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Gewinnzusage – ausländische Firma muss zahlen!

LG Braunschweig

Az.: 10 O 2753/00

Urteil vom 10.01.2002


In dem Rechtsstreit hat das Landgericht Braunschweig auf die mündliche Verhandlung vom 10.01.2002 für Recht erkannt:

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt im Wege der Teilklage von der holländischen Beklagten die Auszahlung eines Teils eines versprochenen Gewinnes.

Die Klägerin reichte bei der Beklagten, die einen Versandhandel betreibt, zusammen mit einer Warenbestellung einen „Gewinnschein“ ein. Im Juli 2000 erhielt sie ein nicht datiertes „Gewinndokument“, in welchem ihr in großem Fettdruck mitgeteilt wurde:

„Unser Geldbote bringt 20.000,- DM in bar direkt nach Braunschweig!
Ihnen, Frau X, wird er die 20.000,- DM überreichen!“

Ferner enthielt das Schreiben Anweisungen, wie der Gewinn unter Verwendung von Gewinn-Coupon und Gewinn-Abruf-Schein bis zum 15.09.2000 abzurufen sei, ferner einen Fotobericht über eine zuvor erfolgte Gewinnübergabe. Das Schreiben enthielt weiter die Aufforderung:

„Vergessen Sie aber nicht, auch das beiliegende Warenangebot sorgfältig zu studieren. Unsere Einkäufer haben wieder alles darangesetzt, Ihnen nur die besten Produkte zu äußerst niedrigen Preisen anzubieten. Da können Sie heute wieder viel Geld sparen!“

Ebenfalls im Juli 2000 erhielt die Klägerin ein im Namen der Beklagten verfasstes Schreiben vom 17.07.2000 mit der Bezeichnung „letztmalige Aufforderung“, in dem ihr mitgeteilt wurde, ihr seien am 03. Juli 2000 die offiziellen Auszahlungsdokumente für den deponierten 20.000,- DM-Gewinn zugestellt worden, eine Anforderung des Gewinns sei jedoch noch nicht eingegangen. Für die Anforderung wurde nunmehr eine Frist zum 28.07.2000 gesetzt. Die Klägerin forderte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 01.08.2000 zur Zahlung auf. Im August 2000 erhielt die Klägerin eine weitere, auf den 09.08.2000 datierte „letztmalige Aufforderung“, mit der sie zur Anforderung des Gewinns von 20.000,00 DM bis zum 25.08.2000 aufgefordert wurde. Ihr wurde mitgeteilt, ihr seien am 17.07.2000 die offiziellen Auszahlungsdokumente des deponierten Gewinns zugestellt worden, ein Posteingang ihrerseits sei nicht zu verzeichnen. Anfang August 2000 erhielt die Klägerin ferner eine weitere Gewinnbenachrichtigung über einen Betrag von 9.850,00 DM. Mit anwaltlichem Schreiben vom 15.08.2000 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung beider Beträge auf.

Die Klägerin behauptet, die von der Beklagten vorgesehenen Unterlagen zur Gewinnanforderung verwendet zu haben.

Sie verlangt im Wege der Teilklage Zahlung eines Teilbetrages von 11.990,00 DM aus der Gewinn-Zusage über 20.000,00 DM.

Sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 11.990,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 1 des Diskont-Überleitungs-Gesetzes seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, Klagabweisung. Sie rügt die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Außerdem hält sie die Teilklage für unzulässig. Die Beklagte behauptet ferner, die Unterlagen der Klägerin seien nicht vollständig, ein Nachweis für die Anforderung von 20.000,00 DM liege nicht vor. Aus der Gewinn-Zusage ergebe sich auch nicht, dass der Gewinn-Betrag von 20.000,00 DM der Klägerin allein zustehe. Vielmehr habe die Klägerin die Spielregeln zur Kenntnis genommen, nach denen der Gewinn-Betrag unter allen Einsendern zu gleichen Teilen aufgeteilt werde. Die Beklagte legt hierzu die Kopie der Innenseite eines aufgerissenen Briefumschlages vor, auf der sich „Auszahlungsbedingungen“ dieses Inhalts befinden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und eingereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Das Landgericht Braunschweig ist für die Entscheidung des Rechtsstreits international und örtlich zuständig. Die Zuständigkeit richtet sich nach Art. 14 Abs. 1 EuGVÜ (Zuständigkeit für Verbrauchersachen), und zwar aus folgenden Erwägungen: § 661a BGB, auf den die Klägerin ihren Anspruch stützt, stellt einen gesetzlich normierten Fall des Verschuldens beim Vertragsschluss (culpa in contrahendo) dar. Die Zuständigkeit für Ansprüche aus culpa in contrahendo folgt der Zuständigkeit für den angebahnten Vertrag, der in diesem Fall ein Verbrauchervertrag ist.

