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Gesundheitsfragen im Antragsformular falsch beantwortet – BU-Versicherung

LG Saarbrücken – Az.: 12 O 296/03 – Urteil vom 30.07.2004

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Kostenbetrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger beantragte bei der Beklagten unter dem 17.6.1997 den Abschluss einer Lebensversicherung unter Einschluss einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Beim Ausfüllen des Formulars war dem Kläger der Zeuge … behilflich, ein Nachbar des Klägers, der nebenberuflich im Versicherungsgewerbe tätig war. Dieser hatte den Kläger auf die Möglichkeit des Abschlusses einer Lebensversicherung bei der Beklagten aufmerksam gemacht und sich selbst auf dem Antragsformular als „Empfehler“ angegeben. Er füllte das Antragsformular in Gegenwart des Klägers aus.

Die Gesundheitsfragen Nr. 1) und 2) wurden in dem Antragsformular verneint. Bei der Frage Nr.3) nach Untersuchungen, Beratungen, Behandlungen oder Operationen wurde angegeben: „Dezember 1995. OP linkes Knie Meniskus Dr. B Kreiskrankenhaus B H“. Als Arzt, der über seine Gesundheitsverhältnisse am besten unterrichtet ist, gab er Frau Dr.H in V, seine Hausärztin, an.

Mit Schreiben vom 4.7.1997 sandte die Beklagte dem Kläger das Antragsformular zurück und bat um Angabe, ob wegen der Knieoperation noch Beschwerden bestünde. Dies verneinte der Kläger mit dem Eintrag „Folgen ? z.Zt.keine“ und sandte das Formular zurück-Mit Versicherungsschein Nr. 3566107 vom 18.7.1997 wurde der Antrag angenommen; vereinbart wurde eine monatliche Rente von 1.600,00 DM (818,06 EURO) bei einem monatlichen Beitrag von 108,80 DM. Dem Vertragsverhältnis liegen die Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung der Beklagte (Bl.93, 94 d.A.) zugrunde.

Mit Telefonat vom 28.10.2002 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er an Diabetes mellitus arbeitsunfähig erkrankt sei und beantragte Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung. Im Zuge der Leistungsprüfung erlangte die Beklagte Kenntnis davon, dass bei dem Kläger 1993 ein Schlafapnoe Syndrom diagnostiziert wurde, dessentwegen 1994 eine Schlaflabordiagnostik und eine Beatmungstherapie im Klinikum der Philipps-Universität Marburg durchgeführt wurden. Seit 1993 musste sich der Kläger einmal im Jahr zur Verlaufskontrolle in der vorgenannten Klinik vorstellen und suchte mehrfach seine Hausärztin auf. Im Jahr 1992 wurde dem Kläger die Gallenblase entfernt; seitdem sind eine Erhöhung der Blutfettwerte und eine Hyperurikämie bekannt. Seit 1992 leidet der Kläger an medikamentös behandeltem Bluthochdruck. Desweiteren fanden im Zeitraum 1993 – 1997 Behandlungen wegen eines Carpaltunnelsyndroms, wegen Schmerzen im Schulter/Arm/Bereich und wegen verschiedener Beschwerden des linken Knies statt. Wegen der Behandlungen im einzelnen wird auf die Übersicht der Barmer Ersatzkasse vom 13.1.2003 (Anlage H 3 zum Schriftsatz des Klägers vom 27.11.2003), auf die ärztliche Bescheinigung von Prof. Dr. von W/Prof. K./Dr. med B vom 17.5.1994 (Bl.76, H 4) und die Berichte der Philipps-Universität Marbach vom 14.7.1993, 19.5.1994 und 29.5.1995 und 27.8.1996 (Bl.77 – 85, H 5 – H 7) verwiesen.

Mit Schreiben vom 29.1.2003 (Anlage 5 des Anlagenbandes) erklärte die Beklagte deshalb die Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung gem. § 22 VVG i.V.M. § 123 BGB.

Der Kläger ist der Ansicht, die Anfechtung sei treuwidrig.

