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Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat


Bundesgerichtshof

Az: 3 StR 243/13

Urteil vom 08.05.2014


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27. Februar 2013 mit den Feststellungen aufgehoben; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen


Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 StGB) in Tateinheit mit fahrlässiger Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion (§ 308 Abs. 1 und 6 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten. Dieser ist der Auffassung, § 89a StGB sei verfassungswidrig; außerdem beanstandet er die Verletzung formellen sowie materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet.

Nach den Feststellungen des Landgerichts informierte sich der Angeklagte etwa seit dem Jahre 2009 näher über den Islam und entwickelte zunehmend Hass- und Rachegefühle gegen die westliche Welt, da diese aus seiner Sicht die islamische Bevölkerung und ihre Religion bekämpfe und unterdrücke. Er radikalisierte sich und lud aus dem Internet eine Vielzahl von islamistisch- jihadistischen Audio- und Textdateien – insgesamt etwa 100 Dokumente mit einem Umfang von etwa 10.000 Seiten – herunter. Bei diesen handelte es sich zu einem großen Teil um Propagandamaterial, in dem zur Teilnahme am bewaffneten Kampf gegen die vermeintlichen Feinde des Islam aufgerufen und dieser legitimiert wird. Der Angeklagte speicherte unter anderem einige Online-Ausgaben eines von der Organisation „Al Qaida auf der arabischen Halbinsel“ produzierten und verbreiteten Jihad-Propagandamagazins. Eine dieser Ausgaben enthielt eine Anleitung zum Bau einer Sprengvorrichtung unter Verwendung eines Rohrkörpers, die nach den dortigen Angaben mindestens zehn Menschen töten könne („Make a bomb in the kitchen of your Mom“).

Der Angeklagte entschloss sich spätestens Anfang des Jahres 2011, nach den Vorgaben dieser Anleitung eine Sprengvorrichtung herzustellen. In erster Linie zu diesem Zweck mietete er ab Januar 2011 einen Raum in einem Lernzentrum in Frankfurt am Main und begann, die Bauteile für den Sprengkörper zusammenzutragen. Unter anderem rieb er mit einem Messer die Köpfe von 7.000 bis 8.000 Zündhölzern ab, sammelte das so entstandene Pulver und baute aus Feuerwerksraketen die Treibladungen aus. Zuletzt bewahrte er insgesamt 226,3 Gramm eines Gemisches auf der Basis von Schwarzpulver und Material von Zündholzköpfen in einem Gurkenglas und einer Kunststofftüte auf. Diese Menge war ausreichend, um mehrere Rohrbomben zu befüllen und zur Explosion zu bringen. Der Angeklagte erwarb außerdem diverse weitere Gegenstände – z.B. drei Rohrbögen aus Metall -, und präparierte diese anweisungsgemäß. So brachte er etwa an einem der Rohrbögen mittels einer eigens hierfür erworbenen Bohrmaschine eine 4 mm breite Bohrung an. Daneben zerlegte er zwei Wecker und bohrte eine Öffnung in die Verschalung eines Mobiltelefons, um die Nutzung der Geräte als Zündauslöser vorzubereiten. Schließlich standen ihm alle für den Bau einer unkonventionellen Sprengvorrichtung nach der von ihm befolgten Anleitung erforderlichen Bestandteile zur Verfügung. Eine solche Sprengvorrichtung wäre im Falle ihres Einsatzes in der Lage gewesen, energiereiche Splitter zu erzeugen, die eine tödliche Wirkung auf Menschen in einem Abstand von jedenfalls bis zu neun Metern vom Explosionsort hätte erzielen können. Der Angeklagte hatte einen konkreten Einsatzzeitpunkt und -ort noch nicht bestimmt; er nahm – so die Formulierung in den Feststellungen des angefochtenen Urteils – „zumindest billigend in Kauf, die Vorrichtung nach der Herstellung auch in der Öffentlichkeit zum Einsatz zu bringen, dadurch eine unbestimmte Anzahl von Menschen zu töten und somit das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung sowie ihr Vertrauen in staatlichen Schutz erheblich zu beeinträchtigen“.

Als der Angeklagte in Ausführung seiner Pläne am Nachmittag des 13. Februar 2011 Leuchtkugeln aus Feuerwerkskörpern in einem Küchenmixer zerkleinerte und mit weiteren Substanzen vermischte, kam es zu einer Explosion, bei der die Zwischendecke des angemieteten Zimmers um sechs Zentimeter angehoben wurde. Es entstanden Einbrennungen und Rußanhaftungen am Teppichboden sowie im Wand- und Deckenbereich. Die Schäden verursachten Renovierungskosten von mindestens 1.000 €. Der Angeklagte erlitt Verbrennungen im Gesicht und an den Unterarmen.

I. Die erhobene Verfahrensrüge ist aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend dargelegten Erwägungen, auf die der Senat Bezug nimmt, unbegründet.

II. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende materiellrechtliche Prüfung des Urteils führt zu dessen Aufhebung und zur Zurückverweisung der Sache. Zwar ist – entgegen der Auffassung der Revision – § 89a StGB bei verfassungskonformer Auslegung mit dem Grundgesetz vereinbar, so dass kein Anlass besteht, ein Normenkontrollverfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG einzuleiten. Auch hat der Angeklagte nach den getroffenen Feststellungen die objektiven tatbestandlichen Voraussetzungen des § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 StGB erfüllt. Indes wird die subjektive Tatseite nicht in allen Punkten durch die Urteilsgründe hinreichend belegt. Im Einzelnen:

1. § 89a StGB steht bei verfassungskonformer Auslegung der Norm mit dem Grundgesetz in Einklang (im Ergebnis ebenso die bisherige obergerichtliche Rspr.; vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 4. Februar 2014 – 4 Ws 16/14; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Dezember 2011 – 2 Ws 157/11, StV 2012, 348, 349 f.; KG, Beschluss vom 26. Oktober 2011 – 4 WS 92/11 u.a., StV 2012, 345, 346 ff.; aus der Literatur vgl. etwa Matt/Renzikowski/Becker/Steinmetz, StGB, § 89a Rn. 4; Bader NJW 2009, 2853, 2854 ff.; Griesbaum/Walenta NStZ 2013, 369, 372; Wasser/Piaszek DRiZ 2008, 315, 319; Hungerhoff, Vorfeldstrafbarkeit und Verfassung, 2013, S. 37 ff.; Kauffmann, Das Gesetz zur Verfolgung der Vorbereitung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten, 2011, 147 ff.). Die von der Verteidigung insoweit in Übereinstimmung mit großen Teilen des Schrifttums (vgl. etwa AnwK-StGB/Gazeas, § 89a Rn. 6 ff.; SK-StGB/Zöller, 132. Lfg., § 89a Rn. 4 ff.; Backes StV 2008, 654; Beck in Festschrift für Paulus, 2009, S. 15, 21 ff.; Deckers/Heusel ZRP 2008, 169; Gazeas/Große-Wilde/Kießling NStZ 2009, 593; Gierhake ZIS 2008, 397; Mitsch NJW 2008, 2295, 2298; Radtke/Steinsiek ZIS 2008, 383; dies. JR 2010, 107; Sieber NStZ 2009, 353; Steinsiek, Terrorabwehr durch Strafrecht?, 2012, S. 311 ff.; Weißer ZStW 121, (2009), 131; Zöller GA 2010, 607, 614 ff.; ders. StV 2012, 364, 370 ff.) erhobenen Einwände insbesondere dahin, die Vorschrift verletze den Bestimmtheitsgrundsatz, widerspreche dem Schuldprinzip, überschreite die Grenze zum Gesinnungsstrafrecht und missachte das Übermaßverbot, greifen im Ergebnis vor allem mit Blick auf den weiten Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers bei der Normierung strafbaren Unrechts nicht durch.

a) 89a StGB genügt dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG.

