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Gewerberaummietvertrag – Schadensersatzpflicht des Vermieters, wenn Vormieter Mietobjekt nicht räumt

OLG Düsseldorf, Az.: 10 U 93/96

Urteil vom 18.09.1997

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 11. März 1996 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf aufgehoben.

Der Klageanspruch ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Zur Entscheidung über den Betrag des Anspruchs wird der Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.

Tatbestand

Mit Vertrag vom 10.03.1993 (Bl. 102 ff. d.A.) vermieteten die Beklagten das Objekt B. 1 in D. „zum Zwecke des Betriebes einer Gaststätte/Bar u. zur Untervermietung der Gewerbeflächen in den Etagen“ an die L. GmbH. Das Mietverhältnis sollte am 01.02.1994 beginnen und wurde auf die Dauer von zehn Jahren geschlossen. Der monatliche Mietzins wurde mit 24.500,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart.

Bis zum 31.01.1994 hatten die Beklagten das vorstehend bezeichnete Objekt zunächst an die C. GmbH u. Co. KG vermietet, an deren Stelle zwischenzeitlich Herr T. K. getreten war. Dieser hatte mit der L. GmbH, deren Geschäftsführer er war, einen ebenfalls auf den 31.01.1994 befristeten Untermietvertrag geschlossen.

Gewerberaummietvertrag – Schadensersatzpflicht des Vermieters, wenn Vormieter Mietobjekt nicht räumt
Symbolfoto: Natee Meepian/ Bigstock

Da die L. GmbH ihrer mit Vertrag vom 10.03.1993 begründeten Verpflichtung zur Zahlung eines Kautionsteilbetrages von 50.000,00 DM zum 01.09.1993 nicht nachkam, wiesen die Beklagten sie mit Schreiben vom 02.09.1993 (Bl. 107 d.A.) darauf hin, wenn die Zahlung nicht umgehend erfolge, „hätte dies die Unwirksamkeit des gesamten Mietvertrages zur Folge“. Als die L. GmbH gleichwohl auch weiterhin untätig blieb, teilten ihr die Beklagten unter dem 17.09.1993 (Bl. 289 d.A.) mit, sie fühlten sich nicht mehr an den Mietvertrag vom 10.03.1993 gebunden und würden sich um einen neuen Mieter bemühen. Am 20.10.1993 (Bl. 243 d.A.) erklärten sie schließlich gegenüber der L. GmbH, der Vertrag vom 10.03.1993 sei wegen Nichtzahlung der Kaution unwirksam, was bedeute, daß die Gaststätte, über die er sich verhalte, am 31.01.1994 übergeben werden müsse.

Unter dem 18.11.1993 (Bl. 22 ff. d.A.) vermieteten die Beklagten das in Rede stehende Objekt mit Wirkung ab 01.02.1994 auf die Dauer von zehn Jahren an die Klägerin. Auch die übrigen Vereinbarungen entsprachen im wesentlichen denen des Vertrages vom 10.03.1993 mit der L. GmbH. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertragswortlaut Bezug genommen.

Die Klägerin schloß in der Folgezeit mit der Betriebsgesellschaft D. GmbH einen im wesentlichen gleichlautenden Untermietvertrag ab.

Bereits unter dem 08.11.1993 hatte die C. GmbH u. Co. KG, die ursprüngliche Mieterin, unter anderem gegen die L. GmbH und deren Geschäftsführer K. unter dem Aktenzeichen 35 C 19539/93 AG Düsseldorf später nach Verweisung 11 O 707/93 LG Düsseldorf Räumungsklage erhoben. Früher Termin war vom Landgericht auf den 28.09.1994 anberaumt worden. Am 14.05.1994 wurde den Beklagten der Streit verkündet, ohne daß diese jedoch dem Rechtsstreit beitraten. Mit Urteil vom 25.01.1995 wurden die Beklagten antragsgemäß zur Räumung und Herausgabe verurteilt.

