VG Schwerin – Az.: 3 B 483/22 – Beschluss vom 25.04.2022
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
2. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag, der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO aufzugeben, es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 2.500 Euro zu unterlassen, die Bauarbeiten in der D-Straße in A-Stadt zu beenden, ohne zum Grundstück der Antragsteller A-Straße, Gemarkung A-Stadt, Flur X, Flurstück Y passive Infrastruktur (Leerrohre) zu verlegen, hat keinen Erfolg.

Der Antrag ist bereits unzulässig. Den Antragstellern fehlt es am notwendigen Rechtsschutzbedürfnis. Dieses fehlt, wenn der Antrag sich faktisch erledigt hat, weil die angestrebte Regelung zu spät käme (vgl. BeckOK VwGO/Kuhla, 60. Ed. 1. Juli 2021, VwGO § 123 Rn. 41).
Die Antragsteller haben am 31. März 2022 den einstweiligen Rechtsschutzantrag beim Gericht eingereicht. In diesem haben Sie pauschal vorgetragen, dass die Bauarbeiten „vor dem Abschluss“ stehen, ohne den Bauzustand näher zu beschreiben oder die Bauphase bzw. den Abschluss in einen zeitlichen Kontext zu stellen. Eine besondere Dringlichkeit innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zu entscheiden wurde nicht dargetan. Prüffähige Unterlagen zum Baufortschritt und den Abläufen wurden ebenfalls nicht vorgelegt.
Aus der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 14. April 2022 – dem Berichterstatter am 19. April 2022 vorgelegt – ergibt sich indes, dass die Pflasterarbeiten in den Nebenanlagen bereits beendet sind und die Baumaßnahme insgesamt zeitnah abgeschlossen werden soll.
Das Gericht hat die Antragsteller entsprechend mit gerichtlicher Verfügung vom 19. April 2022 darauf hingewiesen, dass sich hierdurch ihr Begehren erledigt haben dürfte.
Mit Schriftsatz vom 22. April 2022 äußern die Antragsteller, dass weiter gebaut werde und legen Fotos vor, die dies angeblich belegen sollen. Auf drei von vier Fotos ist eine verschlossene gepflasterte Straßendecke zu sehen, auf der sich teils schwere Baugeräte (Bagger, Radlader und Lastkraftwagen) befinden. Lediglich auf dem letzten Foto, welches wie auch die übrigen keine Zeit- oder Ortsangaben enthält, ist eine Person zu sehen, die augenscheinlich auf der Straßenmitte gebückt steht und noch nicht näher erkennbare Tätigkeiten ausführt. Jedoch ist auf keinem der Fotos zu erkennen, dass der Straßenoberbau an sich noch geöffnet ist bzw. Leitungsgräben vorhanden sind, die eine Verlegung von Leerrohren ermöglichen würde. Durch das Verfüllen bzw. Verschließen der Straßenbefestigung hat sich das Begehren, die Baumaßnahmen anzuhalten, um Leerrohre verlegen zu lassen, erledigt. Denn eine gewisse Verlegungstiefe ist notwendig, um Leerrohre verlegen zu können. Da dieser Zustand nicht mehr gegeben ist, kann ein Baustopp durch das erkennende Gericht auch keine Sicherung eines für die Antragsteller günstigen Zustandes mehr erreichen. Ob dieser Zustand bereits zum Zeitpunkt der Antragseinreichung bestand (hierfür spricht die Aussage in der Antragsschrift, dass teilweise Pflasterarbeiten vorgenommen werden), ändert an der Unzulässigkeit des Rechtsschutzgesuchs nichts.
Zudem hat sich das Rechtsschutzbedürfnis auch dadurch erledigt, da sich aus den weiteren vorgelegten Unterlagen (Anlage: AG 1) der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 14. April 2022 ergibt, dass der Breitbandanschluss für das Grundstück A-Straße über den „A-Straße“ und nicht über die „D-Straße“ erfolgen soll. Mithin ist eine Breitbandanbindung, die die Antragsteller im Kern in der Hauptsache begehren, was sich aus ihren Schreiben an die Antragsgegnerin ergibt, grundsätzlich angedacht. Dieser soll lediglich über einen anderen Zuleitungsweg erfolgen. Soweit die Antragsteller bezweifeln, dass dies eine verbindliche Planung darstelle, ist ihr Vortrag nicht substantiiert. Zwar ist den Antragstellern dahingehend zuzustimmen, dass die vorgelegten Unterlagen nicht mit den vorherigen Aussagen der Antragstellerin in sämtlichen Punkten übereinstimmen. Jedoch hat das Gericht keine Anhaltspunkte, an dem Wahrheitsgehalt der zuletzt vorgelegten Unterlagen und der darin enthaltenen Aussage, dass das Grundstück wie dargelegt angeschlossen werden soll, zu zweifeln.
