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Geständnis im Strafverfahren – Würdigung im Zivilverfahren

Oberlandesgericht Koblenz

Az: 6 U 536/06

Urteil vom 18.01.2007


Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2006 für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 14. März 2006 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen unerlaubter Handlung auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Beklagte war Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der F… GmbH (im Folgenden GmbH). Auf seinen Antrag vom 28. Oktober 1997 eröffnete das Amtsgericht Bitburg am 29. Dezember 1997 das Konkursverfahren über das Vermögen der GmbH wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Das Konkursverfahren wurde am 11. Februar 2000 wegen Masseunzulänglichkeit eingestellt.

Die Klägerin zahlte an die Mitarbeiterin der GmbH Konkursausfallgeld in Höhe von 395.095,27 DM (= 196.896,05 EUR), das sie mit der Klage ersetzt verlangt.

Der Beklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Trier vom 31. Juli 2003 – Az.: 2150 Js (Wi) 56396/97 – 4 Ls – wegen Insolvenzverschleppung und Betruges in 8 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Der Kläger hat vorgetragen, die GmbH sei seit Januar 1996 zahlungsunfähig gewesen. Die Löhne der Arbeitnehmer seien verspätet gezahlt worden. Seit Anfang 1997 seien die von den Banken eingeräumten Kreditrahmen überschritten worden. Die GmbH habe sich Liquidität verschafft durch Scheckreiterei und ersparte Umsatzsteuervorauszahlungen infolge falscher Umsatzsteuervoranmeldungen. Der Beklagte habe ferner Bilanzfälschungen begangen, indem Liefertantenrechnungen nicht gebucht worden seien. Die Zahlungsunfähigkeit ergebe sich auch aus einer Vielzahl von gegen die GmbH ausgebrachten Pfändungen. Zudem stehe aufgrund des Geständnisses des Beklagten im Strafverfahren fest, dass Zahlungsunfähigkeit bereits seit Januar 1996 bestanden habe. Durch die Konkursverschleppung habe der Beklagte sie, die Klägerin, in sittenwidriger Weise geschädigt.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 196.896,05 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. Februar 2005 zu zahlen,

festzustellen, dass die Zahlungsverpflichtung auf einer unerlaubten Handlung beruht.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Einrede der Verjährung erhoben und geltend gemacht, Zahlungsunfähigkeit habe erst am 28. Oktober 1997 bestanden, als seine Hausbank den eingeräumten Kreditrahmen gekündigt habe. Die Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung sei zu Unrecht erfolgt. Das von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung verlesene Geständnis sei nach Absprache mit den Verfahrensbeteiligten und allein vor dem Hintergrund erfolgt, dass es andernfalls zu einer höheren Bestrafung und einem langen Prozess mit einer großen Öffentlichkeitswirksamkeit gekommen wäre. Die Vorwürfe der Klägerin über verspätete Lohnzahlungen, Scheckreitereien, Bilanzfälschungen und falsche Umsatzsteuervoranmeldungen seien unzutreffend. Gewährte Bankkredite seien abgesichert gewesen. Bei den Pfändungen seien deren Geringfügigkeit sowie der Umstand zu berücksichtigen, dass zahlreiche Doppelpfändungen vorlägen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es stehe schon eine Zahlungseinstellung ab Januar 1996 nicht fest, jedenfalls fehle es bei dem Beklagten an den subjektiven Voraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung, da er in dem Bemühen gehandelt habe, Arbeitsplätze aufrechtzuerhalten.

Gegen das Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Vortrag im Wesentlichen wiederholt und vertieft.

Die Klägerin beantragt im Berufungsverfahren,

den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an sie 196.896,05 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. Februar 2005 zu zahlen,

festzustellen, dass die Zahlungsverpflichtung auf einer unerlaubten Handlung beruht.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Strafakten 2150 Js 56396/97 Wi – 4 Ls – AG Trier waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1. Nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26. Juni 1989 (BGH NJW 1989, 3277 ff.) kann die verzögerte Konkursantragstellung des Geschäftsführers einer konkursreifen Gesellschaft, der die Schädigung von Gläubigern billigend in Kauf nimmt, den Tatbestand der sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB erfüllen. Der Klägerin kann daher grundsätzlich gegen den Beklagten als Geschäftsführer der GmbH ein Schadensersatzanspruch wegen Konkursverschleppung nach § 826 BGB zustehen, wenn dieser bei der hier allein in Betracht kommenden Zahlungsunfähigkeit der GmbH seiner Konkursantragspflicht nicht nachgekommen ist.

