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Ausbildungsverhältnis fehlende gesundheitliche Eignung

Landesarbeitsgericht Hamm

Az.: 9 Sa 2313/05

Urteil vom 12.09.2006

Vorinstanz: Arbeitsgericht Dortmund, Az.: 9 Ca 4339/05


Leitsätze:

Es ist in Ausbildungsverträgen zulässig, eine fehlende gesundheitliche Eignung als aufschiebende Bedingung zu vereinbaren.


1) Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 10.10.2005 – 9 Ca 4339/05 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2) Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand:

Die Parteien streiten in der Hauptsache um die Frage, ob zwischen Ihnen ein Ausbildungsverhältnis begründet worden ist.

Der beklagte Verein betreibt eine Krankenpflegeschule und bildet nach den Bestimmungen des Krankenpflegegesetzes in der Krankenpflege aus. Im Rahmen der Ausbildung haben die Auszubildenden zum überwiegenden Teil betriebliche Tätigkeiten zu erbringen; nur der geringere Teil der Ausbildungszeit bezieht sich auf die schulische Vermittlung von Wissen.

Die Klägerin bewarb sich mit Schreiben vom 10.01.2005 um eine Ausbildungsstelle als Gesundheits- und Krankenpflegerin bei dem Beklagten, der sie unter dem 11.01.2005 zu einem Vorstellungsgespräch für den 17.05.2005 einlud (Kopien Bl. 73, 74 d.A.). Nach dem Vorstellungsgespräch erhielt die Klägerin folgendes Schreiben (Bl. 50 d.A.):

>an dieser Stelle befindet sich im Original eine Bildwiedergabe des Schreibens vom 23.05.2005<

Die Klägerin schloss sodann unter dem 24.05.2005 einen Ausbildungsvertrag mit dem Beklagten ab. In dem Vertrag, der nach seinem äußeren Erscheinungsbild ein Vertragsmuster darstellt, heißt es unter anderem:

§ 1 Aufnahme

(1) Der Rechtsträger nimmt die Schülerin zur Ausbildung für den Beruf der Gesundheits- und Krankenpflegerin in seine staatlich anerkannte Krankenpflegeschule auf. Die Ausbildung beginnt am 01. September 2005.

(2) Die ersten sechs Monate der Ausbildung gelten als Probezeit (§ 13 Krankenpflegegesetz). Während der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis von jedem Vertragspartner jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und ohne Angabe von Gründen schriftlich gekündigt werden (§ 15 Abs. 1 u. Abs. 3 Krankenpflegegesetz).

(…)

§ 6 Vergütung

Während der Ausbildung erhält die Schülerin eine Ausbildungsvergütung, deren Höhe sich nach Anlage 7 B II § 1 AVR richtet. Sie beträgt im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im 1. Ausbildungsjahr: 729,06 EUR

(…)

§ 8 Sondervereinbarungen

Folgende Sondervereinbarungen wurden getroffen:

– siehe Anlage 1 zum Vertrag.

In der Anlage 1 zum Ausbildungsvertrag, die streitlos von beiden Parteien unterzeichnet wurde, heißt es im letzten Absatz:

Der Abschluss des Vertrages besteht unter dem Vorbehalt, dass die Einstellungsuntersuchung ergibt, dass die Krankenpflegeschülerin für die vorgesehene Tätigkeit gesundheitlich geeignet ist, bzw. dass die Krankenpflegeschülerin den Termin der Einstellungsuntersuchung wahrnimmt.

Wegen des weiteren Inhalts des Ausbildungsvertrages und dessen Anlage 1 wird auf die Ablichtung BI. 9 ff. d.A. verwiesen.

