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Geschäftsführerabberufung – Kündigung aus wichtigem Grund

Oberlandesgericht Karlsruhe

Az: 14 U 46/01

Urteil vom 22.03.2002


In Sachen wegen Forderung hat das Oberlandesgericht Karlsruhe – 14. Zivilsenat in Freiburg – auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2002 für Recht erkannt:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Offenburg vom 19.01.2001 – 5 O 64/98 KfH – wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:
Der Kläger macht gegen die beklagte GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer er von Februar 1997 bis zum 09.04.1998 gewesen war, Ansprüche aus dem damaligen Dienstverhältnis geltend.

Im Zusammenhang mit dem Abzug der kanadischen Streitkräfte war die Beklagte im Jahr 1992 mit dem Ziel gegründet worden, zur Stärkung des mittelbadischen Raums den ehemaligen Natoflugplatz L. zu einem zivilen Verkehrslandeplatz umzustrukturieren. Gesellschafter waren unter anderem die Industrie- und Handelskammer S., die Städte F., L. und O. sowie die Wirtschaftsregionen F. und O.. Unternehmensgegenstand der Beklagten, deren Stammkapital durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 25.06.1996 auf 1 Mio. DM erhöht wurde, waren gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags vom 25.06.1996 (K 11) der Betrieb eines zivilen Verkehrslandeplatzes in L. und die Gewährung von Nutzungsrechten zur Unterbringung der Fluggeräte von Privatpersonen; gemäß § 2 Abs. 2 des Vertrags war die Gesellschaft berechtigt, zur Förderung des Unternehmensgegenstandes geeignete Geschäfte zu tätigen, insbesondere Sport- und Kulturveranstaltungen auf dem Betriebsgelände durchzuführen.

Mit Anstellungsvertrag vom 28.01.1997 (K 2) wurde der Kläger von der Beklagten für die Dauer von zunächst fünf Jahren, beginnend am 01.02.1997, als Geschäftsführer eingestellt.

Nachdem der Kläger von Gesellschafterseite in Gesellschafterversammlungen und Arbeitskreissitzungen immer wieder für die schwierige finanzielle Situation der Beklagten verantwortlich gemacht worden war, wurde er durch Beschluss der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 09.04.1998 mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer abberufen (Seiten 6/7 des Protokolls [I 525/527]). Eine Vereinbarung der Parteien, wonach der Kläger als der Geschäftsführung unmittelbar unterstellter Betriebsleiter weiterhin für die Beklagte tätig sein sollte, scheiterte an der Forderung des Klägers nach einer Erklärung der Beklagten, „dass sie ihm gegenüber keinerlei Ersatzansprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund, geltend machen wird, und zwar auch soweit eventuelle Ersatzansprüche derzeit noch nicht erkennbar sein sollten“ (Seite 3 des Entwurfs vom 14.04.1998 einer zwischen den Parteien zu treffenden Vereinbarung [K 21]). Mit Anwaltsschreiben vom 15.04.1998 (K 3) erklärte der Kläger seinerseits gegenüber der Beklagten die fristlose Kündigung des Anstellungsverhältnisses aus wichtigem Grund. Als wichtige Gründe nannte er dabei zum einen seine am 09.04.1998 erfolgte Abberufung als Geschäftsführer und zum anderen seitens einzelner Gesellschafter gegen ihn erhobene, von ihm als unberechtigt und verletzend empfundene Vorwürfe, die die kaufmännische Seite seiner Tätigkeit betrafen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, seine Geschäftsführung sei zu Unrecht beanstandet worden. Er habe die Gesellschafter umfassend und rechtzeitig über die finanzielle Situation unterrichtet und auch seine sonstigen Geschäftsführerpflichten – insbesondere Planung und Organisation des Postnachtflugs – ordnungsgemäß erfüllt. Die mangelnde Finanzausstattung und die drohende Zahlungsunfähigkeit der Beklagten hätten ihn im März 1998 veranlasst gehabt, das Rechtsanwaltsbüro Dr. J. mit der Vorbereitung eines Vergleichsantrags zu beauftragen. Die Abberufung von seiner Funktion als Geschäftsführer sei ungerechtfertigt gewesen und habe ihm deshalb einen wichtigen Grund zur Kündigung des Dienstverhältnisses gegeben. Deshalb sei die Beklagte nicht nur verpflichtet, ihm die Geschäftsführer-Tantieme für das Jahr 1997 zu zahlen (Klageantrag Nr. 1) und die Anwaltskosten für die Vorbereitung eines Vergleichsantrags (mit 26.081,21 DM im Klageantrag Nr. 2 enthalten) zu tragen, sondern auch Schadensersatz zu leisten aufgrund des ihm durch seine Kündigung entgangenen Geschäftsführergehalts unter Berücksichtigung der „Urlaubsdifferenz“ (mit insgesamt 6.668,70 DM für die 2. Aprilhälfte im Klageantrag Nr. 2 enthalten; Klageantrag Nr. 3), für die entgangene Altersversicherung (Klageantrag Nr. 4), für entgangene künftige Tantieme (Klageantrag Nr. 5) und wegen der Kosten für die Erhaltung der Lizenz für den Flugsicherungskontrolldienst (Klageantrag Nr. 6).

