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ein Hund im Büro!? Gleichbehandlung am Arbeitsplatz


Arbeitsgericht Düsseldorf

Az: 8 Ca 7883/12

Urteil vom 04.09.2013


Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Streitwert: 8.000,00 Euro.

4. Soweit die Berufung nicht bereits kraft Gesetzes zulässig ist (§ 64 Abs. 2 Buchst. b und c ArbGG), wird sie nicht zugelassen.


Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Gleichbehandlung.

Die Klägerin ist bei der Beklagten, die eine Werbeagentur betreibt, seit 16 Jahren, zuletzt als persönliche Assistentin der Geschäftsführung beschäftigt.

Seit 2009, d.h. seit drei Jahren brachte die Klägerin ihren dreibeinigen, aus Russland stammenden Hund Kaya mit der Chipnummer 7. mit Erlaubnis des damaligen Geschäftsführers der Beklagten mit in die Betriebsräume der Beklagten. Auch andere Mitarbeiter der Beklagten bringen ihre Hunde mit in die Agentur.

Ein erstes Gespräch, in dem das Verhalten des Hundes thematisiert wurde, fand am 07.04.2011 statt. Unter der Rubrik „PART II 360° Bewertung“ in dem am 15.04.2011 u.a. von der Klägerin unterzeichneten „Appraisal“ (Blatt 134 bis 136 der Gerichtsakte) heißt es unter anderem:

„D. sollte sich ihrer Rolle als PA mehr bewusst machen: sie ist das „Vorzimmer“ zu unseren GFs und daher sollte es immer aufgeräumt und sauber sein und der Hund muss sich der Umgebung anpassen (kein Knurren, kein offenes Hundefutter im Büro etc.)“

Unter der Rubrik „Ziele & Felder für D. w. Entwicklung“ in diesem „Appraisal“ heißt es dann weiter:

„GENERELL

– …

– Mittelfristiges Ziel: Hund verhält sich sozial kompatibel mit Mitarbeitern (bellt und knurrt nicht, wird nicht im Büro gefüttert)

Konkrete Next Steps:

– …

– Tiertrainer für den Hund, der ins Büro kommt und dort die Situation vor Ort analysiert und verbessert“

Mit Schreiben vom 16.11.2012 (Blatt 5 der Gerichtsakte) teilte die Beklagte der Klägerin Folgendes mit:

„Liebe D.,

hiermit verbieten wir Dir, Deinen Hund ab dem 01.12.2012 in die Agentur mitzubringen. Wir wollen Dir mit diesem Termin die Gelegenheit geben, eine Betreuung für den Hund zu organisieren.

Es tut uns leid, eine solche Maßnahme ergreifen zu müssen, aber die Gründe haben wir bereits ausführlich, u.a. am 10.10.2012 und 12.10.2012 besprochen und wir sehen insbesondere aus Verantwortung gegenüber den Kollegen und Besuchern keine alternative Möglichkeit.“

Die Klägerin ist der Ansicht, sie sei aus Gründen der Gleichbehandlung berechtigt, den Hund weiterhin mit in die Büroräumlichkeiten der Beklagten zu bringen. Ein Sachgrund ihr zu verbieten, den Hund mitzubringen, sei nicht gegeben. Die Klägerin behauptet, der Hund sei nicht verhaltensauffällig und habe im letzten Jahr niemanden bedroht. Dass ihr Hund verhaltensunauffällig sei, ergebe sich auch aus dem Gutachten des Leiters der Polizeidiensthundestaffel W. G. Wegen des genauen Inhalts dieses Gutachtens wird auf Blatt 86 bis 103 der Gerichtsakte Bezug genommen. Die Klägerin bestreitet, dass sich Arbeitnehmer der Beklagten von ihrem Hund bedroht fühlten, und erklärt außerdem ausdrücklich, soweit die von der Beklagten benannten Zeugen sich bedroht fühlten, bedauere sie das und sie werde alles tun, um das Gefühl zu beseitigen. Die Klägerin ist des Weiteren der Ansicht, die Beklagte handele mit dem Verbot widersprüchlich im Hinblick auf eine konkludente Zusage und die Verwirkung des jetzt verfügten Verbots. Die Beklagte habe ihr drei Jahre lang gestattet, den Hund mitzubringen und damit auch eine konkludente Zusage getätigt, wodurch sie das Recht, ein Hausverbot in Bezug auf das Mitführen des Hundes auszusprechen, verwirkt habe. Wenn es aus Beklagtensicht zumutbar gewesen sei, den Hund seit April 2011, d.h. 20 Monate lang, im Büro zu belassen, sei nicht zu erkennen, wie sich die Beseitigungsverfügung vom 16.11.2012 rechtfertige. Die Klägerin behauptet, eine negative Verhaltensänderung des Hundes seit dem 07.04.2011 habe es nicht gegeben. Die Klägerin meint außerdem, da die Beklagte ihr einen Verhaltensverstoß vorwerfe, weil sie es unterlasse ihrem Hund deutlich zu vermitteln, dass sie das Sagen habe und dem Hund die entsprechenden Befehle zu geben, wäre vor Ausspruch eines Hausverbotes als milderes Mittel erst einmal eine Abmahnung auszusprechen gewesen. Das Hausverbot sei daher unverhältnismäßig und ihr sei eine Chance zu geben, die Verhaltensanforderungen der Beklagten zu erfüllen.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, ihr zusammen mit ihrem Hund mit der Chipnummer 7. Zutritt zu den Büroräumlichkeiten in der T. zu gewähren,