aa) Dieses enthält für den Gesetzgeber die Verpflichtung, wesentliche Fragen der Strafwürdigkeit oder Straffreiheit im demokratisch-parlamentarischen Willensbildungsprozess zu klären und die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen. Die allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätze, dass der Gesetzgeber im Bereich der Grundrechtsausübung alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen und dass er Rechtsvorschriften so genau fassen muss, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist, gelten für den grundrechtssensiblen Bereich des materiellen Strafrechts besonders strikt. Das Bestimmtheitsgebot verlangt daher, Strafnormen so zu fassen, dass die Normadressaten im Regelfall bereits anhand deren Wortlauts voraussehen können, ob ein Verhalten strafbar ist oder nicht, und in Grenzfällen wenigstens das Risiko einer Bestrafung erkennbar ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. März 2007 – 2 BvR 2273/06, NJW 2007, 1666). Allerdings muss der Gesetzgeber auch im Strafrecht in der Lage bleiben, der Vielgestaltigkeit des Lebens Herr zu werden. Hätte er stets jeden Straftatbestand bis ins Letzte auszuführen, anstatt sich auf die wesentlichen und dauerhaften Bestimmungen über Voraussetzungen, Art und Maß der Strafe zu beschränken, bestünde die Gefahr, dass die Gesetze zu starr und kasuistisch würden und dem Wandel der Verhältnisse oder der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden könnten. Wegen der gebotenen Allgemeinheit und der damit zwangsläufig verbundenen Abstraktheit von Strafnormen ist es unvermeidlich, dass in Einzelfällen zweifelhaft sein kann, ob ein Verhalten noch unter den gesetzlichen Tatbestand fällt oder nicht. Das Bestimmtheitsgebot bedeutet deshalb nicht, dass der Gesetzgeber gezwungen wäre, sämtliche Straftatbestände ausschließlich mit unmittelbar in ihrer Bedeutung für jedermann erschließbaren deskriptiven Tatbestandsmerkmalen zu umschreiben. Es schließt somit die Verwendung wertausfüllungsbedürftiger Begriffe bis hin zu Generalklauseln nicht von vornherein aus. Zulässig ist es auch, zur Auslegung einer Norm gegebenenfalls auf die Rechtsprechung zu einem anderen Rechtsgebiet zurückzugreifen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 2011 – 2 BvR 236/08a., BVerfGE 129, 208, 255 mwN). Welchen Grad an gesetzlicher Bestimmtheit der einzelne Straftatbestand haben muss, lässt sich nach alledem nicht allgemein sagen. Deshalb ist im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung möglicher Regelungsalternativen zu entscheiden, ob der Gesetzgeber seinen Verpflichtungen aus Art. 103 Abs. 2 GG im Einzelfall nachgekommen ist. Zu prüfen sind die Besonderheiten des jeweiligen Straftatbestands einschließlich der Umstände, die zu der gesetzlichen Regelung führen, wobei der Gesetzgeber die Strafbarkeitsvoraussetzungen umso genauer festlegen und präziser bestimmen muss, je schwerer die von ihm angedrohte Strafe ist. Auch der Kreis der Normadressaten ist von Bedeutung (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 196).

bb) Nach diesem Maßstab bestehen gegen 89a StGB keine durchgreifenden Bedenken (im Ergebnis ebenso Kauffmann, aaO, S. 249 ff.; aA zumindest bei Teilen der Vorschrift SK-StGB/Zöller, 132. Lfg., § 89a Rn. 6; Hellfeld, Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, 2011, S. 220 ff.; Hungerhoff, aaO, S. 136; Mertens, Das Gesetz zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten (GVVG) vom 30. Juli 2009, 2012, S. 199 ff.). Die Vorschrift erlaubt trotz einer Vielzahl von Tatbestandsmerkmalen, die der Ausfüllung bedürfen, dem Normadressaten insgesamt noch eine ausreichende Prognose dahin, ob ein bestimmtes Verhalten strafbar ist. Soweit für den vorliegenden Fall von Bedeutung, gilt:

(1) Die Legaldefinition des § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB umschreibt die schwere staatsgefährdende Gewalttat dahin, dass die vorbereitete Tat nach den Umständen bestimmt und geeignet sein muss, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben. Sie enthält damit zwar eine Vielzahl ausfüllungsbedürftiger Rechtsbegriffe. Jedoch hat der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien ausdrücklich den Wortlaut des § 120 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a) und b) GVG unter Hinweis auf die hierzu ergangene Rechtsprechung (vgl. insbesondere BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 – 3 StR 378/00, BGHSt 46, 238 ff.; Beschluss vom 24. November 2009 – 3 StR 327/09, NStZ 2010, 468) aufgegriffen und zutreffend ausgeführt, dass die tatbestandlichen Elemente durch höchstrichterliche Entscheidungen der Fachgerichte bereits eine Konturierung erfahren hätten und daneben auf die in § 92 StGB enthaltenen Begriffsbestimmungen zurückgegriffen werden könne (vgl. BT-Drucks. 16/12428 S. 14). Damit gewährleistet der Gesetzeswortlaut eine Auslegung der Vorschrift, die dem Normunterworfenen deren Inhalt hinreichend erkennbar macht.

(2) Die in § 89a Abs. 1 Satz 1 StGB nur unspezifisch als Vorbereiten umschriebene Tathandlung (sich hierauf beschränkend etwa §§ 80, 83, 234a Abs. 3 StGB) wird in § 89a Abs. 2 Nr. 1 bis 4 StGB durch die abschließende Aufzählung einzelner Tatvarianten näher eingegrenzt. Dies trägt wesentlich dazu bei, dass die Grenze zwischen strafbarem und straflosem Verhalten erkannt werden kann.

(3) Die Regelungen des § 89a Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Nr. 1 StGB, auf die das Landgericht die Verurteilung gestützt hat, sind ebenfalls hinreichend konkret gefasst. Auch insoweit hat der Gesetzgeber sich an bereits bestehende Strafrechtsnormen, namentlich § 310 Abs. 1 StGB, angelehnt (vgl. BT-Drucks. 16/12428, S. 15). Ein Teil der einzelnen Begriffe erschließt sich näher bei Berücksichtigung der §§ 1 ff. SprengG. Zu dem Tatbestandsmerkmal der zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtung gibt die Gesetzesbegründung (BT-Drucks., aaO) einen Auslegungshinweis dahin, zur Ausführung der Tat erforderliche besondere Vorrichtungen seien vor allem technische Apparaturen und Instrumente, Zünder und sonstiges technisches Zubehör für die Durchführung der Tat. Im Übrigen ist auch bei diesem – in § 310 StGB ähnlich verwendeten Begriff – eine nähere Eingrenzung nach den juristischen Auslegungsmethoden (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 2011 – 2 BvR 236/08 u.a., BVerfGE 129, 208, 255) gerade wegen des Zusammenhangs mit den weiteren aufgeführten Gegenständen und Stoffen sowie der Erforderlichkeit zur Tatausführung möglich (vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Dezember 2011 – 2 Ws 157/11, NStZ 2012, 390, 391). Den Erwägungen des Gesetzgebers ist für die Auslegung des Begriffs der wesentlichen Gegenstände in § 89a Abs. 2 Nr. 3 StGB ein Anhaltspunkt dahin zu entnehmen, dass einzelne Alltagsgegenstände nicht vom Tatbestand erfasst werden sollen (BT-Drucks. 16/12428, S. 15; ähnlich bereits zu § 311a StGB aF [vgl. jetzt § 310 StGB] BT-Drucks. IV/2186, S. 3).

b) Die Norm verstößt auch im Übrigen bei verfassungskonformer Auslegung nicht gegen das Grundgesetz.

aa) Der Gesetzgeber verfolgt mit 89a StGB einen verfassungsrechtlich zulässigen Zweck.

