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Gewerbliche Nutzung der Wohnanschrift zulässig?

Amtsgericht Köln – Az.:  209 C 421/20 – Urteil vom 15.04.2021

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % vorläufig vollstreckbar.

T A T B E S T A N D

Der Beklagte zu 1) schloss am 12.08.2016 gemeinsam mit Frau E. mit dem Kläger, vertreten durch die Zeugin T. K., einen Wohnraummietvertrag über eine im 1. OG rechts in, gelegenen Wohnung. Als Beginn des Mietverhältnisses wurde der 01.12.2016 vereinbart. Gemäß § 11 Nr. 2 des Mietvertrages darf das Mietobjekt zu anderen als den vertraglich vorgesehenen Zwecken nur nach vorheriger Zustimmung des Vermieters genutzt werden. In einer Mieterselbstauskunft vom 11.08.2016 hatte der Beklagte zu 1) u.a. angegeben, die Wohnung werde nicht gewerblich genutzt.

Am 22.09.2016 übersandte der Beklagte zu 1) der Zeugin T. K. jeweils als pdf-Datei einen Gehaltsnachweis seiner hauptberuflichen Tätigkeit und einen Nachweis für Einkommen aus einer Nebentätigkeit in Form eines Eingangsnachweises, wobei letztere Datei den Titel „Fotojob-August“ trug. Der Beklagte zu 1) kündigte dabei an, einen weiteren Nachweis für einen Auftrag bezüglich seiner Nebentätigkeit nachzureichen, sobald der darauf bezogene Betrag auf seinem Konto eingegangen sei.

Frau E. wurde am 27.09.2016 aus dem Mietverhältnis entlassen.

Am 11.12.2016 bat der Beklagte zu 1) per Textnachricht die Zeugin T. K. zu veranlassen, dass neben seinem Namen auch sein Businessname „H.Fotografie“ an der Klingel- und Briefkastenbeschriftung angebracht wird. Dies geschah in der Folgezeit.

Mit E-Mail vom 18.10.2018 teilte der Beklagte zu 1) dem Kläger mit, dass im November 2018 die Beklagte zu 2) zu ihm in die Wohnung ziehen werde und informierte ihn darüber, dass sie von zuhause aus arbeiten werde. Die Beklagte zu 2) ist mit dem Beklagten zu 1) inzwischen verheiratet und bewohnt die Wohnung mit ihm und einem gemeinsamen Kind.

Im Januar 2019 wurde auf Veranlassung des Klägers der Namenszusatz auf Wunsch des Beklagten zu 1) auf „A. R.“ geändert.

Die Beklagten betreiben gemeinsam in Nebentätigkeit ein Gewerbe für Hochzeitsfotografie, für das der Beklagte zu 1) eine Internetseite (www.A.R.de) unterhält, auf deren Impressum die Wohnadresse der Beklagten angegeben ist.

In einer E-Mail vom 22.02.2020, gerichtet an den Kläger und die Zeugin I. G., einer Tochter des Klägers, die ebenfalls in dem von den Beklagten bewohnten Haus wohnt, teilte der Beklagte zu 1) mit, dass er mit seiner Familie von April 2020 bis Februar 2021 verreisen werde und dass aufgrund der Einkommenseinbußen während des Auslandaufenthaltes ein berechtigtes Interesse zur Untervermietung bestehe. Der Kläger antwortete darauf ebenfalls per E-Mail, dass aufgrund negativer Erfahrungen einer Untervermietung auf Zeit generell nicht zugestimmt werde. Mit anwaltlichem Schreiben vom 09.04.2020 bat der Kläger mit Frist bis zum 15.04.2020 um nähere Konkretisierung des Untervermietungsanliegens und äußerte Bedenken hinsichtlich einer Überbelegung der Wohnung, sollten die Beklagten die geplante Reise aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht antreten können und in der Folge gemeinsam mit den Untermietern das Mietobjekt bewohnen. Der Kläger erfragte insofern, ob die Wohnung vom 01.05.2020 bis zum 28.02.2021 ausschließlich von den Untermietern genutzt werde. Daneben wies der Kläger darauf hin, dass die Wohnung ausschließlich zu Wohnzwecken vermietet sei, die Ausübung einer hauptberuflichen Tätigkeit vom Wohnzweck nicht gedeckt und nicht genehmigt sei und forderte den Beklagten zu 1) mit Frist bis zum 30.04.2020 auf, den Verweis auf die Wohnadresse von der Internetseite des Beklagten zu 1) zu entfernen. Mit Schreiben vom 14.04.2020 teilte der Beklagte zu 1) mit, dass ein Teil der Wohnung im Zeitraum vom 01.05.2020 bis zum 28.02.2021 untervermieten und er den Gewahrsam nicht aufgeben werde, da er sich ohne seine Familie gelegentlich in der Wohnung aufhalten werde und sich weiterhin ihre Möbel und Hausrat in der Wohnung befinden würden. Mit anwaltlichem Schreiben vom 16.04.2020 stimmte der Kläger einer Untervermietung mit der Maßgabe zu, dass sich neben den Untermietern lediglich der Beklagte zu 1) gelegentlich, worunter nicht öfter als einmal im Monat zu verstehen sei, in der Wohnung aufhalten werde. Er verwies daneben darauf, dass er sich im Falle der fortgesetzten Nennung der Wohnadresse auf der Internetseite des Beklagten die Kündigung des Mietverhältnis vorbehalte, da geschäftliche Aktivitäten, die nach außen in Erscheinung träten, erlaubnispflichtig seien.

