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Vergütung Gewerkschaftsbeschäftigte & Zugang von Telefaxen – 3. Leitsatz

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Az: 1 AZR 322/00

Urteil vom 20.02.2001

Vorinstanzen:

I. Arbeitsgericht Hamburg – Az.: 19 Ca 499/98 – Urteil vom 25.08.1999

II. Landesarbeitsgericht Hamburg – Az.: 4 Sa 93/99 – Urteil vom 01.03.2000


Leitsätze:

1. Eine Vergütungsregelung für Gewerkschaftsbeschäftigte, die auf Arbeitnehmerseite von der Betriebsvertretung geschlossen wird, ist zulässig, da entsprechende tarifvertragliche Regelungen bisher weder bestehen noch üblich sind.

2. Sieht eine solche Vereinbarung die Verkürzung der Wochenarbeitszeit um eine Stunde ohne Lohnausgleich bei gleichzeitiger Erweiterung der Mitbestimmung bei Kündigungen vor, um das Beschäftigungsniveau trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten zu sichern, so ist dies nicht unbillig (§ 75 BetrVG).

3. Hat der Nutzer eines Telefaxgeräts durch ordnungsgemäße Verwendung eines funktionsfähigen Sendegeräts und korrekte Eingabe der Empfängernummer das seinerseits Erforderliche zur Versendung des Telefaxes getan, geht ein für ihn nicht erkennbares Scheitern der Faxsendung nicht zu seinen Lasten.


Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20. Februar 2001 für Recht erkannt:

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 1. März 2000 – 4 Sa 93/99 – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin die in einer Gesamtbetriebsvereinbarung geregelte Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich hinnehmen muß.

Die Klägerin ist bei der beklagten Gewerkschaft als Verwaltungsangestellte beschäftigt. Der zuletzt geschlossene Arbeitsvertrag vom 5. Dezember 1989 regelt – wie der vorhergegangene Arbeitsvertrag vom 14. November 1983 – in § 1:

„Für das Beschäftigungsverhältnis gelten die „Allgemeinen Anstellungsbedingungen für die Beschäftigten der Industriegewerkschaft Medien“ (AAB) und die sonstigen Betriebsvereinbarungen in der jeweils geltenden Fassung, sowie die gesetzlichen Vorschriften.“

Nach § 3 des Arbeitsvertrages betrug das Gehalt 3.749,00 DM brutto. Bis Ende 1991 war die Klägerin in die Gehaltsgruppe III der AAB eingruppiert und erhielt dazu eine 10%ige Zulage; nach Einführung einer neuen Gehaltsstruktur ab dem 1. Januar 1992 wurde die Klägerin in die Gehaltsgruppe IV – ohne Zulage – eingruppiert, in der sie inzwischen die Endstufe erreicht hat. Bis einschließlich Januar 1998 betrug das monatliche Bruttogehalt der Klägerin bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden 5.855,00 DM

Bei der Beklagten bestehen keine Tarifverträge. In der „Betriebsvereinbarung (Nr. 1) über die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes im Bereich der Industriegewerkschaft Medien vom 28. Juni 1989″ heißt es in diesem Zusammenhang:

„§ 8 Kollektive Verträge

1. Der Geschäftsführende Hauptvorstand und der Gesamtbetriebsrat sind sich einig darüber, daß es für die Beschäftigten der Industriegewerkschaft Medien keine Tarifverträge im Sinne des § 77 Abs. 3 BetrVG gibt und diese auch nicht üblich sind.

2. Über Arbeitsentgelte und die Allgemeinen Arbeitsbedingungen werden zwischen dem Geschäftsführenden Hauptvorstand und dem Gesamtbetriebsrat kollektive Verträge in Form freiwilliger Vereinbarungen abgeschlossen.“

Nach § 3 Nr. 4 g der Betriebsvereinbarung Nr. 1 ist ein Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats bei den Allgemeinen Anstellungsbedingungen vorgesehen, soweit diese von überregionaler Bedeutung sind. Demgemäß hatten der Gesamtbetriebsrat und der Hauptvorstand der Beklagten am 1. August 1994 die Betriebsvereinbarung „Allgemeine Anstellungsbedingungen (AAB) für die Beschäftigten der Industriegewerkschaft Medien“, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, abgeschlossen, die im gesamten Bundesgebiet gilt. Diese sah eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden für Vollzeitbeschäftigte vor und regelte die Höhe des Gehalts der Arbeitnehmer (§ 12 Nr. 3) in Gehaltstabellen mit Tätigkeitsmerkmalen, Gehaltsgruppen und -stufen. In § 12 Nr. 5 ist vorbehaltlich der Kündigung der AAB auf die Orientierung an den Gehältern der Druckindustrie hingewiesen. Nach § 22 sind ein Urlaubsgeld iHv. 50 % eines Monatsgehalts sowie eine Jahressonderleistung in Höhe eines Monatsgehalts zu zahlen.