Hierzu behauptet er, er habe beim Ausfüllen des Versicherungsantrages zusammen mit dem Zeugen J, dem er seine gesamten gesundheitlichen Probleme geschildert habe, Schwierigkeiten gehabt, seine gesundheitlichen Beschwerden, insbesondere das Schlafapnoe-Syndrom zu charakterisieren und in den Fragenkatalog einzuordnen. Deshalb habe er in Gegenwart des Zeugen die Hotline der Beklagten angerufen, die auf dem Formular angegeben worden sei. Eine ihm namentlich unbekannte weibliche Mitarbeiterin der Beklagten habe ihm die Auskunft gegeben, es sei letztlich gleichgültig, was er ankreuze, weil er mit der Unterschrift seinen Arzt von der ärztlichen Schweigepflicht entbinde und die Beklagte eine Auskunft über die Krankenakte einhole. Daraufhin habe er sich auf die Benennung von Frau Dr. H und die Angabe des Krankenhausaufenthaltes beschränkt. Nach Eingang des Antrags bei der Beklagten habe er erneut mit der Beklagten telefoniert, wobei ihm wiederum mitgeteilt worden sei, dass Einsicht in die Krankenakte genommen werde.

Die Schlafapnoe sei ohnehin nicht allgemein als Krankheit anerkannt, weswegen sie auch in einem Rentenverfahren seitens der LVA Thüringen nicht als berücksichtigungsfähig eingestuft worden sei. Knieleiden und Schulterprobleme seien nach erfolgreicher Rehabilitation ausgeheilt. Die Angabe in Ergänzung des Versicherungsantrages, die Knieoperation habe keine Folgen verursacht, sei zutreffend gewesen, weil zu diesem Zeitpunkt keine Beschwerden vorhanden gewesen seien. Bluthochdruck und Stoffwechselstörungen seien allgemeine Zivilisationskrankheiten, die dem Abschluss des Versicherungsvertrages nicht im Wege gestanden hätten.

Die Beklagte sei durch die Informationen, die der Kläger der Mitarbeiterin an den Hotline gegeben habe und durch die Angabe des Klägers bzgl. der Operation am Knie „z.Zt.keine“ gehalten gewesen, Einsicht in die Krankenakte zu nehmen. Die Angaben des Klägers zu dieser Operation seien nicht eindeutig gewesen, so dass die Beklagte weitere Auskünfte hätte einholen müssen, um ihrer Nachfrageobliegenheit zu genügen. Da sie dies unterlassen habe, könne sie sich nunmehr nicht auf ein Anfechtungsrecht berufen, ohne treuwidrig zu handeln.

Die Beklagte müsse sich auch die Kenntnis des Zeugen J von den Erkrankungen des Klägers nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht zurechnen lassen. Hierzu behauptet er, der Zeuge J habe die erforderlichen Antragsformulare für die Versicherung zum Kläger mitgebracht, diese seien bereits mit dem Namen des Klägers und seiner Ehefrau ausgefüllt worden. Hieraus lasse sich schließen, dass der Zeuge J in einem relevanten Verhältnis zur Klägerin gestanden haben müsse. Dies ergebe sich auch aus der Bezeichnung des Klägers als Empfehler. Die Beklagte hätte die Möglichkeit gehabt, das Auftreten des Zeugen als vollmachtslosen Vertreters vorauszusehen und zu verhindern.

Die Gesundheitsfragen seien aus Sicht des Klägers äußerst allgemein gehalten und für einen medizinischen Laien unverständlich.

Ihm, dem Kläger sei der Vorwurf arglistigen Verhaltens nicht zu machen. Er ist der Ansicht, Falschangaben, die aus Gleichgültigkeit, Trägheit, falsch verstandener Scham oder aufgrund der Annahme gemacht werden, dass die Beschwerden bedeutungslos seien, könnten nicht zur Annahme von Arglist führen, wie das OLG Koblenz entschieden habe. So läge es auch in seinem Fall, weil er seinen Beschwerden entweder keine Bedeutung beigemessen habe, weil er sie für normale im Alter auftauchende Probleme oder sie für abschließend behandelt gehalten habe. Die Schlafapnoe sei in den Jahren 1994 und 1995 mit Erfolg behandelt worden, weswegen er der Erkrankung beim Ausfüllen des Formulars keine Bedeutung beigemessen habe. Entsprechendes gelte für die Gallenblasenentfernung. Die in den Krankenakten enthaltenen Erkrankungen und medizinischen Fachbegriff seien dem Kläger in dieser Form von den Ärzten auch nicht erklärt worden.