Eine Räumung des streitgegenständlichen Mietobjekts durch die L. GmbH war nämlich trotz einer schriftlichen Aufforderung seitens der Beklagten vom 11.02.1994 (Bl. 247 d.A.) weder am 31.01.1994 noch in der Folgezeit erfolgt. Die Beklagten hatten vielmehr am 31.01.1994 von der L. GmbH den insgesamt vereinbarten Kautionsbetrag von 150.000,00 DM entgegengenommen und ihre anwaltlichen Vertreter hatten an Rechtsanwalt Dr. J. in K. als Bevollmächtigten der L. GmbH unter dem 01.02.1994 (Bl. 245/246 d.A.) ein Schreiben folgenden Inhalts gerichtet:

„Wir vertreten bekanntlich die Ansicht, daß das Mietverhältnis mit der L. GmbH durch Schreiben vom 20.10.1993 aufgekündigt wurde und heute nicht mehr besteht. Unsere Mandantin hatte Ihnen deshalb die übersandte Bürgschaft zurückgegeben.

Unter Berücksichtigung der laufenden Vergleichsverhandlungen habe ich — ohne Anerkennung einer Rechtspflicht — diese Bürgschaft am 31.01.1994 zu treuen Händen entgegengenommen. Ich weise an dieser Stelle nochmals darauf hin, daß die Entgegennahme keine Änderung des diesseitigen Rechtsstandpunktes bedeutet. Die Entgegennahme erfolgte lediglich rein vorsorglich für den Fall, daß eine Wiederaufnahme des Mietverhältnisses im gegenseitigen Einvernehmen erfolgen sollte.“

Mit Telefax vom 24.10.1994 (Bl. 59 ff. d.A.) forderte die Klägerin die Beklagten erfolglos mit Fristsetzung zum 04.11.1994 zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 657.776,00 DM wegen der Nichtgewährung des Mietgebrauchs ab 01.02.1994 auf, nachdem sie deren Angebot auf einvernehmliche Aufhebung des Vertrages vom 18.11.1993 mit Schreiben vom 07.02.1994 (Bl. 120/121 d.A.) zurückgewiesen hatte.

Schließlich haben die Beklagten am 15.11.1994 in dem Verfahren 1 O 443/94 LG Düsseldorf ebenfalls Räumungsklage gegen die L. GmbH eingereicht. Dieses Verfahren wurde am 24.04.1995 im Wege des Anerkenntnisurteils abgeschlossen. Bereits am 30.12.1994 hatte die Klägerin das Mietverhältnis mit den Beklagten fristlos gekündigt.

Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die Beklagten als Gesamtschuldner auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung im Hinblick auf die Nichteinräumung des Mietbesitzes am 01.02.1994 in Anspruch. Sie macht geltend, sie werde von der D. GmbH in ihrer Eigenschaft als Betreibergesellschaft auf Ersatz ihres Schadens in entsprechender Höhe ihrerseits in Anspruch genommen. Dieser Schaden sei dadurch entstanden, daß die D. GmbH in Erwartung der Übernahme des Mietobjekts erhebliche Aufwendungen getätigt habe und daß ihr der erwartete Gewinn entgangen sei. Wegen der Schadenspositionen im einzelnen wird auf die entsprechende Aufstellung in der Klageschrift (Bl. 10 ff. d.A.) und die zugehörigen Belege verwiesen.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 3.612.215,00 DM nebst 4% Zinsen von 675.776,00 DM seit dem 05.11.1994 und von 2.936.439,00 DM seit dem 12.07.1995, dem Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit, zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie haben die Auffassung vertreten, der Klägerin vor allem deswegen nicht zum Schadensersatz verpflichtet zu sein, weil das Mietverhältnis mit der L. GmbH bereits vor Abschluß des Vertrages vom 18.11.1993 wirksam gekündigt gewesen sei. Außerdem habe die Beklagte frühzeitig erfahren, daß die L. GmbH ihrer Rückgabeverpflichtung zum 31.01.1994 nicht nachkommen werde.

Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein die Beklagten zum Schadensersatz verpflichtender Rechtsmangel im Sinne des § 541 BGB habe nicht vorgelegen, weil die L. GmbH im Zeitpunkt des zwischen den Parteien vereinbarten Mietbeginns am 01.02.1994 nicht mehr zum Besitz berechtigt gewesen sei, da die Beklagten das mit ihr begründete Mietverhältnis am 20.10.1993 wirksam gekündigt hätten und die Kündigung auch über den 01.02.1994 hinaus wirksam geblieben sei. § 325 Abs. 1 BGB scheide als Anspruchsgrundlage aus, weil die Beklagten die Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung an die Klägerin nicht im Sinne dieser Vorschrift zu vertreten hätten. Auch eine Haftung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung und des Verschuldens beim Vertragsschluß komme nicht in Betracht.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr ursprüngliches Klageziel in vollem Umfang weiterverfolgt. Dazu wiederholt und ergänzt sie ihr Vorbringen erster Instanz. Den Erwägungen des landgerichtlichen Urteils tritt sie entgegen. Sie beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihrem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.

Die Beklagten beantragen, ebenfalls unter Wiederholung und Vertiefung ihres früheren Vorbringens und unter Hinweis auf die ihrer Meinung nach zutreffenden Gründe des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze der Parteien und die bei den Akten befindlichen schriftlichen Unterlagen Bezug genommen.

Die Akten 11 O 311/95, 1 O 443/94 und 11 O 707/93 LG Düsseldorf lagen vor und waren zu Informationszwecken Gegenstand der Verhandlung.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist insoweit auch sachlich gerechtfertigt, als das klageabweisende landgerichtliche Urteil keinen Bestand haben kann. Der Klageanspruch ist entgegen der Annahme des Landgerichts dem Grunde nach gerechtfertigt, so daß im Wege des Grundurteils gemäß § 304 Abs. 1 ZPO unter Abänderung des angefochtenen Urteils vorab in diesem Sinne zu entscheiden ist, während die Sache zur Entscheidung des Streits der Parteien über den Betrag des Anspruchs nach § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO in die erste Instanz zurückverwiesen werden muß.

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1)

Zutreffend hat das Landgericht allerdings angenommen, daß die Beklagten gegenüber der Klägerin keine (selbständige) Garantie dafür übernommen haben, daß die L. GmbH das in Rede stehende Mietobjekt rechtzeitig zum 31.01.1994 räumen und insoweit ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommen werde. Eine derartige, möglicherweise zu einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten führende Garantie kann in Übereinstimmung mit dem landgerichtlichen Urteil insbesondere nicht dem Schreiben der Beklagten vom 14.01.1994 (Bl. 186 d.A.) entnommen werden. Den diesbezüglichen Erwägungen des Landgerichts ist die Klägerin in der Berufungsinstanz auch nicht mehr entgegengetreten.

2)

Auch eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten auf der Grundlage der §§ 541, 538 BGB unter dem Gesichtspunkt des Bestehens eines Rechtsmangels kommt nicht in Betracht. Voraussetzung dafür wäre, daß die L. GmbH den Besitz am Mietobjekt auch nach dem 31.01.1994 rechtmäßig ausgeübt hätte (so z.B. BGHZ 85, 267 = NJW 1983, 446, 447 = WM 1983, 44 und Palandt/Putzo, 56. Aufl., § 541 BGB Rdn. 5). Die bloße Nichträumung des Besitzes durch den Mieter zum Mietzeitende reicht dagegen insoweit nicht aus. Es kommt daher entscheidend darauf an, ob der L. GmbH auch über den 31.01.1994 hinaus ein Besitzrecht zustand. Dies ist — wiederum in Übereinstimmung mit dem landgerichtlichen Urteil — zu verneinen.