Zur Begründung ist hierzu im einzelnen auszuführen: Sowohl die internationale als auch die örtliche (siehe Zöller-Vollkommer ZPO 21. Auflage § 12, Rn 5) Zuständigkeit richtet sich nach den Vorschriften des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ). Nach Artikel 2 Abs. 1 EuGVÜ sind Personen grundsätzlich vor den Gerichten des Staates zu verklagen, in denen sie ihren Wohn- oder Firmensitz haben, sofern nicht Sonderzuständigkeiten nach dem EuGVÜ eingreifen, etwa für vertragliche Ansprüche, unerlaubte Handlungen, Mietsachen, Verbrauchersachen, etc. Die Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich vorliegend aus Artikel 14 Abs. 1 EuGVÜ. Danach kann in Verbrauchersachen der Verbraucher den anderen Vertragspartner wahlweise vor Gerichten des Staates seines Wohnsitzes oder des anderen Vertragspartners verklagen. Die Klägerin ist nach Artikel 13 Abs. 1 EuGVÜ Verbraucherin, da der geschäftliche Kontakt mit der Beklagten nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zuzurechnen ist. Sie hat ihren Wohnsitz im Bezirk des Landgerichts Braunschweig.

Um Verbraucherverträge handelt es sich nach Artikel 13 Abs. 1 Ziffer 3 EuGVÜ bei Verträgen, wenn sie die Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand haben, sofern

a) dem Vertragsabschluss in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist und

b) der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat.

Der Begriff der Verbrauchersache ist konventionsimmanent zu interpretieren (vergleiche Zöller-Geimer Artikel 13 bis 15 EuGVÜ, Rn 2).
Es kann dahinstehen, ob zwischen den Parteien durch Angebot und Annahme ein Vertrag über die Auszahlung eines Betrages von 20.000,00 DM zustande gekommen ist. Ein solcher Vertrag würde bei wörtlicher Auslegung des Artikel 13 Abs. 1 EuGVÜ nicht als Verbrauchervertrag zu qualifizieren sein, da als Gegenstände von Verbraucherverträgen der Kauf beweglicher Sachen, Ratenkredite und der Erbringung von Dienstleistungen genannt sind. Ob ein solcher Vertrag im Wege der erweiternden oder ergänzenden Auslegung in den Anwendungsbereich der Artikel 13ff. EuGVO einzubeziehen wäre, kann hier jedoch ebenfalls dahinstehen. Nach deutschem Recht wäre ein solcher Vertrag nicht wirksam. Ein solcher Vertrag wäre seinem Inhalt nach ein Schenkungsversprechen, das nach § 518 Abs. 1 BGB der – nicht eingehaltenen – notariellen Form bedürfte. Ob ein solcher Vertrag nach einem anderen, möglicherweise anwendbarem Recht wirksam wäre, hat die Klägerin nicht vorgetragen; sie trägt insoweit die Darlegungslast.

