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Getriebeschaden – Rücktritt vom Kfz-Kaufvertrag

Oberlandesgericht Brandenburg

Az: 13 U 34/08

Urteil vom 08.10.2008

Vorinstanz: Landgericht Potsdam, Az.: 1 O 320/07


In dem Rechtsstreit hat der 13. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17.9.2008 für Recht erkannt:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 6. Februar 2008 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam, Az.: 1 O 320/07, wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung von 110 % des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung aus der Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen gebrauchten Pkw Mitsubishi Galant wegen eines wiederholt, erstmals zwei Monate nach Übergabe aufgetretenen Getriebeschadens in Anspruch. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird verwiesen.

Das Landgericht hat der Klage nach teilweiser Rücknahme in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Rücktritt berechtigt sei, weil das Fahrzeug sich nach dem unstreitigen Sachverhalt nicht für den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch eigne und deshalb einen Sachmangel aufweise. Das Vorliegen eines Mangels schon zur Zeit des Gefahrübergangs werde nach § 476 BGB vermutet. Für das Vorliegen eines Mangels schon bei Gefahrübergang spreche auch die relativ geringe Laufleistung von nur 2.000 km bis zum ersten Auftreten des Getriebeschadens. Infolge des Eingreifens der gesetzlichen Vermutung treffe den Beklagten der Vollbeweis dafür, dass die Sache bei Gefahrübergang noch nicht mit einem (Grund-)Mangel behaftet gewesen sei. Vorliegend stehe indessen aufgrund des eigenen Vorbringens des Beklagten fest, dass das eingebaute Getriebe für einen Fahrbetrieb mit Höchstgeschwindigkeit und eingeschalteter Klimaanlage bei hohen Außentemperaturen nicht ausgelegt sei. Damit räume der Beklagte selbst ein, dass sich das gekaufte Fahrzeug nicht für die gewöhnliche Verwendung eigne.

Dagegen wendet der Beklagte sich mit seiner Berufung. Er meint, die Vermutung des § 476 BGB komme erst dann zum Tragen, wenn das Vorliegen eines Sachmangels unstreitig oder bewiesen sei. Daran fehle es hier. Er, der Beklagte, habe bestritten, dass die Ursache für den nach Übergabe eingetretenen Getriebeschaden bereits bei Gefahrübergang vorhanden gewesen sei. Darüber hätte Beweis erhoben werden müssen. Dem Beklagten hätte Gelegenheit gegeben werden müssen, die Vermutung des § 476 BGB zu widerlegen. Ungeachtet dessen weiche die tatsächliche Beschaffenheit des Fahrzeugs weder von der vereinbarten Beschaffenheit ab noch liege ein Mangel i. S. v. § 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor. Im Fall eines Gebrauchtwagenkaufs sei die Vergleichsgruppe aus solchen Fahrzeugen zu bilden, die nach Alter und Laufleistung und des gleichen Typs derselben Marke entsprechen.

Er beantragt,

das am 6.2.2008 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam, Az.: 1 O 320/07, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze und der Protokolle der mündlichen Verhandlungen.

II.
Die gemäß §§ 517, 519, 520 ZPO zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch in der erstinstanzlich ausgeurteilten Höhe. Der Beklagte dringt mit seinem auf die Auslegung des § 476 BGB durch das Landgericht beschränkten Angriffen nicht durch.