Der Kläger beantragt (Bl.54, 140 d.A.), die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ab dem 6.11.2002 aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zur Lebensversicherung, Versicherungsvertrag Nr. …, eine monatliche Rente in Höhe von 818,06 EURO (1.600,– DM) bis zum 1.7.2009 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt (Bl.32, 140 d.A.), die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass sie sich etwaige Kenntnis des Zeugen … on den Erkrankungen des Klägers nicht zurechnen lassen müsse, weil der Zeuge in keinerlei rechtlicher Beziehung zu ihr stehe.

Sie behauptet, als Direktversicherer bediene sie sich keiner Versicherungsvermittler; der Zeuge J sei auch kein solcher gewesen. Die Voraussetzungen für die Annahme einer Anscheinsvollmacht seien in Bezug auf den Zeugen … nicht gegeben; es fehle insoweit bereits an einer gewissen Dauer und Häufigkeit des Verhaltens, das den Rechtsschein einer Bevollmächtigung erzeuge. Zudem bestehe bei der Beklagten eine interne Anweisung; Antragsformulare nur an die jeweiligen Antragsteller zu übersenden, um zu verhindern, dass sonstige Dritte im Geschäftsverkehr mit Unterlagen der Beklagten auftreten. Von einem schuldhaft verursachten Rechtsschein könne nicht die Rede sein.

Auch die Angaben des Klägers zu seinem angeblichen Anruf bei der Hotline der Beklagten könnten nicht zutreffen. Eine derart unqualifizierte Äußerung, wie sie der Kläger behaupte, sei von der Mitarbeiterin der Hotline keinesfalls gemacht worden. Es sei bei ihr, der Beklagten wie auch bei anderen Versicherern bekannt, dass Auskünfte bei den behandelnden Ärzten nur eingeholt werden, wenn sich Unklarheiten über den Gesundheitszustand aus der Beantwortung der Antragsfragen ergeben. Dies sei hier nicht der Fall gewesen, weil die Angaben des Klägers eindeutig gewesen seien. Zudem seien die Mitarbeiter gehalten, über jedes Gespräch eine Telefonnotiz zu fertigen; eine solche existiere hinsichtlich des klägerseits behaupteten Gesprächs nicht.

Der Kläger habe die Gesundheitsfragen unstreitig unrichtig beantwortet. Zudem habe er unrichtige Angaben zu seinem Gewicht und zu seinem Nikotinkonsum gemacht. Sämtliche der klägerseits nicht angegebenen Erkrankungen und ärztlichen Behandlungen hätten dazu geführt, dass sie, die Beklagte, den Antrag auf Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung nicht angenommen hätte.

Nach dem Einschätzungshandbuch des Rückversicherers, wegen dessen Inhalt auf die Anlage B 1 zum Schriftsatz vom 17.6.2004 (Bl.123 d.A.) verwiesen wird, muss der Antrag bei Vorliegen einer Schlafapnoe mit einem Index von 20 – 40, der für den Kläger zutreffe, abgelehnt werden. Übergewicht, Hypertonie und Hyperurikämie hätten zu einem Leistungszuschlag geführt; hinsichtlich des Meniskus und des Karpaltunnelsyndroms wäre ein Ausschluss vereinbart worden; die Cholezystektomie wäre nach ärztliche Untersuchung genau eingeschätzt worden. Die Gesamtschau der zahlreichen Vorerkrankungen hätte insgesamt zu einer Ablehnung des Antrages geführt.

Der Kläger habe sich am 9.8.1996 von seiner Hausärztin über die Feststellung einer Schwerbehinderung beraten lassen. Noch am Tag der Antragsunterzeichnung sei er bei seiner Hautärztin wegen Knieproblemen in Behandlung gewesen, so dass von Folgelosigkeit der Knieoperation nicht die Rede sein könne. Aus all dem lasse sich schließen, meint die Beklagte, dass der Kläger sich über seinen Gesundheitszustand in vollem Umfang bewusst gewesen sei. Die Gesamtheit der verschwiegenen Erkrankungen und deren Schwere lassen nur den Schluss zu, dass es dem Kläger alleine auf den schnellen Abschluss eines Lebensversicherungsvertrags angekommen sei.