Die Klägerin unterzog sich am 14.07.2005 einer ärztlichen Untersuchung durch die Praxis der Ärztin für Arbeitsmedizin Dr. P3xxxx, Betriebsärztin des S1. M1xxxx-Hospital in L2xxx. Der untersuchende Arzt Dr. H1xxxx stellte eine arbeitsmedizinische Bescheinigung unter dem 14.07.2005 aus, in der es unter anderem heißt:

Die Untersuchung erfolgte als

o allgemeine Einstellungsuntersuchung

o nach berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen

o nach G 42

Gegen die Beschäftigung bestehen

o keine gesundheitlichen Bedenken nach G 42

o gesundheitliche Bedenken nach Kriterien der Einstellungsuntersuchung.

Wegen der weiteren Einzelheiten der arbeitsmedizinischen Bescheinigung wird auf die Ablichtung BI. 22 d.A. verwiesen.

Ebenfalls am 14.07.2005 erschien die Klägerin zu einer Kleiderprobe bei dem Beklagten. Dieser hatte die Klägerin mit Schreiben aus Juni 2005 zur Kleideranprobe eingeladen und sie aufgefordert, ggfs. noch fehlende Unterlagen vorzulegen. Auf die Kopie BI. 34 d.A. wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 26.07.2005 teilte der Beklagte der Klägerin mit, sie könne „aus gesundheitlichen Bedenken nach Kriterien der Einstellungsuntersuchung“ nicht mit der Ausbildung beginnen. Dieses Schreiben ist der Klägerin nach ihrer Darstellung am 02.08.2005 zugegangen. Auf die Kopie Bl. 36 d.A. wird Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der am 19.08.2005 beim Arbeitsgericht Dortmund eingegangenen Klage.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie sei entgegen der Einschätzung des Betriebsarztes gesundheitlich geeignet für den Ausbildungsberuf. Die Klägerin hat ein Attest des Hausarztes Dr. W1xxxxxxx vom 03.08.2005 zu den Akten gereicht (Ablichtung BI. 13 d.A), ausweislich dessen keine Bedenken gegen eine Ausbildung zur Krankenschwester bestehen. Die Klägerin hat weiter behauptet, der untersuchende Arzt habe sie auf ihr deutlich erkennbares Übergewicht angesprochen; nachdem die Klägerin erklärt habe, sie sei bereit abzunehmen, habe der Arzt sinngemäß gesagt, dies sei eine gute Maßnahme.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Vereinbarung der Parteien in der Anlage 1 zum Ausbildungsvertrag sei dahin auszulegen, dass anstelle der gesundheitlichen Eignung auch die Wahrnehmung des Termins zur Einstellungsuntersuchung ausreiche. Der Vorbehalt nach Maßgabe der Anlage 1 zum Ausbildungsvertrag sei unzulässig, da er nicht hinreichend konkret formuliert sei und insbesondere keinen zumutbaren zeitlichen Rahmen für die Einstellungsuntersuchung vorsehe. Die Vereinbarung diene ausschließlich den Interessen des Beklagten und berücksichtige nicht den besonderen Schutzgedanken im Rahmen der Ausbildungsverhältnisse. Einer Inhaltskontrolle halte der Vertrag deshalb nicht stand.

Mit Schriftsatz vom 12.10.2005, der 2 Tage nach Verkündung der erstinstanzlichen Entscheidung beim Arbeitsgericht eingegangen ist, hat die Klägerin auf das Schreiben des Beklagten vom 23.05.2005 verwiesen und die Auffassung vertreten, der Beklagte habe der Klägerin in diesem Schreiben einen Ausbildungsplatz an der Krankenpflegeschule angeboten; es sei keine Rede davon gewesen, dass der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung stehe.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass der zwischen den Parteien am 20.05.2005 geschlossene Ausbildungsvertrag wirksam ist und ein wirksames Ausbildungsverhältnis zwischen den Parteien begründet hat;

2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin beginnend mit dem 01.09.2005 gemäß Ausbildungsvertrag vom 20.05.2005 für den Beruf der Gesundheits- und Krankenpflegerin auszubilden.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass zwischen den Parteien ein Ausbildungsverhältnis aufgrund des Vorbehalts gemäß der Anlage 1 zum Ausbildungsvertrag nicht bestehe.