Mit Schreiben vom 27.04.2020 teilte der Beklagte zu 1) dem Kläger mit, dass er den Verweis auf die Wohnadresse auf seiner Geschäftsinternetseite nicht entfernen werde. Zur Begründung führte er aus, dass dem Kläger die nebenberufliche gewerbliche Tätigkeit schon vor Einzug bekannt gewesen sei und dass die Einkünfte daraus für den Kläger ausschlaggebend für die Fortführung des Mietvertrages nach Ausscheiden von Frau E. gewesen seien. Die Anbringung des Firmennamens an Briefkasten- und Klingelschild entspräche einer Genehmigung zur Nutzung der Wohnadresse als Geschäftsanschrift. Im Übrigen sei die Nutzung nicht Genehmigungsbedürftig, da keine besonderen Auswirkungen auf die Mietsache oder andere Mieter vorlägen.

Am 22.05.2020 mahnte der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten den Beklagten zu 1) u.a. wegen des weiterhin aufgeführten Hinweises auf die Wohnadresse des Beklagten zu 1) im Impressum seiner Geschäftsinternetseite ab. Der Beklagte zu 1) trat den Abmahnungen mit anwaltlichem Schreiben vom 08.06.2020 entgegen. Hinsichtlich der Erwähnung der Wohnadresse auf der gewerblichen Internetseite wiederholte und vertiefte er seine bisherigen Ausführungen.

Durch Einwurf-Einschreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 13.07.2020 kündigte der Kläger das Mietverhältnis mit den Beklagten ordentlich zum 31.10.2020. Er begründete die Kündigung damit, dass der Beklagte zu 1) die Wohnung trotz Abmahnung fortgesetzt gewerblich nutze und die Adresse der Wohnung weiterhin als Firmensitz auf der Geschäftsinternetseite der Beklagten sichtbar sei.

Am 28.09.2020 warf die Zeugin G. die Betriebskostenabrechnung 2019, die mit einer Nachforderung von 178,14 € abschloss, in den Briefkasten der Beklagten ein.

Mit Schreiben vom 02.10.2020 mahnte der Kläger den Beklagten zu 1) ab, da er entgegen seiner Ankündigung den Gewahrsam an dem Mietobjekt aufgegeben habe, denn sein Name am Briefkasten sei entfernt worden. Im Übrigen bat der Kläger um Mitteilung, ob die Wohnung zum 31.10.2020 herausgegeben werde, andernfalls würde Räumungsklage erhoben.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.10.2020 wies der Beklagte zu 1) die Abmahnung vom 02.10.2020 zurück, da er den Gewahrsam an der Wohnung nicht aufgegeben habe. Daneben teilte er mit, er sei seit mehreren Monaten mit seiner Familie auf Reisen und die Kündigung vom 13.07.2020 sei ihm trotz eingerichtetem Nachsendeantrag an die Adresse seiner Mutter nicht zugegangen. Eine Räumung und Herausgabe der Wohnung lehne er im Übrigen ab, da für ihn ein Kündigungsgrund nicht ersichtlich sei.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 04.11.2020 kündigte der Kläger das Mietverhältnis ordentlich, hilfsweise außerordentlich. Dies begründete einerseits erneut mit der fortgesetzten Nennung der Wohnadresse auf der Geschäftsinternetseite und andererseits mit seiner Ansicht nach falschen Angaben bezüglich des Gewahrsams während der Untervermietung. Letzteres insofern, als sich aus der Mitteilung vom 14.10.2020 ergebe, dass der Beklagte zu 1) angesichts seiner Reise den Gewahrsam vollständig aufgegeben habe. Dabei widerrief der Kläger auch die Genehmigung der Untervermietung.