2. hilfsweise, für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag zu 1),

die Beklagte zu verurteilen, ihr Zutritt zu den Büroräumlichkeiten in der T. im Beisein des Sachverständigen, Leiter der Polizeidiensthundestaffel W. für zwei Tage von 09:00 Uhr bis 18:00 Uhr zu gewähren, um ein etwaiges aggressives territoriales Verhalten des im Hauptantrag genannten Hundes aufzuheben und ihr Verhaltensauflagen zur ordnungsgemäßen Führung des Hundes zu geben,

3. höchst vorsorglich, für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag zu 1) und dem Hilfsantrag zu 2),

die Beklagte zu verurteilen, ihr Zutritt zu den Büroräumlichkeiten in der T. mit der Maßgabe zu gewähren, dass der im Hauptantrag genannte Hund im Büro der Klägerin in einem 1,20 m x 1,20 m Gitterlaufstall gehalten wird und außerhalb des Büros von der Klägerin an einer 1 m langen Leine geführt wird und einen Maulkorb trägt. Die Kosten des Laufstalls und der Laufstallinstallation trägt die Klägerin.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, sie sei berechtigt, der Klägerin das Mitbringen des Hundes zu untersagen. Die Klägerin könne sich nicht auf eine Ungleichbehandlung berufen, da in ihrem Betrieb keine vergleichbaren Umstände vorlägen. Mit den anderen Hunden, die ihre Mitarbeiter mit in den Betrieb brächten, habe es in der Vergangenheit nie vergleichbare Probleme gegeben. Die Beklagte behauptet, der Hund der Klägerin sei verhaltensauffällig und aggressiv. Bereits in dem Gespräch am 07.04.2011 sei das gefährliche soziale und territoriale Verhalten des Hundes im Büro von ihr thematisiert worden. Aber auch die Einschaltung eines Tiertrainers habe an dem Verhalten des Hundes nichts geändert. Dies habe zur Folge, dass die Tür zum Büro der Klägerin, in dem sich der Hund aufhalte, immer geschlossen gehalten werden müsse, wenn das Tier im Haus sei. In der Funktion der Klägerin als persönliche Assistentin der Geschäftsführer sei dies jedoch nicht tragbar. Bis auf einige wenige Ausnahmen lasse der Hund niemanden ins Büro. Unterlagen würden teilweise unter der Tür durchgeschoben oder direkt bei den Geschäftsführern im Büro abgegeben, weil sich wegen des aggressiven Hundes niemand traue, das Büro der Klägerin zu betreten. Die Beklagte meint, es sei ihre Pflicht, den Anspruch ihrer Mitarbeiter, an ihrem Arbeitsplatz angstfrei arbeiten zu können, im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht durchzusetzen. Die Beklagte behauptet, im Juli 2012 seien die Zeugin I. Director Human Resources, und die Zeugin T., Manager HR, auf dem Weg zu einem Gespräch mit ihrer Geschäftsführerin H. gewesen und hätten sich bei der Klägerin anmelden wollen, deren Tür offen gestanden habe. Als die Zeuginnen aus dem Fahrstuhl getreten seien, sei der Hund zähnefletschend und knurrend schnell auf beide zugelaufen und habe dabei so gefährlich gewirkt, dass beide zurück in den Fahrstuhl hätten rennen müssen. Besonders aggressiv sei der Hund gegenüber ihrem Geschäftsführer K. der weder in das Büro seiner Sekretärin noch ohne Gefahr über den Flur gehen könne, da der Hund ihn jedes Mal zähnefletschend anknurre. Ca. zweimal pro Woche müsse Herr K. seine