Durch Urteil vom 10.10.2005, der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24.11.2005 zugestellt, hat das Arbeitsgericht Dortmund die Klage im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Parteien hätten rechtswirksam die gesundheitliche Eignung der Klägerin für die angestrebte Ausbildung als aufschiebende Bedingung für das Inkraftsetzen des Ausbildungsvertrages vereinbart. Diese Bedingung sei ausweislich der Feststellungen des betriebsärztlichen Dienstes nicht eingetreten.

Hiergegen richtet sich die vorliegende, beim Landesarbeitsgericht vorab per Fax am 21.12.2005 eingegangene und mit Schriftsatz vom 10.01.2006, eingegangen am 12.01.2006, begründete Berufung.

Die Klägerin trägt vor:

Die Vereinbarung in der Anlage zum Ausbildungsvertrag verknüpfe die gesundheitliche Eignung mit dem Kürzel „bzw.“ mit der Wahrnehmung des Termins zur Einstellungsuntersuchung. Nach dem Sprachgebrauch handele es sich damit um eine Alternative, die die Klägerin mit Durchführung der Einstellungsuntersuchung erfüllt habe. Jedenfalls ergebe sich hieraus eine Unklarheit zu Lasten des Beklagten.

Der Beklagte habe bis zum ablehnenden Schreiben über den langen Zeitraum vom Vorstellungsgespräch an zu keinem Zeitpunkt Andeutungen gemacht, dass es Probleme im Hinblick auf die noch durchzuführende Einstellungsuntersuchung geben könne. Angesprochen worden seien im Vorfeld Allergien, ansteckende Krankheiten usw., unter denen die Klägerin nicht leide. Die Klägerin habe hier darauf vertrauen dürfen, dass die Einstellungsuntersuchung der Aufnahme der Ausbildung nicht entgegenstehe. Im übrigen sei der Beweiswert des Ergebnisses der Einstellungsuntersuchung durch das vorgelegte Attest des Dr. W1xxxxxxx widerlegt.

Ein schützenwertes Interesse, das das Arbeitsgericht in der angegriffenen Entscheidung auch zugunsten des Beklagten angenommen hat, sei nicht gegeben, da der Schwebezustand die Klägerin einseitig belaste; sie könne sich nach der so späten Ablehnung für dieses Ausbildungsjahr nicht mehr anderweitig bewerben.

Auch greife der Hinweis des Arbeitsgerichts auf die Kündigungsmöglichkeit während einer Probezeit zu kurz: Die Klägerin hätte dann ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen können. Solche Kündigungen seien auch äußerst selten; die gesetzlichen Bestimmungen dienten auch dem Schutz des Auszubildenden, der ebenso ohne Grund kündigen könne, wenn ihm z.B. der gewählte Ausbildungsberuf nicht liege.

Die Klägerin beantragt,

1. in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Dortmund vom 10.10.2005 – 9 Ca 4339/05 – festzustellen, dass der zwischen den Parteien am 20.05.2005 geschlossene Ausbildungsvertrag wirksam ist und ein wirksames Ausbildungsverhältnis zwischen den Parteien begründet hat;

2. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin beginnend mit dem 01.09.2005 gemäß Ausbildungsvertrag vom 20.05.2005 für den Beruf der Gesundheits- und Krankenpflegerin auszubilden.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angegriffene Entscheidung als zutreffend und trägt ergänzend vor:

In der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur sei anerkannt, dass die Vereinbarung einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingungen zum Kriterium der gesundheitlichen Eignung ein rechtlich zulässiges Gestaltungsmittel sei, von dem der Beklagte Gebrauch gemacht habe. Wegen des Wortlautes der getroffenen Vereinbarung komme es auch nicht auf den Inhalt eines anderweitigen Attestes an.