Nach dem für den Streitfall einschlägigen früheren Recht setzte der Konkursgrund der Zahlungsunfähigkeit (§ 102 KO) voraus, dass der Schuldner dauernd unvermögend war, seine Zahlungsverpflichtungen im Wesentlichen zu erfüllen (RGJW 1994, 841; BGHZ 118, 171, 174; ZIP 1991, 39, 40; 1014; BGHSt 31, 32; BGH NJW 2005, 3062). Bei der Frage, ob der Schuldner unvermögend war, seine Zahlungsverpflichtungen im Wesentlichen zu erfüllen, sind die verfügbaren Mittel zu den insgesamt fälligen Zahlungsverbindlichkeiten ins Verhältnis zu setzen. Es ist zu ermitteln, ob die Zahlung oder die Nichtzahlung Regel oder Ausnahme ist (Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl., § 102 Rdnr. 2 a). Im Schrifttum wurde Zahlungsunfähigkeit nach § 102 KO angenommen, wenn 10 % bis 25 % der fälligen Forderungen ungedeckt waren (vgl. Nachweise bei Kuhn/Uhlenbruck, aaO). Als dauerhaft wurde der Mangel an Geldmitteln dann bezeichnet, wenn die zur Bezahlung der fälligen Verbindlichkeiten erforderlichen Mittel nicht nur vorübergehend ausblieben. In Literatur und Rechtsprechung wurden unterschiedliche Zeitspannen von 1 Woche bis 3 Monaten zugrunde gelegt, bei deren Überschreiten der Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit gerechtfertigt sei (Obermüller, DB 1973, 269 mehr als 10 Tage; Papke, DB 1969, 736 -6 Wochen; Veit, ZIP 1982, 276 -2 Monate; Schlüchter, MDR 1978, 268 – 3 Monate; RGZ 132, 282 – 10 Tage).

Auf die Merkmale der „Dauer“ und der „Wesentlichkeit“ hat der Gesetzgeber der Insolvenzordnung bei der Umschreibung der Zahlungsunfähigkeit in § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO zwischenzeitlich verzichtet.

2. Im Streitfall hat die Klägerin die Voraussetzungen einer Zahlungsunfähigkeit der GmbH bis zur Stellung des Antrags auf Konkurseröffnung durch den Beklagten am 28. Oktober 1997 nicht ausreichend dargetan. Soweit den vorgetragenen Beweisanzeichen ein Beweiswert überhaupt beigemessen werden kann, reichen sie weder für sich betrachtet noch in ihrer Gesamtheit aus, um annehmen zu können, die GmbH sei bereits im Januar 1996 oder zu einem späteren, für den Schadenseintritt der Klägerin noch relevanten Zeitpunkt zahlungsunfähig gewesen.

a) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin zunächst auf die Wirkungen des Geständnisses des Beklagten im Strafverfahren.

Ein in einem anderen Prozess abgelegtes Geständnis entfaltet nicht die Wirkungen der §§ 288, 290 ZPO, sondern ist lediglich im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO als Indiz für die Wahrheit der zugestandenen Tatsachen zu berücksichtigen (BGH NJW-RR 2004, 1001 m.z.w.N.). In diesem Rahmen kann das Geständnis eine so große Beweiskraft entfalten, dass es zur richterlichen Überzeugungsbildung auch dann ausreicht, wenn es widerrufen worden ist und die beweisbelastete Gegenpartei keine weiteren Beweismittel vorgebracht hat. Der Zivilrichter hat seine Überzeugung grundsätzlich selbst zu bilden und ist daher an die Tatsachenfeststellungen eines Strafurteils nicht gebunden. Das enthebt ihn jedoch nicht der Pflicht, sich jedenfalls mit den im Strafurteil getroffenen Feststellungen gründlich auseinanderzusetzen, soweit diese für die eigene Beweiswürdigung relevant sind (BGHR, EGZPO § 14 Abs. 2 Nr. 1 Strafurteil 1; OLG Koblenz AnwBl. 1990, 215, KG Beck RS 2006, 2259 und 2260).

Die Feststellungen in dem gegen den Beklagten ergangenen Strafurteil lauten wie folgt (vgl. Bl. 782 ff., 784, 787 der Strafakten):

„Die Firma F… GmbH war …. seit Januar 1996 zahlungsunfähig. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war der Angeklagte nicht mehr in der Lage, die Verbindlichkeiten der Gesellschaft bei Fälligkeit im Wesentlichen zu begleichen. Obgleich die Firma F… GmbH spätestens seit Januar 1996 zahlungsunfähig war, beantragte der Angeklagte als Alleingeschäftsführer nicht ohne schuldhaftes Zögern, spätestens innerhalb von 3 Wochen nach Eintritt der von ihm erkannten Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Firmenvermögen.

….

Der in vollem Umfange geständige Angeklagte hat sich somit wie tenoriert schuldig gemacht.“

Diese Feststellungen sind nicht ausreichend, um den Senat von dem dargestellten Sachverhalt zu überzeugen. Sie erschöpfen sich in der Wiedergabe der Tatbestandsmerkmale des Straftatbestands der Insolvenzverschleppung und beinhalten keine Einzelheiten, die zur Grundlage einer Überzeugungsbildung gemacht werden könnten.