Ab Februar 1998 erhielt die Klägerin ein – gekürztes – Bruttomonatsgehalt von 5.687,00 DM. Das Urlaubsgeld war um 114,00 DM und die Sonderzahlung um 194,68 DM reduziert (je 1/35). Dies folgte aus der am 21. Januar 1998 von der Beklagten mit dem Gesamtbetriebsrat getroffenen „Einigung … zur Personalkostenreduzierung, zur Weiterentwicklung von Arbeitsstrukturen und Beschäftigungssicherung“, die eine Arbeitszeitverkürzung von 35 auf 34 Wochenstunden ohne Lohnausgleich vorsah und die Zustimmungsbedürftigkeit von betriebsbedingten Kündigungen regelte. Die Bestimmungen lauten:

„2. Arbeitszeitverkürzung

Ab 1.1.98 bis 31.12. 2000 beträgt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 34 Stunden; die Verkürzung erfolgt ohne Lohnausgleich. Die Umsetzung erfolgt bei Verwaltungsangestellten wöchentlich oder zusammengezogen im Rahmen betrieblicher Regelung…

5. Betriebsbedingte Kündigungen

Bis zum 31.12. 2000 sind betriebsbedingte Kündigungen nur mit Zustimmung des Betriebsrats möglich. Die Zustimmung kann nicht ersetzt werden.“

Am 19. März 1998 vereinbarten der Gesamtbetriebsrat sowie der Hauptvorstand der Beklagten ferner einen „Interessenausgleich und Sozialplan für die Beschäftigten in der IG Medien“, dessen Regelungen hinsichtlich der Arbeitszeit denjenigen in der Einigung vom 21. Januar 1998 entsprechen. Am 21. April 1998 schloß der Betriebsrat des Landesbezirks Nord mit dem zuständigen Geschäftsführenden Landesbezirksvorstand mit Wirkung ab 1. Februar 1999 eine Betriebsvereinbarung, die den vollbeschäftigten Verwaltungsangestellten die Möglichkeit einräumte, weiterhin im Umfang von 35 Stunden pro Woche zu arbeiten und zum Ausgleich der über 34 Stunden hinausgehenden Wochenarbeitszeit freie Tage zu nehmen. Mit Rundschreiben vom 23. Januar 1998, 25. Februar 1998 und 6. April 1998 wurden die Beschäftigten der Beklagten über die mit dem Gesamtbetriebsrat bzw. Betriebsrat geschlossenen Vereinbarungen informiert.

Die Klägerin arbeitete bis einschließlich Mai 1998 35 Stunden in der Woche, ohne den Freizeitausgleich (1998: 5,5 Tage; 1999: 6 Tage) auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung vom 21. April 1998 in Anspruch zu nehmen. Sie hat die Zahlung eines ungekürzten Gehalts für die Monate März 1998 bis November 1998 iHv. 1.600,00 DM brutto verlangt, ferner die ungekürzte Jahressonderzahlung und das ungekürzte Urlaubsgeld für 1998, insgesamt den der Höhe nach unstreitigen Betrag von 1.988,68 DM brutto; für den Monat Februar war bereits aufgerechnet worden. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, in ihren Gehaltsanspruch hätte nur auf Grund einer Änderungskündigung eingegriffen werden können. Die über die Jahre hinweg vorbehaltlos gezahlten Gehälter seien als individuelle Rechtspositionen erwachsen. Außerdem sei der Gesamtbetriebsrat nicht für eine Vereinbarung von Gehaltskürzungen zuständig gewesen. Im übrigen sei auf Grund der Personalinformationen des Hauptvorstandes der Beklagten aus der Zeit von Juni 1990 bis März 1997 für sie ein Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen worden, daß Gehaltskürzungen nur dann hinzunehmen seien, wenn diese in den von der Beklagten betreuten Tarifbereichen einträten.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.988,68 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 1. September 1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, ein individueller Anspruch der Klägerin auf das bisher bezogene Gehalt bestehe nicht. § 1 des Arbeitsvertrags enthalte eine dynamische Verweisungsklausel, wonach Betriebsvereinbarungen, die materielle Arbeitsbedingungen wie die Arbeitszeit und das Arbeitsentgelt regelten, anzuwenden seien. Bedenken gegen die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats bestünden bereits angesichts des berechtigten Interesses an unternehmenseinheitlichen Arbeitsbedingungen nicht. Es habe auch kein Vertrauensschutz zugunsten der Klägerin dahingehend bestanden, daß die Gehälter nicht abgesenkt würden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist am 17. Juli 2000 ist beim Bundesarbeitsgericht lediglich ein Telefax des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin mit drei Seiten ohne Text eingegangen. Am 20. Juli 2000 ging das 3-seitige Original der Revisionsbegründung ein. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf ungekürzte Zahlung des Gehalts, der Jahressonderzahlung und des Urlaubsgeldes nicht zu. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage daher abgewiesen.

