OLG Frankfurt – Az.: 15 U 147/11 – Urteil vom 21.06.2012
Die Berufung der Klägerin gegen das am 14. Juni 2011 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Marburg wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Streithelferin zu 2. der Beklagten wird das am 14. Juni 2011 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Marburg abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 20.514,89 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2009 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Streithelferin zu 2. der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug mit Ausnahme der Kosten der Streithelferin zu 1. tragen die Klägerin zu 85 % und die Beklagte zu 15 %.
Die Kosten der Streithelferin zu 1. im ersten Rechtszug tragen die Klägerin zu 85 % und die Streithelferin zu 1. zu 15 %.
Die Kosten des Rechtsstreits im Berufungsrechtszug mit Ausnahme der Kosten der Streithelferinnen tragen die Klägerin zu 83 % und die Beklagte zu 17 %.
Die Kosten der Streithelferinnen im Berufungsrechtszug tragen die Klägerin zu 83 % und die Streithelferinnen ihre eigenen Kosten jeweils zu 17 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten und/oder der Streithelferinnen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil für diese vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte oder die Streithelferinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil für die Klägerin vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Folgen einer mangelhaften Lieferung von Mineralfaser-Dämmplatten, die die Klägerin von der Beklagten erworben hatte. Die Beklagte hatte das Material ihrerseits von der Streithelferin zu 1. bezogen. Herstellerin ist die Streithelferin zu 2..
Die Dämmplatten mussten eine besondere Druckfestigkeit erfüllen. Nach Beginn mit dem Einbau am 18. Mai 2009 stellten Mitarbeiter der Klägerin fest, dass sich das Material zum Teil weicher anfühlte als üblich. Auf telefonische Mitteilung an die Streithelferin zu 1. besichtigte deren inzwischen verstorbener Geschäftsführer das Material an der Baustelle. Er bestätigte die Weichheit des Materials, erklärte aber, die Anforderungen der DIN an die Druckfestigkeit würden erfüllt. Auf Veranlassung der Streithelferin zu 1. fand am 25. Mai 2009 eine Dachbegehung statt, an der ein Anwendungsingenieur der Streithelferin zu 2. teilnahm. Auch dieser erklärte, die Druckfestigkeit werde erreicht. Von ihm genommene Proben wurden untersucht. Das Ergebnis, dass das Material nicht den zugesicherten Eigenschaften entspreche, wurde der Klägerin am 5. Juni 2009 mitgeteilt, zu einem Zeitpunkt, als die Dacharbeiten beendet waren.
Am 27. Juli 2009 ließ der Haftpflichtversicherer der Streithelferin zu 2. das Dach besichtigen und ein Gutachten anfertigen, das zum Ergebnis kam, die Platten seien nicht hinreichend druckfest und es liege ein Produktionsfehler vor. Außerdem seien Mängel infolge von Fehlbehandlungen durch die Klägerin festzustellen, nämlich eine mittige Verlegung der Platten, eine häufige Begehung und eine fehlerhafte Lagerung.
Da die Beklagte einer Mängelbeseitigungsaufforderung der Klägerin nicht nachkam, sanierte diese das Dach durch vollständige Neuverlegung der Dämmplatten. Den Beseitigungsaufwand stellte sie der Beklagten am 7. Oktober 2009 mit 132.979,10 Euro netto in Rechnung.
Die Parteien streiten insbesondere darüber, ob die Beklagte der Klägerin auch Ausbaukosten und Einbaukosten schuldet und ob die Klägerin ihrer Untersuchungspflicht nach Anlieferung der Dämmplatten genügt hat.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird ergänzend Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat der Klägerin die Kosten für neue Dämmplatten in Höhe von 20.514,98 Euro und Ausbaukosten in Höhe von 30.903,31 Euro nebst Zinsen zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die der Klägerin entstandenen Kosten für neue Dämmplatten habe die Beklagte zu ersetzen, weil die von ihr gelieferten Dämmplatten produktionsbedingt mangelhaft gewesen seien, sie trotz Fristsetzung schuldhaft nicht nacherfüllt habe und die Klägerin keine Mitverantwortung wegen der weiteren Verarbeitung treffe, weil eine komplette Nachlieferung auf jeden Fall nötig gewesen sei. Ausbaukosten könne die Klägerin ebenfalls verlangen, weil die Beklagte im Rahmen der Nacherfüllung auch zum Ausbau verpflichtet gewesen sei. Ein Mitverschulden treffe die Klägerin nicht, weil sowohl die Streithelferin zu 1. als auch die Herstellerfirma, die nunmehrige Streithelferin zu 2., die Druckfestigkeit für gegeben gehalten hätten. Dagegen stünden der Klägerin Einbaukosten nicht zu, weil solche im Rahmen der Nacherfüllung nicht geschuldet seien. Von der Klägerin weiterhin geltend gemachter Gewinnentgang, den das Landgericht ebenfalls nicht für berechtigt gehalten hat, ist nicht mehr Gegenstand des Berufungsrechtszugs.