Ein derartiges Besitzrecht der L. GmbH bestand zunächst nicht aufgrund des Untermietvertrages zwischen dieser und Herrn G. R. Dieses Untermietverhältnis endete mit der Beendigung des Mietvertrages zwischen letzterem und der S. GmbH u. Co. KG vom 06.04.1987 am 31.01.1994 gem. § 556 Abs. 3 BGB automatisch zum gleichen Zeitpunkt, zu dem im übrigen auch das Mietverhältnis sein Ende fand, das zwischen den Beklagten und der S. GmbH u. Co. KG bestand.

Die L. GmbH war auch nicht aufgrund des Vertrages vom 10.03.1993 (Bl. 102 ff. d.A.) mit den Beklagten über den 01.02.1994 hinaus zum Besitz berechtigt. Dieser war auf die Dauer von zehn Jahren mit Wirkung ab 01.02.1994 geschlossen, also nicht durch Zeitablauf beendet worden. Eine vorzeitige Beendigung kam lediglich aufgrund einer Kündigung seitens der Beklagten in Betracht. Diese haben eine fristlose Kündigung wegen Nichtzahlung der vereinbarten Kaution in Höhe von 50.000,00 DM zum 01.09.1993 unter dem 20.10.1993 (Bl. 243 d.A.) erklärt. Diese Kündigung war wirksam.

Nach § 7 des Vertrages vom 10.03.1993 (Bl. 105 d.A.) setzte eine fristlose Kündigung der Beklagten in ihrer Eigenschaft als Vermieter voraus, daß der Mieter eine ihm nach dem Vertrag obliegende Verpflichtung, zu der auch die fristgerechte Zahlung des vereinbarten Kautionsteilbetrages gehörte, nicht erfüllte „und nach einer mit der Androhung der Kündigung des Vertrages verbundenen zweiten Mahnung innerhalb angemessener Frist seiner Verpflichtung nicht“ nachkam. Diese Voraussetzungen waren allerdings, wie die Klägerin zu Recht beanstandet, nicht gegeben.

Zwar kommt die nach der vorstehenden vertraglichen Regelung erforderliche erste Mahnung im Schreiben der Beklagten vom 02.09.1993 (Bl. 107 d.A.) hinreichend deutlich zum Ausdruck.

Dem angefochtenen Urteil kann jedoch nicht darin gefolgt werden, das Schreiben der Beklagten vom 17.09.1993 (289) stelle eine zweite Mahnung dar, wie sie in § 7 des Vertrages vom 10.03.1993 vorgesehen war. Dies war in zweierlei Hinsicht nicht der Fall. Zum einen ist eine nochmalige Zahlungsaufforderung gegenüber der L. GmbH unterblieben. Die Beklagten beschränkten sich vielmehr darauf, ihre Vertragspartnerin darauf hinzuweisen, daß sie ihrer vertraglichen Verpflichtung, eine Kaution zu stellen, nicht nachgekommen sei. Zum anderen findet sich in dem in Rede stehenden Schreiben der Beklagten der Hinweis, man fühle sich an den Mietvertrag vom 10.03.1993 nicht mehr gebunden und werde sich um einen neuen Mieter bemühen. Dies rechtfertigt die Annahme, daß eine fristlose Kündigung nicht nur angedroht, sondern bereits erklärt worden ist. Von einer „letzten Abwendungsmöglichkeit“ kann unter den gegebenen Umständen keine Rede sein. Daß die Kündigungserklärung von den Beklagten unter dem 20.10.1993 (Bl. 243 d.A.) nochmals wiederholt worden ist, läßt nicht den Schluß zu, bis zu diesem Zeitpunkt sei es zu einer solchen nicht gekommen.