A. Die Revision ist zulässig. Der Klägerin ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist zu gewähren.

Nach § 233 ZPO ist einer Partei, die ohne ihr Verschulden verhindert war, eine Notfrist einzuhalten, auf ihren Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Zu den Notfristen gehört auch die Revisionsbegründungsfrist (§ 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Diese Frist hat die Klägerin versäumt. Ein Verschulden hieran trifft jedoch weder die Klägerin noch deren Prozeßbevollmächtigten, dessen schuldhaftes Verhalten der Klägerin zuzurechnen wäre (§ 85 Abs. 2 ZPO). Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hat die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten nicht verletzt. Er durfte darauf vertrauen, daß die von ihm persönlich gefaxte Sendung ordnungsgemäß beim Bundesarbeitsgericht eingegangen ist.

Der Wiedereinsetzungsantrag ist ordnungsgemäß und fristgerecht gestellt worden (§§ 234, 236, 237 ZPO). Die Wiedereinsetzung ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von dem verspäteten Eingang der Revisionsbegründung beantragt worden. Der Antrag gibt die Tatsachen an, welche die Wiedereinsetzung begründen. Diese sind durch anwaltliche Versicherung glaubhaft gemacht. Die versäumte Prozeßhandlung ist durch die Einreichung des Originals der Revisionsbegründung vorgenommen worden. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat der Klägervertreter vorgetragen, die Revisionsbegründungsschrift sei am 17. Juli 2000 fertiggestellt und unterzeichnet sowie von ihm kurz nach 20.00 Uhr persönlich in das Telefaxgerät eingelegt und gesendet worden. Bei der Übermittlung habe es keinerlei erkennbare Probleme gegeben. Der Bestätigungsbericht vom 17. Juli 2000, 20.18 Uhr enthalte den Vermerk, daß drei Seiten gesendet worden seien. Dem Bestätigungsbericht ließen sich Störungshinweise nicht entnehmen.

Danach hat der Klägervertreter das Fehlen des Textes der Revisionsbegründung nicht zu vertreten. Dabei ist mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (30. Oktober 1996 – Xll ZB 140/96 – AP ZPO 1977 § 233 Nr. 51 = NJW-RR 1997, 250) und des Bundesverfassungsgerichts (1. August 1996 – 1 BvR 121/95 – AP ZPO 1977 § 233 Nr. 47 = EzA ZPO § 233 Nr. 37) davon auszugehen, daß ein Gericht, das den Übermittlungsweg per Telefax eröffnet, dessen besondere Risiken nicht auf den Nutzer abwälzen darf (Zöller/Greger ZPO 21. Aufl. § 233 Rn. 23 S 686 unter Telefax). Bei Verwendung eines funktionsfähigen Sendegeräts und korrekter Eingabe der Empfängernummer hat der Nutzer das seinerseits Erforderliche zur Fristwahrung getan, wenn er so rechtzeitig mit der Übertragung begonnen hat, daß unter normalen Umständen mit ihrem Abschluß bis Fristende zu rechnen ist. Der Rechtsanwalt darf sich dabei auf den Sendebericht verlassen (Thomas/Putzo ZPO 22. Aufl. § 233 Rn. 52 a). Aus den technischen Gegebenheiten des Kommunikationsmittels Telefax herrührende besondere Risiken wie zB Störungen der Übermittlungsleitungen oder des Empfangsgeräts gehen nicht zu Lasten des Nutzers (Schaub Arbeitsgerichtsverfahren 7. Aufl. S 336). Mit der Wahl des anerkannten Übermittlungsmediums „Telefax“, der ordnungsgemäßen Benutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der Empfängernummer hat der Klägerbevollmächtigte alles getan, um die Frist zu wahren. Bestätigt der Sendebericht den Empfang der Sendung, besteht kein Anlaß zur telefonischen Kontrolle (BGH 23. Januar 1997 – Vll ZB 37/96 – NJW 1997, 1311).

