Oberlandesgericht Hamm
Beschluss vom 25.08.2009
Az: 2 Ss OWi 593/09
Vorinstanz: Amtsgericht Recklinghausen, Az.: 35 OWi 59 Js 1091/08 (772/08)
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den
insoweit getroffenen Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird als unbegründet
verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht
Recklinghausen zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Recklinghausen hat den Betroffenen wegen einer fahrlässigen
Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße in
Höhe von 95,00 € verurteilt und außerdem gegen ihn ein Fahrverbot für die
Dauer eines Monats mit der Maßgabe nach § 25 Abs. 2 a StVG festgesetzt.
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt wie erkannt.
II.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig.
Sie ist auch hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs begründet. Im Übrigen war
sie zu verwerfen.
Die auf die erhobene Sachrüge gebotene Überprüfung des angefochtenen
Urteils in materiell rechtlicher Hinsicht deckt hinsichtlich des Schuldspruchs
Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht auf. Die getroffenen
Feststellungen sind in sich widerspruchsfrei, verstoßen weder gegen
Denkgesetze noch allgemeine Erfahrungssätze und tragen die Verurteilung.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu in ihrer Stellungnahme vom 31. Juli
2009 Folgendes ausgeführt:
„Die auf die – ausschließlich – erhobene Rüge der Verletzung materiellen
Rechts gebotene Überprüfung des Urteils deckt hinsichtlich der
Feststellungen zu dem Geschwindigkeitsverstoß des Betroffenen
Rechtsfehler zu seinem Nachteil nicht auf.
Entgegen dem Vorbringen in der Rechtsbeschwerdebegründung sind die
Feststellungen in sich widerspruchsfrei und verstoßen nicht gegen Denkund
Erfahrungssätze.
Insbesondere sind die Feststellungen zur Messmethode ausreichend, da es
sich bei dem Messverfahren mit dem Lasergeschwindigkeitsmessgerät
Riegl LR 90-235/P um ein sogenanntes standardisiertes Messverfahren
handelt (zu vgl. Hentschel, StVR, 39. Aufl., § 3 StVO, Rdnr. 61 m.w.N.). Es
genügt demzufolge grundsätzlich die – vorliegend erfolgte – Mitteilung des
Messverfahrens und des berücksichtigten Toleranzwerts im Urteil.
Soweit der Betroffene vorträgt, dass die Zeugen I und K angegeben hätten,
an den Messvorgang keine konkrete Erinnerung zu haben, finden diese
Ausführungen in dem angefochtenen Urteil keine Stütze.
Bereits vor diesem Hintergrund weist die Beweiswürdigung des
Amtsgerichts Rechtsfehler nicht auf.
Soweit der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde die Beweiswürdigung
des Amtsgerichts Recklinghausen dadurch anzugreifen versucht, dass sich
aus dem Zusatzblatt zu dem Messprotokoll die abgelesene Geschwindigkeit
von 102 km/h nicht ergebe, ist dieser Einwand unbegründet. Denn die
diesbezüglichen Ausführungen des Gerichts im Zusammenhang mit der
Ablehnung des gestellten Beweisantrags sind nicht „unklar, widersprüchlich
und denkfehlerhaft“. Soweit das angefochtene Urteil von der „5. Spalte“ des
Zusatzblattes 01 ausgeht, ist hiermit erkennbar die – abzüglich der Spalte
mit der „lfd. Nr.“ – fünfte horizontal verlaufende Rubrik „abgelesene
Geschwindigkeit“ und nicht etwa die vertikal angegebene fortlaufende
Nummer der kontrollierten Fahrzeuge („Fahrzeug BMW, Farbe grün“)
gemeint. Darüber hinaus ist auch bei verständiger Lesart des Zusatzblatts
die abgelesene Geschwindigkeit von 102 km/h unzweifelhaft zu erkennen.“
Einen zumindest vorläufigen Erfolg hat das Rechtsmittel jedoch hinsichtlich des
Rechtsfolgenausspruchs.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu in ihrer Stellungnahme vom 31. Juli
2009 Folgendes ausgeführt:
„Dagegen unterliegt der Rechtsfolgenausspruch der Aufhebung.
Denn das angefochtene Urteil enthält keine Feststellungen zu den
persönlichen, insbesondere den beruflichen Verhältnissen des Betroffenen.
Es wird lediglich mitgeteilt, dass der Betroffene straßenverkehrsrechtlich
bereits in Erscheinung getreten ist (BI. 27 R d.A.), weitere Ausführungen
enthält das angefochtene Urteil auch im Rahmen der
Rechtsfolgenbemessung nicht. Damit ist es dem Rechtsbeschwerdegericht
nicht möglich zu prüfen, ob die Verhängung des Fahrverbots, etwa wegen
besonderer Umstände in den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen,
eine unverhältnismäßige Reaktion auf die Tat darstellt. Die Notwendigkeit,
hierzu Feststellungen zu treffen, entfällt auch nicht deshalb, weil der
Regelfall des § 4 Abs. 2 S. 2 BKatV vorliegt. Denn gemindert ist in einem
solchen Fall für den Tatrichter allein der notwendige Begründungsaufwand
(zu vgl. Senatsbeschluss vom 22.05.2002 -2 Ss OWi 200/02 – sowie vom
18.08.2003 – 2 Ss OWi 390/03 – OLG Hamm, Beschluss vom 28.06.2003 –
3 Ss OWi 182/03 -).
Das Amtsgericht war von der Notwendigkeit, entsprechende Ausführungen
zu treffen, auch nicht deshalb davon entbunden, weil der Betroffene erst
kurz vor dem hier in Rede stehenden Geschwindigkeitsverstoß wegen
eines einschlägigen Verkehrsdelikts mit einem Bußgeld sanktioniert worden
ist. Zwar belegt die schnelle Rückfallgeschwindigkeit eine gewisse
Hartnäckigkeit in dem Verhalten des Betroffenen. Da indes weitere
verkehrsrechtliche Eintragungen nach den Urteilsfeststellungen nicht
vorliegen, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die
Verhängung des einmonatigen Fahrverbots die einzig angemessene
Reaktion auf das Fahrverhalten des Betroffenen darstellt.
Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass
zwischen der Verhängung des Fahrverbots und der Bemessung der
Geldbuße eine Wechselwirkung besteht, unterliegt der
Rechtsfolgenausspruch der Aufhebung.“
Der Senat schließt sich den zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwalt
-schaft an und macht diese zum Gegenstand seiner Entscheidung.
Das Urteil war daher im Rechtsfolgenausspruch mit den dazugehörigen
Feststellungen aufzuheben und die Sache in diesem Umfang an das
Amtsgericht Recklinghausen zur erneuten Verhandlung und Entscheidung –
auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens – zurück zu verweisen.