Unabhängig von der Unergiebigkeit der Feststellungen des Strafurteils bleibt allerdings der Umstand zu berücksichtigen, dass der Beklagte sich im Strafverfahren geständig eingelassen hat. Das Geständnis reicht allerdings ebenfalls nicht aus, um den Senat von einer Zahlungsunfähigkeit der GmbH zu überzeugen oder als Beweisanzeichen hierfür herangezogen werden zu können.

Der Beklagte hat sich dahin eingelassen, sein im Strafverfahren abgelegtes Geständnis sei lediglich ein taktisches Geständnis gewesen, um eine höhere Freiheitsstrafe zu vermeiden und den ansonsten länger andauernden und mit einer großen Öffentlichkeitswirksamkeit verbundenen Prozess abzukürzen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagte im Rahmen seiner Anhörung ergänzt, dass er eine Schuld nie habe eingestehen wollen, weil die GmbH nicht zahlungsunfähig gewesen sei. Allein aufgrund des Drängens seiner damaligen Verteidiger und des Gerichts habe er sich schließlich auf den Deal eingelassen. Gegen seine Überzeugung habe er allerdings selbst kein Geständnis in der Hauptverhandlung ablegen können; dies habe sein Verteidiger für ihn getan.

Der Senat hält die Einlassung des Beklagten für nachvollziehbar und glaubhaft, weil sie durch den Verlauf des Strafverfahrens bestätigt wird. Der Beklagte hat über seine Verteidiger mit Schreiben vom 22. November 2001 (Bl. 552 ff. der Strafakten) eine umfassende Einlassung zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen abgegeben. Dabei hat er detailliert die geschäftlichen Beziehungen der GmbH zu den Banken dargelegt und erläutert, wie die bei der GmbH Mitte 1997 auftretenden Liquiditätsengpässe über private Darlehenzuführungen ausgeglichen worden seien. Insgesamt hat er die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestritten. In der Anklageschrift vom 9. Juli 2002 (Bl. 736 ff. der Strafakten) ist als Beweismittel folgerichtig auch keine geständige Einlassung des Angeschuldigten angeführt, sondern lediglich dessen Einlassung (Bl. 741 der Strafakten). Die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Trier am 31. Juli 2003 dauerte ausweislich des Protokolls lediglich 35 Minuten (Bl. 776 ff. der Strafakten). Zu der Vernehmung des Angeklagten lautet das Protokoll wie folgt:

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„Der Angeklagte legte über seinen Verteidiger ein umfassendes Geständnis ab.“

Anschließend wurde der in der Anklage unter III. erhobene Vorwurf der Steuerverkürzung gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt. Angesichts des zuvor abgelegten „umfassenden Geständnisses“ ergibt diese Einstellung nur vor dem Hintergrund Sinn, dass vorterminlich Absprachen zwischen den Verfahrensbeteiligten über Verfahrenseinstellungen und das auszuwerfende Strafmaß erfolgt sind, wie es der Beklagte geschildert hat.

Bei dieser durch die Strafakten dokumentierten Sachlage folgt der Senat der Einlassung des Beklagten und kommt seinem „Geständnis“ im Strafverfahren keine entscheidende Bedeutung für den vorliegenden Rechtsstreit zu.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann nicht angenommen werden, dass ein strafrechtliches Geständnis im Bereich der Insolvenzstraftaten nicht nur maßgebliche Indizwirkung habe, sondern zum Vorliegen eines Anscheinsbeweises führe. Zur Begründung dieser Auffassung führt die Klägerin aus, es sei höchstrichterlich anerkannt, dass auch Rechtsbegriffe wie etwa die Frage des Vorliegens der Zahlungsunfähigkeit Gegenstand eines gerichtlichen Geständnisses sein könnten. Eine § 288 ZPO vergleichbare Wirkung des Geständnisses folge auch daraus, dass die Legaldefinitionen der §§ 17 ff. InsO für die Auslegung der Insolvenzstraftaten der §§ 283 ff. StGB bindend seien. Vor dem Hintergrund der strengen Akzessorietät des Strafrechts und des Zivilrechts setze das strafrechtliche Geständnis also eine zivilrechtliche Parallelwertung des Täters voraus. Da der Gesetzgeber der persönlichen Wertung des Geschäftsführers eine hohe Priorität bei der Entscheidung über das Vorliegen der Insolvenzantragsgründe eingeräumt habe und diese Priorität sowohl im strafrechtlichen als auch im zivilrechtlichen Verfahren gelte, seien Gründe, warum ein Angeklagter, der sich hinsichtlich des Vorwurfs einer Konkursverschleppung geständig einlasse, im Zivilverfahren an dieses Geständnis nicht gebunden sein solle, nicht ersichtlich.