Die Vorschrift ist ein wesentlicher Teil des Gesetzes zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten vom 30. Juli 2009 (BGBl. I, S. 2437), mit dem daneben auch die §§ 89b und 91 StGB in das Strafgesetzbuch aufgenommen worden sind. Mit diesen Regelungen wollte der Gesetzgeber vor allem auf die Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus reagieren. Ziel war es, eine möglichst effektive strafrechtliche Verfolgung auch von organisatorisch nicht gebundenen (Einzel-)Tätern zu ermöglichen, die besonders gewichtige, staatsgefährdende Gewalttaten vorbereiten (BT-Drucks. 16/12428, S. 2, 12). Der Gesetzgeber sah vor dem Hintergrund der zunehmenden Dezentralisierung organisatorischer Strukturen vor allem im militant-islamistischen Bereich und der damit einhergehenden nur losen Einbindung der Täter in gefestigte Verbände das Bedürfnis für ein möglichst frühzeitiges Eingreifen des Strafrechts (BT-Drucks. 16/12428, S. 1 f., 12). Nach zuvor geltendem Recht waren Handlungen im Stadium der Vorbereitung auch schwerster Gewalttaten, welche die Schwelle zum Versuch noch nicht überschritten, nur unter den Voraussetzungen des § 30 StGB oder der §§ 129, 129a, 129b StGB strafrechtlich erfassbar. Mit § 89a StGB sollen deshalb vor allem Fälle erfasst werden, in denen Handlungen zur Vorbereitung schwerster Straftaten wie Mord, Totschlag, erpresserischer Menschenraub oder Geiselnahme, die auch in dem Katalog des § 129a Abs. 1 StGB enthalten sind, mangels Bestehens oder Nachweisbarkeit einer Vereinigung nicht gemäß den §§ 129 ff. StGB verfolgt werden können.

Nimmt man in den Blick, dass Strafnormen von Verfassungs wegen keinen über die Einhaltung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit hinausgehenden, strengeren Anforderungen hinsichtlich der mit ihnen verfolgten Zwecke unterliegen, solche sich insbesondere nicht aus der strafrechtlichen Rechtsgutslehre ableiten lassen (BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 – 2 BvR 392/07, BVerfGE 120, 224, 241), so ist nicht ersichtlich, inwieweit diese Zwecke – die Verfolgung der Vorbereitung schwerwiegender Straftaten und damit deren Verhinderung – im Widerspruch zum Grundgesetz stehen könnten.

bb) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist gewahrt.

(1) Droht ein Gesetz – wie hier § 89a StGB – für ein bestimmtes Verhalten Freiheitsstrafe an, so beschränkt es nicht nur die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG, sondern ermöglicht auch einen Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG geschützte Recht der Freiheit der Person. Dabei ist das strafbewehrte Verbot des in der Norm umschriebenen Verhaltens an Art. 2 Abs. 1 GG, die angedrohte Freiheitsentziehung an Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG zu messen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. März 1994 – 2 BvL 43/92 u.a., BVerfGE 90, 145, 171 f. zu § 29 BtMG). Zwar gewährleistet Art. 2 Abs. 1 GG jede Form menschlichen Handelns, jedoch steht diese Gewährleistung – vom hier ersichtlich nicht betroffenen Kernbereich privater Lebensgestaltung abgesehen – unter dem Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung, zu der alle formell und materiell mit der Verfassung in Einklang stehenden Rechtsnormen zählen. Auch die Freiheit der Person ist nicht schrankenlos garantiert, sondern steht unter dem Gesetzesvorbehalt des Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG. Letztlich sind die Grundrechtseinschränkungen daher vor allem am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. März 1994 – 2 BvL 43/92 u.a., BVerfGE 90, 145, 171 f.; s. im Einzelnen auch Hellfeld, aaO, S. 201 ff.; Hungerhoff, aaO, S. 37 ff.; Kauffmann, aaO, S. 179 ff.).

Danach muss eine Strafnorm geeignet und erforderlich sein, um den erstrebten Zweck zu erreichen. Sie ist geeignet, wenn mit ihrer Hilfe der erstrebte Erfolg gefördert werden kann; sie ist erforderlich, wenn der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können. Schließlich muss bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit für die Adressaten des Verbots gewahrt sein. Die Maßnahme darf sie mithin nicht übermäßig belasten (Übermaßverbot oder Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne). Im Bereich des staatlichen Strafens folgt aus dem Schuldprinzip, das seine Grundlage in Art. 1 Abs. 1 GG findet, und aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die Schwere einer Straftat und das Verschulden des Täters zu der Strafe in einem gerechten Verhältnis stehen müssen. Eine Strafandrohung darf nach Art und Maß dem unter Strafe stehenden Verhalten nicht schlechthin unangemessen sein. Tatbestand und Rechtsfolge müssen vielmehr sachgerecht aufeinander abgestimmt sein (BVerfG, Beschluss vom 9. März 1994 – 2 BvL 43/92 u.a., BVerfGE 90, 145, 173 mwN).

Bei der Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit des gewählten Mittels zur Erreichung der erstrebten Ziele sowie bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Einschätzung und Prognose der dem Einzelnen oder der Allgemeinheit drohenden Gefahren steht dem Gesetzgeber ein Beurteilungsspielraum zu, welcher gerichtlich je nach der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und der Rechtsgüter, deren Schutz der Straftatbestand nach dem Willen des Gesetzgebers dienen soll, nur in begrenztem Umfang überprüft werden kann (BVerfG, Beschluss vom 9. März 1994 – 2 BvL 43/92 u.a., BVerfGE 90, 145, 173 mwN). Nicht zu beurteilen ist deshalb, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung getroffen hat. Die von ihm gefundene Lösung ist vielmehr hinzunehmen, wenn sie materiell im Einklang mit den Bestimmungen der Verfassung steht und den ungeschriebenen Verfassungsgrundsätzen sowie Grundentscheidungen des Grundgesetzes entspricht. Der Gesetzgeber hat den Bereich strafbaren Handelns verbindlich festzulegen (s. BVerfG, Beschlüsse vom 9. März 1994 – 2 BvL 43/92 u.a., BVerfGE 90, 145, 173; vom 26. Februar 2008 – 2 BvR 392/07, BVerfGE 120, 224, 241) und damit zu entscheiden, ob und in welchem Umfang er ein bestimmtes Rechtsgut, dessen Schutz ihm wesentlich und notwendig erscheint, gerade mit den Mitteln des Strafrechts verteidigen will. Bewegt er sich dabei innerhalb der aufgezeigten Grenzen, so ist es den Gerichten verwehrt, seine Entscheidung zu korrigieren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. März 1994 – 2 BvL 43/92 u.a., BVerfGE 90, 145, 173; s. auch Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 197). Erforderlichenfalls ist die Strafnorm verfassungskonform auszulegen, wenn allein dadurch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2004 – 1 BvR 2652/03, NJW 2005, 349, 350).

(2) An diesen Maßstäben gemessen ist § 89a StGB zunächst die Geeignetheit und die Erforderlichkeit nicht abzusprechen. Es steht außer Frage, dass mit Hilfe der Norm der vom Gesetzgeber erstrebte Erfolg – die Verfolgung der Vorbereitung schwerer Straftaten und damit deren Verhinderung – gefördert werden kann. Zu der Frage, ob der Normzweck auch mit milderen Mitteln erreicht werden kann, die weniger in die Grundrechte des Normunterworfenen eingreifen, mögen unterschiedliche Meinungen vertretbar sein. Entscheidend ist aber, dass dem Gesetzgeber insoweit ein weiter Beurteilungsspielraum eingeräumt ist. Es ist nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung von § 89a StGB die Grenzen dieses Spielraums überschritten hat.