Außerdem habe der Beklagte bereits im Bewerbungsgespräch darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit des Beginns der Ausbildung in jedem Falle vom Ergebnis einer arbeitsmedizinischen Untersuchung abhänge und diese Untersuchung voraussichtlich nicht vor Unterzeichnung des Ausbildungsvertrages stattfinden könne. Vertrauensschutz zugunsten der Klägerin sei vor diesem

Hintergrund nicht erkennbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach der Beschwer (§ 64 Abs. 2 ArbGG) an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin (§§ 66 Abs. 1 Satz 1; 64 Abs. 6 ArbGG, 516 ff. ZPO) hat keinen Erfolg, da ein Ausbildungsverhältnis im Sinne des KrPflG zwischen den Parteien nicht begründet worden ist.

I.

Die mit dem Antrag zu 1. auf Feststellung gerichtete Klage ist zulässig, insbesondere steht der Klägerin das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse zur Seite. Nach dieser Vorschrift kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn die Klägerin ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Dabei darf es sich nicht um eine auf die Vergangenheit bezogene Klage handeln (vgl. hierzu beispielsweise BAG, Urteil vom 3.3.1999 – 5 AZR 275/98 – EzA Nr. 50 zu § 256 ZPO), vielmehr besteht ein Feststellungsinteresse nur dann, wenn dem Recht der Klägerin eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass die Beklagte dieses ernstlich bestreitet und wenn das erstrebte Urteil infolge seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BAG, Urteil vom 2.12.1999 — 8 AZR 796/98 — EzA Nr. 188 zu § 613a BGB). Hiernach erfüllt der Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Berufsausbildungsverhältnisses die o.g. Kriterien.

II.

In der Sache konnte die Klage keinen Erfolg haben, da zwischen den Parteien kein Ausbildungsverhältnis für den Beruf der Gesundheits- und Krankenpflegerin begründet worden ist.

1.

Zwar haben die Parteien unter dem 24.05.2005 einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen, der den formellen Voraussetzungen des für die vorliegende Ausbildung allein maßgeblichen (vgl. § 22 KrPflG) Krankenpflegegesetzes entspricht. Der Ausbildungsvertrag steht jedoch ausweislich der Vereinbarung in der Anlage 1 unter dem ‚Vorbehalt’, dass die Einstellungsuntersuchung die gesundheitliche Eignung der Klägerin für die vorgesehene Tätigkeit ergibt. Hierbei handelt es sich um eine aufschiebende Bedingung gem. § 158 Abs. 1 BGB. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vereinbarung steht „der Abschluss des Vertrages“ unter dem Vorbehalt der gesundheitlichen Eignung. Damit ist eindeutig klargestellt, dass die Bedingung das Zustandekommen und nicht die Beendigung eines (bereits bedingungslos abgeschlossenen) Vertrages betrifft. Bei einer solchen aufschiebenden Bedingung handelt es sich nämlich um eine durch den Parteiwillen in ein Rechtsgeschäft eingefügte Bestimmung, die die Rechtswirkungen des Geschäfts von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängig macht (vgl. nur Palandt-Heinrichs, 64. Aufl. 2005, vor § 158 BGB Rdnr. 1).

Diese Voraussetzungen liegen vor:

o Das Ergebnis der Einstellungsuntersuchung war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ein zukünftiges Ereignis, da sie erst im Juli 2005 durchgeführt wurde.

o Dieses zukünftige Ereignis war auch ungewiss im Sinne des § 158 Abs. 1 BGB, da die Rechtswirkungen des Ausbildungsvertrages erst dann eintreten sollten, wenn die Einstellungsuntersuchung die gesundheitliche Eignung der Klägerin ergibt.

Dem steht der Inhalt des Schreibens des Beklagten vom 23.05.2005 nicht entgegen. Wenn auch dort von einem Angebot eines Ausbildungsplatzes ab 1. September die Rede ist, so ist doch gerade diesem Schreiben der Ausbildungsvertrag einschließlich der beschriebenen Anlage 1 beigefügt. Damit hat der Beklagte hinreichend deutlich gemacht, dass der Ausbildungsplatz eben nur zu den Bedingungen des beigefügten Vertragswerkes angeboten werden soll.