Nachdem der Kläger zunächst Ansprüche in Höhe von insgesamt 307.090,44 DM geltend gemacht hatte, hat er – unter entsprechender teilweiser Klagerücknahme – zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu bezahlen

1. DM 19.540,00 nebst 6,25 % Zinsen aus 13.719,96 DM;

2. DM 32.749,91 nebst 6,25 % Zinsen seit dem 01.05.1998;

3. DM 5.523,53 nebst 6,25 % Zinsen seit dem 31.05.1998 und ab Juni 1998 bis einschließlich Januar 2002 am jeweiligen Monatsende jeweils 1.266,30 DM nebst 4 % Zinsen seit jeweiliger Fälligkeit sowie zusätzlich am 30.11.1998, am 30.11.1999, am 30.11.2000 und am 30.11.2001 jeweils weitere 8.226,80 DM nebst 4 % Zinsen seit diesen Tagen;

4. am 01.11.1998, 01.11.1999 und am 01.11.2000 jeweils DM 3.650,10 sowie am 01.11.2001 DM 912,53 nebst 4 % Zinsen seit diesen Tagen;

5. am 30.04.1999, am 30.04.2000, am 30.04.2001 und am 30.04.2002 jeweils DM 21.496,43 sowie am 30.04.2003 DM 1.791,37 nebst 4 % Zinsen seit diesen Tagen und

6. am 31.01.1999 und am 31.01.2001 jeweils DM 3.795,46 nebst 4 % Zinsen seit diesen Tagen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine Tantiemenzahlung für das Jahr 1997 lägen nicht vor. Erstattung der Anwaltskosten für den Entwurf eines Vergleichsantrags könne der Kläger nicht verlangen. Im übrigen stünden dem Kläger keine Schadensersatzansprüche zu, weil er das Dienstverhältnis selbst gekündigt habe und sie – die Beklagte – kein Auflösungsverschulden treffe. Sie habe den Kläger zu Recht als Geschäftsführer abberufen, da er seinen Pflichten nicht nachgekommen sei. Insbesondere habe er die Gesellschafterversammlung unzureichend von der finanziellen Entwicklung der Beklagten unterrichtet. Zudem seien auch erhebliche Managementfehler aufgetreten. So habe er Investitionen in Anlagevermögen und Personal getätigt, ohne für eine ausreichende Finanzierung gesorgt zu haben.