(3) Auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist – allerdings nur bei verfassungskonformer, einengender Auslegung der Vorschrift zur subjektiven Tatseite – gewahrt; denn unter dieser einschränkenden Voraussetzung führt die insoweit erforderliche Gesamtabwägung nicht dazu, dass § 89a StGB als unangemessen zu bewerten ist. Im Einzelnen:

(aa) Zunächst steht der Schwere des Eingriffs durch die angedrohte Strafe das große Gewicht der bedrohten Rechtsgüter (Bestand/Sicherheit des Staates; hochrangige Individualrechtsgüter Leben, persönliche Freiheit; vgl. S/S-Sternberg-Lieben, 29. Aufl. § 89a Rn. 1g; Gazeas/Grosse-Wilde/Kießling NStZ 2009, 593, 594; Kauffmann, aaO, S. 45 ff.) gegenüber. Soweit § 89a StGB Handlungen erfasst, die erhebliche Unterschiede in Bezug auf die Art und das Maß der Gefährdung dieser Rechtsgüter und auf den individuellen Unrechts- sowie Schuldgehalt aufweisen, kann dem bei der Zumessung der Rechtsfolgen angemessen Rechnung getragen werden (s. entsprechend zu § 29 BtMG BVerfG, Beschluss vom 9. März 1994 – 2 BvL 43/92 u.a., BVerfGE 90, 145, 187 ff.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 30. September 2005 – 2 BvR 1656/03, NVwZ 2006, 583, 584). § 89a Abs. 1 Satz 1 StGB sieht einen weiten Regelstrafrahmen vor, der Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren umfasst. § 89a Abs. 5 StGB normiert einen minder schweren Fall und eröffnet für diesen einen Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Nach § 89a Abs. 7 StGB kann das Gericht in bestimmten Fällen tätiger Reue die Strafe nach seinem Ermessen gemäß § 49 Abs. 2 StGB mildern oder sogar von einer Bestrafung des Täters vollständig absehen. Dass die Höchststrafe von zehn Jahren in allen denkbaren Fällen unangemessen wäre, ist angesichts der geschützten Rechtsgüter sowie des möglichen Gewichts der Tathandlungen und der ins Auge gefassten schweren staatsgefährdenden Gewalttat – bis hin zu einem denkbaren Einsatz von Massenvernichtungsmitteln – ebenfalls nicht ersichtlich, zumal der Übergang in einer Konstellation wie der hiesigen zu einem – ebenfalls mit einer Höchststrafe von zehn Jahren geahndeten – Verbrechen nach § 310 Abs. 1 StGB fließend sein kann und im Wesentlichen nur von der Konkretisierung der Anschlagsplanung abhängt (im Ergebnis wie hier Hungerhoff, aaO S. 57 ff.; aA Hellfeld, aaO S. 214 ff.; Steinsiek, aaO S. 360 ff.). Hinzu kommt die Möglichkeit, das Strafverfahren unter Opportunitätsgesichtspunkten gemäß §§ 153, 153a StPO einzustellen.

(bb) Die Norm verstößt auch nicht deshalb gegen das Übermaßverbot, weil sie nicht erst die Verletzung hochrangiger Rechtsgüter, sondern bereits im Vorfeld deren Gefährdung im frühen Stadium der Tatvorbereitung unter Strafe stellt (vgl. hierzu etwa Gierhake, ZIS 2008, 397, 400 ff.; SK-StGB/Zöller, 132. Lfg. § 89a Rn. 5).

Die Vorverlagerung der Strafbarkeit in das Stadium der Deliktsvorbereitung ist dem deutschen materiellen Strafrecht auch sonst nicht fremd (vgl. etwa Haverkamp in Festschrift für Schöch, 2010, S. 381, 384). Das Strafgesetzbuch enthält in seinem Besonderen Teil zahlreiche abstrakte Gefährdungsdelikte sowie eine ganze Reihe von Normen, die – teilweise nicht näher spezifizierte und deshalb ebenso wie § 89a StGB auch Alltagshandlungen umfassende – Vorbereitungshandlungen unter Strafe stellen, so etwa die §§ 80, 83, 87, 149, 202c, 234a Abs. 3, § 263a Abs. 3, §§ 275, 310, 316c Abs. 4 StGB. Auch im Nebenstrafrecht finden sich entsprechende Tatbestände. So stellt etwa § 19 GÜG eine solche ins Vorfeld reichende Norm dar, welche hinsichtlich der Tathandlungen (u.a. Besitz von Ausgangsstoffen für Betäubungsmittel oder Sprengstoffe) zudem inhaltliche Ähnlichkeiten zu § 89a Abs. 2 Nr. 3 StGB aufweist. Nicht zu verkennen ist insgesamt, dass insbesondere in den letzten Jahrzehnten in vielen Bereichen, etwa denen des Umwelt-, Wirtschafts-, Betäubungsmittel-, Steuer-, und Computerstrafrechts der Bereich der strafrechtlichen Verfolgung von „Vorfeldkriminalität“ durch die Einführung entsprechender Tatbestände stetig ausgeweitet worden ist. Durch diese Vorfeldkriminalisierung hat sich die Strafverfolgung zunehmend mit Sachverhalten zu befassen, die traditionell dem Gebiet der Gefahrenabwehr zuzurechnen sind (krit. hierzu Becker Kriminalistik 2010, 568; vgl. auch Landau ZStW 2009, 965, 966 f.). Teilweise werden auch von der Rechtsprechung Tathandlungen „klassischer“ Straftatbestände so weit gefasst, dass sie deutlich in das Vorfeld eigentlicher Rechtsgutsverletzungen hineinreichen. Dies gilt zum Beispiel für das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, dessen Voraussetzungen schon bei jedem eigennützigen Bemühen als erfüllt angesehen werden, das darauf gerichtet ist, den Umsatz von Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern. Hierfür reicht es etwa aus, dass der Täter bei einem beabsichtigten Ankauf von zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmitteln in ernsthafte Verhandlungen mit einem potentiellen Verkäufer eintritt (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252).

Diese Vorverlagerung des Strafrechts in den Bereich der Vorbereitung von Rechtsgutsverletzungen ist indes nicht – jedenfalls nicht ohne Weiteres – mit dem Grundgesetz unvereinbar. Dies belegt schon die Strafbarkeit der Vorbereitung eines Angriffskrieges nach § 80 StGB – der ersten Vorschrift des Besonderen Teils des Strafgesetzbuchs -, die dem verfassungsrechtlichen Normbefehl des Art. 26 Abs. 1 Satz 2 GG Folge leistet, der ausdrücklich die Strafbarkeit von (Vorfeld-)Handlungen verlangt, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten (dazu etwa Heintzen, BT-RA Protokoll Nr. 16/137, S. 8). Auch wenn dies eine besondere, mit dem Regelungsbereich des § 89a StGB nicht unmittelbar vergleichbare Konstellation betrifft, lässt sich dieser Regelung entnehmen, dass aus verfassungsrechtlicher Sicht nichts Grundlegendes dagegen spricht, Handlungen im Vorfeld einer Rechtsgutsverletzung unter Strafe zu stellen. Dies entspricht auch der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das etwa bereits im Jahre 1970 zu § 100e StGB aF (Verräterische Beziehungen) ausgeführt hat, dieser erfasse Handlungen, die zwar noch nicht einen Verrat oder eine Ausspähung, wohl aber eine Gefährdung von Staatsgeheimnissen darstellten. Wer Beziehungen der in § 100e StGB aF bezeichneten Art aufnehme, laufe Gefahr, in eine Verstrickung zu geraten, aus der er sich, je länger sie andauere, desto schwerer befreien könne und die ihn schließlich zwinge, allen Forderungen des Partners zu entsprechen. Es sei verfassungsrechtlich unbedenklich, dass der Gesetzgeber dieser Gefährdung der Staatssicherheit entgegenwirke, indem er durch strafrechtliche Sanktionen derartige Verbindungen im frühest möglichen Stadium zu unterbinden suche. Die Aufnahme und Unterhaltung von Beziehungen der in der Norm bezeichneten Art hätten eine Gefahrenlage zur Folge, die wegen der ihr innewohnenden Entwicklungsmöglichkeiten eine möglichst frühzeitige Unterbindung durch strafrechtliche Repression geboten erscheinen lasse (BVerfG, Beschluss vom 15. April 1970 – 2 BvR 396/69, BVerfGE 28, 175, 186, 188 f.). Neuere Entscheidungen zeigen ebenfalls auf, dass bereits die Gefährdung eines Rechtsguts eine Strafnorm legitimieren kann (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 10. September 1992 – 2 BvR 869/92, NJW 1993, 1911 aE zu § 180a Abs. 1 Nr. 2 StGB aF; vom 30. September 2005 – 2 BvR 1656/03, NVwZ 2006, 583, 584 zu § 316b StGB). Auch in der Strafrechtslehre ist weitgehend anerkannt, dass das Strafrecht neben repressiven auch präventive Zwecke verfolgen, mithin auch die Verhinderung zukünftiger Straftaten einen legitimen Strafzweck darstellen kann (vgl. etwa SK-StGB/Zöller, 132. Lfg. § 89a Rn. 5; Backes StV 2008, 654, 659; Sieber NStZ 2009, 353, 356 ff.; ders., Legitimation und Grenzen von Gefährdungsdelikten im Vorfeld terroristischer Gewalt, Stellungnahme für die Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am 22. April 2009 in Berlin, S. 11 ff.).

