert. Die besondere Sach- und Fachkunde des Sachverständigen steht aufgrund seiner langjährigen Gutachtertätigkeit in entsprechenden Gerichtsverfahren außer Zweifel und ist auch dem Gericht aus mehreren Verfahren bekannt. Das Gutachten ist in sich schlüssig und nachvollziehbar. Insbesondere ist der Sachverständige von den zutreffenden Tatsachen ausgegangen und hat die daraus gezogenen Konsequenzen logisch und widerspruchsfrei dargestellt.

Der Fahrer B hat bei der Ausfahrt aus der Parklücke auch sorgfaltswidrig gehandelt, denn er hätte hierbei seine besondere Aufmerksamkeit auf den Verkehr auf der Fahrspur richten müssen. Dem dort fahrenden Verkehr kommt zwar nicht rechtlich, wohl aber im Interesse einer zügigen Abwicklung der Verkehrsvorgänge in tatsächlicher Hinsicht ein gewisser Vorrang zu (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 26.03.1982 – 11 U 74/81; OLG München, Urteil vom 18.01.2008 – 10 U 4156/07).

Auf Seiten der Beklagten ist ebenfalls die allgemeine Betriebsgefahr zu berücksichtigen. Daneben fällt auch der Beklagten zu 2) ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO zur Last.

Entsprechend den obigen Ausführungen ergibt sich nämlich, dass auch die Beklagte zu 2) zu gesteigerter Rücksichtnahme verpflichtet war. Sie musste ihrerseits auf die Verkehrsteilnehmer, die in die Parkboxen ein- und ausfuhren, gebührende und zumutbare Rücksicht nehmen. Da auf Parkplätzen stets mit ein- und ausparkenden Fahrzeugen zu rechnen ist, müssen Kraftfahrer so vorsichtig fahren, dass sie jederzeit anhalten können (BGH, Urteil vom 15.12.2015 – VI ZR 6/15; KG Berlin, Beschluss vom 12.10.2009 – 12 U 233/08). Diese jederzeitige Bremsbereitschaft kann nur durch eine stark herabgesetzte Geschwindigkeit im Bereich von Schrittgeschwindigkeit gewährleistet werden.

Diesen Anforderungen ist die Beklagte zu 2) nicht nachgekommen, denn selbst unter Zugrundelegung des Beklagtenvortrags, wonach die Beklagte zu 2) mit etwa 15 km/h gefahren sei, bewegte sich die Beklagte zu 2) offensichtlich in einem Geschwindigkeitsbereich, der ein jederzeitiges Abbremsen nicht gewährleistete.

Eine Abwägung der vorstehenden Verursachungsbeiträge führt zu einer Haftungsquote von 2/3 auf Kläger- und 1/3 auf Beklagtenseite. Insoweit ist entscheidend, dass der Verstoß der Beklagten zu 2) weniger schwer wiegt als der des klägerischen Fahrzeugführers.

Der Klägerseite ist insbesondere auch nicht der Nachweis gelungen, dass die Beklagte zu 2) mit einer überhöhten Geschwindigkeit von mind. 35 km/h gefahren sei, was dem Sorgfaltsverstoß auf Beklagtenseite gegen § 1 Abs. 2 StVO eine andere Qualität gegeben hätte als ein lediglich einfacher Verstoß gegen das besondere Rücksichtsgebot auf Parkplätzen.

Der Sachverständige hat nämlich insoweit überzeugend festgestellt, dass die konkrete Unfallsituation ohne weiteres mit der von Beklagtenseite behaupteten Geschwindigkeit von rund 15 km/h in Einklang zu bringen ist. Anders als der Kläger meint, kommt der Sachverständige dabei nicht zu dem Ergebnis, dass tatsächlich eine Kollisionsgeschwindigkeit von exakt 15 km/h vorgelegen haben muss, sondern er stellt lediglich fest, dass die vorliegende Kollision auch mit einer Geschwindigkeit von 15 km/h möglich war. Damit steht für das Gericht jedoch zugleich nicht zweifelsfrei fest, dass die Beklagte zu 2) – wie von Klägerseite behauptet – mit mindestens 35 km/h gefahren wäre.

Unter Zugrundelegung dieser Haftungsverteilung im Rahmen des § 426 Abs. 1 BGB ergibt sich demnach bei einem unstreitigen Schaden des Geschädigten L von 5.392,75 EUR ein interner Haftungsanteil der Beklagten in Höhe von 1.797,58 EUR.

Die Klägerin kann insoweit auch Zahlung des Betrages verlangen.

Die Ausgleichsverpflichtung nach § 426 Abs. 1 BGB besteht bereits ab Begründung der Gesamtschuld, hier also seit dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall. Bis zur Befriedigung des Gläubigers besteht er jedoch lediglich als Mitwirkungs- bzw. Befreiungsanspruch der Gesamtgläubiger untereinander (MüKo-Heinemeyer, BGB, 8. Aufl. 2019, § 426 Rn. 13). Mit der Befriedigung des Geschädigten L durch die Klägerin hat sich der Anspruch jedoch in einen auf Zahlung gerichteten Rückgriffsanspruch gewandelt.

2.

Ein weitergehender Anspruch folgt auch nicht aus § 426 Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. §§ 7 Abs. 1, 17, 18 StVG i.V.m. § 115 VVG.

Gem. § 426 Abs. 2 S. 1 BGB geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf einen Gesamtschuldner über, soweit dieser den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann.

Ein Anspruchsübergang nach § 426 Abs. 2 S. 1 BGB ist demnach gleichfalls nur in Höhe von 1.797,58 EUR erfolgt, denn nur in dieser Höhe kann die Klägerin – wie dargelegt – von den Beklagten Ausgleichung verlangen.

II.

Ein Anspruch auf die begehrten Verzugszinsen aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB besteht erst seit dem 27.04.2018, denn die Beklagte zu 1) hat mit Schreiben vom 26.04.2018 eine Ausgleichszahlung an die Klägerin endgültig abgelehnt, §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 187 Abs. 1 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 S. 1, 100 Abs. 4 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2, 1, 711 ZPO.

IV.

Der Streitwert wird auf 2.696,38 EUR festgesetzt.

 


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