Mit Schriftsatz vom 08.03.2021 focht der Kläger den Mietvertrag wegen falscher Angaben in der Mieterselbstauskunft bezüglich der gewerblichen Nutzung der Wohnung durch den Beklagten gem. § 123 Abs. 1 BGB an und kündigte das Mietverhältnis aus demselben Grund fristlos, hilfsweise ordentlich. Der Kläger kündigte im selben Schriftsatz außerordentlich, hilfsweise ordentlich wegen der gewerblichen Nutzung der Wohnung durch die Beklagten, der Verwendung der Wohnanschrift als Geschäftsadresse auf der Homepage des Beklagten, der Nutzung der Wohnung als Gewerbestandort, der unrichtigen Angaben der  Gewahrsamsaufgabe während der Untervermietung und der nicht ausgeglichenen Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung 2019.

Der Kläger ergänzt den Inhalt seiner vorgerichtlichen Ausführungen und behauptet ergänzend, der Beklagte zu 1) habe seine Tätigkeit als Fotograf bei Mietbeginn als reines Hobby beschrieben und den Bezeichnung am Briefkasten benötigt, um von Fotofreunden Post zu empfangen. Von dem gewerblichen Charakter der Nebentätigkeit des Klägers habe er erst nach der E-Mail des Beklagten zu 1) vom 22.02.2020 aufgrund eigener Recherche Kenntnis erlangt.

Der Kläger beantragt, die Beklagten zu verurteilen, die Wohnung, zu räumen und an ihn herauszugeben, hilfsweise, die Beklagten zu verurteilen, die Wohnung, zum 30.06.2021 zu räumen und an ihn herauszugeben.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie wiederholen und vertiefen unter Beibehaltung ihrer Rechtsansichten den Inhalt ihrer vorgerichtlichen Ausführungen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch gem. § 546 BGB auf Räumung und Rückgabe der Wohnung, denn das Mietverhältnis ist nicht durch die Kündigungen vom 13.07.2020, 04.11.2020 und 08.03.2021 beendet worden. Die Kündigungen sind unwirksam.

Es kann offen bleiben, ob die Kündigungen vom 13.07.2020 und 04.11.2020 formell wirksam sind, denn es steht dem Kläger weder ein Grund zur außerordentlichen fristlosen Kündigung noch ein Grund zur ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses zur Seite.

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Jede Vertragspartei kann gem. § 543 Abs. 1 BGB das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

In der Verwendung der Wohnanschrift als Geschäftsadresse der Beklagten und der Nennung im Impressum der Internetseite „www.A.R.de“ liegt kein zur fristlosen Kündigung berechtigender wichtiger Grund. Die Ausübung eines Gewebes in einer zu Wohnzwecken vermieteten Wohnung kann eine Pflichtverletzung darstellen, die eine Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigt. Die zumindest teilgewerbliche Nutzung wurde dem Beklagten zu 1) jedoch vom Kläger gestattet. Bei einer Benutzung der Wohnung zu beruflichen, freiberuflichen oder gewerblichen Zwecken, ist zu unterscheiden, ob eine berufliche Tätigkeit mit Außenwirkung vorliegt, die auch ohne Erlaubnis des Vermieters ausgeübt werden kann, oder ob geschäftlichen Aktivitäten, die nach außen in Erscheinung treten, von der Wohnung aus nachgegangen wird. In diesem Fall besteht eine Erlaubnispflicht. Der Kläger hat dem Beklagten zu 1) mit dem Anbringen seines Firmenschriftzugs am Briefkasten die Verwendung der Wohnadresse als Geschäftsadresse und den damit verbundenen Außenauftritt genehmigt.