Die fristlose Kündigung der Beklagten war jedoch nach § 554 a BGB gerechtfertigt. Die Nichtzahlung der Kaution durch die L. GmbH stellte einen wichtigen Grund im Sinne dieser Bestimmung dar, wenn dadurch das Sicherungsinteresse der Beklagten erheblich tangiert wurde, wenn sich daraus also gravierende Bedenken gegen ihre Bonität ergaben (Senat NJW — E MietR 1996, 4 = WuM 1995, 435 = NJW — RR 1995, 1100 = ZMR 1995, 465). Diese Voraussetzung war gegeben. Die L. GmbH hatte im Zeitpunkt der Kündigung nicht nur den Kautionsbetrag von 50.000,00 DM nicht gezahlt, sondern darüber hinaus auf das Mahnschreiben der Beklagten vom 02.09.1993 mangels gegenteiliger Anhaltspunkte in keiner Weise reagiert. Dies rechtfertigte aus der Sicht der Beklagten die Annahme, daß sie auch in Zukunft ihren Zahlungsverpflichtungen nicht rechtzeitig und regelmäßig in vollem Umfang nachkommen werde. Insgesamt hatte die L. GmbH daher ihre vertraglich übernommenen Verpflichtungen schuldhaft in einem Maße verletzt, daß den Beklagten die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden konnte.

Die Beklagten haben ihre somit wirksame fristlose Kündigung vom 17.09. und 20.10.1993, die sie entsprechend ihrer Ankündigung gegenüber der L. GmbH zum Abschluß eines neuen Mietvertrages, nämlich der Vereinbarung mit der Klägerin vom 18.11.1993 veranlaßt hat, auch nicht durch die Entgegennahme der Kaution anläßlich der Besprechung vom 31.01.1994 zurückgenommen mit der Folge, daß das ursprüngliche Mietverhältnis mit der L. GmbH wieder aufgelebt wäre und dieser über den 31.01.1993 hinaus ein Besitzrecht zugestanden hätte, so daß eine Haftung der Beklagten wegen des Vorhandenseins eines Rechtsmangels der Mietsache in Betracht käme. In ihrem Schreiben vom 01.02.1994 (Bl. 245/246 d.A.) haben die Beklagten unmißverständlich darauf hingewiesen, „daß das Mietverhältnis mit der L. GmbH … heute nicht mehr besteht“ und daß die Kaution in Form einer Bankbürgschaft „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht … zu treuen Händen“ für den Fall entgegengenommen worden sei, daß eine „Wiederaufnahme des Mietverhältnisses im gegenseitigen Einvernehmen erfolgen sollte“. Dies konnte bei verständiger Würdigung nur dahin aufgefaßt werden, daß es jedenfalls zunächst bei der fristlosen Kündigung und dem daraus sich ergebenden vertragslosen Zustand verbleiben sollte. Dem steht auch nicht entgegen, daß die Beklagten in der Folgezeit den vereinbarten Mietzins entgegengenommen haben, weil die L. GmbH wegen Nichtrückgabe der Mietsache entsprechende Zahlungen unter dem Gesichtspunkt der Nutzungsentschädigung gem. § 557 BGB schuldete, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat.

3)

Eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten besteht ferner auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens beim Vertragsschluß oder der positiven Forderungsverletzung. Die Beklagten haben weder Hinweis- oder Aufklärungsverpflichtungen noch vertragliche Nebenpflichten gegenüber der Klägerin verletzt.

Dabei kann unterstellt werden, daß den Beklagten bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Klägerin am 18.11.1993 bekannt war, daß die S. GmbH u. Co. KG unter dem 8.11.1993 u.a. gegen die L. GmbH Räumungsklage erhoben hatte. Diese Klage war nämlich auf Zahlungsverzug des Hauptmieters T. K. gestützt und rechtfertigte daher nicht die Annahme, die L. GmbH werde in ihrer Eigenschaft als Untermieterin ihrer Herausgabeverpflichtung zum Mietzeitende am 31.01.1994 nicht nachkommen. Bei dieser Sachlage bestand für die Beklagten insbesondere auch kein Anlaß, die Abgabe einer „notariell beurkundeten Verpflichtungserklärung mit Unterwerfungsklausel“ zu verlangen.