Im Wege der Widerklage hat die Beklagte gegen den Kläger Schadensersatzansprüche mit der Begründung geltend gemacht, ihm seien im Zusammenhang mit einem Anfang Juli 1997 auf dem Betriebsgelände durchgeführten Rock-Festival gravierende Fehler unterlaufen. Nachdem die Widerklage zunächst durch Teil-Versäumnisurteil vom 17.12.1999 (I 725/727) abgewiesen worden war und nach Einspruchseinlegung hat die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Teil-Versäumnisurteils vom 17.12.1999 den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte DM 158.926,47 nebst 8 % Zinsen hieraus seit 12.04.1999 zu bezahlen.

Der Kläger hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen W. S. (I 651/665), G, F, (I 675/683; I 853/873), Dr. N. E. (I 891/907) und E. N. (I 921/943). Mit Urteil vom 19.01.2001 hat das Landgericht die Widerklage abgewiesen. – Einen Tantiemenanspruch des Klägers für 1997 hatte es bejaht und die Beklagte verurteilt, an den Kläger den Nettobetrag (13.719,26 DM) zu bezahlen; hinsichtlich der auf die Tantieme entfallenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge (5.820,74 DM) hat es die Verpflichtung der Beklagten zur Abführung an die zuständige Finanzbehörde bzw. den zuständigen Sozialversicherungsträger festgestellt. Weiter hat es die Beklagte verurteilt, vom Kläger bezahlte Anwaltskosten für den Entwurf eines Vergleichsantrags (26.081,21 DM) zu erstatten. – Die weitergehende Klage hat das Landgericht abgewiesen. Einen Schadensersatzanspruch des Klägers nach § 628 Abs. 2 BGB hat es mit der Begründung verneint, die organschaftliche Abberufung eines Geschäftsführers durch die GmbH stelle für sich allein noch kein vertragswidriges Verhalten dar; auch die sonstigen vom Kläger für die Begründung seiner Kündigung herangezogenen Umstände begründeten kein Auflösungsverschulden der Beklagten, denn die kaufmännischen Leistungen des Klägers und sein Management als Geschäftsführer seien zu Recht kritisiert und beanstandet worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

Während die Beklagte das landgerichtliche Urteil hinnimmt, verfolgt der Kläger seine Anträge auf Schadensersatz gemäß § 628 Abs. 2 BGB (erstinstanzliche Klageanträge Nr. 2 [soweit er das die zweite Aprilhälfte betreffende Geschäftsführergehalt betrifft] und Nr. 3 bis Nr. 6) weiter, wobei er sie den zwischenzeitlich eingetretenen Fälligkeiten entsprechend umformuliert. Er greift die Auffassung des Landgerichts an, wonach weder seine Abberufung als Geschäftsführer noch die sonstigen Vorkommnisse für den Kläger einen wichtigen Grund zur Beendigung des Einstellungsverhältnisses darstellen. Dabei wiederholt und vertieft er im wesentlichen seine diesbezüglichen erstinstanzlichen Ausführungen. – Der Kläger meint, bei Verneinung eines Schadensersatzanspruch gem. § 628 Abs. 2 BGB wegen Fehlens eines wichtigen Grundes für die von ihm ausgesprochene fristlose Kündigung müsse auch die Kündigung als unwirksam angesehen werden. Für diesen Fall stützt er den geltend gemachten Anspruch auf § 611 BGB.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu bezahlen:

a) weitere 6.668,70 DM nebst 6,25 % Zinsen hieraus seit dem 01.05.1998;

b) weitere 5.523,53 DM nebst 6,25 % Zinsen hieraus seit 31.05.1998;

c) weitere 43.054,20 DM nebst

aa) 4 % Zinsen aus 1.266,30 DM seit dem 30.06.1998 sowie jeweils 4 % Zinsen aus den an den auf den Juni 1998 bis Mai 2000 folgenden Monatsenden jeweils weiter fälligen 1.266,30 DM seit jeweiligem Fälligkeitstag zu bezahlen, nebst zusätzlicher