Der Kläger war gemäß §§ 434 Abs. 1 Nr. 2, 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB nach der vom Beklagten erklärten Weigerung einer Nachbesserung berechtigt, vom Kaufvertrag über den Gebrauchtwagen zurückzutreten. Der Gebrauchtwagen weist einen Mangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf. Danach ist die Sache bei Fehlen einer Beschaffenheitsvereinbarung – wie hier – frei von Sachmängeln, wenn sie sich bei Gefahrübergang, d.h. gemäß § 446 S. 1 BGB bei deren Übergabe, für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach Art der Sache erwarten kann. Die gewöhnliche Verwendung ist objektiv aus der Art der Sache und aus den Verkehrskreisen, denen der Käufer angehört, abzuleiten. Vergleichsmaßstab ist die übliche Beschaffenheit bei Sachen gleicher Art, d.h. bei Sachen auch anderer Hersteller (vgl. OLG Düsseldorf NJW 2005, 2235; 2006, 2858) mit demselben Qualitätsstandard. Gewöhnliche Verwendung eines Fahrzeugs ist in erster Linie dessen Fahrfähigkeit und -bereitschaft. Das gilt auch für ein Gebrauchtfahrzeug zumindest dann, wenn es eine für sein Alter relativ geringe Laufleistung aufweist. Bei einer Fahrleistung von 69.000 km bei Übergabe kann erwartet werden, dass das Fahrzeug noch einige zehntausend weitere Kilometer fahrbereit ist. Gemessen an den v. g. Maßstäben fehlt es dem vom Kläger erworbenen Fahrzeug an der Eignung zur gewöhnlichen Verwendung. Nachdem der Mitsubishi infolge eines erstmals am 9.3. und anschließend am 13.6.2007 erneut aufgetretenen Getriebeschadens unstreitig nicht mehr fahrbereit ist, ist er für den Fahrbetrieb nicht mehr geeignet, folglich mit einem Sachmangel behaftet. Es ist auch kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass es sich bei dem eingetretenen Defekt um eine bei Fahrzeugen dieses Typs und dieses Alters mit entsprechender Laufleistung übliche Verschleißerscheinung handelt. Darauf hat sich weder der Beklagte berufen, noch ergeben sich sonst Anhaltspunkte dafür. Gegen die Annahme alters- oder fahrbetriebsbedingter Verschleißerscheinungen spricht zudem der Umstand, dass der Beklagte das Getriebe im Anschluss an den ersten Schaden generalüberholt oder – wie vom Kläger persönlich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erstmals vorgebracht – sogar ausgetauscht hat. Selbst wenn also das Getriebe zunächst Verschleißerscheinungen aufgewiesen haben sollte, hätten diese durch die vom Beklagten durchgeführten Reparaturmaßnahmen behoben worden sein müssen. Abgesehen davon betrug die Laufleistung des Fahrzeugs im Zeitpunkt des ersten Schadensfalles ca 71.000 km. Dass ein Getriebe nach einer derart geringen Laufleistung verschlissen sein soll, ist nicht anzunehmen. Letztlich ergeben sich auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der wiederholt aufgetretene Getriebeschaden deshalb keinen zum Rücktritt berechtigenden Sachmangel darstellt, weil er auf unsachgemäße Benutzung des Fahrzeugs durch den Kläger zurückzuführen wäre. Zwar hat der Kläger das Fahrzeug unmittelbar vor dem zweiten Schadensfall bei eingeschalteter Klimaanlage mit Höchstgeschwindigkeit betrieben, wobei – so der Beklagte – das Getriebe für einen solchen Fahrbetrieb nicht ausgelegt ist. Mit diesem Einwand ist allerdings weder der erste Getriebeschaden Anfang März 2007 erklärt noch insbesondere das Vorhandensein eines Sachmangels im Sinne des § 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB ausgeräumt. Die Tatsache, dass der konkrete Sachmangel – fehlende Fahrbereitschaft aufgrund Getriebeschadens – bei Übergabe unstreitig noch nicht vorlag, steht der Haftung des Beklagten gemäß §§ 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB, 437 Nr. 2, 440, 346 BGB nicht entgegen. Der Senat geht mit dem Kläger davon aus, dass die in der Beschaffenheit des Fahrzeugs liegende Ursache für die Getriebeschäden bereits bei Gefahrübergang angelegt, das Fahrzeug mithin bei Übergabe an den Kläger bereits mit einem (Grund-)Sachmangel behaftet war. Zu Gunsten des Klägers greift die gesetzliche Vermutung des § 476 BGB ein. Danach wird dann, wenn sich innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang ein Sachmangel zeigt, vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht bezieht § 476 BGB sich auf das Vorliegen eines Mangels selbst, wenn sie an das Sich-Zeigen eines Sachmangels innerhalb der Sechsmonatsfrist die Vermutung knüpft, dass „die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war und nicht etwa lediglich, dass der betreffende Sachmangel bereits bei Gefahrübergang vorlag (MüKo-Lorenz, BGB 5. Aufl., § 476 Rn. 4). Für diese weitere Auslegung des § 476 BGB sprechen sowohl der Wortlaut als auch der Zweck des Gesetzes. Mit der Formulierung „zeigt sich ein Sachmangel“ stellt die Vorschrift auf das Auftreten, das Erkennbarwerden eines Sachmangels ab. Wenn daran dann die gesetzliche Vermutung geknüpft wird, „dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war“ (nicht hingegen „dass dieser Mangel bereits bei Gefahrübergang vorlag“), wird nach der Formulierung und der Satzstellung gerade nicht vorausgesetzt, dass Identität von dem konkret sich zeigenden Sachmangel einerseits und dem bei Gefahrübergang bereits vorhandenen Mangel andererseits besteht. Vielmehr wird aufgrund des Auftretens des konkreten Sachmangels innerhalb der Sechsmonatsfrist gesetzlich vermutet, dass die Sache bereits bei Übergabe eine vertragswidrige Beschaffenheit aufwies. Damit begründet die Vorschrift jedenfalls ihrem Wortlaut nach eine Vermutung dafür, dass ein innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe aufgetretener Sachmangel bei Gefahrübergang bereits vorhanden war, und zwar entweder in der konkret sich zeigenden oder in anderer Weise als so genannter Grundmangel. Dieses Wortverständnis entspricht auch dem Sinn und Zweck der Norm. Grundlage der Vorschrift mit spezifisch Verbraucher schützendem Charakter sind die schlechteren Beweismöglichkeiten des Verbrauchers und die jedenfalls in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Übergabe ungleich besseren Erkenntnismöglichkeiten des Unternehmers (BT-Drucks. 