Der Vortrag des Klägers, der Beklagte zu 1) habe ihm mitgeteilt, es handele sich bei seiner fotografischen Tätigkeiten lediglich um die Ausübung eines Hobbys und er benötige die Nennung auf dem Briefkastenschild lediglich um von Fotofreunden Post zu empfangen, widerspricht eindeutig den vorprozessualen Mitteilungen des Beklagten zu 1) an die Zeugin K. als Vertreterin des Klägers. Denn in der E-Mail vom 22.09.2016 an die Zeugin K. schrieb der Beklagten zu 1), er übersende wie abgesprochen einen Nachweis seiner Nebentätigkeit. Auch kündigte er weitere Nachweise an. Ein als Anhang beigefügter Einkommensnachweis über 400,00 € war als „Fotojob-August.pdf“ bezeichnet. Zudem ließ der Kläger auf Wunsch des Beklagten zu 1) dessen „Businessnamen“ „H.Fotografie“ an Briefkasten und Klingelschild anbringen.

Angesichts dieser eindeutigen Umstände konnten weder der Kläger noch die Zeuginnen K. und G. annehmen, es handele sich bei der nebenberuflichen Tätigkeit des Beklagten zu 1) um ein reines Hobby. Auch ohne Englischkenntnisse ist ohne Weiteres ersichtlich, dass es sich bei einem „Business“ um ein gewerbliches Geschäft, und eben nicht um eine im Hobbybereich verwendete Bezeichnung handelt und gerade im Zusammenhang mit einem als „Fotojob“ bezeichneten Einkommensnachweis  kann bei der Tätigkeit als Fotograf nicht mehr von einem reinem Hobby ausgegangen werden.

Mit der Anbringung des Namenszusatzes an Briefkasten- und Klingelschild stimmte der Kläger durch schlüssiges Verhalten einem gewerblichen Außenauftritt des Beklagten zu 1) zu, da gerade die Nennung des Geschäftsnamens auf dem Briefkasten zwangsläufig mit sich bringt, dass der Beklagte zu 1) Dritten im beruflichen Zusammenhang seine Wohnadresse mitteilt, um an diese Anschrift Geschäftspost zu empfangen.

Der Kläger hat die Genehmigung auch nicht wirksam widerrufen. Seine Abmahnungen zielen nämlich nicht darauf ab, eine bereits erteilte Genehmigung zu widerrufen. Vielmehr gehen sie davon aus, eine solche sei nie wirksam erteilt worden. Nachvollziehbare Gründe für einen Widerruf enthalten die Abmahnungen zudem nicht.

Eine zur fristlosen Kündigungen berechtigende Vertragsverletzung liegt aber auch dann nicht vor, wenn man zugunsten des Klägers annimmt, er habe einer gewerblichen Nutzung nicht zugestimmt. Eine Kündigung kann dann nicht auf eine Verletzung der vertraglichen Pflichten gestützt werden, wenn der Vermieter nach Treu und Glauben verpflichtet wäre, eine Genehmigung für eine teilgewerbliche Nutzung zu erteilen. Dies ist der Fall, wenn durch die Nutzung der Wohnzweck nicht verändert wird, Mitmieter nicht beeinträchtig werden, sich nach außen keine wahrnehmbaren Störungen einstellen und sich keine Gefahr der Beschädigung oder übermäßigen Abnutzung ergibt auf (BGH  vom 14.07.2009 – VIII ZR 165/08 = BGH NJW 2009, 3157 Rn. 15). So liegt der hiesige Fall. Schon von Art und Zuschnitt der nebenberuflichen gewerblichen Tätigkeit des Beklagten zu 1) als Hochzeitsfotograf wird die Wohnung nicht in einer über das Maß üblichen Wohnnutzung hinaus beansprucht. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass, neben der Nennung im Impressum der Internetseite des Beklagten zu 1) und dem Empfangen geschäftlicher Post, kein weiterer Zusammenhang zwischen der Mietwohnung und der nebenberuflichen Tätigkeit der Beklagten besteht.