B. Die Revision hat in der Sache aber keinen Erfolg.

1. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Klägerin habe die vorübergehende Herabsetzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ohne Lohnausgleich und die damit verbundene Gehaltskürzung hinzunehmen, ohne daß es einer Änderungskündigung bedurft hätte. Ein Individualanspruch der Klägerin auf Beibehaltung ihres Gehalts bestehe nicht. Gemäß der dynamischen Verweisung in § 1 des Arbeitsvertrages folge die Höhe des Gehalts der Klägerin aus den AAB und den sonstigen Betriebsvereinbarungen in der jeweils geltenden Fassung. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte der Klägerin eine Vertragsposition hätte einräumen wollen, die unabhängig von Änderungen in den Kollektivregelungen ein Festgehalt in bestimmter Höhe garantierte. Die Gesamtbetriebsvereinbarung, mit der das Gehalt der Klägerin abgesenkt worden sei, sei rechtswirksam. Der Gesamtbetriebsrat sei für den Abschluß der Betriebsvereinbarung zuständig gewesen. Sie verstoße nicht gegen §§ 77 Abs. 3 und 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG. Auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes sei die Gesamtbetriebsvereinbarung nicht zu beanstanden.

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2. Diese Ausführungen halten der revisionsgerichtlichen Überprüfung stand. Die Höhe der streitigen Entgeltansprüche der Klägerin richtet sich nach den einschlägigen Betriebsvereinbarungen. Die in diesen vorgenommene Verkürzung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich ist wirksam.

a) Die Betriebsvereinbarungen verstoßen nicht gegen die Binnenschranken des § 77 Abs. 3 und des § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG (Senat 28. April 1992 – 1 ABR 68/91 – AP BetrVG 1972 § 50 Nr. 11 = EzA BetrVG 1972 § 50 Nr. 10).

Die Betriebsvereinbarungen tragen dem Umstand Rechnung, daß die IG Medien in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeberin einheitliche Arbeitsbedingungen für die bei ihr Beschäftigten schaffen will, wegen ihrer Doppelstellung als Arbeitgeberin und Gewerkschaft aber keine Tarifverträge schließen kann (BAG 28. April 1992 – 1 ABR 68/91 – aa0, zu B Il 1 a aa der Gründe). So ist in § 8 der Betriebsvereinbarung Nr. 1 über die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes im Bereich der Industriegewerkschaft Medien vom 28. Juni 1989 auch geregelt, „daß über Arbeitsentgelte und die Allgemeinen Arbeitsbedingungen zwischen dem Geschäftsführendem Hauptvorstand

und dem Gesamtbetriebsrat kollektive Verträge in Form freiwilliger Vereinbarungen abgeschlossen werden“ sowie festgehalten, „daß es für die Beschäftigten der Industriegewerkschaft Medien keine Tarifverträge im Sinne des § 77 Abs. 3 BetrVG gibt und diese auch nicht üblich sind“. Diese Feststellung trifft zu.

Eine Vergütungsvereinbarung, die auf Arbeitnehmerseite von der Betriebsvertretung geschlossen wird, ist damit im Hinblick auf die besondere Stellung der Beklagten als Gewerkschaft und Arbeitgeberin zulässig, obwohl außerhalb der Arbeitsverhältnisse von Gewerkschaftsbeschäftigten solche – materiellen – Arbeitsbedingungen meist durch Tarifverträge geregelt werden. Zwar hat die Betriebsvertretung nicht die Befugnisse, die einer Gewerkschaft zur Verfügung stehen, um die Regelung von Arbeitsbedingungen zu erzwingen. Das rechtfertigt jedoch keine durchgreifenden Bedenken gegen die Zulässigkeit solcher betrieblicher Vereinbarungen.

b) Die Regelungen vom 21. Januar 1998 und vom 19. März 1998 haben auch nicht, soweit sie eine Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich zum Inhalt haben, in unzulässiger Weise in Rechtspositionen der Klägerin eingegriffen.