1/6040 S. 245). Dieser gesetzgeberische Zweck kann nur dadurch erreicht werden, dass die gesetzliche Vermutung des § 476 BGB für das Vorhandensein eines beliebigen für den späteren Sachmangel ursächlichen Grundmangels, nicht notwendig des später konkret aufgetretenen Sachmangels bei Übergabe gilt. Andernfalls hilft die Vermutung in Fällen, in denen der konkret die Inanspruchnahme der Gewährleistung auslösende Defekt – wie hier die Getriebeschäden – unstreitig erst nach Gefahrübergang auftritt, dem Verbraucher wenig, wenn ihm der Nachweis aufgebürdet wird, dass die Ursache für diesen konkreten Defekt in Gestalt eines so genannten Grundmangels bereits bei Gefahrübergang vorlag. Zum Einen kann der Verbraucher als technischer Laie sich redlicherweise lediglich auf die pauschale Behauptung beschränken, ursächlich für den nunmehr erkennbar gewordenen Defekt sei ein bereits bei Gefahrübergang vorhanden gewesener Grundmangel; eine konkret in Betracht kommende Ursache in Gestalt eines Grundmangels für den nunmehr aufgetretenen Defekt dafür könnte er nur nach vorheriger Einholung eines Privatgutachtens benennen. Folge davon wäre – je nach Art des aufgetretenen Defekts – eine nicht näher einzugrenzende, auf umfassende Ursachenforschung gerichtete Sachverständigenbegutachtung, deren Ergebnis erfahrungsgemäß nicht immer eindeutig ist. Den Verbraucher träfen danach nicht nur – jedenfalls als Vorschuss – die Kosten für die umfassende Begutachtung, sondern auch die Folgen der Unerweislichkeit einer zweifelsfreien Ursache, die zugleich als vertragswidrig zu qualifizieren wäre. Das dargestellte Prozedere ist mit der auf Stärkung des Verbraucherschutzes ausgerichteten Intention des Gesetzgebers nur schwer in Einklang zu bringen. Zudem würde ein engeres Verständnis des § 476 BGB als hier aufgezeigt gegenüber der bisherigen Rechtslage in Fällen, wie dem zur Entscheidung anstehenden, nicht die vom Gesetzgeber angestrebte Besserstellung für den Verbraucher bewirken. Ausgehend davon wird zugunsten des Klägers die Mangelhaftigkeit des Pkw im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vermutet. Diese Vermutung hat der Beklagte durch sein Bestreiten ebenso wenig wie durch seinen Vortrag zur unsachgemäßen Fahrweise des Klägers widerlegt. Das einfache Bestreiten der Mangelhaftigkeit des Pkw bei Übergabe ist zur Widerlegung der Vermutung gemäß § 476 BGB von vornherein ungeeignet, weil andernfalls die Vermutung ins Leere ginge. Das Vorbringen zum unsachgemäßen Gebrauch des Fahrzeugs durch den Kläger vermag die zu seinen Gunsten streitende Vermutung nach den vorstehenden Überlegungen zur Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs ebenfalls nicht zu erschüttern oder zu widerlegen.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Reichweite der Vermutung des § 476 BGB ist nicht eindeutig. Nach den ausdrücklichen Feststellungen des Bundesgerichtshofes in den bisher zu § 476 BGB ergangenen Entscheidungen begründet § 476 BGB eine Vermutung in zeitlicher Hinsicht, dass ein innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang unstreitiger oder nachgewiesener Mangel bereits bei Gefahrübergang vorhanden war, nicht aber hinsichtlich der Sachmangelhaftigkeit selbst (BGH NJW 2006, 1195, 1196; 2250, 2252; NJW 2007, 2621). Die Beweislast für die Mangelhaftigkeit, und zwar auch bei Streit über die Ursache für einen ohne weiteres als Sachmangel zu qualifizierenden Defekt der Kaufsache, würde danach der Käufer tragen. So hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 23.11.2005 ausgeführt, dass im Rahmen der §§ 437, 434 BGB die Unaufklärbarkeit, welche von mehreren möglichen Ursachen einen nach Übergabe aufgetretenen Defekt ausgelöst haben, nur dann für die Haftung des Verkäufers unschädlich sei, wenn allen möglichen Schadensursachen eine vertragswidrige Beschaffenheit des Fahrzeugs zu Grunde läge und jeweils davon auszugehen wäre, dass der betreffende Mangel bereits bei Gefahrübergang bestanden hätte (NJW 2006, 434, 435). Dabei hat er klar gestellt, dass sich aus § 476 BGB nichts anderes ergebe (a.a.O., 436). Über die Ursache für den zweimaligen Getriebeschaden und deren Vorhandensein bereits bei Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger besteht zwischen den Parteien Streit. Der Kläger behauptet unter Beweisantritt, der wiederholt aufgetretene Getriebeschaden sei auf einen schon bei Gefahrübergang vorliegenden Grundmangel zurückzuführen. Der Beklagte bestreitet dies und behauptet ebenfalls unter Beweisantritt, der Getriebeschaden beruhe auf einer unsachgemäßen Fahrweise des Klägers. Bei Zugrundelegung der Grundsätze des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 23.11.2005 obläge dem Kläger die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Getriebeschaden auf einer bereits bei Übergabe vorhandenen vertragswidrigen Beschaffenheit des Fahrzeugs beruht, nur dann nicht, wenn sämtliche in Betracht kommenden Ursachen für die Getriebeschäden, mithin sowohl die vom Beklagten eingewendete Schadensursache – Überbeanspruchung des Kühlsystems durch Fahrbetrieb mit Höchstgeschwindigkeit bei laufender Klimaanlage – als auch andere möglicherweise in Betracht kommende Ursachen eine vertragswidrige Beschaffenheit darstellte. Der Kläger hat den Grundmangel, die Ursache für die Getriebeschäden nicht näher bezeichnet. Der Beklagte hat als Ursache lediglich die unsachgemäße Fahrweise des Klägers vorgebracht. Die vom Beklagten vorgebrachte Ursache würde – jedenfalls ausgehend von den vom Bundesgerichtshof in der v. g. Entscheidung aufgestellten Grundsätzen – nicht ohne weiteres eine vertragswidrige Beschaffenheit darstellen, sondern nur dann, wenn das Kühlsystem nicht fahrzeuggerecht ausgelegt war. Nach Ansicht des erkennenden Senats spricht zwar manches dafür, mit dem Landgericht die vom Beklagten als Schadensursache eingewendete mangelnde Kompatibilität von Klimaanlage und Höchstgeschwindigkeit als vertragswidrige Beschaffenheit und damit als Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB anzusehen. Ein mit einer Klimaanlage ausgestattetes Fahrzeug ist wie jedes andere zum normalen Fahrbetrieb vorgesehen. Dieser schließt auch Fahrten bei Höchstgeschwindigkeit und mit Betrieb der Klimaanlage, insbesondere bei hohen Außentemperaturen ein. Jedenfalls dann, wenn sich – wie vorliegend – aus der Bedienungsanleitung keine Hinweise auf besondere Einschränkungen bei Betrieb der Klimaanlage bzw. bei Höchstgeschwindigkeit ergeben, kann der Käufer nach Ansicht des Senats erwarten, dass das Kühlsystem des Fahrzeugs so ausgelegt ist, dass ein Fahrbetrieb bei Höchstgeschwindigkeit und eingeschalteter Klimaanlage sich nicht ausschließen. Ob das allerdings auch für ein Fahrzeug älteren Baujahrs und der konkreten Bauart gilt, wäre möglicherweise durch einen Sachverständigen zu klären.