89a StGB fördert, gerade indem er frühe Vorbereitungsphasen pönalisiert, den Schutz der hochrangigen Individual- und Allgemeinrechtsgüter, sei es durch Abhaltung potentieller Täter von ihrem Tun, sei es durch die Ahndung begangener Taten, sei es schließlich – auch mit Hilfe des zur Verfügung stehenden strafrechtlichen Ermittlungsinstrumentariums – durch Verhinderung der von den Tätern geplanten Anschläge. Zwar ist in diesem Zusammenhang nicht zu verkennen, dass im Hinblick auf die Bandbreite der von der Vorschrift potentiell erfassten Tathandlungen das Maß dieser Gefahr höchst unterschiedlich, daher gegebenenfalls auch als eher gering einzustufen und damit der objektive Unrechtsgehalt der Tat im Einzelfall als mäßig zu bewerten ist. Dem trägt die Vorschrift indes insbesondere durch die unter (aa) dargestellten abgestuften Reaktionsmöglichkeiten hinreichend Rechnung.

(cc) § 89a StGB enthält entgegen der Auffassung der Revision kein singuläres Sonderstrafrecht, das nicht gefährliche Handlungen, sondern präsumtiv gefährliche Täter erfasst und damit letztlich allein deren Gesinnung bestraft.

Zunächst ist es den vom Gesetzgeber unter Strafe gestellten Vorbereitungsdelikten dem Grunde nach gemein, dass objektive, äußere -unter Umständen für sich genommen neutrale – Handlungen erst im Zusammenhang mit dem subjektiven Kontext, den Plänen und Absichten des Täters, strafbares Unrecht begründen. Ähnliches gilt auch, wenn die Tat das Vorbereitungsstadium verlässt und den Bereich des strafbaren Versuchs erreicht. Der dort erforderliche Tatentschluss geht notwendigerweise über den Vorsatz hinaus, unmittelbar zur Tat anzusetzen. Schließlich enthält das deutsche materielle Strafrecht zahlreiche Delikte wie etwa den Diebstahl oder den Betrug, die auch im Falle ihrer Vollendung eine überschießende Innentendenz aufweisen, indem sie zum Beispiel eine bestimmte Absicht des Täters voraussetzen, die sich im objektiven Tatbestand nicht widerspiegeln muss.

Maßgebend kommt hinzu, dass die Strafandrohung im Falle des § 89a StGB an ausreichend konkret umschriebene Tathandlungen anknüpft, die in Verbindung mit den tatbestandlich vorausgesetzten Beweggründen, die dem Tun des Täters zugrunde liegen, bereits eine – mehr oder weniger große – Gefahr für die genannten Rechtsgüter begründen. In diesen objektiven Handlungen manifestiert sich der auf die Begehung eines besonders schwerwiegenden Delikts gerichtete Entschluss des Täters, der seinerseits durch objektiv erkennbar werdende Beweisumstände belegt werden muss (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 26. Oktober 2011 – 4 Ws 92/11 u.a., StV 2012, 345, 347). § 89a StGB begründet weder eine Strafbarkeit für Personen, die ausschließlich eine der dort genannten objektiven Tathandlungen vornehmen, ohne dass diese auf die Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gerichtet ist, noch für jemanden, der allein diese subjektive Vorstellung hat, ohne sie durch eine der abschließend aufgeführten objektiven Tathandlungen nach außen zu manifestieren. Unter Strafe gestellt sind somit nicht bestimmte Gedanken, sondern deren rechtsgutsgefährdende Betätigung (vgl. Matt/Renzikowski/Becker/Steinmetz, StGB, § 89a Rn. 4).

Schließlich spielt es für die Strafbarkeit wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat keine Rolle, welchem konkreten Gedankengut der Täter verhaftet ist. Die Vorschrift erfasst nicht nur eine Tätergruppe mit einer bestimmten Motivation; sie stellt vielmehr beispielsweise Vorbereitungshandlungen mit militant-religiösem Hintergrund ebenso unter Strafe wie solche, bei denen der Täter aus politisch extremistischen Motiven heraus handelt (BT-Drucks. 16/12428 S. 2; Bader NJW 2009, 2853, 2855).

(dd) Für sich gesehen begründet auch der durch die Staatsschutzklausel des § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB eröffnete Anwendungsbereich der Norm keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit der Vorschrift.

Nach der dortigen Legaldefinition ist eine schwere staatsgefährdende Gewalttat gesetzlich umschrieben als eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 oder des § 212 oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b StGB, die nach den Umständen bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.

In die gesetzliche Definition einbezogen ist somit der Staatsschutzbezug der vorbereiteten Taten. Hinsichtlich der entsprechenden Eignung und Bestimmung ist auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abzustellen. Da die schwere staatsgefährdende Gewalttat tatsächlich noch nicht begangen wurde, kommt es – auch nach Gesetzeswortlaut und -systematik – nicht auf die bereits vorgenommenen Vorbereitungshandlungen, sondern auf die vorbereitete (künftige) Tat an (so auch die einhellige Literatur, vgl. etwa AnwK-StGB/Gazeas, § 89a Rn. 12; SK-StGB/Zöller, 132. Lfg., § 89a Rn. 13; S/S-Sternberg-Lieben, 29. Aufl. § 89a Rn. 8; s. auch BR-Drucks. 69/1/09, S. 2).

Die Staatsschutzklausel ist dem § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a) und b) GVG nachgebildet. Der Gesetzgeber stellt insoweit auf ein Verständnis dieser Klausel ab, wie es in der Rechtsprechung des Senats zu dieser Vorschrift (vgl. insbesondere BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 – 3 StR 378/00, BGHSt 46, 238 ff.) formuliert worden ist (BT-Drucks. 16/12428, S. 14), ohne allerdings den Unterschied zu thematisieren, dass die Staatsschutzklausel dort der Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Bundes- und Landesjustiz, hier aber der Begründung der Strafbarkeit dient. Danach reicht es zur Begründung der Gerichtsbarkeit des Bundes gegebenenfalls zwar aus, wenn die Tat unter dem Aspekt der inneren Sicherheit „nur“ geeignet und bestimmt ist, das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu beeinträchtigen. Aber auch, wenn diese Bestimmung und Eignung der Tat – entsprechend dem Willen des Gesetzgebers – in gleicher Weise unter das tatbestandliche Element der „Sicherheit eines Staates“ in § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB subsumiert wird, liegt darin noch keine aus verfassungsrechtlicher Sicht unzulässige Überdehnung der Strafbarkeit. Im Einzelnen:

Der Begriff der Sicherheit eines Staates umfasst dessen innere und äußere Sicherheit. Die innere Sicherheit ist der Zustand relativer Ungefährdetheit von dessen Bestand und Verfassung gegenüber gewaltsamen Aktionen innerstaatlicher Kräfte, wobei insoweit die Fähigkeit eines Staates im Zentrum steht, sich nach innen gegen Störungen zur Wehr zu setzen. Sie wird in der Regel beeinträchtigt sein, wenn die vorbereitete Tat, so wie der Täter sie sich vorstellt, nach den Umständen geeignet wäre, das innere Gefüge eines Staates zu beeinträchtigen. Dabei reicht es jedoch aus, wenn durch die Tat zwar nicht die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen in Mitleidenschaft gezogen wird, aber die Tat durch den ihr innewohnenden Verstoß gegen Verfassungsgrundsätze ihren besonderen Charakter gewinnt. Dies kann grundsätzlich auch der Fall sein, wenn das Vertrauen der Bevölkerung erschüttert wird, vor gewaltsamen Einwirkungen in ihrem Staat geschützt zu sein. Die erforderliche Eignung ist objektiv anhand der (gleichsam fiktiven) Umstände der vorbereiteten Tat festzustellen. In subjektiver Hinsicht („bestimmt“) ist Voraussetzung, dass der Täter die möglichen Folgen der vorbereiteten Tat in seinen Willen aufgenommen hat. Dazu reicht es aus, dass er die tatsächlichen Umstände, welche die Eignung zur Beeinträchtigung des Schutzguts ergeben, erkannt und in seinen Willen einbezogen hat (vgl. auch KK-Hannich, 7. Aufl., § 120 GVG Rn. 4c). Im Einzelfall kann es für die Frage der Staatsgefährdung auf Einzelheiten wie etwa die Prominenz der Opfer, die Öffentlichkeit oder Symbolträchtigkeit des Ortes und die Umstände der Tathandlung ankommen (vgl. KG, Beschluss vom 26. Oktober 2011 – 4 Ws 92/11 u.a., StV 2012, 345, 347 f.).

Ein zielgerichtetes Handeln zur Beeinträchtigung der inneren Sicherheit im Sinne einer Absicht ist dagegen nicht erforderlich (st. Rspr., vgl. grundlegend BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 – 3 StR 378/00, BGHSt 46, 238, 252). Soweit in der Literatur hinsichtlich der Staatsgefährdung teilweise direkter Vorsatz (dolus directus 2. Grades) gefordert wird (etwa Gazeas/Große-Wilde/Kießling, NStZ 2009, 593, 596; Matt/Renzikowski/Becker/Steinmetz, StGB, 2013, § 89a Rn. 20; NK-StGB-Paeffgen, 4. Aufl., § 89a Rn. 25; S/S-Sternberg-Lieben, 28. Aufl., § 89a Rn. 17; Haverkamp in Festschrift für Schöch, 2010, S. 381, 395; Hellfeld, aaO, S. 266 ff.; Hungerhoff, aaO, S. 144 ff.; kritisch bezüglich des Gesetzeswortlauts auch Fischer, StGB, 61. Aufl., § 89a Rn. 22), ist dem nicht zu folgen. Vor dem Hintergrund der aufgezeigten gefestigten Rechtsprechung bringen die Gesetzesformulierung sowie die Erläuterungen in den Materialien gerade zum Ausdruck, dass das voluntative Element des Bestimmens auch bei § 89a StGB nicht im Sinne einer Absicht zu verstehen ist, sondern dahin, dass der Täter die zur Eignung führenden Gesichtspunkte kennt und billigt. Auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift kann Weiteres nicht entnommen werden.

Der Senat sieht allerdings – auch vor dem Hintergrund der großen Praxisrelevanz der Fälle, in denen es entscheidend auf die Beeinträchtigung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung ankommt, – Anlass, erneut klarzustellen, dass insoweit nicht irgendeine negative Beeinflussung des allgemeinen Sicherheitsgefühls genügt. Ein derartiger Effekt kann durch Straftaten unterschiedlichster Art – gegebenenfalls befördert durch eine entsprechende mediale Berichterstattung – eintreten und ist daher für sich allein nicht geeignet, die Voraussetzungen der Staatsschutzklausel zu erfüllen. Erforderlich ist vielmehr, dass die Belange des Staates auf dem Gebiet der inneren Sicherheit in vergleichbar schwerer Weise berührt werden, wie dies bei den weiteren Alternativen des § 120 Abs. 2 Satz 1 GVG der Fall ist. Deren Voraussetzungen liegen – wie dargelegt – namentlich dann vor, wenn die Tat nach den konkreten Umständen geeignet ist, das innere Gefüge des Gesamtstaates zu beeinträchtigen oder sich gegen Verfassungsgrundsätze richtet. Der spezifisch staatsgefährdende Charakter des vorbereiteten Delikts ist insbesondere dann zu bejahen, wenn die Tat der Feindschaft des Täters gegen das freiheitlich-demokratische Staats- und Gesellschaftssystem der Bundesrepublik Deutschland entspringt und er seine potentiellen Opfer nur deshalb auswählt, weil sie dieses System als Amtsträger oder in sonstiger Weise repräsentieren, oder ohne jeden persönlichen Bezug lediglich deshalb angreift, weil sie Bürger oder Einwohner der Bundesrepublik Deutschland sind oder sich im Bundesgebiet aufhalten (BGH, Beschluss vom 24. November 2009 – 3 StR 327/09, NStZ 2010, 468). Eingedenk dieser Maßgaben wird bei einem mit der Auslegung des § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a) und b) GVG übereinstimmenden Verständnis der Norm vor dem Hintergrund des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers das Übermaßverbot noch nicht verletzt.

(ee) Die Unverhältnismäßigkeit der Vorschrift folgt auch nicht daraus, dass die vom Täter ins Auge gefasste, vorbereitete Tat im Sinne des § 89a Abs. 1 StGB in seinen Vorstellungen noch nicht im Einzelnen konkretisiert sein muss.

Nach dem Willen des Gesetzgebers setzt § 89a Abs. 1 StGB nicht voraus, dass der Täter ein schon im Detail geplantes Verbrechen vorbereitet. Danach brauchen weder die konkrete Art der Ausführung noch Zeit und Ort sowie potentielle Opfer festgelegt zu sein. Vielmehr soll es genügen, dass der Deliktstyp der vorbereiteten Tat hinreichend bestimmt ist, es sich mithin nach der Vorstellung des Täters um eine Tat gegen das Leben in den Fällen des § 211 oder § 212 StGB oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b StGB handeln soll. § 89a StGB soll in dieser Hinsicht weiter reichen als etwa die Strafausdehnungsvorschrift des § 30 StGB (BT-Drucks. 16/12428) S. 14).

Der Senat muss nicht entscheiden, ob die Anknüpfung der Strafbarkeit allein an eine derart vage Vorstellung von der vorbereiteten Tat dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch genügen könnte. Denn die entsprechenden Erwägungen des Gesetzgebers können schon aus einfachrechtlichen Gründen in der praktischen Rechtsanwendung nicht vollständig umgesetzt werden. Bereits die Gesetzessystematik schließt aus, es für die Begründung der Strafbarkeit genügen zu lassen, dass der Täter in sein Vorstellungsbild lediglich den allgemeinen Deliktstypus der von ihm vorbereiteten Tat aufnimmt. Die Vorbereitungshandlungen des Täters müssen auf die Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat im Sinne des § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB gerichtet sein. Systematisch unabdingbar ist es deshalb, dass die geplante Tat jedenfalls bereits so weit konkretisiert ist, dass überprüft werden kann, ob sie die Voraussetzungen der Staatsschutzklausel erfüllt. Hieraus folgt, dass es Feststellungen bedarf, die ausreichen, um daraus entnehmen zu können, dass die ins Auge gefasste Tat neben den in § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB aufgeführten Deliktstypen auch die dort genannten weiteren Voraussetzungen der Norm erfüllt (vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Dezember 2011 – 2 Ws 157/11, StV 2012, 348, 350).