Die Beklagte meint ferner, eine Nachfrageobliegenheit ihrerseits habe nicht vorgelegen. Da der Kläger sämtliche Vorerkrankungen und Beschwerden verschwiegen habe, habe sie keinen Anlass zu Rückfragen gehabt. Da die Risikoprüfungsobliegenheit auf Treu und Glauben beruhe, könne sich ein arglistig handelnder Versicherungsnehmer auf sie nicht berufen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … und … Scholz zu den Umständen der Antragsaufnahme. Wegen der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 7.7.2004 (Bl.134 ff d.A.) verwiesen. Wegen des Sach – und Streitstandes im übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erbringung von Leistungen aus der streitgegenständlichen Berufsunfähigkeitsversicherung nicht zu, weil die Beklagte mit Schreiben vom 29.1.2003 den Versicherungsvertrag wirksam gem. § 22 VVG i.V.m. § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung angefochten hat.

Der Kläger hat die Beklagte bei Antragstellung über seinen Gesundheitszustand getäuscht, indem er die Gesundheitsfragen des Antragsformulars vom 17.6.1997 entgegen seiner Verpflichtung nach § 16 Abs.1 VVG objektiv falsch beantwortet hat.

Der Kläger hat nicht bestritten, dass er an den Erkrankungen gelitten hat bzw. sich den ärztlichen Behandlungen unterzogen hat, die in der Bescheinigung der Barmer Ersatzkasse, seiner Krankenversicherung, vom 13.1.2003 (Bl.74 d.A.; Anlage H3 zum Schriftsatz des Kläger vom 27.11.2003) aufgeführt sind und jeweils zur Arbeitsunfähigkeit geführt haben. Hervorzuheben sind für die Zeit vor Antragstellung insbesondere die zum Teil mehrfachen Behandlungen wegen Schlafapnoe, deretwegen der Kläger sich in stationäre Behandlung begeben hatte, wegen eines Carpaltunnelsyndroms (1994) und wegen BWS-Blockierung/HWS-Syndrom (1993). Unstreitig und vom Kläger bei seiner Anhörung im Termin vom 7.7.2004 bestätigt ist ferner, dass der Kläger seit den 90er Jahren an medikamentös behandeltem Bluthochdruck gelitten hat und dass er Schmerzen im Schulter – Arm – Bereich hatte, deretwegen er sich ebenfalls in ärztliche Behandlung begeben hatte. Ebenfalls nicht bestritten sind Stoffwechselstörungen in Form von Hyperurikämie (Vermehrung der Harnsäure im Blut) und Hyperlipämie (Erkrankung mit erniedrigter Konzentration der Lipoproteine).

Sämtliche dieser Erkrankungen, Beschwerden und Behandlungen hätte der Kläger nach der Fassung der Antragsfragen angeben müssen. Es mag sein, dass das Schlafapnoe-Syndrom nicht allseits als Krankheit anerkannt ist (obgleich es in dem medizinischen Wörterbuch von Pschyrembel bereits in der 256. Aufl.von 1990 als solche aufgeführt ist). Die Antragsfragen sind aber eindeutig so gefasst, dass nicht nur Krankheiten, sondern auch Störungen und Beschwerden anzugeben sind, worunter das Schlafapnoe Syndrom auch unter Zugrundelegung der Auffassung des Klägers zählt. Entsprechendes gilt auch für die Stoffwechselerkrankungen und den Bluthochdruck, die nicht als allgemeine Zivilisationserscheinungen verharmlost werden können. Ob die Angaben des Klägers zu den Folgen der Knieoperation richtig gewesen sind, kann angesichts der im übrigen verschwiegenen Erkrankungen, dahinstehen. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass er diese Erkrankungen für bedeutungslos gehalten hat. Der künftige Versicherungsnehmer hat die Gesundheitsfragen nach Krankheiten, Störungen oder Beschwerden grundsätzlich erschöpfend zu beantworten. Es darf sich weder auf Krankheiten oder Schäden von erheblichem Gewicht beschränken, noch sonst eine wertende Auswahl treffen. Diese weit gefaßte Pflicht zur Offenbarung findet ihre Grenze erst bei Gesundheitsbeeinträchtigungen, die offenkundig belanglos sind oder alsbald vergehen (BGH r+s 2003, 336, 337). Dies war hinsichtlich keiner der Erkrankungen des Klägers der Fall; auch nicht hinsichtlich des Bluthochdrucks, selbst wenn er durch Medikamente erfolgreich behandelt worden ist (zu diesem Fall OLG Karlsruhe VersR 1992, 1251 zitiert bei Müller/Frank, Aktuelle Rechtsprechung zur Berufsunfähigkeitszusatzversicherung 6.Aufl.Seite 273).

Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg einwenden, dass seine Erkrankungen erfolgreich behandelt worden sei. Mit der Formulierung „Leiden oder litten Sie“ war eindeutig auch nach bereits vergangenen Erkrankungen gefragt.

Der Kläger kann die nach alledem unrichtige Beantwortung der Gesundheitsfragen weder damit widerlegen, dass er vorgetragen hat, der Zeuge … habe das Antragsformular ausgefüllt und sei von ihm über seinen Gesundheitszustand informiert worden, noch es sei ihm eine Auskunft seitens der Hotline der Beklagten gegeben worden, die ihn veranlasst habe, die Gesundheitsfragen unrichtig zu beantworten.

Hinsichtlich des Zeugen J kommt dem Kläger die sog. „Auge und Ohr-Rechtsprechung“ des Bundesgerichtshofs nicht zugute. Hat nicht der Versicherungsnehmer persönlich ein Fragenformular seines Versicherers ausgefüllt, sondern eine für den Versicherer tätige Person anhand der Informationen, die der Versicherungsnehmer ihr mündlich gegeben hat, so kann nach dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Versicherer den ihm obliegenden Beweis des objektiven Tatbestandes einer Obliegenheitsverletzung nicht mehr allein mit der Vorlage des unzutreffend ausgefüllten Formulars führen. Füllt eine für den Versicherer tätige Person das Formular aus, so erfordert deren Ausfüllen vorangehende mündliche Informationen des Antragstellers. Macht dieser substantiiert geltend, er habe den ausfüllenden Agenten bzw. die sonstige für den Versicherer tätige Person zutreffend mündlich informiert, so muss der Versicherer beweisen, dass dies nicht zutrifft (so BGH NJW 1989, 2060, 2061; BGH NJW 1990, 767).

Vorliegend ist es zwischen den Parteien unstreitig, dass der Zeuge J nicht als Agent der Beklagten anzusehen ist. Wie allgemein bekannt, ist die Beklagte ein Direktversicherer, der sich keiner Agenten i.S. des § 43 ZPO im Rahmen einer Vertriebsstruktur bedient. Der Zeuge J, der nach eigenen Angaben nebenberuflich für die Volksfürsorge und einen Versicherungsmakler gearbeitet hat, ist auch nicht als sogenannter Gelegenheitsagent (vgl.hierzu Römer/Langheid, 2.Aufl. 2003, Rdnr. 12 zu § 43 VVG) anzusehen, für den kennzeichnend ist, dass er nicht aufgrund eines Dauerrechtsverhältnisses mit der beklagten Versicherung verbunden ist. Für den Begriff des Agenten ist entscheidend, dass er mit Wissen und Wollen des Versicherungsvermittlers Verträge für diesen vermittelt; dies ist Voraussetzung für gesetzliche Vollmacht des § 43 VVG, auf der die Wissenszurechnung beruht (vgl.BGH NJW 1988, 973, 974). Entsprechendes gilt auch für die Ausdehnung der „Auge und Ohr“ Rechtsprechung auf Dritte, die nicht Versicherungsagenten sind, etwa auf Ärzte bei Ausfüllung eines ärztlichen Zeugnisses. So hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein auf Betreiben des Versicherers eingeschalteter und von ihr honorierter Hausarzt Beauftragter und passiver Stellvertreter der Versicherers sei (so BGH Urteil vom 21.11.1989 in NJW 1990, 767; OLG Frankfurt, NJW-RR 676,677). Vorliegend ist nicht nachgewiesen, dass der Zeuge J mit Wissen und Wollen des Versicherers bei Ausfüllen des Formulars tätig geworden ist. Der Zeuge J hat insoweit lediglich bekundet, dass er selbst bei der C versichert sei und diese Versicherung dem Kläger, seinem Nachbarn, weiter empfohlen habe. Er sei gegenüber der C als sog. „Empfehler“ aufgetreten und habe ein Geschenk hierfür als Prämie erhalten. Die Unterlagen habe er für den Kläger bei der Beklagten angefordert. In der bloßen Übersendung eines bereits mit Namen und Anschrift des Klägers versehenen Antragsformulars seitens der Beklagten an den Zeugen J kann eine Bevollmächtigung, die diesen einem Agenten gleichstellt, nicht gesehen werden.