In seiner Entscheidung vom 18.7.2007 (NJW 2007, 2621) hat der Bundesgerichtshof demgemäß unter Bezugnahme auf seine v. g. Entscheidungen bei ebenfalls ungeklärter Ursache für einen nach Übergabe festgestellten Defekt an der Zylinderkopfdichtung – Zylinderkopfdichtungsdefekt bereits bei Übergabe oder erst nach Übergabe entstanden durch Fahr- oder Bedienungsfehler – trotz Unaufklärbarkeit der Ursache dafür die Vermutung gemäß § 476 BGB eingreifen lassen. Dazu hat er festgestellt, dass das Vorliegen eines Sachmangels – hier defekte Zylinderkopfdichtung – „ positiv feststehe, unabhängig davon, welche der drei Schadensverläufe ….bereits vor der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger eingetreten waren und deshalb die Mängelhaftung des Beklagten begründen oder ob sie – durch einen Fahr- oder Bedienungsfehler des Klägers – erst nach Gefahrübergang entstanden sind und deswegen der Beklagte für sie nicht haftet. Für diese Fallgestaltung begründet § 476 BGB gerade die in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung, dass die zutage getretenen Mängel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen haben“. Diese Feststellungen könnten im Sinne einer Abkehr von der früheren Rechtsprechung zu § 476 BGB dahin gewertet werden, dass bei Streit über die Ursache eines als Sachmangel einzuordnenden Defekts – wie vorliegend – die Vermutung des § 476 BGB zu Gunsten des Käufers wirkt, es mithin eines positiven Beweises, dass die Ursache für den nach Übergabe aufgetretenen Defekt in der (vertragswidrigen) Beschaffenheit des Fahrzeugs bei Übergabe lag, nicht (mehr) bedarf. Dafür spricht, dass der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung für das Vorhandensein des im Rahmen des § 476 BGB nach dem Gesetzeswortlaut vorausgesetzten (unstreitigen bzw. nachgewiesenen) Sachmangels auf den nach Übergabe erkennbar gewordenen Defekt an der Zylinderkopfdichtung angeknüpft und auf den Nachweis der zwischen den Parteien streitigen Ursache dafür durch den Käufer verzichtet hat. Übertragen auf den zur Entscheidung anstehenden Fall bedarf es ausgehend davon des Nachweises eines Grundmangels durch den Kläger nicht. Gegen eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung könnte indessen sprechen, dass er noch in der Entscheidung vom 18.7.2007 die Abgrenzung des zur Entscheidung anstehenden Falls zu den v. g. Entscheidungen danach vornimmt, „ob das als solches jeweils feststehende, für die nach der Fahrzeugübergabe an den Käufer zutage getretene Abweichung von der Sollbeschaffenheit ursächliche Geschehen sich vor oder nach dem Gefahrübergang zugetragen hatte“. Da eine unsachgemäße Benutzung durch den Käufer regelmäßig erst nach Gefahrübergang erfolgt sein kann, müsste bei Zugrundelegung dieser Kriterien der Käufer den Nachweis führen, dass das ursächliche Geschehen für den Getriebeschaden vor dem Gefahrübergang lag.