Die Klägerin stützt ihren Zahlungsanspruch auf § 661 a BGB. Für die Frage, ob sich für einen aus dieser Norm abgeleiteten Anspruch – die Anwendbarkeit deutschen Rechtes vorausgesetzt – eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt, bedarf es zunächst der Bestimmung der Rechtsnatur dieser Vorschrift, die, da es sich um einen gesetzlichen Anspruch des deutschen Rechts handelt, nur nach deutschem Recht erfolgen kann. Der Anspruch aus § 661 a BGB ist als gesetzliches Schuldverhältnis zu qualifizieren (vergleiche Lorenz, NJW 2000, 3305, 3307). Da das EuGVÜ einen besonderen Gerichtsstand für gesetzliche Schuldverhältnisse nicht vorsieht, könnte es, wie die Beklagte meint, bei der allgemeinen Zuständigkeit des Artikels 2 Abs. 1 EuGVO bleiben. Dies ist jedoch zu kurz gegriffen. Die Feststellung, dass es sich um ein gesetzliches Schuldverhältnis handelt, sagt noch nichts über die Rechtsnatur des Anspruchs, da es höchst unterschiedliche gesetzliche Schuldverhältnisse gibt, unter anderem aus Bereicherungsrecht, unerlaubter Handlung und Geschäftsführung ohne Auftrag. Bei der Frage des anwendbaren Rechts, zu der es keine dem Artikel 2 Abs. 1 EuGVÜ vergleichbare Auffangnormen gibt, also eine Anknüpfung auf jeden Fall gefunden werden muss, sind für die einzelnen gesetzlichen Schuldverhältnisse selbständige Anknüpfungsgrundsätze entwickelt worden. Für die erst mit Wirkung vom 29.06.2000 eingeführte Vorschrift des § 661 a BGB wird eine Anknüpfung entsprechend verschiedener bereits entwickelter Grundsätze diskutiert, unter anderem eine Anknüpfung nach den für culpa in contrahendo entwickelten Grundsätzen, nach denen für die Anknüpfung einseitiger Rechtsgeschäfte oder für Vertrauens- und Rechtsscheinstatbestände (vergleiche Lorenz NJW 2000, 3305 ff.). Auch für die Frage der internationalen Zuständigkeit ist nicht in jedem Fall, in dem keine der Spezialnormen des EuGVO wörtlich Anwendung findet, die allgemeine Vorschrift des Artikels 2 Abs. 1 EuGVÜ anzuwenden. Vielmehr ist auch insoweit zu prüfen, ob nicht im Wege der Analogie oder der Fassung des Anwendungsbereichs einer Norm eine von Artikel 2 Abs. 1 EuGVÜ abweichende Zuständigkeit gegeben ist. So wird für Ansprüche aus culpa in contrahendo überwiegend eine Anwendung von Artikel 5 Nr. 1 EuGVÜ vertreten, soweit es um die Frage des Verschuldens am Zustandekommen oder Nichtzustandekommen eines Vertrages geht, eine Anwendung des Artikel 5 Nr. 3 EuGVÜ, soweit deliktsähnliche Elemente im Vordergrund stehen (vergleiche Zöller-Geimer, Artikel 5 EuGVÜ, Rn 7; OLG Frankfurt IPrax 1986, 37; Müko-Gottwald 3. Auflage Artikel 5 GVÜ, Rn 5; Schlosser, IPRax 1984, 66; Wieczorek/SchützeHansmann, 3. Auflage 1994, Artikel 5 EuGVÜ, Rn 8).