Die Antragsformulare kann bei einem Direktversicherer jedermann auf Anfrage erhalten und sie selbständig ausfüllen und bei der Beklagten einreichen. Damit kommt der Aushändigung der Antragsformulare gerade nicht die rechtsgeschäftliche Bedeutung zu, wie sie etwa für die Grundsätze der Anscheins – und Duldungsvollmacht angenommen worden ist (vgl. hierzu Palandt – Heinrichs, Bürgerl. Gesetzbuch, 62.Aufl.Rdnr. 15 zu § 173 BGB). Dass für die Weiterempfehlung von Produkten Geschenkprämien verteilt werden, ist etwa bei Zeitschriftenabonnement oder bei Versandhäusern üblich und verleiht dem Beschenkten nicht den Status eines Quasivertreters. Zudem setzt die Anwendung der Grundsätze über die Anscheinsvollmacht voraus, dass der andere Teil gutgläubig ist; er wird nicht geschützt, wenn er den Mangel der Vollmacht kannte oder infolge Fahrlässigkeit nicht kannte (so Palandt – Heinrichs, a.a.O, Rdnr. 18 zu § 173 BGB). Vorliegend durfte der Kläger nicht annehmen, dass der Zeuge J mit irgendwelchen Vollmachten für die Beklagte auftrat. Wie er selbst vorgetragen hat, war ihm der Zeuge J lediglich als Nachbar bekannt, der ihm eine Versicherung weiterempfohlen hatte, und der ihm bei Ausfüllen des Formulars behilflich war. Auch ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers, der Zeuge J habe ihn wegen Schwierigkeiten beim Ausfüllen des Antrages auf die Hotline der Beklagten aufmerksam gemacht, dass der Zeuge sich gerade keine Kompetenzen in Bezug auf das Ausfüllen des Antrages anmaßte.

Hinsichtlich der Mitarbeiterin der Hotline kann sich der Kläger ebenfalls nicht auf die „Auge und Ohr“ Rechtsprechung berufen. Zum einen hat der Kläger bei seiner mündlichen Anhörung den Vortrag, er habe die Mitarbeiterin über seine „gesundheitliche Problematik“ informiert, dahingehend substantiiert, dass er ihr lediglich die Erkrankung „Schlafapnoe“ mitgeteilt habe. Hinsichtlich der anderen verschwiegenen Umstände behauptet er die Kenntnis der Mitarbeiterin ohnehin nicht. Zudem ist die unbenannte Mitarbeiterin ebenfalls nicht einem Agenten gleichzusetzen. Auf der Rückseite des Antragsformulars verspricht die Beklagte bei Anwählen der dort genannten Rufnummer sofortige Hilfe beim Ausfüllen des Antrages. Aus Sicht des Versicherungsnehmers übte die Mitarbeiter der Hotline damit lediglich eine beratende Tätigkeit aus, die mit einer rechtsgeschäftlichen Vertretung, zu der ein Antragsvermittler berechtigt ist, nichts zu tun hat.

Allerdings könnte die Beklagte sich nach Treu und Glauben auf das unrichtige Ausfüllen des Antrags nicht berufen, wenn die Mitarbeiterin ihrer Hotline tatsächlich unrichtige Auskünfte hinsichtlich der Beantwortung der Antragsfragen erteilt hätte und den Kläger dadurch von der zutreffenden Beantwortung der Antragsfragen abgehalten hätte.