Dem vermag der Senat bei den Gegebenheiten des Streitfalls nicht zu folgen.

Es kann unentschieden bleiben, ob ein strafrechtliches Geständnis in bestimmten Fallgestaltungen zum Vorliegen eines Anscheinsbeweises führen kann. Diese Auffassung wird auch von der Rechtsprechung, soweit ersichtlich, nicht vertreten. Im Streitfall liegen jedoch die oben genannten Besonderheiten vor, die es nicht gerechtfertigt erscheinen lassen, vom Vorliegen eines Anscheinsbeweises auszugehen. Zu sehen ist, dass das Strafverfahren bereits lange abgeschlossen war, bevor es zu dem vorliegenden Rechtsstreit kam. Der Beklagte hat das Geständnis über seinen Verteidiger in einem isolierten und nicht parallel mit dem Zivilverfahren laufenden Strafprozess abgelegt. Es ist fern liegend anzunehmen, dass der Beklagte die Bedeutung eines Geständnisses im Strafverfahren für einen zum Zeitpunkt des Geständnisses nicht erkennbaren Zivilprozess bedacht oder auch nur erkannt hat. Unter den dargestellten Umständen des Zustandekommens des Geständnisses kann auch nicht angenommen werden, der Beklagte habe bei der Abgabe des strafrechtlichen Geständnisses durch seinen Verteidiger eine zivilrechtliche Parallelwertung des Begriffs der Zahlungsunfähigkeit vorgenommen.

Aus der von der Klägerin herangezogenen Entscheidung des BGH vom 15. März 2004 (NJW-RR 2004, 1001 f.) ergibt sich nichts anderes. Der BGH hat in dieser Entscheidung betont, dass ein in einem anderen Prozess abgelegtes Geständnis nicht die Wirkungen der §§ 288, 290 ZPO entfaltet, sondern lediglich im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO als Indiz für die Wahrheit der zugestandenen Tatsachen zu berücksichtigen ist. In einem obiter dictum hat der BGH ferner ausgeführt, dass in diesem Rahmen das Geständnis eine so große Beweiskraft entfalten kann, dass es zur rechtlichen Überzeugungsbildung auch dann ausreicht, wenn es widerrufen worden ist und die beweisbelastete Gegenpartei keine weiteren Beweismittel vorgebracht hat. Damit hat der BGH das potentielle Gewicht eines Geständnisses umrissen, das es im Streitfall allerdings nicht hatte, jedoch keine dahin lautende Regel aufgestellt oder einen Anscheinsbeweis oder eine Beweislastumkehr angenommen.

b) Die Klägerin hat ein Unvermögen der GmbH, ihre Zahlungsverpflichtungen dauernd zu erfüllen, auch nicht mit anderen Indizien hinreichend dargetan.

aa) Auf eine Zahlungsunfähigkeit im Sinne eines dauerhaften Unvermögens kann nicht mit der Begründung geschlossen werden, Löhne seien verspätet gezahlt worden. Die verspätete Zahlung kann auch nur Ausdruck einer zeitlich begrenzten Zahlungsstockung sein. Unabhängig davon reicht der Sachvortrag der Klägerin nicht aus, um in eine Beweisaufnahme einzutreten. Die Klägerin hat die früheren Mitarbeiter der GmbH, die Zeugen B… und H… zu der Behauptung benannt, der Lohn sei nur schleppend und verzögert gezahlt worden. Der zuletzt konkretisierte Sachvortrag der Klägerin lautet dahin, dass die Lohnzahlungen regelmäßig erst 2-3 Wochen oder auch mehr nach Fälligkeit erfolgt seien. Dem Zeugen B… sei beispielsweise der Lohn für den Monat August 1996 erst am 23. September 1996 und für den Monat September 1997 erst am 22. Oktober 1997 ausgezahlt worden. Der Zeuge H… habe den Lohn für den Monat September erst am 20. Oktober 1997 erhalten. Entgegen dem Vortrag des Beklagten seien auch nicht regelmäßig Lohnvorschusszahlungen geleistet worden. Nach einem Schreiben des Konkursverwalters vom 25. Februar 1998 (Bl. 329 ff., 331 GA) seien Vorschusszahlungen nur unregelmäßig und ausnahmsweise erfolgt. Demgegenüber hat der Beklagte bereits in der Klageerwiderung (Bl. 70 ff., 76 GA) vorgetragen und durch Vernehmung der Zeugin R… N… unter Beweis gestellt, dass der Lohnabrechnungszeitraum für die gewerblichen Mitarbeiter der 16. des Vormonats bis zum 15. des laufenden Monats gewesen und die Auszahlung zum Ende des Monats erfolgt sei. Für die Angestellten seien die Löhne pro Kalendermonat abgerechnet und innerhalb der ersten 2 Wochen des Folgemonats gezahlt worden. Zudem seien monatliche Vorschusszahlungen in einer Größenordnung von 20.000 bis 25.000 DM in Bar gegen Quittung erfolgt, die mit den Lohnzahlungsansprüchen für den laufenden Monat verrechnet worden seien. Diesen Sachvortrag hat die Klägerin nicht bestritten. Soweit sie sich auf die von dem Beklagten selbst vorgelegte Auflistung der Lohnzahlungstermine für die Zeugen B… und H… beruft (Bl. 77 GA) und hieraus ableitet, der Beklagte habe nach seinem eigenen Vortrag die bestehenden Zahlungsziele regelmäßig überschritten, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die Einschätzung der Klägerin träfe nur dann zu, wenn der Lohn für den Vormonat bis zum Ende des Vormonats hätte bezahlt werden müssen. Dies aber ist nach dem unwidersprochen gebliebenen und damit zugestandenen Sachvortrag der Beklagten nicht der Fall. Bei Anlegung dieser Grundsätze kann eine verspätete Zahlung bei den Zeugen B… und H… nur in den von der Klägerin konkret bezeichneten Fällen angenommen werden. Diese Fälle sind allerdings geringfügig und können eine Zahlungsunfähigkeit im Sinne eines dauerhaften Unvermögens nicht begründen. Eine Vernehmung der Zeugen B… und H… zu der Behauptung der Klägerin, Löhne seien nur schleppend und verzögert gezahlt worden, scheidet deshalb aus und liefe mangels hinreichender Konkretisierung zudem auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinaus.

