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Gewinnzusage – Anspruch auf Auszahlung eines Preises nach Gewinnzusage gemäß § 661a BGB

LG KÖLN

Az.: 18 0 428/02

Urteil vom 05.09.2003


In dem Rechtsstreit hat die 18. Zivilkammer des Landgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 01.08.2003 für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 12.782,30 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2002 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 17.000,-€.

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Auszahlung eines Preises nach Gewinnzusage gemäß § 661a BGB geltend.

Die Beklagte ist ein Unternehmen mit Sitz in Italien.

Ende des Jahres 2001 empfing die Klägerin einen Brief der Beklagten, auf dessen Umschlag geschrieben stand:

„Gewinntelegramm: Frau …, Sie haben im Jackpot voll mit 25.000,- DM gewonnen.,,

Im Brief selbst war zu lesen:

„An den Inhaber der Gewinn-Nummer 3527 Frau …, L… Straße 26, 50937 Köln

Liebe Frau ….,

dieser Brief wird – ehrlich gesagt – in aufgeregter Stimmung diktiert. Gerade hat Herr …, Leiter der Gewinnspiel-Aufsicht im Beisein einer unbestechlichen Augenzeugin die Bargeld-Verlosung zu unserem echten Saphir-Collier „Kaschmir“ durchgeführt.

Es ging um 25.000,- DM! Sie können sich vorstellen, wie nervös alle Anwesenden waren.

Und jetzt ist es 100%ig sicher:

Frau …, Sie haben aus dem Jackpot gewonnen!

Übervoll mit 25.000,- DM, die jetzt nur noch darauf warten, ausbezahlt zu werden.

Das bestätigt Ihnen unsere Augenzeugin in ihrem beigefügten Bericht. …

Fordern Sie Ihren Bargeld-Gewinn und Ihr echtes Saphier-Collier schnell ab.

Beides liegt für Sie bereit.“

In dem „Bericht einer Augenzeugin,, der Verlosung hieß es:

„Diese Nachricht von der 25.000 Jackpot-Verlosung wird Sie überzeugen!

Ein Augenzeuge berichtet für Sie von der 25.000 DM Verlosung.

Alle sind anwesend: Herr …, Delegierter der Geschäftsleitung, Herr … vom Kunden-Service und Herr … von der Gewinnspiel-Aufsicht und ich Frau …, als Augenzeugin. Die Uhr zeigt knapp vor 14.00 Uhr.

Alle blicken gespannt auf Herrn D…. Es geht immerhin um 25.000 DM! Um 25.000,- DM! Dann die Stimme von Herrn … – endlich:

„Gezogen wurde die Nummer 3527„. Jetzt steht es fest: Die Nummer 3527!!!“

Am Ende des Briefes waren im Kleingedruckten die Gewinnbedingungen formuliert, aus denen hervorging, dass die Beklagte für die von ihr veranstalteten Gewinnspiele einen Jackpot zur Verfügung stellt, der auch mehrfach ausgespielt werden kann. Auf den Jackpot werde vorab eine Gewinnnummer gezogen, die an die Teilnehmer mehrfach vergeben sein kann. Gingen für den Bargeld-Gewinn mehrere Anforderungen mit der Gewinnnummer ein, so werde der Betrag unter den Einsendern aufgeteilt, wobei Gewinne unter 5,- DM aus Kostengründen nicht ausbezahlt würden.

Am Endes des Briefes war eine „Test- und Bargeld-Gewinn-Anforderung“ abgedruckt, die die Klägerin „am besten noch heute“ einsenden sollte.

Die Klägerin füllte die Gewinnanforderung aus, ohne das Saphier-Collier „Kashmir“ für 49,95 DM zu bestellen. In dem Formular stand unter „Bargeld-Anforderung“:

„Ich danke Ihnen für Ihre Mitteilung, dass ich beim 25.000,- DM Jackpot gewonnnen habe und erkenne die Gewinnbedingungen an.“