bb) Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus weiteren 1.266,30 DM seit dem 30.06.2000 sowie jeweils Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz den an den auf den Juni 2000 bis zum Juni 2000 folgenden Monatsenden jeweils weiter fälligen 1.266,30 DM seit jeweiligem Fälligkeitstag

sowie

ab April 2001 bis einschließlich Januar 2002 am jeweiligen Monatsende jeweils weitere 1.266,30 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab jeweiliger Fälligkeit;

d) weitere 24.680,40 DM nebst

aa) 4 % Zinsen aus 8.226,80 DM seit dem 30.11.1998,

bb) 4 % Zinsen aus weiteren 8.226,80 DM seit dem 30.11.1999,

cc) Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus weiteren 8.226,80 DM seit dem 30.11.2000 und am 30.11.2001 weitere 8.266,80 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz, ab diesem Tage;

e) weitere 10.150,30 DM nebst

aa) 4 % Zinsen aus 3.650,10 DM seit dem 01.11.1998

bb) 4 % Zinsen aus weiteren 3.650,10 DM seit dem 01.11.1999

cc) Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus weiteren 3.650,10 DM seit dem 01.11.2000 und am 01.11.2001: 912,53 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab diesem Tage;

f) weitere 42.992,86 DM nebst

aa) 4 % Zinsen aus 21.496,43 DM seit dem 30.04.1999,

bb) 4 % Zinsen aus weiteren 21.496,43 DM seit dem 30.04.2000, sowie am 30.04.2001 weitere 21.496,43 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab diesem Tage und am 30.04.2002 weitere 1.791,37 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab diesem Tage und

g) weitere 7.590,92 DM nebst

aa) 4 % Zinsen aus 3.795,46 DM seit dem 31.01.1999, und

bb) Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus weiteren 3.795,46 DM seit dem 31.01.2001.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Dabei vertritt sie die Auffassung, Schadensersatzansprüche scheiterten bereits an den §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 615 Satz 2 BGB. Denn ein Schaden wäre ihm dann nicht entstanden, wenn er – was ihm zumutbar gewesen wäre – das Angebot der Beklagten angenommen hätte, zu den gleichen Bedingungen wie bisher als Betriebsleiter bei ihr weiterzuarbeiten. – Ansprüche aus §§ 611, 615 BGB seien schon deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger sie im bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht geltend gemacht habe. Vorsorglich akzeptiert die Beklagte die vom Kläger ausgesprochene fristlose Kündigung. – Im übrigen wiederholt die Beklagte im wesentlichen ihren früheren Vortrag.

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Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf die richterlichen Niederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Mit Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Mit dem Landgericht ist der Senat der Auffassung, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen eines – zur Begründung der Klageforderung allein in Betracht kommenden – Schadensersatzanspruchs nach § 628 Abs. 2 BGB nicht vorliegen.