Der Anspruch aus § 661 a BGB stellt einen gesetzlich normierten, pauschalierten Anspruch auf Schadensersatz aus culpa in contrahendo dar. Hierfür spricht, dass es bei den Fällen, die für eine Anwendung des § 661 a BGB in Betracht kommen, stets um Vertragsanbahnung geht. Da dieser Umstand nicht zum Tatbestandsmerkmal von § 661 a BGB gemacht wurde, muss dies nicht im Einzelfall nachgewiesen werden. Der Gesetzgeber wollte jedoch genau die Praxis sanktionieren, dass Unternehmer Verbrauchern Mitteilungen über angebliche Gewinne zusenden, die sie auf Nachfrage nicht aushändigen, sondern stattdessen versuchen, die Verbraucher zur Abnahme von Waren zu bewegen (Bundestagsdrucksache 14/2658, Seite 48). So hat auch im vorliegenden Fall die Klägerin ihren Gewinn-Schein im Zusammenhang mit einer Warenbestellung eingesandt. In der Gewinnmitteilung wurde sie ausdrücklich darauf hingewiesen, auch den beiliegenden Prospekt zu beachten. Für eine Einordnung als Anspruch aus culpa in contrahendo spricht auch, dass es nach § 661 a BGB nicht notwendig darauf ankommt, dass derjenige, der den Eindruck eines Gewinns erweckt, auch derjenige ist, der die zu bestellenden Waren anbietet. Ansprüche aus culpa in contrahendo können grundsätzlich auch gegen vertragsfremde Dritte entstehen, die im Rahmen der Vertragsverhandlungen aktiv werden und dabei Pflichten verletzen. Gegen eine Bewertung als Anspruch aus culpa in contrahendo spricht nicht, dass § 661 a BGB einen Anspruch auf Erfüllung gewährt, während Ansprüche aus culpa in contrahendo grundsätzlich auf Ersatz des Vertrauensschadens gehen. Auch bei Ansprüchen aus culpa in contrahendo kann der Vertrauensschaden im Einzelfall an das Erfüllungsinteresse heranreichen. Im Fall der Gewinnzusagen besteht – abgesehen von der Belästigung – die Gefahr für den Verbraucher darin, dass er den Eindruck hat, über den angekündigten Gewinn verfügen zu können und im Hinblick darauf bereits Verpflichtungen eingeht, unter anderem auch durch Bestellung der beworbenen Waren. Eine Vermögensgefährdung des Verbrauchers besteht daher bis zur Höhe des angekündigten Gewinns, so dass es nur konsequent ist, den möglichen Vertrauensschaden auf das Erfüllungsinteresse zu pauschalieren.

Aus der Qualifizierung des § 661 a BGB als gesetzlicher Normierung eines Anspruchs aus culpa in contrahendo folgt für die internationale Zuständigkeit, dass sie der internationalen Zuständigkeit für den angebahnten Vertrag folgt (so LG Frankfurt IPRax 1986, 373, 377, Mansel, IPRax 1989, 84; Zöller-Geimer, Artikel 5 EuGVÜ, Rn 7; Müko-Gottwald, Artikel 5 GVÜ, Rn 5; Wieczorek/Schütze/Hansmann Artikel 5 EuGVÜ Randnummer 8; Schlosser, IPrax 1984, 66; Lorenz, NJW 2000, 3305, 3309). Dies ist keine Frage einer Analogie, deren Zulässigkeit zweifelhaft ist, sondern eine Frage des Anwendungsbereichs der Zuständigkeitsnorm. So ist für Artikel 5 Nr. 1 EuGVÜ der Begriff der vertraglichen Ansprüche weit auszulegen (vgl. OLG Oldenburg NJW 1976, 1044; Müko-Gottwald Artikel 5 EuGVÜ Rn 4; Wieczorek/Schütze/Hausmann Artikel 5 EuGVÜ, Rn 6) und umfasst beispielsweise auch vertragliche Rückabwicklungsverhältnisse, die Fragen eines Schadensersatzes wegen Nichterfüllung (Wieczorek/Schütze/Hausmann Artikel 5 EuGVÜ, Rn 6) und vorbereitende Hilfsansprüche auf Auskunft (BGH IPrax 1989, 98; Mansel, IPrax 1989, 84). Wenn man davon ausgeht, dass die Zuständigkeit für Ansprüche aus culpa in contrahendo der Zuständigkeit für den angebahnten Vertrag folgt, so ergibt sich vorliegend die internationale Zuständigkeit aus Artikel 14 Abs. 1 EuGVÜ, da es sich bei dem angebahnten Vertrag um einen Verbrauchervertrag handelt, nämlich um einen Vertrag betreffend die Lieferung von beweglichen Sachen. Für diese wurde am Wohnsitz der Klägerin geworben, die Klägerin hat die erforderlichen Rechtshandlungen an ihrem Wohnsitz vorgenommen.