2.

Die Vereinbarung der aufschiebenden Bedingung in der Anlage 1 zum Ausbildungsvertrag begegnet keinen rechtlichen Bedenken im Rahmen einer gem. §§ 305 ff BGB durchzuführenden Inhaltskontrolle. Vorauszuschicken ist, dass die Berufungskammer bereits angesichts des äußeren Erscheinungsbildes des Ausbildungsvertrages vom 24.05.2005 davon ausgegangen ist, dass es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 S.1 BGB handelt, die der Beklagte in einer Vielzahl von Verträgen verwendet.

a) Die Abrede in der Anlage 1 zum Ausbildungsvertrag stellt keine unangemessene Benachteiligung für die Klägerin im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB dar.

Der Beklagte hat ein gesetzlich legitimiertes Interesse daran, nur solche Personen zum Beruf der Gesundheits- und Krankenpflegerin auszubilden, die dazu ausweislich des Ergebnisses einer ärztlichen Einstellungsuntersuchung gesundheitlich geeignet sind. Das folgt unmittelbar aus § 5 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 KrPflG, wonach ausdrücklich geregelt ist, dass eine fehlende gesundheitliche Eignung nicht nur dem Beruf selbst, sondern bereits dem Zugang zur Ausbildung entgegensteht.

Demgegenüber tritt das Interesse der Klägerin, die Ausbildung ohne den Vorbehalt des Ergebnisses der Einstellungsuntersuchung zu beginnen, zurück. Ihr steht nämlich kein rechtlich durchsetzbarer Anspruch auf den Abschluss eines Ausbildungsvertrages zu. Im Rahmen der insoweit bestehenden Vertragsfreiheit ist es dem Ausbildungsbetrieb im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften gestattet, einen Bewerber um einen Ausbildungsplatz auch ohne besonderen Grund abzulehnen. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass eine Ablehnung gestützt auf die Erfordernisse des § 5 KrPflG unbedenklich ist.

Der Schwebezustand, der zwischen Unterzeichnung des Vertrages und Durchführung der Einstellungsuntersuchung besteht, belastet nicht einseitig die Klägerin, sondern beide Parteien gleichermaßen, worauf das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat. Die Klägerin muss damit rechnen, dass im Rahmen der Einstellungsuntersuchung ihre gesundheitliche Eignung nicht festgestellt wird.

Der Beklagte muss entweder damit rechnen, dass die Klägerin gar nicht erst zur Einstellungsuntersuchung erscheint, weil sie nicht mehr daran interessiert ist, die Ausbildung aufzunehmen oder eben ihre gesundheitliche Eignung nicht festgestellt wird mit der Folge, dass auch er sich nun kurzfristig um eine Nachbesetzung des Ausbildungsplatzes bemühen muss.

Die Vereinbarung der Anlage 1 widerspricht auch nicht dem im Rahmen der Inhaltskontrolle heranzuziehenden gesetzlichen Leitbild. Nach § 307 Abs. 2 Ziff. 1 BGB und § 310 Abs. 4 S. 2 BGB sind bei der Inhaltskontrolle arbeitsvertraglicher Einheitsregelungen die gesetzlichen Bestimmungen und Besonderheiten des Arbeitsrechts zu berücksichtigen. Abzustellen ist hier auf das System des Bestandsschutzes von Ausbildungsverhältnissen, hier nach den Bestimmungen des KrPflG. Aus § 15 Abs. 1 i.V.m. § 13 KrPflG ergibt sich, dass der Bestand des Ausbildungsverhältnisses innerhalb der ersten Monate keinen gesetzlichen Schutz genießt. Diese Bestimmungen sehen nämlich vor, dass während der Probezeit eine Kündigung des Ausbildungsverhältnisses ohne Kündigungsgrund und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist möglich ist.