Hinreichende Bedenken dagegen, daß die L. GmbH rechtzeitig räumen werde, die der Klägerin alsbald hätten mitgeteilt werden müssen, ergaben sich für die Beklagten auch nicht daraus, daß sie angeblich „Anfang Dezember“ erfahren hatten, daß Dispositionen für den Karneval im Februar 1994, also nach dem Mietzeitende, getroffen würden. Zum einen ist das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin in der Berufungsbegründung (Bl. 407 ff. d.A.) weder nach Zeit und Ort noch hinsichtlich der sonstigen näheren Umstände der angeblichen Mitteilung hinreichend bestimmt. Zum anderen ist nicht ersichtlich, daß sich die Beklagten auf die Information, die ihnen der Zeuge C. erteilt haben soll, der seinerseits lediglich „erhebliche Bedenken“ gegen eine rechtzeitige Räumung hatte, verlassen konnten und daher zum Anlaß nehmen mußten, sie an die Klägerin weiterzugeben, um diese von etwaigen Investitionen abzuhalten. Aus dem gleichen Grunde bestand für die Beklagten auch keine Veranlassung, sogleich irgendwelche Schritte mit dem Ziel, eine fristgerechte Rückgabe des Mietobjekts sicherzustellen, zu unternehmen.

Den Beklagten kann angesichts des von ihnen erklärten Vorbehalts der „Wiederaufnahme eines Mietverhältnisses im gegenseitigen Einvernehmen“ auch kein Vorwurf aufgrund der Entgegennahme der Kaution am 31.01.1994 in dem Sinne gemacht werden, daß dadurch eine Schadensersatzverpflichtung zu ihren Lasten ausgelöst worden wäre. Insoweit wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die vorstehenden diesbezüglichen Erwägungen Bezug genommen. Darüber hinaus erscheint es jedenfalls nicht ausgeschlossen, daß die Klägerin in die in Aussicht genommene einverständliche Regelung einbezogen werden sollte. Daß sie im Schreiben der Beklagten vom 01.02.1994 (Bl. 245 d.A.) nicht ausdrücklich erwähnt worden ist, steht dieser Annahme nicht zwingend entgegen.

Eine Schadensersatzverpflichtung unter den eingangs genannten Gesichtspunkten der Beklagten kann schließlich auch nicht darauf gestützt werden, daß sie erst unter dem 11.11.1994 zum Aktenzeichen 1 O 443/94 LG Düsseldorf gegen die L. GmbH Herausgabeklage erhoben haben. Aus den dargelegten Gründen war eine solche frühestens möglich, nachdem sich am 01.02.1994 herausgestellt hatte, daß sich die L. GmbH dauerhaft gegen die Erfüllung ihrer Herausgabeverpflichtung zur Wehr setzen werde, was bis dahin jedenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit abzusehen gewesen war, so daß erst jetzt die Notwendigkeit der Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe erkennbar wurde. Dies gilt um so mehr, als die L. GmbH bereits seit November 1993 von der S. GmbH u. Co. KG auf Räumung in Anspruch genommen wurde. Daß eine im Anschluß an eine ihnen zuzubilligende Überlegungsfrist von den Beklagten erhobene Klage zu einer wesentlich früheren gerichtlichen Entscheidung im Sinne einer Räumungsverpflichtung geführt hätte, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Zudem wären durch eine solche Klage der Beklagten die von der Klägerin im Hinblick auf den Mietvertrag vom 18.11.1993 bereits getätigten Aufwendungen nicht verhindert worden, während nach dem 01.02.1994 diesbezügliche kostenträchtige Maßnahmen wegen der zumindest unsicheren Rechtslage im Rahmen der der Klägerin obliegenden Schadensminderungspflicht ohnehin zu unterbleiben hatten.