1. Allerdings ist das am 28.01.1997 zwischen den Parteien begründete Dienstverhältnis durch die seitens des Klägers mit Anwaltsschreiben vom 15.04.1998 (K 3) auf eine sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses gerichtete und als „fristlose Kündigung“ bezeichnete Erklärung beendet worden, so dass vom Kläger in der Berufungsinstanz ins Spiel gebrachte Vergütungsansprüche (§ 611 Abs. 1 BGB) von vornherein ausscheiden.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob bereits allein seine Abberufung als Geschäftsführer dem Kläger die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung unzumutbar machte und ihn zur Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB berechtigte (so offenbar – freilich apodiktisch und ohne Begründung – Scholz/Schneider, GmbHG, 9. Auflage 2000, Rdn. 34 zu § 38 und Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, 3. Auflage 1996, Rdn. 42 zu § 38, letztere mit unzutreffendem Hinweis auf Fleck, Das Dienstverhältnis der Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer in der Rechtsprechung des BGH, WM 1981, Sonderbeilage Nr. 3, S. 3 ff., 10; einschränkend Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Auflage 2000, Anh. § 6 Rdn. 58 [„regelmäßig“] und Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Auflage 2000, Rdn. 115 a zu § 35 [„in der Regel“]; vgl. ferner für den Fall einer den Geschäftsführer weitgehend „entmachtenden“ Satzungsänderung OLG Frankfurt, NJW-RR 1993, S. 1259 ff., 1260; a.A. OLG Frankfurt, BB 1981, S. 265; Schwerdtner, in: Münch. Kommentar, BGB, 3. Auflage 1997, Rdn. 23 zu § 628). Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob das im Kündigungsschreiben seines Anwalts vom 15.04.1998 als weiterer Kündigungsgrund genannte Verhalten einzelner Gesellschafter den Kläger zur Kündigung des Dienstverhältnisses aus wichtigem Grund berechtigt hat. Wäre nämlich dem Kläger die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses in Hinblick auf die ihm von der Beklagten angebotene Weiterbeschäftigung als Betriebsleiter zumutbar gewesen, so wäre zwar die von ihm ausgesprochene fristlose Kündigung mangels Kündigungsgrundes unwirksam gewesen; jedoch wäre dann das Dienstverhältnis durch stillschweigende Annahme der dann in ein Angebot zur Vertragsaufhebung umzudeutenden Kündigungserklärung durch die Beklagte – anders kann deren Verhalten angesichts der gesamten Umstände nicht verstanden werden – beendet worden.

2. Indessen fehlt es in bezug auf beide vom Kläger angeführte Kündigungsgründe an einem sog. Auflösungsverschulden der Beklagten als weiterer Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch gem. § 628 Abs. 2 BGB auch dann, wenn man den Kläger angesichts seiner organschaftlichen Ablösung als Geschäftsführer als zur fristlosen Kündigung des Dienstverhältnisses berechtigt ansehen wollte.

a) Seine organschaftliche Abberufung als Geschäftsführer stellt für den Kläger auch dann, wenn man ihn deshalb als zur fristlosen Kündigung des Dienstverhältnisses berechtigt ansehen wollte, kein vertragswidriges Verhalten der Beklagten dar und zwar – von den Fällen des Rechtsmißbrauchs abgesehen – unabhängig davon, ob der Kläger Anlass für seine Abberufung gegeben hatte oder nicht. Dies ergibt sich nach Auffassung des Senats ohne weiteres daraus, daß gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG Geschäftsführer dann, wenn – wie hier – im Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt ist (vgl. § 38 Abs. 2 GmbHG), jederzeit und ohne Vorliegen von Gründen (Zöllner, a.a.O., Rdn. 2 zu § 38) abberufen werden können. Daran ändert weder der Umstand etwas, daß die Ablösung aus der Organstellung – wie sich aus der in § 38 Abs. 1 GmbHG enthaltenen Formulierung „unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen“ ergibt – das der Bestellung zum Geschäftsführer zugrundeliegende Rechtsverhältnis nicht notwendigerweise beendet (vgl. Zöllner, a.a.O., Rdn. 1 zu § 38), noch daß der hier in Rede stehende Dienstvertrag vom 28.01.1997 gemäß dessen § 8 Nr. 1 Satz 2 „auf die Dauer von fünf Jahren fest geschlossen“ war.