Ein Grund zur fristlosen Kündigung besteht auch nicht im Zusammenhang mit der Untervermietung. Bei einer nicht genehmigten Überlassung der Mietsache durch den Mieter an Dritte ist der Vermieter zwar grundsätzlich zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB berechtigt. Der Kläger hat den Beklagten mit Schreiben vom 16.04.2020 jedoch die Genehmigung zur Untervermietung erteilt. Zum Widerruf der Genehmigung war er nicht berechtigt. Die Voraussetzungen des § 553 Abs. 1 BGB sind nicht im Nachhinein entfallen, denn die Beklagten haben keine falschen Angaben bezüglich ihrer Gewahrsamsaufgabe gemacht. Der Zweck des § 553 Abs. 1 BGB liegt darin, den Mieter die Wohnung zu erhalten, was mit einer vollständigen Gewahrsamsaufgabe nicht zu vereinbaren ist. Die Vorschrift ist insofern lediglich dann anzuwenden, wenn der Mieter weiterhin Mitgewahrsam ausübt, etwa indem er ein Zimmer für sich belegt, persönliche Gegenstände in der Wohnung belässt oder im Besitz von Schlüsseln ist. § 553 Abs. 1 BGB stellt weder quantitative Vorgaben hinsichtlich des beim Mieter verbleibenden Anteils noch qualitative Anforderungen bezüglich seiner weiteren Nutzung durch den Mieter auf (BGH  vom 11.06.2014 – VIII ZR 349/13 = BGH NJW 2017, 2717 Rn. 19). Vorliegend kommt es nicht darauf an, ob und wie oft der Beklagte zu 1) die Wohnung oder einen Teil der Wohnung während der Zeit der Untervermietung tatsächlich genutzt hat und damit den Gewahrsam aufrechterhalten hat. Dass die Beklagten ein Zimmer der Wohnung jedenfalls zur Lagerung ihrer persönlichen Gegenstände genutzt haben, wird vom Kläger nicht bestritten, weshalb schon deshalb nicht von einer vollständigen Gewahrsamsaufgabe ausgegangen werden kann.

Selbst wenn sich die Untermieter, wie der Kläger durch Beobachtungen von außen festgestellt haben will, zeitweise in dem den von den Beklagten vorbehaltenen Raum aufgehalten sollten, bleibt unbestritten, dass die Wohnung mit den persönlichen Gegenständen der Kläger ausgestattet war. Unbeachtlich ist dabei auch, dass die Beklagten sich während der Untervermietung im Ausland aufgehalten haben, da auch längere Auslandsaufenthalte nicht notwendigerweise eine Aufgabe des Gewahrsams mit sich bringen, was selbst dann der Fall ist, wenn sich der Untervermieter über einen längeren Zeitraum in Übersee aufhält. Dass die persönlichen Gegenstände aus der Wohnung entfernt worden seien, oder die Beklagten den Willen, nach Beendigung ihrer Reise erneut in der Mietsache zu wohnen, während der Dauer der Untermiete aufgegeben hätten, trägt der Kläger nicht vor. Vielmehr ist die Untermiete laut Schreiben des Beklagtenvertreters vom 03.03.2021 ordnungsgemäß zum 28.02.2021 beendet worden.

Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses gem. § 573 BGB sind ebenfalls nicht erfüllt. Der Vermieter kann danach kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB insbesondere vor, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Hinsichtlich der gewerblichen Nutzung der Mietsache und der Untervermietung gelten die obigen Ausführungen. Die unbestrittene Säumnis hinsichtlich der Nachzahlung der Betriebskosten von 2019 begründet ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Beendigung des Mietverhältnisses nicht.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückgabe der Wohnung gem. § 985 BGB. Die Anfechtung des Mietvertrags gem. § 123 Abs. 1 BGB vom 08.03.2021  ist unwirksam. Unabhängig von der Frage, ob überhaupt ein Anfechtungsgrund vorliegt, ist eine Anfechtung bereits gem. § 124 Abs. 1 BGB verfristet. Die Anfechtungsfrist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt. Zwar kann der Vermieter zur Anfechtung berechtigt sein, wenn der Mieter beim Vertragsschluss falsche Angaben über solche Umstände macht, die für das Mietverhältnis von maßgeblicher Bedeutung sind. Richtig ist zwar, daß der Beklagte zu 1) in seiner vorvertraglichen Selbstauskunft angegeben hatte, die Wohnung nicht gewerblich zu nutzen. Dies zwingt indessen nicht zu dem Schluss, daß der Beklagte bereits bei Abschluss des Mietvertrages beabsichtigte, die Wohnung zumindest teilgewerblich zu nutzen. Dieser Umstand wurde vielmehr erst dann bedeutsam, als die Zeugin E. aus dem Mietverhältnis ausschied und der Beklagte zu 1) auf Nebeneinkünfte angewiesen war. Hiermit war der Kläger – wie die folgenden Ereignisse zeigen – einverstanden. Eine Täuschung des Klägers durch den Beklagten kann daher nicht festgestellt werden.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert: 11.280,00 €

Rechtsbehelfsbelehrung:

A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich  bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlang oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokumentes an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3808) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de

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