4)

Die Beklagten haften der Klägerin jedoch dem Grunde nach als Gesamtschuldner unter dem Gesichtspunkt des anfänglichen Unvermögens (§§ 535, 536, 325 BGB), auf den diese in der Berufungsinstanz die Klageforderung in erster Linie stützt.

a)

Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind die Regeln des anfänglichen Unvermögens vorliegend anwendbar.

Ist dem Schuldner die Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen nicht möglich, so liegt kein Fall der anfänglichen objektiven Unmöglichkeit mit der Folge der Nichtigkeit des Vertrages gemäß § 306 BGB vor, sondern ein solcher anfänglichen subjektiven Unvermögens. Dessen Rechtsfolgen sind im Gesetz nicht geregelt, sie treten jedoch entsprechend den Vorschriften der §§ 275, 280, 323 ff. BGB ein. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn es dem Vermieter unmöglich ist, dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache zu gewähren (BGHZ 85, 267 = NJW 1983, 446 = WM 1983, 44; vgl. auch z.B. Bub/Treier/Kraemer, 2. Aufl., III B Rdn. 1190; Wolf/Eckert, 7. Aufl., Rdn. 363, 364; Palandt/Putzo, 56. Aufl., § 541 BGB Rdn. 4 Erman/Jendrek, 9. Aufl., § 541 BGB Rdn 5; Münchener Kommentar — Voelskow, 3. Aufl., § 541 BGB Rdn. 6 und vor § 537 BGB Rdn. 5; Staudinger/Emmerich, 13. Aufl., vor § 537 BGB Rdn. 7).

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29.11.1995 (NJW 1986, 714) steht der Anwendbarkeit der Regeln über das anfängliche Unvermögen in Fällen der vorliegenden Art nicht entgegen. Sie besagt vielmehr lediglich, daß im Anwendungsbereich des § 541 BGB die speziellen Regelungen des Mietrechts die allgemeinen Vorschriften über Unmöglichkeit und Unvermögen verdrängen. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ist vorliegend jedoch, wie unter Ziff. 2 ausgeführt, ein Rechtsmangel im Sinne des § 541 BGB nicht gegeben.

Auch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 05.07.1991 (NJW 1991, 3277) sowie das Senatsurteil vom 11.10.1987 (ZMR 1988) geben zu einer abweichenden Beurteilung der Rechtslage keinen Anlaß, weil sie nicht einschlägig sind. Sie betreffen nämlich jeweils eine nach § 541 BGB zu beurteilende Doppelvermietung.

Die vom Landgericht in diesem Zusammenhang unter Ziff. 3 der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 378 R d.A.) angeführte Entscheidung des Landgerichts Bremen (MDR 1968, 924), hat — soweit ersichtlich — weder in der Rechtsprechung noch im Schrifttum Zustimmung gefunden und ist auch sonst nicht geeignet, die vorstehend gekennzeichnete fast einhellige Gegenmeinung in Frage zu stellen.

b)