Eine derartige Falschauskunft ist aber nicht zur Überzeugung der Einzelrichterin nachgewiesen, was zu Lasten des Klägers geht, der für die behauptete Auskunft darlegungs – und beweispflichtig ist. Der Zeuge J konnte keine Aussagen über den Inhalt des Gesprächs machen, er bestätigte lediglich, dass ein solches stattgefunden habe. Die Zeugin S, die Ehefrau des Klägers, schildert das Gespräch dahingehend, dass ihr Mann bei der Versicherung angerufen habe, weil sie unsicher gewesen seien, wie sie das Formular ausfüllen sollten. Denn es sei kein Datum angegeben gewesen, auf welchen Zeitraum es ankommt. Sie hätten Angst gehabt, etwas zu vergessen. Das Ergebnis des Telefongesprächs habe ihr Ehemann ihr dahingehend geschildert, dass die Mitarbeiterin gesagt habe, es sei nicht schlimm, wenn etwas vergessen werde, letztlich entscheide über die Annahme des Antrages der Bericht des Hausarztes. Selbst unterstellt, die Mitarbeiterin der Hotline hätte damit beim Kläger den Eindruck vermittelt, es werde in jedem Fall ein Bericht des Hausarztes eingeholt (was nicht zutrifft) hätte der Kläger dies nicht als „Freibrief“ verstehen dürfen, sämtliche Erkrankungen einschließlich des Schlafapnoe-Syndroms zu verschweigen. Auf Nachfragen durch den Beklagtenvertreter hat die Zeugin bekundet, dass die Mitarbeiterin der Hotline gerade keine konkreten Angaben dazu gemacht habe, was in die Gesundheitsfragen aufzunehmen sei. Die Behauptung des Klägers, die Mitarbeiterin habe gesagt, es sei „egal“ was angekreuzt werde, ist damit gerade nicht bestätigt. Nach der Aussage der Zeugin kann der Verlauf des Gesprächs durchaus auch so gewesen sein, dass der Kläger geäußert habe, er wisse nicht, wie er seine gesundheitlichen Probleme formulieren solle, und die Mitarbeiterin in der Meinung, die Gesundheitsfragen würden vom Kläger bejaht und Beschwerden angegeben, geäußert habe, dann werde bei Unklarheiten ein Arztbericht eingeholt, was zutreffend ist. Den Schluss, es bräuchten keine Erkrankungen angegeben zu werden, durfte der Kläger aus dieser Auskunft nicht ziehen. Dies zumal sich eine Beantwortung der Frage 1 dann erübrigen würde. Angesichts der Fassung des Formulars und der Erläuterungsrubrik zu Frage 1) konnte dies ersichtlich nicht der Sinn der Beantwortung der Gesundheitsfragen sein.

Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger seine zahlreichen und schwerwiegenden Vorerkrankungen arglistig verschwiegen hat. Arglist setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer durch eine wissentliche Falschbeantwortung anzeigepflichtiger Umstände auf die Annahmeentscheidung des Versicherers Einfluss nehmen will und sich bewusst ist, dass der Versicherer seinen Antrag nicht oder jedenfalls nicht einschränkungslos annehmen werde, falls er wahrheitsgemäße Angaben mache (so Prölss-Martin, VVG, 26.Aufl.Rdnr. 4 zu § 22 VVG m.w.N.). Da es sich bei der Arglist um einen inneren Vorgang handelt ist der Beweis in der Regel nur durch Indizien nachzuweisen. Wichtigste Indizien sind Art, Schwere und Zweckrichtung der Falschangaben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles (so Römer – Langheid, VVG, 2.Aufl.Rdnr.6 zu § 22 VVG m.w.N.).

Dabei obliegt es dem Versicherer nachzuweisen, dass der Versicherungsnehmer mit Hilfe seiner unrichtigen Erklärung zumindest mit bedingtem Vorsatz auf den Annahmewillen des Versicherers einwirken wollte. Dem Versicherungsnehmer bzw. hier dem Antragsteller als Begünstigtem obliegt es, in seiner Sphäre liegende Gründe für die Falschbeantwortung aufzuzeigen, Es ist von Arglist auszugehen, wenn andere Motive als das, den Abschluss des Versicherungsvertrages nicht zu gefährden, nicht ersichtlich sind (so OLG Saarbrücken, Urteil vom 19.3.2003, 5 U 601/01-43).