Angesichts des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung ist nämlich davon auszugehen, daß die internen Rechte und Pflichten von Vertragsparteien mit deren gesetzlichen Befugnissen und Beschränkungen im Außenverhältnis harmonieren. Auf den Dienstvertrag eines Geschäftsführers bezogen bedeutet dies, daß die nicht in Widerspruch zum Gesellschaftsvertrag stehende Abberufung des Geschäftsführers – wiederum abgesehen von den Fällen des Rechtsmißbrauchs – auch nicht vertragswidrig ist, es sei denn, der Dienstvertrag enthielte eine Verpflichtung der Gesellschaft, die Geschäftsführerstellung etwa nur aus wichtigem Grund zu beenden (dazu, dass eine derartige Verpflichtung – anders als eine Beschränkung der Abberufbarkeit – wirksam erfolgen kann, vgl. Zöllner, a.a.O., Rdn. 11 zu § 38 m.w.N.). Eine derartige Verpflichtung der beklagten GmbH – deren Verletzung dem Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz gewähren würde (Zöllner, a.a.O., Rdn. 11 zu § 38) – ist dem zwischen den Parteien geschlossenen Dienstvertrag vom 28.01.1997 indessen nicht zu entnehmen. Insbesondere ist der Bestimmung nach § 8 Nr. 1 Satz 2, wonach der Vertrag „auf Dauer von fünf Jahren fest geschlossen ist“, keine uneingeschränkte Verpflichtung der Beklagten zu entnehmen, den Kläger für diese Zeit als Geschäftsführer zu beschäftigen.

Davon, daß die Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer als rechtsmißbräuchlich zu bewerten wäre, kann nicht die Rede sein. Daß das Vertrauen der Gesellschafter der Beklagten in den Kläger verlorengegangen war, wird insbesondere angesichts der – vom Kläger gleichfalls zur Begründung der von ihm ausgesprochenen Kündigung herangezogenen – zahlreichen Beanstandungen seiner Geschäftsführung durch einzelne Gesellschafter deutlich. Daß diese Vorwürfe jedenfalls nicht aus der Luft gegriffen waren – Voraussetzung für eine Rechtsmißbräuchlichkeit der Abberufung des Klägers als Geschäftsführer -, ergibt sich aus den Ausführungen unten zu b).

b) Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, können auch die von einzelnen Gesellschaftern gegen den Kläger erhobenen und von diesem als unberechtigt und verletzend empfundenen Vorwürfe kein zur Schadensersatzpflicht nach § 628 Abs. 2 BGB führendes Auflösungsverschulden begründen. Aufgrund der vom Landgericht durchgeführten umfangreichen Beweisaufnahme steht zur Überzeugung auch des Senats fest, daß die Geschäftsführung des Klägers Anlaß zu Kritik gegeben hatte. Auf die das Ergebnis der Beweisaufnahme sorgfältig würdigenden Ausführungen unter Abschnitt I 3 b der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, denen sich der Senat in vollem Umfang anschließt, wird Bezug genommen. Ob die geäußerte Kritik in allen Einzelheiten berechtigt war, ist für die Frage des Auflösungsverschuldens unerheblich. Die vom Dienstverpflichteten erbrachten Tätigkeiten betreffende kritische Äußerungen des Dienstherrn sind grundsätzlich zulässig. Ein Recht zur Beendigung des Dienstverhältnisses – und damit einen Schadensersatzanspruch gem. § 628 Abs. 2 BGB – können sie dem Dienstverpflichteten allenfalls dann geben, wenn sie ohne jede Grundlage oder maßlos überzogen sind oder aber die Grenze zur groben Beleidigung (hierzu Staudinger/Preis, BGB, 13. Bearb. 1995, Rdn. 241 zu § 626 m.w.N.) überschreiten. Eine derartige Situation lag hier aber nicht vor.

Der Berufungsvortrag gibt dem Senat keinen Anlaß, die vom Landgericht durchgeführte Beweisaufnahme zu wiederholen. Der Kläger hat zwar in der Berufungsbegründung ausgeführt, das Landgericht habe näher bezeichnete und vom Kläger als wichtige Kündigungsgründe angesehene erstinstanzlich vorgetragene Tatsachen außer acht gelassen. Indessen hat das Landgericht den komplexen diesbezüglichen Vortrag des Klägers auf seine rechtliche Relevanz geprüft, soweit erforderlich Beweis erhoben und das Ergebnis der Beweisaufnahme sorgfältig gewürdigt. Dagegen bringt die Berufungsbegründung keine hinreichend substantiierten Rügen vor.

II.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache war die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F.).

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