Gegen das ihr am 20. Juni 2011 zugestellte Urteil richtet sich die Klägerin mit ihrer am 11. Juli 2011 eingelegten und am 19. August 2011 begründeten Berufung, mit der sie die geltend gemachten Einbaukosten in Höhe von 66.010,35 Euro nebst Zinsen weiterverfolgt.
Die Klägerin macht geltend: Einbaukosten seien auch dann Bestandteil der Nacherfüllung, wenn kein Verbrauchsgüterkauf vorliege. Der Anspruch bestehe außerdem deshalb, weil die Klägerin sich beider Streithelferinnen als Erfüllungsgehilfinnen bedient hätte und diesen ein schuldhaftes Handeln zur Last falle. Schließlich hafte die Klägerin auch wegen schuldhafter Falschberatung durch die Streithelferinnen nach der Reklamation. Nur deshalb sei der Einbau fortgesetzt worden. Auch insoweit seien die Streithelferinnen Erfüllungsgehilfinnen der Beklagten.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinaus weitere 66.010,35 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2009 zu zahlen.
Die Beklagte und die Streithelferinnen beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und meinen, dass Einbaukosten allenfalls beim Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs geschuldet seien.
Gegen das der Beklagten am 17. Juni 2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 15. Juli 2011 zu Gunsten der Beklagten eingelegte Berufung der Streithelferin zu 2. unter gleichzeitigem Beitritt auf Seiten der Beklagten, die sie nach entsprechender Verlängerung am 19. September 2011 begründet hat.
Die Streithelferin zu 2. meint, die Klägerin habe nach Feststellung der Weichheit nicht weiter arbeiten dürfen. Unter weitgehendem Widerspruch zu den Feststellungen des Landgerichts behauptet sie, die Mitarbeiter der Streithelferin zu 2. hätten nicht geäußert, es dürfe weiter gearbeitet werden, am 25. Mai 2009 sei erst die Hälfte der Dachfläche verlegt gewesen, es sei am 25. Mai 2009 vereinbart worden, erst eine „genaue“ Prüfung durchzuführen und dann die Arbeiten fortzusetzen, es stehe nicht fest, dass sämtliche Platten mangelhaft gewesen seien und dass nur von der Streithelferin zu 2. hergestelltes Material verbaut worden sei, sowie dass das von der Klägerin hergestellte Werk von der Bauherrin nicht abgenommen worden sei. Außerdem bestreitet sie die Höhe der Kosten und die Erforderlichkeit eines kompletten Austauschs der Dämmplatten.
Die Streithelferin zu 2. meint weiterhin, die Klägerin habe die ihr obliegende Prüfungspflicht nach Anlieferung der Dämmplatten verletzt. Sie behauptet, der Mangel sei durch bloßes Ertasten feststellbar gewesen. Die Klägerin habe sich nicht auf eine bloße Sichtprüfung der Verpackung beschränken dürfen.
Die Streithelferin zu 2. ist der Auffassung, dass Ausbaukosten nicht geschuldet seien, sondern nur beim Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs; außerdem sei die Klägerin beim Einbau infolge der erkannten fehlenden Druckfestigkeit nicht gutgläubig gewesen. Jedenfalls habe die Beklagte bei Verweigerung des Ausbaus nicht schuldhaft gehandelt, weil nach der damaligen Rechtslage Ausbaukosten vom Verkäufer nicht zu tragen gewesen seien.
Die Streithelferin zu 2. beantragt, das Urteil des Landgerichts Marburg vom 14.6.2011 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die Entscheidung im schriftlichen Verfahren ist zulässig, weil sich die Parteien mit Schriftsätzen vom 3. Mai 2012 und 9. Mai 2012 hiermit einverstanden erklärt haben.