Vorliegend hat der Kläger eine Vielzahl von Erkrankungen und ärztlichen Behandlungen sowohl internistischer als auch orthopädischer Art verschwiegen, die teilweise zu längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten in den Jahren vor Antragstellung geführt hatten. Aus der Anhörung des Klägers ergab sich, dass er insbesondere der Schlafapnoe Erkrankung, deretwegen er sich zahlreicher Untersuchungen unterziehen musste und muss und gezwungen ist, beim Schlafen eine Atemmaske zu tragen, erhebliche Bedeutung beigemessen hat und damit schwere Probleme hatte. Alleine die Häufung und Schwere der Erkrankungen ist bereits ein Indiz für Arglist. Demgegenüber hat der Kläger keine plausiblen Gründe für die Falschbeantwortung dargetan. Wie bereits ausgeführt, hat er nicht nachweisen können, dass er durch eine Falschauskunft der Hotline der Beklagten davon abgehalten wurde, die Gesundheitsfragen zutreffend zu beantworten. Sowohl seine Angaben als auch die der Zeugin … zeigen vielmehr, dass beide sich bei Beantwortung der Gesundheitsfragen der gesundheitlichen Problematik durchaus bewusst waren und nach Rechtfertigungsgründen für die Nichtangabe suchten. Wenn dennoch bis auf die Angabe der Knieoperation alle weiteren Erkrankungen verschwiegen werden, ist dies nicht anders zu erklären, als dass die Annahmeentscheidung des Versicherers beeinflusst werden sollte.

Der Kläger vermag sich auch nicht dadurch zu entlasten, dass er auf eine Nachfrageobliegenheit seitens des Versicherers verweist. Diese besteht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann, wenn die Gesundheitsfragen dem Versicherer vor Augen führen, dass der Antragsteller seiner Anzeigeobliegenheit noch nicht genügt hat und sie ihm ohne weitere Nachfrage eine sachgerechte Risikoprüfung noch nicht erlauben (so BGH VersR 1992, 603, 604). Dies war aber vorliegend nicht so, weil die Antragsfragen eindeutig beantwortet worden sind. Frage 1) wurde verneint; die Angabe bei den Folgen der Knieoperation z.Z. keine ist ebenfalls nicht unvollständig, weil eine Aussage für die Zukunft ohnehin nicht getroffen werden kann.

Schließlich entlastet ihn auch nicht die Angabe des Hausarztes. Hat ein Versicherungsnehmer im Versicherungsantrag für eine Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Verneinung der sog. Gesundheitsfragen wahrheitswidrig vorgespiegelt, nicht an Krankheiten, Störungen oder Beschwerden zu leiden oder gelitten zu haben, steht der Annahme einer arglistigen Täuschung nicht entgegen, dass er auf die Frage nach dem am besten über ihre gesundheitlichen Verhältnisse unterrichteten Arzt den Hausarzt angegeben hat. Allein die Angabe des Hausarztes löst jedenfalls keine Nachfrageobliegenheit des Versicherers aus. Da ein Hausarzt häufig nur wegen Bagatellerkrankungen aufgesucht wird, kann dessen Angabe auch die Bedeutung haben, die unbezweifelbar andauernde Gesundheit des Versicherungsnehmers zu bestätigen. Ein Versicherer darf daher die Benennung eines Hausarztes in diesem Sinne verstehen (so OLG Saarbrücken VersR 2003, 890, 8919.

Die Beklagt hat durch Bezugnahme auf ihre Risikoprüfungsgrundsätze und die ihres Rückversicherers auch den Nachweis geführt, dass die arglistige Täuschung durch den Klägers für ihre Annahmeentscheidung ursächlich war. Alleine die Kenntnis des Schlafapnoe-Syndroms hätte zur Zurückstellung des Antrags geführt.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs.1, 709 Satz 1 ZPO.

 

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