bb) Eine Dauerhaftigkeit der Illiquidität kann auch nicht mit von der Klägerin behaupteten, erheblichen und trotz Fälligkeit nicht zurückgezahlten Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber Bankinstituten begründet werden.

Der zunächst gehaltene Vortrag der Klägerin lautete dahin, die GmbH habe seit Anfang 1997 die Kreditrahmen der Geld gebenden Banken überschritten. Nach der Hinweisverfügung des Senats gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO vom 8. September 2006 (Bl. 277 ff. GA), wonach der Vortrag der Klägerin pauschal und nicht hinreichend substantiiert sei und deshalb eine Vernehmung der benannten Zeugen Ne… und R… nicht in Betracht komme, hat die Klägerin unter Bezugnahme auf das im Strafverfahren eingeholte Gutachten des Wirtschaftsreferenten der Staatsanwaltsschaft Koblenz (Bl. 220 ff., 226 der Strafakten) ausgeführt, dass „festzustellen (ist), dass spätestens ab 7. Juli 1997 nicht unerhebliche Bankverbindlichkeiten zur Rückzahlung fällig gestellt waren, die dauerhaft nicht beglichen werden konnten (Deuba, Rückführung Überziehung rd. TDM 60 bis 7. Juli, wegen Nichteinhaltung gekündigt am 4. August; KSK Rückführung Überziehung TDM 109 ab 22. Juli, erstmals angemahnt 18. August; Reiba Rückführung Überziehung TDM 180-250 bis Ende September, erstmals angemahnt am 9. September).“

Die von der Klägerin zunächst behauptete Kreditrahmenüberschreitung seit Anfang 1997 ist damit nicht belegt.

Allerdings stützt der Vortrag die Annahme einer zumindest teilweise gegebenen Illiquidität ab August 1997. Der Entschluss eines Kreditgebers, dem Kreditnehmer ab sofort keinen Kredit mehr zu gewähren, hat die Zahlungsunfähigkeit zwar erst dann zur Folge, wenn der Kreditgeber seinen Entschluss verlautbart hat und die Schulden des Kreditnehmers ernsthaft einfordert (BGHZ 119, 171). Dies wäre nach den Feststellungen des Gutachters des Wirtschaftsreferenten bei der Staatsanwaltschaft ab dem 4. August 1997 hinsichtlich eines Betrages von 60.000 DM, ab dem 18. August 1997 hinsichtlich eines weiteren Betrages von 109.000 DM und ab dem 9. September 1997 hinsichtlich eines Betrages von 180.000 DM bis 250.000 DM der Fall gewesen.

Diese Beträge lassen jedoch weder für sich betrachtet, noch in der Zusammenschau mit den gegen die GmbH ausgebrachten Pfändungen (siehe nachfolgend II. 2. b) dd)) den Schluss zu, die GmbH sei nicht in der Lage gewesen, ihre Zahlungsverpflichtungen im Wesentlichen zu erfüllen (siehe auch nachfolgend II. 2. c)). Wie ausgeführt sind zur Feststellung des Tatbestandsmerkmals der Wesentlichkeit die verfügbaren Mittel zu den insgesamt fälligen Zahlungsverbindlichkeiten ins Verhältnis zu setzen und ist zu ermitteln, ob die Zahlung oder die Nichtzahlung Regel oder Ausnahme ist. Die Zahlungsunfähigkeit kann deshalb z. B. nicht durch eine Gegenüberstellung der Verbindlichkeiten und der für einen bestimmten Zeitabschnitt zur Verfügung stehenden Kredite bestimmt werden, denn die Höhe der Verbindlichkeiten sagt nichts über die Liquidität des Schuldners aus (BGH WM 1965, 16; Kuhn/ Uhlenbruck, aaO, § 102 Rdnr. 2 a).