A. Berufung der Klägerin
Die Berufung der Klägerin ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, weil das Urteil des Landgerichts insoweit weder auf einer Rechtsverletzung beruht noch nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (vgl. § 513 ZPO). Das Landgericht hat der Klägerin zu Recht Einbaukosten nicht zugesprochen, weil die Beklagte nach den kaufvertraglichen Gewährleistungsvorschriften zum Einbau mangelfreier Dämmplatten nicht verpflichtet war und die Weigerung deshalb keinen Schadensersatzanspruch der Klägerin begründet.
1.
§ 439 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB, wonach der Käufer als Nacherfüllung die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen kann, umfasst nicht die Kosten des Einbaus der mangelfreien Sache. Allerdings hat der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 16. Juni 2011 (C-65/09 und C-87/09) entschieden, dass Artikel 3 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (im Folgenden: Richtlinie) dahin auszulegen sei, dass der Verkäufer verpflichtet ist, bei einem eingebauten mangelhaften Verbrauchsgut entweder das als Ersatz gelieferte Verbrauchsgut einzubauen oder aber die Kosten zu tragen, die für den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts notwendig sind. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass in Fortführung des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 21. Dezember 2011 (VIII ZR 70/08, NJW 2012, 1073) § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB richtlinienkonform dahin auszulegen ist, dass die Nacherfüllungsvariante „Lieferung einer mangelfreien Sache“ auch den Einbau bzw. die Einbaukosten umfasst, was der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung nicht zu entscheiden hatte, weil die Einbaukosten dem damaligen Kläger bereits im Berufungsrechtszug nicht zugesprochen worden sind. Eine solche richtlinienkonforme Auslegung kommt indes nur in Betracht, wenn es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handelt. Sind dagegen die Parteien des Kaufvertrages – wie hier – Unternehmer, ist auf diesen Kauf die Richtlinie nicht anzuwenden. Eine richtlinienkonforme Auslegung kommt dann nicht in Betracht.
a.
Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden (NJW 2008, 2837), dass der Verkäufer im Zuge der Nacherfüllung durch Ersatzlieferung nach § 439 Abs. 1 BGB im Falle einer bereits eingebauten Kaufsache nicht den Einbau der ersatzweise gelieferten Kaufsache oder Einbaukosten schuldet. Das gilt auch hier. Die Voraussetzungen einer allein in Betracht kommenden Haftung unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes statt der Leistung (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3, 281 ff. BGB) liegen hier nicht vor, weil die Beklagte die in der Lieferung der mangelhaften Dämmplatten liegende Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Denn die Beklagte konnte die produktionsbedingte mangelhafte Druckfestigkeit der Dämmplatten nicht kennen. Sie hatte auch keine Möglichkeit, durch Untersuchung der Platten den Mangel festzustellen. Abgesehen davon, dass die fehlende Druckfestigkeit nicht alleine durch „Ertasten“ zu erkennen war (vgl. dazu nachstehend B. 3. b.), traf die Beklagte im Verhältnis zur Klägerin auch keine Verpflichtung zur Untersuchung der Dämmplatten auf etwaige Mängel. Denn die Klägerin wusste, dass die Beklagte die Dämmplatten nicht selbst, sondern durch die Streithelferin zu 1. liefern lassen würde, ohne dass die Beklagte zuvor Besitz an den Dämmplatten erlangen würde. Unter diesen gegebenen Umständen (so genanntes Streckengeschäft) konnte die Beklagte durch eigene Untersuchung keine Kenntnis von Mängeln der gelieferten Dämmplatten erhalten. Abgesehen davon, dass die Ausführungen des Einzelrichters des Senats im Beschluss vom 29. Feb-ruar 2012 unter 3. nicht das Vertretenmüssen der Lieferung einer mangelhaften Sache nach § 280 BGB betrifft, hält der Einzelrichter des Senats an diesen Überlegungen nicht mehr fest.
b.
Eine richtlinienkonforme Auslegung in Umsetzung des Urteils des EuGH vom 16. Juni 2011 scheidet hier aus, weil kein Verbrauchsgüterkauf im Sinne der Richtlinie vorliegt, worüber der EuGH allein zu entscheiden hatte. Die Klägerin als Unternehmerin kann sich auf die Richtlinie nicht berufen.