Damit umgeht die Vereinbarung nicht normativ geregelten zwingenden Bestandsschutz, wie sich im übrigen auch für den Fall der auflösenden Bedingung aus § 21 TzBfG ergibt. Hiernach handelt es sich bei einer auflösenden Bedingung um eine auch arbeitsrechtlich zulässige Vertragsgestaltung, wobei es für die dort geregelte Bedingung aufgrund des Verweises in § 21 TzBfG auf § 14 Abs. 1 TzBfG eines sachlichen Grundes bedarf. Ein solcher Sachgrund wäre zur Überzeugung der Berufungskammer in jedem Falle die gesetzliche geregelte Voraussetzung der gesundheitlichen Eignung in § 5 Ziff. 1 KrPflG. Wenn demnach schon auf gesetzlicher Grundlage eine auflösende Bedingung möglich ist (zur auflösenden Bedingung auf tariflicher Grundlage vgl. ArbG Marburg, Urteil vom 11.05.2000, 2 Ca 634/99, ZTR 2001, S. 76), so im ‚erst-recht’ – Schluss in jedem Falle eine aufschiebende Bedingung: Bei der auflösenden Bedingung ist nämlich das Rechtsverhältnis mit seinen wechselseitigen Rechten und Pflichten schon in Vollzug gesetzt worden und wird dann wieder beendet, während im vorliegenden Fall noch keine Leistungen ausgetauscht wurden.

b) Eine unangemessene Benachteiligung für die Klägerin ergibt sich auch nicht daraus, dass die Vereinbarung in der Anlage 1 zum Ausbildungsvertrag nicht klar und verständlich ist (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB), sog. Transparenzgebot.

Die Vereinbarung der aufschiebenden Bedingung ist klar und eindeutig formuliert.

Jedem Leser – auch dem juristischen Laien – erschließt sich, dass das Ausbildungsverhältnis nur dann wirksam begründet sein soll, wenn die Einstellungsuntersuchung die gesundheitliche Eignung des Schülers ergibt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass vertraglich nicht ein Termin oder eine besondere Frist für die Durchführung der Einstellungsuntersuchung vorgesehen ist. Nach der Vertragssystematik soll die Einstellungsuntersuchung jedenfalls vor dem Ausbildungsbeginn am 01.09.2005 stattfinden. Da der Beklagte – wovon die Berufungskammer ausgeht – zumindest mehrere Auszubildende zur Einstellung beabsichtigte und die Einstellungsuntersuchung nicht selbst durchführt, kann man von ihm keine nähere Konkretisierung des Termins erwarten, zumal es immer vorkommen kann, dass Auszubildende die Ausbildung dann doch nicht antreten wollen und dementsprechend unterzeichnete Ausbildungsverträge nicht zurücksenden. Hierauf hat der Beklagte auch im Termin zur Berufungsverhandlung hingewiesen: wollte man verlangen, dass jedem potentiellen Auszubildenden bereits so frühzeitig ein Termin zur Untersuchung mitgeteilt wird, wie es die Klägerin vertritt, müsste eine größere Zahl solcher Termine wieder zu Lasten des

Beklagten abgesagt werden.

Diesen Gedanken ist auch vor der Schuldrechtsreform, die die Inhaltskontrolle von vorformulierten Arbeitsbedingungen gesetzlich verankert hat, in der Rechtsprechung Rechnung getragen worden. In der Wertung gleichzusetzende auflösende Bedingungen sind in ihrer Wirksamkeit nicht grundsätzlich in Frage gestellt worden (LAG Köln, Urteil vom 12.03.1991, LAGE § 620 Bedingung; LAG Berlin, Urteil vom 16.07.1990, LAGE § 620 Bedingung Nr. 2; LAG Niedersachsen, Urteil vom 26.02.1990, DB 1980, 1799; ArbG Marburg, Urteil vom 11.05.2000 aaO.), worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat.

3.