Nachdem die Auszahlung des Preises auf sich warten ließ, setzte die Klägerin der Beklagte eine Zahlungsfrist bis zum 31.01.2002. Die Beklagte zahlte nicht.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe als Unternehmerin ihr als Verbraucherin eine Gewinnzusage zugesandt und durch die Gestaltung dieser Zusendung den Eindruck erweckt, dass sie, die Klägerin, einen Preis gewonnen habe. Die Beklagte sei daher gemäß § 661a BGB verpflichtet, den Preis auch zu leisten. Der Hinweis der Beklagten auf die Gewinnbedingungen verschlage nicht, denn der Eindruck, die Klägerin habe 25.000,- DM gewonnen, sei zu deutlich. Die Gewinnbedingungen würden optisch von der Aufmachung der Gewinnzusage her völlig in den Hintergrund gedrängt und sozusagen von der dramatischen Schilderung des Gewinns von 25.000 DM übertönt. Die insbesondere für ältere Menschen kaum noch zu entziffernde Schriftgröße von 8 oder 9 pt (4 Zeilen auf 0,8 mm) machten es praktisch unmöglich, diese Gewinnbedingungen zu entdecken und zu lesen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag von 12.782,30 € (25.000,-DM) nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.02.2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte rügt die fehlende internationale Zuständigkeit des LG Köln. Sie vertritt die Auffassung, Artikel 13 EuGVÜ sei nicht einschlägig, da es sich vorliegend nicht um eine Verbrauchersache im Sinne dieser Vorschrift handele. Es gehe vorliegend nicht um eine Klage „aus einem Vertrag“, wie es Art. 13 EuGVÜ fordere, da die Klägerin eben mit der Gewinnanforderung keine Warenbestellung aufgegeben habe. Es bestünde auch keine deliktische Haftung, so dass auch Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ nicht anwendbar sei.

Die Klage sei überdies auch unbegründet. Ein Anspruch aus § 611 a BGB bestehe nicht, da die Beklagte nicht den Eindruck eines gewonnen Preises in einer bestimmten Höhe erweckt habe. Aus den Unterlagen gehe nicht hervor, dass die Klägerin den Jackpot oder den Betrag gewonnen habe, sondern eben nur „im Jackpot“. Nirgendwo sei der Hinweise enthalten, dass die Klägerin selbst 25.000,- DM für sich unmittelbar beanspruchen könne. Es sei auch nirgendwo erwähnt, dass es um die Klägerin gehe, deren Los oder deren Name gezogen wurde. Da sich im vorliegenden Fall insgesamt 37.374 Einsender gemeldet hätten, habe der Anteil pro Spieler nur 0,67 DM betragen. In der Gewinnanforderung sei in gut lesbarer Schrift auf die Gewinn-Bedingungen hingewiesen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gelangten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Das Landgericht Köln ist für die Entscheidung des Rechtsstreits international zuständig. Die internationale Zuständigkeit richtet sich nach Artikel 15 Abs. 1 c, 16 Abs. 1 EuGWO – Zuständigkeit für Verbrauchersachen -.

Die Vorschriften der EuGWO sind anwendbar. Die seit dem 01.03.2002 in Kraft getretene EuGWO, die die EuGVÜ ersetzt, findet gemäß Art. 66 Abs. 1 EuGWO Anwendung, weil die Klage nach Inkrafttreten der Verordnung erhoben wurde.

Die Beklagte ist als Versandhändlerin auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gewerblich tätig gewesen. Der Anspruch aus § 661a BGB, auf den die Klägerin ihr Begehren stützt, ist als „Anspruch aus Vertrag“ gemäß Artikel 15 Abs. 1 EuGWO zu werten. Zwar ist es vorliegend nicht zu einem Vertragsschluss über die Lieferung einer Sache genommen. Dies war jedoch das Motiv des Handelns der Beklagten, der es nicht darum gegangen ist, der Klägerin einen Geldbetrag zuzuwenden, sondern die mit ihrer Gewinnzusage den Zweck verfolgt hat, der Klägerin Warenangebote aufzudrängen. Die Gewinnzusage ist damit so eng mit dem beabsichtigten Kaufvertrag verbunden, dass eine unterschiedliche internationale Zuständigkeit den Anspruch aus § 661 a BGB und sonstigen Ansprüchen aus dem angebahnten Vertrag nicht hinnehmbar ist. Wenn der Gesetzgeber im Falle des Einsatzes derartiger Praktiken im Rahmen der Vertragsanbahnung dem Verbraucher einen Anspruch auf den zugesagten Gewinn einräumt, wie dies mit § 661a BGB geschehen ist, so ist die darauf gestützte Klage unabhängig davon, ob es zu der vom Unternehmer angestrebten Bestellung von Waren gekommen ist, als „Klage aus einem Vertrag,, i.S.d. Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ anzusehen (vgl. EuGH, NJW 2002, 2697; OLG Frankfurt am Main, MDR 2002, 1023; OLG Nürnberg, NJW 2002, 3637; OLG Dresden VuR 2002, 187; Feuchtmeyer, NJW 2002, 3598; Lorenz, NJW 2000, 3305).