Die Klägerin macht zu Unrecht geltend, § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB könne nur einheitlich ausgelegt werden und nicht in unterschiedlicher Weise danach, ob Käufer ein Verbraucher oder ein Unternehmer ist. Denn eine solche unterschiedliche Auslegung beruht darauf, dass für Normen, die in Vollzug einer EU-Richtlinie erlassen worden sind, der Grundsatz gemeinschaftsrechtskonformer, bei Umsetzung von Richtlinien richtlinienkonformer Auslegung gilt. Die nationalen Gerichte haben unter Berücksichtigung des gesamten Nationalrechts und unter Anwendung seiner Auslegungsmethoden alles zu tun, um die volle Wirksamkeit des EU-Rechts, insbesondere seiner Richtlinien, zu gewährleisten und in diesem Rahmen auch das nationale Recht gemeinschaftsrechtskonform fortzubilden (vgl. zu allem Palandt/ Sprau, BGB, 71. Aufl., Einleitung Rdn. 43 m.w.N.). Bei Sachverhalten, die nicht in den Anwendungsbereich einer Richtlinie fallen, besteht dagegen keine europarechtliche Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung. Ein Gebot einheitlicher Auslegung kann sich nur aus innerstaatlichem Recht ergeben, insbesondere aus dem Rechtsstaatsprinzip oder dem Gleichheitsgrundsatz (vgl. Palandt/Sprau, a.a.0., Rdn. 44 m.w.N.).
Eine solche so genannte „gespaltene Auslegung“ hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 26. November 2008 (NJW 2009, 427) zur Reichweite von § 439 Abs. 4 BGB für richtig erachtet. Die dort vorgenommene richtlinienkonforme Auslegung hat er auf den Verbrauchsgüterkauf beschränkt. In Fällen, in denen kein Verbrauchsgüterkauf vorliegt, soll es dagegen bei der uneingeschränkten Anwendung des § 439 Abs. 4 BGB verbleiben, weil eine Ausdehnung der teleologischen Reduktion auf solche Fälle dem Wortlaut und dem eindeutig erklärten Willen des deutschen Gesetzgebers widerspräche. Nicht anders liegen die Dinge hier, weil Wortlaut und Sinn und Zweck von § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB es nicht zulassen, zur Nacherfüllung auch den Einbau der als Ersatz gelieferten Sache bzw. die Einbaukosten zu verstehen (vgl. BGH NJW 2008, 2837; Senatsurteil vom 14. Februar 2008, OLGR Frankfurt 2008, 325). Weder das Rechtsstaatsprinzip noch der Gleichheitsgrundsatz verbieten eine unterschiedliche Auslegung. Denn in Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie enthalten die kaufvertraglichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine Reihe von Vorschriften, die Verbraucher und Unternehmer als Käufer unterschiedlich behandeln, ohne dass das im Grundsatz verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt ist.
2.
Die Beklagte haftet der Klägerin auch nicht deshalb auf Ersatz der Einbaukosten, weil die Beklagte sich das Verschulden der Streithelferin zu 2. als Herstellerin hinsichtlich der Lieferung einer mangelhaften Sache nach § 278 BGB zurechnen lassen müsste. Denn der Hersteller ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers, weil sich die Pflichten des Verkäufers nicht auf die Herstellung der Sache erstrecken (vgl. NJW 2008, 2837 m.w.N.).Nichts anderes gilt, wenn der Vertrag zwischen den Parteien als Werklieferungsvertrag anzusehen wäre deshalb, weil die Dämmplatten teilweise zuzuschneiden waren. Auch dann ist der Hersteller nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers (BGHZ 48, 121).
3.
Eine Haftung der Beklagten auf Einbaukosten kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil sich die Beklagte ein Verschulden der Streithelferinnen im Zusammenhang mit der Prüfung der von der Klägerin gerügten Weichheit des Materials zurechnen lassen müsste (§ 278 BGB). Denn auch insoweit waren die Streithelferinnen nicht Erfüllungsgehilfen der Klägerin. Nach anerkannter Auffassung ist Erfüllungsgehilfe, wer nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird (vgl. Palandt/Grüneberg a.a.0., § 278 Rdn. 7 mit Rechtsprechungsnachweisen). Beide Streithelferinnen waren schon deshalb nicht Erfüllungsgehilfe der Beklagten, weil diese weder am 19. Mai noch am 25. Mai 2009 anlässlich der Besichtigungen der von der Klägerin gerügten Weichheit Kenntnis hiervon hatten, auch nicht von den durchgeführten Untersuchungen. Auch der Klägerin, die ihre Wahrnehmung nur der Streithelferin zu 1., nicht aber der Beklagten, mitgeteilt hatte, war bewusst, dass die Streithelferinnen nicht auf Veranlassung und mit Wissen und Wollen der Beklagten tätig wurden.