Die aufschiebende Bedingung ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht eingetreten.

a) Hierfür ist es nicht ausreichend, dass sie den Termin der Einstellungsuntersuchung wahrgenommen hat. Mit der Formulierung der Bedingung soll erkennbar erreicht werden, dass ein Auszubildender in spe den Termin zur Einstellungsuntersuchung nicht wahrnimmt und sich gleichwohl auf das Bestehen eines Ausbildungsverhältnisses beruft. Maßgeblich soll – worauf auch das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat – nach dem klaren Wortlaut der Vereinbarung das Ergebnis der Einstellungsuntersuchung sein. Anderenfalls wäre der erste Halbsatz der Vereinbarung schlechthin überflüssig. Aus der Verknüpfung mit dem Wortkürzel „bzw.“ lässt sich nichts anderes ableiten: Es ist nicht davon auszugehen, dass der Beklagte insoweit einen Verstoß gegen die Voraussetzung der gesundheitlichen Eignung in § 5 Ziff. 1 KrPflG in Kauf nehmen will.

b) Die Einstellungsuntersuchung hat nicht die gesundheitliche Eignung der Klägerin für die vorgesehene Tätigkeit ergeben. Nach der arbeitsmedizinischen Bescheinigung vom 14.07.2005 bestehen gesundheitliche Bedenken gegen die Beschäftigung der Klägerin.

Dem steht der Vortrag der Klägerin nicht entgegen, das Ergebnis der durchgeführten Untersuchung sei unzutreffend, sie sei gesundheitlich durchaus geeignet, eine Ausbildung im Beruf der Gesundheits- und Krankenpflegerin aufzunehmen. Denn nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vereinbarung in der Anlage 1 zum Ausbildungsvertrag kommt es für den Eintritt der vereinbarten aufschiebenden Bedingung allein auf das Ergebnis der Einstellungsuntersuchung an. Es ist gerade nicht vereinbart, dass die Klägerin noch ein Attest oder ein Gesundheitszeugnis o.ä. vorzulegen hat, sondern das „…die Einstellungsuntersuchung ergibt…“. So ist auch in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass der Eintritt einer vereinbarten aufschiebende Bedingung in Form der gesundheitlichen Eignung nicht durch ein „Gegenattest“ widerlegt werden kann. Denn beim Widerstreit ärztlicher Meinungen entscheidet letztendlich der Inhalt der vertraglichen Vereinbarung (zutreffend ArbG Marburg, Urteil vom 11.05.2000 aaO., zu IV. der Gründe). Eine solche Regelung ist auch im Sinne einer zügig zu schaffenden Klarheit über den Beginn des Ausbildungsverhältnisses zum Ausbildungsjahr interessengerecht: Die tatsächliche Eignung bzw. Nichteignung lässt sich nämlich nur durch ein medizinisches Sachverständigengutachten klären. In einer solchen Konstellation würden die Parteien den Beginn der Ausbildung hiervon abhängig zu machen und das Risiko einzugehen, dass im Falle eines Rechtsstreits erst nach einer längeren Prozessdauer feststeht, ob das Ausbildungsverhältnis besteht oder nicht. Dieses Risiko bestünde, falls es auf die tatsächliche Eignung ankäme, nicht nur für den Beklagten, sondern auch für die Klägerin. Denn käme es auf die tatsächliche Eignung und nicht – wie vereinbart – auf das Untersuchungsergebnis an, so könnte der Beklagte trotz eines positiven Ergebnisses der Einstellungsuntersuchung einwenden, tatsächlich sei die Klägerin gesundheitlich ungeeignet.

III.

Damit verbleibt es dabei, dass die Parteien rechtswirksam eine aufschiebende Bedingung für das Inkraftsetzen des Ausbildungsvertrages vereinbart haben, die nicht eingetreten ist. Aus diesem Grunde konnte die Berufung der Klägerin auch mit dem Leistungsantrag zu 2. keinen Erfolg haben. Letzteres würde das Bestehen des Ausbildungsvertrages voraussetzen, vgl. BAG GS AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht.

IV.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin als unterlegene Partei zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.

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