Beide Betriebsvereinbarungen sind nach dem sog. Ablösungsprinzip an die Stelle der bisherigen Regelung in den AAB getreten, soweit diese die Arbeitszeit und die daraus folgenden Entgelte betreffen. Die Betriebspartner können eine Angelegenheit, die sie durch eine Betriebsvereinbarung geregelt haben, mit Wirkung für die Zukunft in einer neuen Betriebsvereinbarung regeln (vgl. zuletzt Senat 5. Oktober 2000 – 1 AZR 48/00 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Die neue Betriebsvereinbarung tritt dann an die Stelle der bisherigen und löst diese ab. Das Ablösungsprinzip gilt auch dann, wenn die neue Regelung für die Arbeitnehmer ungünstiger ist (BAG Großer Senat 16. September 1986 – GS 1/82 – BAGE 53, 42).

Die Kürzung des Gehalts, der Jahressonderzahlung und des Urlaubsgeldes infolge der Arbeitszeitverkürzung hält auch der Billigkeitskontrolle nach § 75 BetrVG stand. Sie soll angesichts der – von der Klägerin nicht in Abrede gestellten – schwierigen wirtschaftlichen Situation der Beklagten dazu beitragen, die Arbeitsplätze zu erhalten. Dabei steht der – mit einer entsprechenden Entgeltminderung verbundenen – Arbeitszeitverkürzung um 1/35 eine wesentliche Verbesserung des Bestandsschutzes für zwei Jahre durch eine Erweiterung der Mitbestimmung gegenüber.

c) Für den Abschluß der entsprechenden Betriebsvereinbarungen war auf Seiten der Arbeitnehmervertretung der Gesamtbetriebsrat zuständig (vgl. zuletzt BAG 14. Dezember 1999 – 1 ABR 27/98 – AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 104 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 68, zu B 112 a und b der Gründe). Das folgt schon daraus, daß die Belange der Beklagten eine unternehmenseinheitliche Regelung gebieten.

3. Ist die kollektivrechtliche Regelung der Arbeitszeitkürzung und Kürzung der Entgeltzahlung, der Jahressonderzahlung und der Zahlung des Urlaubsgelds somit wirksam, war eine Änderungskündigung seitens der Beklagten nicht erforderlich (BAG 25. Oktober 2000 – 4 AZR 438/99 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Internationaler Bund Nr. 1 = EzA TVG § 1 Arbeitszeit Nr. 1).

Die Klägerin hatte keinen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Beibehaltung der bisherigen Arbeitszeit und Zahlung des entsprechenden Arbeitsentgelts. Angesichts der bestehenden kollektivrechtlichen Regelungen bedürfte es für die Annahme, daß neben diesen der Klägerin eine individualrechtliche Rechtsposition hätte eingeräumt werden sollen, besonderer Anhaltspunkte. Solche sind aber nicht ersichtlich.

Eine individualrechtliche Rechtsposition ergibt sich nicht aus dem in den AAB enthaltenen Hinweis auf die Orientierung der Gehälter an denjenigen der Druckindustrie. Wie die Vorinstanzen zutreffend festgestellt haben, war die Gehaltsentwicklung bei der Beklagten auch in der Vergangenheit von derjenigen in der Druckindustrie abgekoppelt. Das bestätigt insbesondere die Betriebsvereinbarung zur Konsolidierung vom 2. November 1993; danach war für das Jahr 1994 eine Gehaltserhöhung – wie in der Druckindustrie – nicht vorgesehen, im Jahr 1996 verschob sich die Gehaltserhöhung um 4 – 6 Monate. Ein Vertrauenstatbestand zugunsten der Klägerin konnte daher nicht entstehen. Er kann auch nicht aus den Personalinformationen des Hauptvorstands der Beklagten hergeleitet werden. Auch aus § 3 des Arbeitsvertrags folgt keine individuelle Rechtsposition der Klägerin. Erkennbar war darin das Gehalt der Klägerin nicht konstitutiv geregelt.

 

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