Weitergehende, über das dargelegte Maß hinausgehende Anforderungen an die Konkretisierung der künftigen Tat – etwa mit Blick auf Tatort, Tatzeit und Tatopfer – ergeben sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch nach dem Gesetzeszweck; sie sind auch von Verfassungs wegen nicht zu fordern (im Ergebnis ebenso OLG Stuttgart, Beschluss vom 4. Februar 2014 – 4 Ws 16/14; Matt/Renzikowski/Becker/Steinmetz, StGB, 2013, § 89a Rn. 20; SK-StGB/Zöller, 132. Lfg. § 89a Rn. 11; S/S-Sternberg-Lieben, 29. Aufl., § 89a Rn. 17). Bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit darf insoweit neben dem dargelegten, über die Vorstellungen des Gesetzgebers hinausgehenden Maß der Konkretisierung nicht aus dem Blick geraten, dass der objektive Tatbestand des § 89a StGB eine konkrete objektive Vorbereitungshandlung erfordert, in der sich das Vorhaben des Täters manifestiert, während sich im Unterschied hierzu etwa die Vorbereitung eines Verbrechens in den Fällen des § 30 StGB im Geistig-Verbalen erschöpfen kann. Insoweit besteht eine gewisse Parallele zwischen § 89a StGB und § 87 StGB. Dieser stellt das Befolgen eines Auftrags zur Vorbereitung von Sabotagehandlungen durch in § 87 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 StGB abschließend aufgeführte Verhaltensweisen unter Strafe. Auch dort muss die vorbereitete Tat nicht hinsichtlich eines Tatobjekts, der Zeit und der genauen Tatausführung konkretisiert sein (S/S-Sternberg-Lieben, 29. Aufl., § 87 Rn. 4).

(ff) Betrachtet man das unter (aa) bis (ee) Gesagte in der erforderlichen Gesamtschau, so ist allerdings nicht zu verkennen, dass § 89a StGB auch Verhaltensweisen unter Strafe stellt, die von einer Verletzung oder auch nur konkreten Gefährdung der vom Gesetzgeber durch die Norm unter Schutz gestellten Rechtsgüter derart weit entfernt sind, dass ihre Pönalisierung – auch unter Berücksichtigung des Gewichts der Schutzgüter – die Grenze dessen erreicht, was unter verfassungsrechtlichen Aspekten noch als verhältnismäßig anzusehen ist. Die Strafbarkeit kann an objektive Tathandlungen anknüpfen, die per se keinen eigenen Unrechtsgehalt aufweisen. Die Norm beschreibt in Teilen vielmehr eher neutrale objektive Verhaltensweisen, die für sich genommen unverdächtig sowie sozialadäquat sind und sich allein wegen der mit ihnen verbundenen, auf irgendeine Weise manifest gewordenen Intention des Täters als tatbestandsmäßig erweisen. Zudem verlagert der hier in Rede stehende § 89a Abs. 2 Nr. 3 StGB, auf den das Landgericht die Verurteilung gestützt hat, die Strafbarkeit besonders weit ins Vorfeld; denn er pönalisiert das Sichverschaffen und Verwahren von Gegenständen, die für die Herstellung von Waffen, Stoffen oder Vorrichtungen der in Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Art wesentlich sind und stellt deshalb letztlich in der Sache ein Vorbereitungsdelikt zu dem weiteren Vorbereitungsdelikt des § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB dar (AnwK-StGB/Gazeas, § 89a Rn. 45; MüKoStGB/Schäfer, 2. Aufl., § 89a Rn. 45; SK-StGB/Zöller, 132. Lfg., § 89a Rn. 25). Hinzu kommt, dass an die Konkretisierung der ins Auge gefassten schweren staatsgefährdenden Gewalttat eher geringe Anforderungen zu stellen sind. Schließlich kann der vorbereiteten Tat die von § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB vorausgesetzte Bestimmung und Eignung nicht erst dann zukommen, wenn sie die innere Sicherheit des Staates durch eine objektive Schwächung der Leistungsfähigkeit der Sicherheitsorgane beeinträchtigen, sondern schon dann, wenn sie lediglich das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung nachhaltig erschüttern würde.

Zwar führt all dies auch in einer Zusammenschau noch nicht zur Verfassungswidrigkeit der Norm. Indes sähe der Senat – auch unter Berücksichtigung der durch § 89a StGB eröffneten, weit gespannten Reaktionsmöglichkeiten auf der Rechtsfolgenseite – die Grenze zur Unverhältnismäßigkeit vor diesem Hintergrund als überschritten an, wenn es zur Begründung der Strafbarkeit auf der subjektiven Tatseite lediglich erforderlich wäre, dass es der Täter nur für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, das von ihm ins Auge gefasste Vorhaben auch umzusetzen. Dem kann indes durch eine verfassungskonforme Restriktion des subjektiven Tatbestands Rechnung getragen werden. Aus den genannten Gründen ist es zur Wahrung der Grundsätze des Tatstrafrechts sowie des Schuldprinzips und damit elementarer Garantien des Grundgesetzes erforderlich, dass der Täter bei der Vornahme der in § 89a Abs. 2 StGB normierten Vorbereitungshandlungen zur Begehung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat bereits fest entschlossen ist. Bezüglich des „Ob“ der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat genügt somit bedingter Vorsatz nicht (so auch NK-StGB-Paeffgen, 4. Aufl., § 89a Rn. 22 f.). Bei einem derartigen Verständnis werden die unter Umständen sozialneutralen objektiven Tathandlungen durch den manifest gewordenen, unbedingten Willen des Täters zur Durchführung der – wenn auch nur in Umrissen konkretisierten – geplanten schweren staatsgefährdenden Gewalttat derart verknüpft, dass noch eine abstrakte Gefährdung der durch § 89a StGB geschützten gewichtigen Rechtsgüter in einem Maße erkennbar wird, das eine Strafverfolgung des Täters zu legitimieren geeignet ist.

Dieser Auslegung des § 89a StGB steht dessen Wortlaut nicht entgegen; denn er schließt jedenfalls ein Verständnis dahin nicht aus, dass der Täter zur Ausführung der von ihm vorbereiteten Tat fest entschlossen sein muss. Allerdings findet sich in den Gesetzesmaterialien zu § 89a Abs. 2 Nr. 4 StGB, der die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat durch deren Finanzierung unter Strafe stellt, ein Hinweis, der dahin verstanden werden kann, insoweit genüge der bedingte Vorsatz des Täters, dass der Dritte, dem er die erheblichen Vermögenswerte zur Verfügung stellt, die damit vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat begeht (BT-Drucks. 16/12428 S. 15). Ähnlich wird im Schrifttum teilweise danach unterschieden, ob die vorbereitete Tat durch den Vorbereitungstäter selbst oder durch einen Dritten begangen werden soll; in letztgenanntem Fall reiche der bedingte Vorsatz des „Vorbereitungstäters“ aus, dass der Dritte die vorbereitete Tat ausführe (s. etwa S/S-Sternberg-Lieben, 29. Aufl., § 89a Rn. 17 mwN). Dies betrifft indes jeweils nicht den hier zu entscheidenden Sachverhalt. Der Senat kann daher offen lassen, ob er dem vor dem Hintergrund der aufgezeigten verfassungsrechtlichen Problematik folgen könnte.

2. Nach diesen Maßstäben kann der Schuldspruch keinen Bestand haben.

a) Allerdings sind die Voraussetzungen des objektiven Tatbestands des 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Nr. 1 StGB durch die Feststellungen dargetan. Der ausdrücklichen Erörterung bedürfen insoweit nur die folgenden Gesichtspunkte:

aa) Die Feststellungen belegen, dass der Angeklagte eine der in 89a Abs. 2 StGB bezeichneten Tathandlungen beging, indem er sich Gegenstände und Stoffe verschaffte, die für die Herstellung einer Vorrichtung der in Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Art, nämlich von Rohrbomben als Sprengvorrichtungen, wesentlich sind (§ 89a Abs. 2 Nr. 3 StGB). Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Wesentlichkeit im Rahmen einer wertenden Gesamtschau im Einzelfall zu beurteilen und dann zu bejahen sein, wenn die Gegenstände oder Stoffe im Falle ihrer Zusammenfügung oder technischen Manipulation ein taugliches Kampfmittel oder eine taugliche Vorrichtung im Sinne des § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB ergeben; das Fehlen von Kleinteilen von untergeordneter Bedeutung wie einer oder mehrerer Schrauben oder Drähte soll die „Vollendung“ des Tatbestands nicht hindern (BT-Ducks. 16/12428 S. 15). Danach besteht jedenfalls hier an der Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Angeklagten kein Zweifel. Er hatte sich bereits alle für den Bau der Sprengvorrichtung erforderlichen Einzelteile beschafft und schon mit deren Bau begonnen.

bb) Die von dem Angeklagten ins Auge gefasste Tat war bereits ausreichend konkretisiert.