Die von der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Schadenspositionen lassen sich ausnahmslos darauf zurückführen, daß die Beklagten nicht in der Lage waren, ihr das Mietobjekt vereinbarungsgemäß am 01.02.1994 zu überlassen und sind daher insgesamt unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatz wegen Nichterfüllung im Sinne des § 325 BGB erstattungsfähig, ohne daß es der Feststellung eines Verschuldens der Beklagten bedarf (Staudinger/Emmerich, a.a.O., vor § 537 BGB Rdn. 7; Bub/Treier/Kraemer, a.a.O., III. B Rdn. 1190). Der geltend gemachte Anspruch besteht, was für den Erlaß eines Grundurteils (§ 304 ZPO) erforderlich ist, aber auch genügt, auch unter Berücksichtigung der Einwendungen gegen ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe. Allerdings ist dieser Schaden nicht bei der Klägerin selbst, sondern bei deren Untermieterin, der D. GmbH, entstanden, die keine vertraglichen Beziehungen zu den Beklagten unterhielt. Da die Klägerin jedoch ihrerseits ihrer Untermieterin unter dem Gesichtspunkt des anfänglichen Unvermögens wegen Nichtgewährung des Mietgebrauchs auf Schadensersatz haftet, steht ihr gegenüber den Beklagten an sich ein entsprechender Freistellungsanspruch zu, der indes nach § 250 BGB in einen Geldanspruch übergegangen ist (vgl. BGH NJW 1989, 1216 und 1992, 2222 sowie Palandt/Heinrichs, a.a.O., Vorbem. vor § 249 BGB Rdn. 46). Einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung bedurfte es insoweit nicht, weil die Beklagten nach wie vor ernsthaft und endgültig ihre Schadensersatzverpflichtung in Abrede stellen (vgl. BGH NJW 1992, 2222 und NJW — RR 1996, 700).

Der Zeitpunkt der Entstehung der D. GmbH ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Wie sich aus den bei den Akten befindlichen diesbezüglichen Unterlagen ergibt, bestand zur Zeit der Entstehung des Schadens, der Gegenstand der Klageforderung ist, jedenfalls bereits eine Gründungsgesellschaft.

Ebenso wenig kommt es auch darauf an, ob die Beklagten entsprechend dem von ihnen bestrittenen Vorbringen der Klägerin der Untervermietung an die D. GmbH zugestimmt hatten. Ein wichtiger Grund, der sie nach § 6 des Mietvertrages vom 18.11.1993 (Bl. 25 d.A.) berechtigt hätte, der Untervermietung zu widersprechen, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.

c)

Im übrigen entspricht der von der Klägerin beanspruchte Schadensersatz, soweit er keinen entgangenen Gewinn zum Gegenstand hat, den an die Geltendmachung fehlgeschlagener Aufwendungen zu stellenden Anforderungen (vgl. dazu z.B. Palandt/Heinrichs, a.a.O., Vorbem. vor § 249 ff. BGB Rdn. 32 ff.). Danach kann der Gläubiger eines Anspruchs auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, also auch in dem hier gegebenen Fall des § 325 BGB, als Mindestschaden die Leistungen und Aufwendungen ersetzt verlangen, die er im Hinblick auf den zugrundeliegenden Vertrag und im Vertrauen auf die Vertragstreue seines Vertragspartners erbracht hat und die infolge der Enttäuschung dieses Vertrauens nutzlos geworden sind (vgl. die Nachweise bei Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 325 BGB Rdn. 15, insbesondere BGHZ 57, 80). Dem werden alle diesbezüglichen Positionen der Klageforderung gerecht.

d)

Soweit ein etwaiges Mitverschulden der Klägerin an der Schadensentstehung in Betracht kommt, ist dessen Prüfung Gegenstand des Höheverfahrens und folglich diesem vorzubehalten, weil nicht anzunehmen ist, daß es zum vollen Haftungsausschluß führen könnte (vgl. z.B. Zöller/Vollkommer, 20. Aufl., § 304 ZPO Rdn. 8 m.w.N.). Gleichermaßen bleiben Fragen der haftungsausfüllenden Kausalität und die Entscheidung darüber, ob geltend gemachte Einzelpositionen aus Rechtsgründen überhaupt ersatzfähig sind, wie die Feststellung der umstrittenen Höhe dem Höheverfahren vorbehalten.

II.

Eine Kostenentscheidung und ein Ausspruch zur Vollstreckbarkeit erübrigen sich im Falle des Erlasses eines Grundurteils.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 3.612.215,00 DM.

Die Beschwer der Beklagten beläuft sich auf mehr als 60.000,00 DM.

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