4.
Nach allem weist das angefochtene Urteil eine Rechtsverletzung zu Lasten der Klägerin nicht auf, weshalb die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben kann.
B. Berufung der Streithelferin zu 2.
Die zu Gunsten der Beklagten eingelegte Berufung der Streithelferin zu 2. ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Ungeachtet der Voraussetzungen einer Nebenintervention (§ 66 Abs. 1 ZPO) konnte die Streithelferin zu 2. dem Rechtsstreit schon deshalb beitreten, weil ihr durch die Streithelferin zu 1. der Streit verkündet worden ist (vgl. § 72 Abs. 3 ZPO). Der Beitritt konnte in Verbindung mit der Berufungseinlegung erfolgen (§§ 74 Abs. 1, 66 Abs. 2 ZPO). Die dafür maßgebliche Berufungseinlegungsfrist für die Beklagte (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 67 Rdn. 5 m.w.N.) ist gewahrt.
1.
Die Berufung der Streithelferin zu 2. hat Erfolg, soweit das Landgericht der Klägerin die Kosten des Ausbaus der mangelhaften Dämmplatten zugesprochen hat. Insoweit gelten die Ausführungen zu den Einbaukosten entsprechend. § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB umfasst nach Wortlaut, Sinn und Zweck weder Einbaukosten noch Ausbaukosten. Zum Ersatz solcher Kosten ist der Verkäufer nur verpflichtet, wenn ein Verbrauchsgüterkauf vorliegt. Hieran fehlt es vorliegend, weshalb das Landgericht der Beklagten die Ausbaukosten zu Unrecht zugesprochen hat. Der Senat hat in seinem angeführten Urteil vom 14. Februar 2008 (OLGR Frankfurt 2008, 325) den Anspruch des Käufers auf Ersatz der Ausbaukosten tragend mit einer richtlinienkonformen Auslegung begründet. Das entspricht der Auffassung des Bundesgerichtshofs in der Revisionsentscheidung (NJW 2012, 1073). Fehlt es an einem Verbrauchsgüterkauf, kommt der Ersatz von Ausbaukosten nach dem deutschen Gewährleistungsrecht nicht in Betracht.
2.
Die Berufung der Streithelferin zu 2. hat keinen Erfolg, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, der Klägerin die Kosten für die Neulieferung mangelfreier Dämmplatten in Höhe von 20.514,98 Euro zu erstatten (§§ 437 Nr. 3, 439 Abs. 1, 280 Abs. 1, 2, 281 BGB). Denn insoweit beruht das angefochtene Urteil weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (vgl. § 513 ZPO).
a.
Mit ihrem Vortrag, ihre Mitarbeiter hätten auf der Baustelle nicht geäußert, dass weiter gearbeitet werden könne und es seien nicht sämtliche Platten mangelhaft gewesen und ihrem Bestreiten, dass nur von ihr geliefertes Material verbaut worden sei, das Bauwerk von der Bauherrin nicht abgenommen worden sei und ein Komplettaustausch nicht erforderlich gewesen sei, kann die Streithelferin zu 2. nicht gehört werden. Denn mit diesem Vortrag setzt sich die Streithelferin zu 2. in Widerspruch zu den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts ohne konkrete Anhaltspunkte aufzuzeigen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen des Landgerichts begründen könnten. Die Feststellungen des Landgerichts sind vielmehr deshalb richtig, weil die Beklagte die Behauptungen der Streithelferin zu 2. im ersten Rechtszug nicht vorgetragen hat. Dass das nicht aus Nachlässigkeit geschehen sei (vgl. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO), hat die Berufung nicht dargetan.
b.
Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht infolge der Genehmigungsfiktion nach § 377 Abs. 2 HGB ausgeschlossen, wobei der Einzelrichter des Senats dahinstehen lassen kann, ob die Folgen des § 377 HGB nur zu berücksichtigen sind, wenn sich der Verkäufer hierauf beruft und ob der von der Streithelferin zu 2. erhobene Einwand im Berufungsrechtszug noch zuzulassen ist. Denn die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion liegen nicht vor, weil die Klägerin von dem Mangel unverzüglich Anzeige gemacht hat. Sie hat unmittelbar nach Erkennen einer ungewöhnlichen Weichheit von Dämmplatten die Streithelferin zu 1. hierüber informiert, die sodann die Mangelerscheinung einer Prüfung unterzogen hat. Dass die Klägerin die Beklagte nicht informiert hat, gereicht ihr nicht zum Nachteil, unabhängig davon, dass die Streithelferin zu 1. nicht Erfüllungsgehilfe der Beklagten war. Denn bei einem Streckengeschäft, wie dem vorliegenden, erfüllt die Anzeige nach § 377 HGB ihren Sinn auch bei einer Mitteilung an den Vorverkäufer, der die Ware auf Weisung des Verkäufers unmittelbar an den Käufer liefert. Jedenfalls dann, wenn der Vorverkäufer, wie hier, die Kaufsache einer unverzüglichen Prüfung unterzieht, werden die Interessen des Verkäufers an einer zeitnahen Feststellung, ob ein Mangel bei Übergabe vorlag, auch dadurch gewahrt. Das sehen auch die Beklagte und die Streithelferin zu 2. nicht anders.
Die Anzeige der Klägerin war noch unverzüglich im Sinne von § 377 Abs.1 HGB. Allerdings war die Klägerin gehalten, die Dämmplatten bereits bei Anlieferung an die Baustelle zu untersuchen. Der Streithelferin zu 2. ist auch zuzugeben, dass die Klägerin diese Untersuchungspflicht verletzt haben dürfte, weil sie sich kaum darauf beschränken durfte, lediglich die Verpackung der Dämmplatten darauf hin zu untersuchen, ob diese beschädigt ist. Vielmehr wird zumindest zu verlangen sein, dass die Klägerin die Dämmplatten zumindest stichprobenweise auf ihren Zustand untersucht.
Das Unterlassen dieser Untersuchung ist jedoch deshalb unerheblich, weil die Klägerin entgegen der Behauptung der Streithelferin zu 2. die Mangelerscheinung und den Mangel bei einer solchen Untersuchung nicht hätte erkennen können. Die Behauptung der Streithelferin zu 2., die ungewöhnliche Weichheit von Dämmplatten sei durch bloßes „Ertasten“ erkennbar gewesen, ist mit Parteivortrag nicht unterlegt worden. Derartiges ist von keiner Partei vorgetragen worden. Die Klägerin hat nicht behauptet, dass ihre Mitarbeiter bereits beim Auspacken der Dämmplatten und Verbringen zum Verlegeort die Weichheit festgestellt hätten. Vielmehr soll die Weichheit erst zu einem späteren Zeitpunkt nach Verlegen der Dämmplatten bemerkt worden sein.
Die Behauptung der Streithelferin zu 2. ist auch deshalb unrichtig, weil die Weichheit der Dämmplatten nicht durch bloßes Fühlen feststellbar war, sondern erst bei Begehen der Dämmplatten nach deren Verlegung. Das ergibt sich im Besonderen aus dem im selbständigen Beweisverfahren 2 OH 18/09 Landgericht Marburg eingeholten Sachverständigengutachten, in dem wiederholt ausgeführt wird, die Dämmplatten hätten nicht die erforderliche Trittfestigkeit gehabt. Auch dem Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren ist eine Weichheit offenbar nicht bereits durch Anfassen der Dämmplatten aufgefallen, sondern erst beim Betreten. Demnach hat sich das Unterlassen einer unverzüglichen Untersuchung der Dämmplatten nach Anlieferung auf der Baustelle nicht ausgewirkt, weil der Mangel hierbei nicht erkennbar gewesen ist.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Entscheidung auf einer Würdigung von Tatsachen im Einzelfall beruht und im Übrigen die entscheidungserheblichen Rechtsfragen höchstrichterlich geklärt sind. Das gilt auch für die Frage, ob eine richtlinienkonforme Auslegung auch außerhalb der Geltung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie gilt.