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PKW-Kauf – gestohlenes Fahrzeug

Kammergericht Berlin

Az: 20 U 169/05

Urteil vom 22.03.2007


In dem Rechtsstreit hat der 20. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. März 2007 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10. August 2005 verkündete Urteil der Zivilkammer 29 des Landgerichts Berlin geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.
Von der Darstellung des Sachverhaltes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Der Antrag der Klägerin auf Feststellung ihres Eigentums am streitgegenständlichen PKW (einem Mietwagen der Beklagten) ist unbegründet, weil sie bösgläubig im Sinne von § 932 BGB war und daher vom Nichtberechtigten das Eigentum nicht gemäß § 929 S. 1 BGB Anfang Mai 2004 erwerben konnte, sodass die Beklagte weiterhin Eigentümerin ist.

Zwar lässt sich aufgrund der Beweisaufnahme erster Instanz die Kenntnis der Klägerin von der fehlenden Eigentümerstellung des Veräußerers nicht annehmen. Auch auf Grundlage des Ergebnisses der Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der unstreitigen Tatsachen lässt sich jedoch nicht mehr nachvollziehen, dass der Klägerin dies verborgen bleiben konnte. Die Beklagte macht zu Recht geltend, dass das Landgericht eine Gesamtwürdigung der Umstände unterlassen hat und diese jeweils nur einzeln als nicht genügend bewertet habe. In der Konsequenz würde diese enge Auffassung bedeuten, dass keinerlei Verdachtsmomente bei gut gemachten Fälschungen von Wagen- und Personalpapieren geeignet wären, Bösgläubigkeit zu begründen, was diese als Anhaltspunkte für eine Nachprüfungspflicht völlig entwerten würde und so nicht zutreffend ist.

Angesichts der Häufung der hier offenkundig vorliegenden Verdachtsmomente hätte die Klägerin die Eigentümerstellung des Veräußerers auch bei Vorliegen äußerlich ordnungsgemäßer Papiere (gestohlene Originale) aber sorgfältig prüfen müssen (1.). Bei einer solchen Prüfung hätten ihr die Umstände, die es ausschlossen, dass der Veräußerer Eigentümer war, nicht entgehen dürfen (2.), sodass sie nicht in gutem Glauben war, weil ihr infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist, dass der PKW nicht dem Veräußerer gehörte (§ 932 Abs. 2 BGB).

1. Es lagen hier zahlreiche Verdachtsmomente vor, deren Häufung nicht übersehen werden konnte.

a) Mit dem Fehlen des Zweitschlüssels sowie der Radiocodekarte, die typischerweise im Besitz des Eigentümers sind, lagen bereits ganz erhebliche Indizien für Zweifel an der Eigentümerstellung vor. Die hierfür gegebene, wenig plausible Erklärung des Veräußerers, der Zweitschlüssel befände sich bei seinem Vater in Westdeutschland, der ihm den Wagen geschenkt habe, war ersichtlich nicht nachprüfbar und legt den Verdacht nahe, dass lediglich vermieden werden sollte, ihn zur Vorlage beim nächsten Termin vor Abwicklung des Kaufes aufzufordern. Die Schenkung hat zu diesem Zeitpunkt bereits fünf Monate zurückgelegen, was das weitere Verbleiben von Codekarte und Zweitschlüssel beim Vater nicht mehr erklärt. Wesentlicher ist aber, dass die Angabe bereits mit den Eintragungen im Fahrzeugbrief offenkundig nicht übereinstimmte. Dort ist als Erst- und Voreigentümer jemand eingetragen, der nicht den gleichen Nachnamen hat und in Berlin wohnt.

b) Ferner fehlte – bei zugesicherter Scheckheftpflege im Kaufvertrag – das Scheckheft, was bei einem zur Zeit der Kaufverhandlungen etwa ein Jahr und vier Monate altem Fahrzeug ein weiteres, wenn auch geringes Verdachtsmoment begründet.

c) Der ohnehin schon mit 13.000 € vergleichsweise günstig angebotene Golf IV 1.9 TDI ist schließlich nach den Kaufverhandlungen für 9.500 € gekauft worden. Ein solch deutlicher und in dieser Höhe unüblicher Nachlass ist angesichts des Umstandes, dass ein Golf als Gebrauchtwagen bekanntermaßen nicht zu den schwer verkäuflichen Modellen zählt, bei allem Verhandlungsgeschick schon sehr auffällig und lässt sich allein mit den gefundenen geringen Mängeln nicht erklären. Auch hier war die Erklärung des Veräußerers für seine angebliche Notlage, die sein ganz erhebliches Nachgeben sowie den Zeitdruck offensichtlich noch plausibel machen sollte, nicht prüfbar und zur Zerstreuung des Verdachts angesichts eines Vaters, der ihm ein solches Auto geschenkt haben soll, letztlich nicht geeignet.

d) Eine Erklärung für die im Fahrzeugbrief vermerkte kurzfristige Stilllegung des PKW fehlt angesichts des Schenkungsvorgangs ebenso.

2. Wäre hier die sich aufdrängende Prüfung sorgfältig erfolgt, dann wäre festgestellt worden, dass der Veräußerer nicht Eigentümer des Fahrzeugs war.

a) Zu einer solchen Prüfung hätte gehört, dass die Angaben im Fahrzeugschein vollständig und sorgfältig überprüft worden wären. Dann wäre festgestellt worden, dass die TÜV-Plakette auf dem (gestohlenen) Kennzeichen deutlich abwich (12/06 statt 1/06). Es genügte ersichtlich nicht, sich lediglich die TÜV-Plakette anzusehen, ohne die Eintragung im Fahrzeugschein zu vergleichen. Wäre die Prüfung sorgfältig erfolgt, dann wäre die Abweichung festgestellt worden und hier hätte eine noch verständliche Ausrede des Veräußerers, die die Klägerin noch hätte hinnehmen dürfen, nicht mehr erfolgen können.

b) Ferner hätte bei einer solchen Prüfung auffallen müssen, dass ein Jahreswagen wohl kaum mit einer laut Kaufvertrag übergebenen – und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme „kontrollierten“ – TÜV- und AU-Bescheinigung hätte verkauft werden können. Es dürfte allgemein bekannt sein, dass Neuwagen dergleichen nicht nach einem Jahr, sondern erst nach drei Jahren benötigen (vgl. vgl. Nr. 2.1.2.1.1 der Anlage VIII zu § 29 StVZO). Die sich aufdrängende Nachprüfung und gegebenenfalls erforderliche Auskunftseinholung zu dieser Frage hätte zweifelsohne zu der Erkenntnis geführt, dass es sich hier um einen Mietwagen handeln musste, weil solche nach 12 Monaten erstmals zur Hauptuntersuchung vorgestellt werden müssen (vgl. Nr. 2.2 der Anlage VIII zu § 29 StVZO) und eine Nutzung als Taxi angesichts der Wagenfarbe ausscheiden dürfte und auch nicht angesprochen war. Die kurzfristige Stilllegung (3. bis 17. November 2003) führte nicht zum Erfordernis einer erneuten Hauptuntersuchung (vgl. Nr. 2.7 der Anlage VIII zu § 29 StVZO), was zum Einen hätte festgestellt werden können, zum Anderen aber auch weder die Eintragung im Fahrzeugschein noch die TÜV-Plakette erklärt hätte und daher keinen Zusammenhang haben konnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO; § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO.

 

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