Darüber hinaus ist der Antrag auch unbegründet.
Das Gericht der Hauptsache kann gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, sog. Regelungsanordnung). Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist, dass die Antragsteller einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch glaubhaft machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Nach diesen Vorgaben ist der Antrag unbegründet, da die Antragsteller bereits das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht haben. Sie haben nicht glaubhaft gemacht, dass sie die Eigentümer des Grundstückes sind, zu dem sie die Verlegung mit passiver Infrastruktur begehren. Sie legen weder einen Grundbuchauszug noch sonstige Unterlagen vor, aus denen sich ihre Eigentümerstellung ergibt.
Auch ist eine Vorschrift, die einen einklagbaren subjektiv-öffentlichrechtlichen Anspruch auf Verlegung passiver Infrastruktur bzw. Anbindung an das Glasfasernetz enthält, weder von den Antragstellern benannt worden noch dem Gericht sonst ersichtlich.
Aus § 14 Abs. 2 KV M-V resultiert kein solcher Anspruch. Nach dieser Vorschrift sind die Einwohnerinnen und Einwohner der Gemeinde im Rahmen der bestehenden Vorschriften berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen, und verpflichtet, die Gemeindelasten zu tragen.
Die Bereitstellung von Glasfaserinfrastruktur stellt eine freiwillige Aufgabe der gemeindlichen Daseinsvorsorge dar (vgl. auch VGH München, Beschluss vom 15. Juni 2020 – 4 ZB 20.159 -, BeckRS 2020, 14684 Rn. 15). Entsprechend steht die Errichtung und Bereitstellung im Ermessen der Gemeinde (vgl. VGH München, Beschluss vom 24. Juli 2001 – 23 ZB 01.446 – m. w. N.). Ein Rechtsanspruch auf Schaffung konkreter öffentlicher Infrastruktur besteht indes nicht (vgl. Wollenteit/Vieweg/Bitto, in: Kommunalverfassungsrecht M-V, Stand November 2019, § 14 S. 7). Die Entscheidung der zuständigen Gremien kann daher gerichtlich nur daraufhin überprüft werden, ob sie von sachfremden, willkürlichen Erwägungen getragen war oder zu unzumutbaren Belastungen für einzelne Grundstücksinhaber führt (vgl. auch VGH München Beschluss vom 15. Juni 2020 – 4 ZB 20.159 -, BeckRS 2020, 14684 Rn. 16, beck-online).
Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich. Die Antragsteller begehren die Verlegung von Leerrohren über die „D-Straße“, um eine spätere einfache und kostengünstige Anbindung an das Glasfasernetz zu ermöglichen. Die Entscheidung, keine Leerrohre an das Grundstück der Antragsteller über die „D-Straße“ zu verlegen, ist jedoch weder aus sachfremden Erwägungen erfolgt noch willkürlich. Das Gebäude „A-Straße“, befindet sich nicht direkt an der „D-Straße“. Dies wird bereits durch die straßenrechtliche Zuordnung deutlich. Aufgrund dieser Lage, befindet sich das Grundstück auch nicht im Bereich der Baumaßnahme an der „D-Straße“, weshalb ein Anschluss im Zuge dieser auch nicht erfolgen sollte. Laut den aktuellen Unterlagen (Anlage: AG 1) der Antragsgegnerin soll vielmehr ein Breitbandanschluss des Grundstücks über den „A-Straße“ erfolgen. Mithin ist eine Anbindung über eine andere Leitungsführung tatsächlich geplant. Es ist daher nicht ersichtlich, dass eine Notwendigkeit besteht, einen Breitbandanschluss über die „D-Straße“ herzustellen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Form der Anbindung willkürlich ist, bestehen nicht.
Auch aus § 157 TKG ergibt sich vorliegend ebenfalls kein Anspruch. Ob hieraus überhaupt ein einklagbares subjektiv-öffentliches Recht auf „schnelles Internet“ folgen kann, muss an dieser Stelle nicht entschieden werden. Denn ein solcher Anspruch kann nach § 157 Abs. 4 Satz 1 TKG erst ab dem 1. Juni 2022 entstehen. Auch dürfte aus dem Anspruch auf eine Internetanbindung kein Anspruch auf einen konkreten Zuleitungsweg resultieren. Darüber hinaus bestehen bereits jetzt ernsthafte Zweifel, ob das Grundstück A-Straße überhaupt unter den Anwendungsbereich der Norm fällt. Am A-Straße liegt bereits ein Internetanschluss mit einer Übertragungsrate von mindestens 400 Mbit/s an – (siehe E-Mail der Antragsteller vom 10. Februar 2022). Dass hierdurch die Mindestanforderungen nach § 157 Abs. 3 Satz 3 TKG unterschritten wären, dürfte eher fernliegend sein.
Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.