Soweit demgegenüber in der Rechtsprechung die Zuständigkeit deutscher Gerichte verneint wurde.(OLG Brandenburg, Urteil vom 17.04.2002 – 7 U 199/01; OLG Bamberg, Urteil vom 07.05.2002, 5 U 7/02, beide zitiert bei Feuchtmeyer, NJW 2002, 3598; LG Darmstadt, Urteil vom 12.06.2002, 9 O 65/01; LG Kassel, Urteil vom 05.06.2002, 6 0 164/02; LG Dortmund, Urteil vom 21.05.2002, 12 O 94/02; LG Landshut, Urteil vom 29.08.2002, 41 O 774/02) folgt dem die Kammer aus den genannten Gründen nicht.

Auf die Frage, ob der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGWO begründet ist, kommt es daher letztlich nicht mehr an.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 12.782,30 € aus § 661a BGB.

Nach dieser Vorschrift muss ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendung den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, dem Verbraucher diesen Preis leisten.

Die Klägerin ist Verbraucherin und die Beklagte Unternehmerin, vgl. §§ 13, 14 BGB.

Die Beklagte hat den Eindruck eines Preisgewinns erweckt.

Bei der Frage, ob der Anschein eines Preisgewinns erzeugt wurde, ist darauf abzustellen, ob die Mitteilung generell-abstrakt geeignet ist, bei einem durchschnittlichen Verbraucher den Eindruck eines bereits erfolgten Preisgewinns zu machen (vgl. Lorenz in NJW 2000, 3305, 3306). Der Inhalt der Mitteilung muss dabei sprachlich zum Ausdruck bringen, dass der individuelle Empfänger bereits einen Preis gewonnen hat. Dies ist vorliegend der Fall. Durch die ständige wiederholte namentliche Anrede der Klägerin in der Mitteilung wurde der Eindruck einer individuellen Auswahl erweckt. Dem Brief lässt sich entnehmen, dass die Klägerin bereits Gewinnerin ist („und jetzt ist 100%ig sicher: Frau …, Sie haben aus dem Jackpot gewonnen,,). Dass dort nicht ausdrücklich steht, dass die Klägerin 25.000,- DM gewonnen hat, steht dem nicht entgegen. Der durchschnittliche Verbraucher muss trotz der Einschränkung „aus dem Jackpot“ aufgrund der übrigen Umstände, nämlich der Hinweis auf dem Briefumschlag an die Klägerin, sie habe „im Jackpot voll mit 25.000- DM gewonnen“, die Beschreibung der Ziehung der auf die Klägerin entfallene Gewinnnummer unter Augenzeugen, insbesondere die dargestellte Spannung, die bei der Ziehung bei den Anwesenden geherrscht haben soll, und der Aufforderung, den Bargeld-Gewinn anzufordern, der für sie angeblich „bereit liegt“, so verstanden werden, dass die Klägerin den Preis bereits gewonnen hat.

Auf der Gewinnmitteilung sind zwar die Gewinnbedingungen abgedruckt, denen sich entnehmen lässt, dass die Gewinnnummer mehrfach vergeben sein kann. Dieser Hinweis mildert aber nicht den Eindruck eines bereits gewonnen Preises, denn er ist aufgrund der kleinen Schriftgröße und der dunklen Unterlegung so versteckt, dass sich die Beklagte hierauf nach Auffassung der Kammer nicht berufen kann.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den § 91, 709 ZPO.

Streitwert: 12.782,30 €

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