Hinsichtlich der Frage der Liquidität hat der Wirtschaftsreferent der Staatsanwaltschaft Koblenz aber ausgeführt, dass die festgestellten Verbindlichkeiten, die als wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen für sich genommen für eine Zahlungsunfähigkeit sprechen könnten, sich im Widerspruch zu den festgestellten hohen Umsätzen allein auf den bei der D… Bank und der C…bank geführten Konten (3,3 Millionen DM allein im September 1997) verhielten (Bl. 227 der Strafakten). Sofern es sich hierbei um „echte Umsätze“ im Sinne von tatsächlich vorhandener Liquidität handele, sei trotz der genannten Indizien eine Zahlungsunfähigkeit bis Oktober 1997 nicht gegeben. An Hand der wirtschaftskriminalistischen Beweisanzeichen könne eine Zahlungsunfähigkeit letztlich nicht nachgewiesen werden.

Mangels Darlegung von Tatsachen, die eine hiervon abweichende Auffassung rechtfertigen, folgt der Senat den Ausführungen des Wirtschaftsreferenten.

Eine Zahlungsunfähigkeit kann damit nicht mit Bankverbindlichkeiten begründet werden.

cc) Soweit die Klägerin als weiteres Beweisanzeichen für die Illiquidität der Beklagten deren Kreditunwürdigkeit spätestens seit Mitte 1997 anführt, rechtfertigt auch dies nicht den Schluss auf eine Zahlungsunfähigkeit.

Die Kreditunwürdigkeit eines Schuldners kann zwar ein Indiz für dessen Zahlungsunfähigkeit sein. Die Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit muss allerdings nicht zwingend und allein durch die Einräumung weiterer Kredite erfolgen. Geeignet sind vielmehr alle Maßnahmen, die die Liquidität der Gesellschaft wieder herstellen. Darunter fallen neben der Zuführung neuen Eigenkapitals durch Kapitalerhöhung, Nachschüsse u.a. auch die Gewährung von Gesellschafterdarlehen oder die Verbürgung der Gesellschaft für Fremdkredite (Hachenburg-Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 63 Rdnr. 21). Im Streitfall hat der Beklagten behauptet, der GmbH Geldmittel darlehensweise überlassen zu haben. Die Klägerin hat zur Begründung der Kreditunwürdigkeit der GmbH im Erwiderungsschriftsatz auf die Hinweisverfügung vorgetragen, dass „(nicht nur) der Beklagte selbst seine F… GmbH durch Finanzspritzen am Leben halten musste“. Damit ist zugestanden, dass der Beklagte der GmbH als deren Gesellschafter Kapital zugeführt hat. Mangels durchschlagender gegenteiliger Indizien ist deshalb auch davon auszugehen, dass bis zur Konkursantragsstellung Zahlungsfähigkeit fortbestand.

dd) Eine dauerhafte Illiquidität lässt sich auch nicht mit den Pfändungen begründen, die zwischen Januar 1995 und August 1997 in das Vermögen der GmbH erfolgten. Zwar kann die Häufung von Klagen und die Zwangsvollstreckung größeren Umfangs Anzeichen für eine Zahlungseinstellung sein. Allerdings gilt auch hier, dass die verfügbaren Mittel zu den insgesamt fälligen Zahlungsverbindlichkeiten ins Verhältnis zu setzen sind und zu ermitteln ist, ob die Zahlung oder die Nichtzahlung Regel oder Ausnahme ist.