Zudem ist – soweit ersichtlich – höchstrichterlich bislang nicht geklärt, ob und gegebenenfalls durch welchen Vortrag die zugunsten des Klägers sprechende Vermutung durch den Beklagten als Verkäufer widerlegt werden kann. Das einfache Bestreiten der (Grund-)Mangelhaftigkeit bzw. der Ursächlichkeit einer bereits bei Übergabe vorhandenen vertragswidrigen Beschaffenheit dürfte dafür nicht reichen, weil dann die gesetzliche Vermutung ins Leere ginge. Vielmehr wird der Verkäufer allenfalls mit dem Vortrag und dem Nachweis einer vor Übergabe festgestellten Mangelfreiheit oder konkreten anderen Schadensursache die gesetzliche Vermutung widerlegen können. An Beidem fehlt es vorliegend. Der Beklagte hat nicht geltend gemacht, das Fahrzeug vor Übergabe einer gründlichen Überprüfung auf etwaige Mängel untersucht zu haben. Soweit er als Ursache für den Getriebeschaden die unsachgemäße Fahrweise des Klägers bezeichnet, ist sein Vortrag schon nicht schlüssig. Allenfalls in Bezug auf den zweiten Getriebeschaden Ende Mai 2007 könnte wegen hoher Außentemperaturen das Kühlsystem versagt haben. Dass bereits Anfang März 2007 die Kühlung überfordernde Außentemperaturen geherrscht haben, hat der Beklagte weder geltend gemacht noch ist dies sonst ersichtlich. Für eine Beweiserhebung über die zwischen den Parteien streitige Ursache für den wiederholt aufgetretenen Getriebeschaden durch Sachverständigengutachten, wie vom Beklagten angeboten, ist danach kein Raum.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

 

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