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Gewinnzusage: falscher Name des Unternehmers, ist er Sender?

BUNDESGERICHTSHOF

Az.: III ZR 112/04

Urteil vom 09.12.2004

Vorinstanzen: OLG Frankfurt am Main; LG Limburg


Leitsatz:

Zu den Voraussetzungen, unter denen ein Unternehmer, der Verbrauchern unter falschem Namen Gewinnmitteilungen zukommen läßt, „Sender“ einer Gewinnzusage nach §661 a BGB ist (im Anschluß an Senatsurteil vom 7. Oktober 2004 – III ZR 158/04 – NJW 2004, 3555).


Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 2004 für Recht erkannt:

Die Revision des Klägers und die Revision der Beklagten zu 1 gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main – 26. Zivilsenat – vom 18. Dezember 2003 werden zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Revisionsrechtszuges werden je zur Hälfte dem Kläger und der Beklagten zu 1 auferlegt.

Von den außergerichtlichen Kosten des Revisionsrechtszuges hat der Kläger diejenigen der Beklagten zu 2 und die Hälfte der eigenen, die Beklagte zu 1 die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers und die eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Im Juni 2001 erhielt der Kläger einen Katalog des „Ch. Versand“ und zwei Schreiben einer angeblichen Rechtsanwaltskanzlei „Dr. W. & Partner“. Dort hieß es unter anderem: „Herr M. K. <= Kläger> … erhält eine zweite und letzte Chance 75.000,00 DM plus 369,86 DM Zinsen abzurufen.

Am Mittwoch, dem 2. Mai genehmigte der Ch. Versand Herrn K. die 75.000,00 DM erneut zum Abruf anzubieten …

Herr K. erhält 75.000,00DM plus 369,86DM Zinsen, wenn er

1. das Letzte-Chance-Siegel über 75.369,86 DM auf dem Warenanforderungsschein zum Test… einklebt;

2. eine unverbindliche Warenanforderung in Höhe von etwa 150,-DM ausfüllt …

Die Post von Herrn K. muß bis Dienstag, den 17. Juli 2001 bei Ch. Versand eingegangen sein …“

„Sehr geehrter Herr K.!

Schon am Montag, dem 28. Mai 2001, habe ich Sie informiert, daß Sie gewonnen haben und zwischen einem BMW X5 oder 75.000,00 DM wählen dürfen. Im Auftrag des Ch. Versands hatte ich doch alles ganz genau beschrieben. …

Der Ch. Versand hatte aber auch schon 75.000,00 DM auf mein Anwaltskonto überwiesen, die dort noch liegen und sich verzinsen. …

Am Mittwoch, dem 20. Juni 2001, genehmigte mir der Ch. Versand Ihnen, Herr K., diese 75.000,00 DM noch einmal anzubieten. …

Der Ch. Versand möchte unbedingt von Ihnen getestet werden. …“

Der Kläger sandte den „Warenanforderungsschein“ mit dem „Letzte-Chance-Siegel“ an Ch. Versand Postbus , G. /Niederlande.

„Ch. Versand“ zahlte den versprochenen Gewinn nicht. Dem Kläger wurden die bestellten Waren nebst Rechnung von dem „Ch. Versand“ übersandt; gemäß einem beigefügten Überweisungsträger sollte der Rechnungsbetrag auf ein Konto der Beklagten zu 2 „wg. Ch. Versand“ gezahlt werden.

Eine „Ch. Versand S.L.“ ist in dem Handelsregister von S. C. de Tenerife/Spanien eingetragen. Die Ch. Versand S.L., die nach dem Vortrag der Beklagten mit „Ch. Versand“ identisch sein soll, unterhält in den Niederlanden keine Büroorganisation und verfügt dort nicht über Mitarbeiter. Inhaber des vorgenannten Postfachs von „Ch. Versand“ ist die Beklagte zu 1. Sie besorgt die Hol- und Bringdienste und wickelt unter dem Namen „Ch. Versand“ die eingehende geschäftliche Korrespondenz ab.

Der Kläger nimmt die Beklagten als Versender einer Gewinnzusage nach §661 a BGB in Anspruch. Er verlangt von ihnen als Gesamtschuldnern Zahlung von 38.479,76 € (Gewinn in Höhe von 75.000 DM + 369,86 DM „Zinsen“ abzüglich 110 DM Kaufpreis für die gelieferten Waren) nebst Zinsen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zu 1 antragsgemäß verurteilt, die Klage gegen die Beklagte zu 2 hingegen abgewiesen. Der Kläger und die Beklagte zu 1 haben jeweils die – vom Berufungsgericht zugelassene – Revision eingelegt. Der Kläger erstrebt weiterhin die Verurteilung auch der Beklagten zu 2; die Beklagte zu 1 beantragt Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:

Die Revisionen sind unbegründet.

Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:

Es könne offenbleiben, ob der „Ch. Versand“ tatsächlich als eigene Rechtspersönlichkeit existiere und die Ch. Versand S.L. mit Sitz in Spanien mit dem Ch. Versand, Postbus, G. /Niederlande, identisch sei. Die Ch. Versand S.L. sei allenfalls formal Absenderin der Gewinnzusage gewesen. Aus der Sicht des Verbrauchers sei vielmehr die Beklagte zu 1 als Versprechende und für die Auskehr des Gewinns verantwortlich Handelnde aufgetreten. Die Beklagte zu 1 habe sich unter dem Namen „Ch. Versand“ an die Kunden gewandt. Sie hafte daher als wahrer Versender der Gewinnzusage auf Zahlung des versprochenen Gewinns. Hingegen scheide eine Inanspruchnahme der Beklagten zu 2 aus, weil sie gegenüber dem Kläger nicht täuschend in Erscheinung getreten sei.

Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung stand.

1. Die deutschen Gerichte sind international zuständig (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 13, 14 EuGVÜ; EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002 – Rs. C-96/00 <Rudolf Gabriel – NJW 2002, 2697, 2698 f; vgl. auch Senatsurteil BGHZ 153, 82, 84 ff).

2. Der Streitfall ist jedenfalls kraft Rechtswahl der Parteien nach dem deutschen Recht zu entscheiden, denn die Parteien haben ihrem Vortrag übereinstimmend dieses Recht zugrunde gelegt.

3. Die Klage gegen die Beklagte zu 1 ist begründet. Der Kläger kann von der Beklagten zu 1 Zahlung von 38.479,76 € nebst Zinsen verlangen. Anspruchsgrundlage ist § 661 a BGB. Danach hat ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, daß der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, dem Verbraucher diesen Preis zu leisten.

a) Das Berufungsgericht hat die Schreiben der angeblichen Rechtsanwaltskanzlei „Dr. W. & Partner“, wonach „Ch. Versand“ genehmigt habe, dem Kläger einen Gewinn von 75.000 DM plus 369,86 DM Zinsen anzubieten, als Gewinnzusage qualifiziert. Das wird von den Parteien hingenommen und läßt Rechtsfehler nicht erkennen.

b) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, die Beklagte zu 1 habe die vorbezeichnete Gewinnzusage dem Kläger „(ge)sendet“.

aa) „Sender“ im Sinne des § 661 a BGB ist derjenige Unternehmer, den ein durchschnittlicher Verbraucher in der Lage des Empfängers einer Gewinnzusage als Versprechenden ansieht. Als „Sender“ einer Gewinnzusage nach § 661 a BGB können ferner solche Unternehmer in Anspruch genommen werden, die Verbrauchern unter nicht existierenden oder falschen Namen, Firmen, Geschäftsbezeichnungen oder Anschriften Gewinnmitteilungen zukommen lassen (vgl. Senatsurteil vom 7. Oktober 2004 – III ZR 158/04 – NJW 2004, 3555, 3556).

bb) Die Beklagte zu 1 war „Sender“ in dem zuletzt genannten Sinn.

Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts, unterhielt die Ch. Versand S.L. in den Niederlanden weder ein Büro noch verfügte sie dort über Mitarbeiter. Sie hatte auch keine zustellfähige Anschrift. Das Postfach in G./Niederlande war vielmehr von der Beklagten zu 1 eingerichtet worden. Die Beklagte zu 1 erbrachte die Hol- und Bringdienste und erledigte – unter der Bezeichnung „Ch. Versand“ – die in dem Postfach eingehende geschäftliche Korrespondenz. Sie trat unter dem Namen „Ch. Versand“ – unter anderem durch die Einlieferung von Gewinnmitteilungen bei der niederländischen Post- mit den Kunden in Beziehung. Dieses Handeln ist der Beklagten zu 1 – ungeachtet der Verwendung des falschen Namens „Ch. Versand“ – nach den Grundsätzen des Handelns unter fremdem Namen zuzurechnen. Die Benutzung des fremden Namens „Ch. Versand“ rief bei dem Kläger, dem Empfänger der Gewinnmitteilungen, keine Fehlvorstellung über die Identität des Versenders hervor (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 1988 – II ZR 304/86- NJW-RR 1988, 814, 815). Der Kläger kannte, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, weder den (wirklichen) Träger des Namens „Ch. Versand“, noch spielte für ihn der Name des Versenders der Gewinnzusage eine entscheidende Rolle. Ihm kam es mithin letztlich nur auf den Handelnden an. Das war hier die Beklagte zu 1.

3. Die Klage gegen die Beklagte zu 2 ist unbegründet. Der Kläger kann die Beklagte zu 2 nicht nach § 661 a BGB auf Zahlung des Gewinns in Anspruch nehmen, weil sie die Gewinnmitteilung nicht „(ge)sendet“ hat (vgl. Senatsurteil vom 7. Oktober 2004 – III ZR 158/04 – aaO S. 3556 f).

Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts boten die dem Kläger im Juni 2001 übersandten Unterlagen – aus der Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers – keinen Anhalt, daß die Beklagte zu 2 einen Gewinn zugesagt hätte. In den Schreiben traten nur „Dr. W. & Partner Rechtsanwaltskanzlei“ und „Ch. Versand“, der das an den Kläger gerichtete Gewinnanerbieten genehmigt haben sollte, in Erscheinung; die Beklagte zu 2 war nirgends erwähnt. Ihr Name fiel erst später – nach Zugang der Gewinnzusage – nämlich bei der Angabe des Zahlungsempfängers auf dem Überweisungsträger („E. CASH wg. Ch. Versand“), den der Kläger zwecks Ausgleichs der von „Ch. Versand“ in Rechnung gestellten Warenlieferungen erhielt. Diese bloße Beteiligung an der Abwicklung des Versandhandels erfüllt die oben genannten Voraussetzungen des Senderbegriffs nicht.

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Die Beklagte zu 2 haftet schließlich auch nicht deshalb, weil sie zusammen mit der Beklagten zu 1 die Gewinnzusage unter dem Namen „Ch. Versand“ versandt hätte. Das Berufungsgericht hat insoweit – unbeanstandet von der Revision des Klägers – einen Beitrag der Beklagten zu 2 nicht festgestellt.

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