Unzutreffend und nach den selbst vorgelegten Unterlagen widerlegt ist zunächst der Vortrag der Klägerin, die GmbH habe über Monate gepfändete Forderungen in Höhe von über 400.000 DM nicht befriedigt. Aus der von der Klägerin vorgelegten und aus der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte übernommenen Aufstellung über „Zwangsvollstreckungen ab dem 1. Januar 1997“ (Bl. 172 ff. GA = Bl. 234 ff. der Strafakten) ergibt sich zwar eine Gesamtsumme ausgebrachter Pfändungen von 567.094,05 DM, wovon zuletzt 200.365,01 DM unbezahlt geblieben sind. Allerdings hat die Klägerin bezogen auf einen relevanten Stichtag nicht vorgetragen, in welcher Höhe Pfändungsbeträge offen standen. Erforderlich war aber eine Schilderung des Ablaufs der Verbindlichkeiten, um den Senat in die Lage zu versetzen, zu beurteilen, in welcher Höhe offene Verbindlichkeiten bestanden. Zu sehen ist, dass es bis zur Hinweisverfügung unstreitig war, dass die GmbH 14-tägig zwischen 30.000 DM und 40.000 DM auf die Pfändungen zahlte. Dies aber belegt, dass die GmbH offensichtlich über liquide Mittel verfügte. Zuzugeben ist der Klägerin, dass bei der Beurteilung der Frage, ob bei der Prüfung des Merkmals der Wesentlichkeit nicht auf die jährlichen Umsatzerlöse als entscheidende Bezugsgröße abgestellt werden kann. Gleichwohl bleibt der Senat dabei, dass der von der Klägerin gehaltene Vortrag unsubstantiiert ist. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass unstreitig Doppelpfändungen erfolgten.

Ergänzend ist auch hier auf die Ausführungen des Wirtschaftsreferenten der Staatsanwaltschaft Koblenz Bezug zu nehmen, wonach im Widerspruch zu den Pfändungen die festgestellten hohen Umsätze allein auf den bei der D… Bank und der C…bank geführten Konten stehen. Sofern es sich hierbei um „echte Umsätze“ im Sinne von tatsächlich vorhandener Liquidität handele, sei trotz der genannten Indizien eine Zahlungsunfähigkeit bis Oktober 1997 nicht gegeben gewesen. Dem schließt sich der Senat an.

ee) Der Klägerin hilft auch der Hinweis auf eine Liquiditätsbeschaffung mittels Scheckreiterei nicht weiter. Auch hier ist ihr Vortrag letztlich unsubstantiiert geblieben. Es ist für den Senat nach wie vor nicht nachvollziehbar dargelegt worden, durch welche Scheckeinreichungen bei welcher Bank, welche „liquide Mittel“ sich der Beklagte „verschafft haben sollte“. Das angebotene Beweismittel, Vernehmung des im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren eingeschalteten Wirtschaftsreferenten B… als sachverständigen Zeugen, bleibt unergiebig. Der Zeuge hat in seinem Gutachten zwar ausgeführt, es sei zusammenfassend festzustellen, dass bewusst aufgebaute Scheckkreisläufe vorlägen. Dabei seien, soweit dies nachvollziehbar sei, bei der R… (R…bank B…) künstliche, d.h. tatsächlich nicht vorhandene „Überschüsse“ aufgebaut und den Kreislaufen entzogen worden seien. Der Zeuge hat jedoch im Weiteren erklärt, dass ein Nachvollziehen der Scheckkreisläufe anhand der vorliegenden Unterlagen nicht möglich sei.

Es ist weder dargetan, noch ersichtlich, was der Zeuge abweichend hiervon im Sinne der Klägerin bekunden soll. Die Vernehmung des Zeugen liefe auf eine unzulässige „Verdachtsvernehmung“ hinaus und scheidet deshalb aus.

ff) Ohne Erfolg bleibt auch der Hinweis der Klägerin auf angebliche Bilanzfälschungen des Beklagten, weil dieser Lieferantenrechnungen nicht gebucht habe. Auch insoweit fehlt es an jedwedem Tatsachenvortrag, der eine solche Annahme rechtfertigen könnte. Die Klägerin hat auch nicht ansatzweise dargelegt, welche Buchungen im Einzelnen unterlassen worden sein sollen. Auch die Staatsanwaltschaft hat den von der Klägerin erhobenen Vorwurf der Bilanzfälschung nicht zum Anlass genommen, Anklage gegen den Beklagten zu erheben. Unabhängig von diesen Erwägungen fehlt es bei dem Vorwurf der Bilanzfälschung aber auch an einem Bezug zu der allein im Streit stehenden Zahlungsunfähigkeit der GmbH. Bilanzfälschungen können bei der Prüfung einer Überschuldung von Bedeutung sein. Bei der Beurteilung der Frage einer Zahlungsunfähigkeit kann ihnen indizielle Bedeutung allenfalls vor dem Hintergrund zukommen, dass sie der Verschleierung einer wirtschaftlich maroden Situation der GmbH dienen sollen. Da im Streitfall jedoch Bilanzfälschungen nicht festgestellt werden können, scheidet eine Berücksichtigung auch unter diesem Gesichtspunkt aus. Allein auf einen Verdacht kann der Senat seine Überzeugung auch hier nicht stützen.

gg) Zur Begründung einer Zahlungsunfähigkeit kann sich die Klägerin schließlich nicht darauf berufen, die GmbH habe sich ab Februar 1997 Liquidität durch unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen verschafft und dadurch zusätzlich den Straftatbestand der Steuerverkürzung erfüllt. Auch dieser Vortrag ist mangels hinreichender Substantiierung einer Beweisaufnahme nicht zugänglich. Der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft Koblenz Anklage wegen Steuerverkürzung erhoben hat, wobei das Verfahren insoweit in der Hauptverhandlung gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist, ersetzt nicht den von der darlegungs- und beweisbelastenden Klägerin zu haltenden konkreten Sachvortrag hierzu.