Die Erörterung zeigt, dass es unzutreffend wäre, sich mit der Feststellung, dass § 661 a BGB ein gesetzliches Schuldverhältnis begründet, zu begnügen und auf die allgemeine Zuständigkeitsnorm des Artikel 2 Abs. 1 EuGVÜ zu rekurrieren. Dies hätte zur Folge, dass ein Verbraucher, dessen Vertragspartner eine gesetzlich nicht normierte Pflichtverletzung im Rahmen der Vertragsverhandlungen begeht, an seinem eigenen Wohnsitz klagen könnte, ein Verbraucher, dem ein gesetzlich normierter Anspruch aus culpa in contrahendo zusteht, jedoch nicht.

Eine Zuständigkeit am Wohnsitz des Verbrauchers steht auch im Übrigen mit den Wertungen des EuGVÜ im Einklang. Es wird allgemein hervorgehoben, grundsätzlich solle niemand außerhalb seines eigenen Wohnsitzstaates verklagt werden können, Ausnahmen hiervon bedürften einer besonderen Rechtfertigung. Für vertragliche Ansprüche, für die nach Artikel 5 Nr. 1 EuGVÜ eine Sonderzuständigkeit besteht, wird die rechtfertigende Ausnahme darin gesehen, dass sich die betreffende Partei durch den Vertragsschluss freiwillig einer fremden Gerichtsbarkeit unterstellt habe. Der selbe Gedanke trifft auch für Ansprüche aus culpa in contrahendo zu. Gerade wer sich in pflichtwidriger Weise an der Anbahnung eines Vertrages beteiligt, begibt sich freiwillig in den Rechtskreis der dafür zuständigen Gerichtsbarkeit.

Das Landgericht Braunschweig ist auch örtlich zuständig. Die Zuständigkeit wird insoweit durch die Vorschriften des EuGVÜ mitbestimmt (Zöller-Geimer Artikel 13 bis 15 EuGVÜ, Rn 2; Zöller-Vollkommer § 29 ZPO, Rn 3). Danach ist das Landgericht Braunschweig als für den Wohnsitz der Klägerin zuständiges Gericht zuständig. Zuständig wäre das Landgericht Braunschweig jedoch auch als Gericht des Erfüllungsortes nach § 29 ZPO. Bei sogenannten „Fernkäufen“ gilt generell die Niederlassung des Käufers als Erfüllungsort (OLG Celle AIW 1985, 571; Zöller/Vollkommer § 29, Rn 25). Hier ergibt sich der Erfüllungsort für den zugesagten Gewinn auch aus der Ankündigung der Beklagten, ihr Geldbote werde die 20.000,00 DM in bar direkt nach Braunschweig bringen.

Die Teilklage ist zulässig. Da die Klägerin klargestellt hat, dass der eingeklagte Teilbetrag der Gewinnzusage über 20.000,00 DM entnommen ist, ist hinreichend erkennbar, welcher Teil des Gesamtanspruchs Gegenstand der Klage sein soll.

Die zulässige Klage ist auch begründet.

Auf den geltend gemachten Anspruch ist deutsches Recht anwendbar. Nach Art. 29 Abs. 2 EGBGB unterliegen Verbraucherverträge dem Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Da es sich bei § 661a BGB um einen gesetzlich normierten Anspruch aus culpa in contrahendo handelt, richtet sich das für hier anwendbare Recht nach dem Statut des angebahnten Vertrages (BGH NJW 1987, 1141; Palandt/Heldrich 60. Auflage, Artikel 32 EGBGB Randziffer 8 mit weiteren Nachweisen).

Ein Anspruch der Klägerin aus § 661a BGB besteht. Unstreitig hat die Beklagte der Klägerin Anfang Juli 2000 ein Schreiben übersandt, in dem ihr mitgeteilt wurde:

„Unser Geldbote bringt 20.000,- DM in bar direkt nach Braunschweig!
Ihnen, Frau X, wird er die 20.000,- DM überreichen!“