Nach dem aufgezeigten Maßstab genügen die vom Landgericht getroffenen Feststellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten von der vorbereiteten Tat, um deren Eignung und Bestimmung im Sinne des § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB beurteilen zu können. Der Angeklagte plante nicht nur allgemein ein Tötungsdelikt im Sinne von § 211 oder § 212 StGB. Vielmehr war sein Tun darauf gerichtet, aus Hass auf die westliche Welt eine Sprengvorrichtung herzustellen und diese in einer Menschenmenge zur Explosion zu bringen, um eine unbestimmte Anzahl von Personen zu töten. Damit standen Tatwerkzeug, Art der Tatausführung und die groben Umrisse der Tatumstände sowie die Tatmotivation fest. Dies genügt zur Prüfung, ob die Tat die Anforderungen des § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB erfüllt. Ohne Bedeutung ist demgegenüber, dass weder die genaue Tatzeit und der genaue Tatort bestimmt noch die möglichen Opfer individualisiert waren; insbesondere der letztgenannte Umstand ist bei einem Anschlag auf willkürlich ausgewählte Personen für die Tat gerade nicht von Belang (vgl. zu § 49a Abs. 1 StGB aF BGH, Urteil vom 4. Januar 1961 – 2 StR 534/60, BGHSt 15, 276, 277).

cc) Die Vorbereitungshandlungen des Angeklagten richteten sich auf eine schwere staatsgefährdende Gewalttat. Sie war bestimmt und geeignet, die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch eine nachhaltige Erschütterung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung zu beeinträchtigen.

Die Tätigkeiten des Angeklagten waren auf die Begehung eines Sprengstoffanschlags in einer Menschenmenge gerichtet. Anlass war der Hass des radikal-islamistisch eingestellten Angeklagten wegen der von ihm als beleidigend wahrgenommenen Behandlung von Muslimen in der westlichen Welt. Die potentiellen, zufälligen Opfer repräsentierten lediglich die westliche Welt als solche, ein persönlicher Konflikt mit oder ein Kontakt zu ihnen bestand von Seiten des Angeklagten nicht. Aufgrund eines derartigen Attentats wären in der Bevölkerung Zweifel entstanden, ob die Sicherheitsbehörden in der Bundesrepublik Deutschland in der Lage sind, solche Verbrechen zu verhindern. Im Ergebnis gilt deshalb nichts anderes, als bei der Fallgestaltung, die der Entscheidung des Senats vom 22. Dezember 2000 zugrunde lag (3 StR 378/00, BGHSt 46, 238; eher für eine Differenzierung zwischen Minderheiten und der Gesamtbevölkerung KG, Beschluss vom 26. Oktober 2011 – 4 Ws 92/11 u.a., StV 2012, 345, 347): Während dort aufgrund des tiefen Ausländerhasses zufällig ausgewählte Ausländer Opfer der Tat waren, wären hier unbestimmte Menschen infolge der Hass- und Rachegefühle gegen die westliche Welt die Geschädigten gewesen. Beiden Fallgestaltungen ist gemeinsam, dass das Leben der Mitglieder einer anderen Gruppe in den Augen der Täter keinen Wert hatte und beide Taten über den engeren örtlichen Bereich der (möglichen) Tatbegehung hinaus in der gesamten Bundesrepublik ein allgemeines Klima der Angst vor willkürlichen, grundlosen tätlichen Angriffen und eine Unsicherheit darüber auslösen konnten, ob das Leben in diesem Staat noch sicher ist (vgl. im Einzelnen zu diesen Gesichtspunkten BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 – 3 StR 378/00, BGHSt 46, 238, 251 f.).

b) Jedoch belegen die Feststellungen zur subjektiven Tatseite den Schuldspruch nur teilweise. Sie reichen zwar bezüglich der inhaltlichen Voraussetzungen der schweren staatsgefährdenden Gewalttat und der konkreten Tathandlung aus; denn insoweit genügt jeweils bedingter Vorsatz (vgl. AnwK-StGB/Gazeas, § 89a Rn. 59; Matt/Renzikowski/Becker/Steinmetz, StGB, § 89a Rn. 20; MüKoStGB/Schäfer, 2. Aufl., § 89a Rn. 57 ff.; SK-StGB/Zöller, 132. Lfg., § 89a Rn. 30; wohl auch Sieber, NStZ 2009, 353, 359, 362; zur Auslegung des Merkmals „bestimmt“ in 89a Abs. 1 Satz 2 StGB s. o. II. 1. b) bb) (3) (dd)). Den Urteilsgründen lässt sich jedoch nicht hinreichend deutlich entnehmen, dass der Angeklagte – wie erforderlich – zur Ausführung der von ihm vorbereiteten Tat fest entschlossen war.

Die Strafkammer hat zunächst festgestellt, der Angeklagte habe es „zumindest billigend in Kauf genommen“, die Sprengvorrichtung nach der Herstellung auch in der Öffentlichkeit zum Einsatz zu bringen (UA S. 8). Im Rahmen der Beweiswürdigung heißt es, es bestehe kein Zweifel daran, dass der Angeklagte sich in einem Umfang radikalisiert habe, der ihn „dazu veranlasst habe“, sich alle notwendigen Bestandteile zur Herstellung von Rohrbomben zu verschaffen und zumindest eine dieser Sprengvorrichtungen im öffentlichen Raum zur Explosion zu bringen (UA S. 12). Sodann hat das Landgericht ausgeführt, der Angeklagte habe „billigend damit gerechnet“, die herzustellenden Rohrbomben später in der Öffentlichkeit zum Einsatz zu bringen (UA S. 14). Schließlich hat es formuliert, der Angeklagte habe „in sein Bewusstsein aufgenommen“, mittels der Rohrbomben mindestens einen Sprengstoffanschlag in der Öffentlichkeit durchzuführen (UA S. 29). Er habe „das Ziel verfolgt“, seiner Kritik Ausdruck zu verleihen, und „zur Umsetzung dieses Ziels“ den Tod von mehreren Menschen in Kauf genommen.

Diese – nicht deckungsgleichen – Ausführungen belegen auch in ihrer Gesamtheit nicht den festen Entschluss des Angeklagten, die Sprengvorrichtung in einer Menschenmenge zur Explosion zu bringen. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass ein neues Tatgericht in rechtsfehlerfreier Weise entsprechende Feststellungen treffen kann. Die Sache bedarf deshalb insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.

III. Aufgrund der Aufhebung des Schuldspruchs wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a StGB kann auch die – für sich genommen rechtsfehlerfreie – Verurteilung wegen tateinheitlich begangener fahrlässiger Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion keinen Bestand haben.

IV. Die auf einer nach revisionsrechtlichem Überprüfungsmaßstab (BGH, Urteil vom 9. Juni 2005 – 3 StR 269/04, NJW 2005, 2322, 2326) rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen sind durch den aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen; sie können deshalb bestehen bleiben (vgl. § 353 Abs. 2 StPO).

V. Der Senat sieht Anlass für den Hinweis, dass das neue Tatgericht gegebenenfalls wird erwägen können, ob der Angeklagte den objektiven Tatbestand des § 89a Abs. 2 Nr. 2 StGB erfüllt hat, indem er sich insbesondere etwa Sprengstoff verschaffte. Insoweit kann das Landgericht auch ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch treten. Soweit die Strafbarkeit nach § 89a Abs. 2 Nr. 2 StGB reicht, dürfte dies der Anwendbarkeit des § 89a Abs. 2 Nr. 3 StGB vorgehen.


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