Nach alledem ist eine dauerhafte Illiquidität der GmbH nach den genannten Grundsätzen nicht dargelegt. Soweit nach den vorgemachten Ausführungen Indizien erkennbar sind, die zugunsten der Klägerin streiten, reichen diese nicht aus, um eine Zahlungsunfähigkeit anzunehmen oder die die Klägerin treffende Darlegungs- und Beweislast zum Nachteil des Beklagten auf diesen zu verlagern. Entgegen der Auffassung der Klägerin muss der Senat das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit nicht durch eine eigene Beweisaufnahme überprüfen, weil die Klägerin, gestützt auf die Ausführungen der Wirtschaftsreferenten B…, wirtschaftskriminalistische Anhaltspunkte für die Zahlungsunfähigkeit der GmbH angeführt habe. Richtig ist, dass die Auswertung dieser Anzeichen einer gewissen Wertung bedarf und eine Wertung gegebenenfalls erst möglich ist, wenn der Sachverhalt weiter aufgeklärt ist. Indes ist es Sache der Klägerin, konkrete Anknüpfungstatsachen vorzutragen, aufgrund derer eine Beweiserhebung überhaupt erst möglich ist. Dem ist sie nicht nachgekommen.

c) Lässt sich demnach schon eine dauerhafte Illiquidität der GmbH nicht feststellen, kann auch nicht angenommen werden, das Merkmal der Wesentlichkeit sei erfüllt.

Die Klägerin meint, wenn man zu den Pfändungsaußenständen in Höhe von mehr als 400.000 DM den Betrag der fälligen, aber nicht zurückgezahlten Bankverbindlichkeiten in Höhe von 419.000 DM addiere, beliefen sich die Außenstände unter Heranziehung der Umsatzerlöse von 9.904.869,22 DM im Jahr 1996 auf rund 8,3 %. Die von dem BGH in der Entscheidung vom 24. Mai 2005 (NJW 2005, 3062) genannten 10 %-Grenze sei damit annähernd erreicht. Damit spreche der Anschein für die Zahlungsunfähigkeit der GmbH.

Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

Wie ausgeführt stellen die Umsatzerlöse schon nicht die entscheidende Bezugsgröße dar. Abgesehen davon sind Pfändungsaußenstände stichtagsbezogen in Höhe von 400.000 DM nicht festzustellen. Im Weiteren kann die BGH-Entscheidung, die sich zu einem prozentualen Schwellenwert bei deren Erreichen eine widerlegbare Vermutung für die Zahlungsunfähigkeit nach der Insolvenzordnung begründet wird, auf den Streitfall nicht ohne weiteres übertragen werden. Wie ausgeführt war unter der Geltung der Konkursordnung die Frage, wann der Schuldner unvermögend war, seine Zahlungsverpflichtungen im Wesentlichen zu erfüllen, ungeklärt und wurden Unterdeckungen von 10-25 % verlangt.

Unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, ein bestimmter Schwellenwert sei im Streitfall erreicht, mit der Folge, dass der Anschein für die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners spreche.

3. Da mithin das Merkmal der Zahlungsunfähigkeit als Voraussetzung für eine sittenwidrige Schädigung schon nicht erfüllt ist, war auf die zwischen den Parteien außerdem streitigen Fragen, ob der Beklagte den subjektiven Tatbestand des § 826 BGB erfüllt hat, das Unterlassen, den Konkursantrag früher zu stellen, für einen etwaigen Schaden der Klägerin überhaupt kausal war und etwaige Ansprüche der Klägerin verjährt sind, nicht mehr einzugehen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO und der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Dem Streitfall kommt grundsätzliche Bedeutung nicht zu. Die Frage, ob bei Erreichen eines Schwellenwertes, der im Streitfall deutlich unter 10 % liegt, bereits der Anschein für die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners spricht, hat der Bundesgerichtshof für die Rechtslage nach der Insolvenzordnung bereits in seiner Entscheidung vom 24. Mai 2005 (NJW 2005, 3062) geklärt. Für die Rechtslage nach der Konkursordnung bedarf es einer grundsätzlichen Klärung nicht mehr.

Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass er bei der Wertung des Geständnisses des Beklagten im Strafverfahren für das vorliegende Zivilverfahren von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Beweislastverteilung bei einem strafrechtlichen Geständnis abweicht.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 198.896,05 EUR festgesetzt (Zahlungsantrag: 196.896,05 EUR; Feststellungsantrag 2.000 EUR).

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