Ausweislich des Schreibens der im Namen der Beklagten handelnden General-Advokatur vom 17.07.2000 wurden die Gewinndokumente der Klägerin am 03. Juli 2000 übersandt. Der Sachverhalt ist damit nach Inkrafttreten des § 661a BGB am 29.06.00 entstanden. Die Beklagte ist Unternehmerin, sie betreibt einen Versandhandel; die Klägerin hat bei ihr Waren bestellt. Die Klägerin ist Verbraucherin, da sie bei den Warenbestellungen und bei Entgegennahme der Gewinnzusage nicht im Rahmen ihrer gewerblichen und selbständigen beruflichen Tätigkeit handelte. Das Anfang Juli übersandte Schreiben vermittelt durch seinen Wortlaut den Eindruck, die Klägerin habe 20.000,00 DM gewonnen. Denselben Eindruck vermitteln die letztmaligen Aufforderungen vom 17.07.2000 und 09.08.2000. Diese Erklärungen erwecken den Eindruck, die Klägerin stehe als Gewinnerin des Betrages von 20.000,00 DM bereits fest und müsse diesen Betrag lediglich noch anfordern. Die Anweisungen zur Anforderung des Betrages sind nicht dahin zu verstehen, die Klägerin habe lediglich eine Chance auf einen möglichen Gewinn und müsse noch weitere Leistungen erbringen. Der Gesamteindruck ist vielmehr der, die Klägerin stehe bereits als Gewinnerin fest und müsse lediglich mitteilen, dass sie das Schreiben erhalten habe und empfangsbereit sei. Keinesfalls erweckt das Schreiben den Eindruck, die Klägerin müsse sich den Gewinn mit anderen Gewinnspielteilnehmern teilen. Dem widerspricht schon die Ankündigung, der Geldbote werde ihr persönlich 20.000,00 DM überreichen. Dass der Gewinn unter mehreren Einsendern aufgeteilt werde, ergibt sich lediglich aus den auf der Innenseite eines Briefumschlages in zarter Schrift abgedruckten Auszahlungsbedingungen. Diese für eine Vielzahl von Fällen formulierten Bedingungen halten einer Überprüfung nach dem AGBG nicht stand. Zum einen hätte auf sie nach § 2 AGBG ausdrücklich hingewiesen werden müssen, zum anderen sind die Bedingungen ungewöhnlich im Sinne des § 3 AGBG, da sie der Hauptaussage des Schreibens, nämlich der Geldbote werde der Klägerin 20.000,00 DM bringen, zuwiderlaufen. Die Auszahlungsbedingungen entfalten zwischen den Parteien daher keine Wirkung.

Damit ist der Anspruch der Klägerin nach § 661 a BGB enstanden. Ob die Klägerin bei der Anforderung des Gewinns die von der Beklagten vorgeschriebenen Form (Verwendung des Gewinncoupons) eingehalten hat, ist für den Anspruch nach § 661 a BGB unerheblich. Dem § 661a BGB ein solches zusätzliches Tatbestandsmerkmal hinzuzufügen, würde der Intention des Gesetzgebers zuwiderlaufen, dem Verbraucher einen möglichst unkomplizierten Anspruch an die Hand zu geben. Müssten die Verbraucher nachweisen, die Anforderungsunterlagen richtig ausgefüllt und abgesandt zu haben, kämen sie regelmäßig in Beweisschwierigkeiten, da sie diese Dokumente gerade absenden und nicht behalten.

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Im Übrigen ist das diesbezügliche Bestreiten der Beklagten unerheblich, da es offensichtlich ins Blaue hinein abgegeben werde. Obwohl die Klägerin unstreitig mit anwaltlichen Schreiben vom 01.08.2000 die Beklagte zur Zahlung aufgefordert hatte, wurde ihr mit Schreiben vom 09.08.2000 nochmals mitgeteilt, ein Posteingang ihrerseits sei nicht zu verzeichnen. Dies spricht dafür, dass die Beklagte über ihren Schriftverkehr keinen Oberblick hat.

Der Anspruch besteht mindestens in Höhe der geltend gemachten Teilforderung. Ob er darüber hinaus in Höhe von 20.000,00 DM besteht, oder ob Depotkosten abzuziehen sind, kann dahinstehen.

Die Zinsforderung ist aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1 ZPO.

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