persönliche Assistentin über den Flur hinweg bitten, den Hund vom Flur zu rufen bzw. zu entfernen, damit er die Abteilung Kreation überhaupt verlassen könne. Im Juni/Juli 2011 sei die Zeugin T. auf der dritten Etage in Richtung des Büros der Klägerin gegangen. Der Hund der Klägerin habe vor der Bürotür auf dem Flur gelegen und sie angeknurrt. Sie habe die Klägerin gebeten, den Hund herein zu rufen. Dieser Aufforderung sei die Klägerin erst nach einer unfreundlichen Bemerkung (Du hast die falschen Schuhe an) nachgekommen. Ein derartiger Vorfall habe sich wenige Tage später wiederholt. Wegen dieses Erlebnisses ginge die Zeugin T. nicht mehr auf die dritte Etage, sondern bitte die dort tätigen Kollegen zu Besprechungen zu ihr auf die vierte Etage zu kommen. Der Zeuge L., der für die Wartung der Rechner und die Installationsarbeiten an Computern zuständig sei, erledige diese Arbeiten in der Regel, wenn die Mitarbeiter/innen nicht an ihrem Arbeitsplatz seien, was im Falle der Klägerin nicht möglich sei. Als sie nicht im Raum gewesen sei und der Zeuge L. die Bürotür geöffnet habe, sei der Hund der Klägerin aufgesprungen, habe gebellt und sei in Richtung der geöffneten Tür gerannt. Der Hund habe deutlich gemacht, dass er gewillt sei anzugreifen, falls der Zeuge L. nicht sofort das Büro verlasse. Für den Zeugen L. sei es immer wieder mit Schrecken verbunden, wenn er das Büro der Klägerin betreten müsse, denn der Hund finge sofort an zu knurren oder zu bellen und erhebe sich bis die Klägerin ihn mit Nachdruck in seine Ecke verweise, wo der Hund oft weiter knurre. Es sei dem Zeugen L. unmöglich, sich bei der Arbeit sicher zu fühlen, da er dabei dem Hund den Rücken zuwenden müsse.

Im Rahmen des jährlichen Mitarbeitergesprächs werde für jeden Mitarbeiter ein sogenanntes „360° Feedback“ von ca. zehn Kollegen zu neutral formulierten Fragen eingeholt. Die abgegebenen Statements seien im Mitarbeitergespräch mit der Klägerin besprochen worden, ohne dass das zu einer Einsicht der Klägerin geführt habe. Die für das Mitarbeitergespräch 2012 eingeholten Statements zeigten, dass die im Vorjahr vereinbarten Maßnahmen in keiner Weise den gewünschten Erfolg gezeigt hätten. Hinzukomme, dass die Klägerin anstatt Einsicht zu zeigen, ihre Kolleginnen und Kollegen selbst dafür verantwortliche mache, wenn sie von dem Hund angeknurrt und bedroht würden. So habe die Klägerin vorgeworfen, „die falschen Schuhe anzuhaben“ oder mit ihren „Papieren zu rascheln“ und dadurch den Hund zu provozieren.

Die Beklagte meint, die Klägerin könne sich nicht auf eine einmalig in der Vergangenheit erteilte Erlaubnis berufen, eine solche könne nicht uneingeschränkt für alle Zukunft gelten. Die Tatsache, dass sie in der Vergangenheit geduldet habe, dass die Klägerin ihren Hund mit an den Arbeitsplatz bringe, habe unter drei Bedingungen gestanden, dass der Hund keine Gefahr für die Kolleginnen und Kollegen oder für Besucher ihres Hauses darstelle, d.h. diesen Personen gegenüber keine Aggressionen zeige, von dem Hund kein Geruch ausgehe und das das Büro der Klägerin trotz des Aufenthalts des Hundes stets sauber und aufgeräumt sei. Diese Voraussetzungen seien nicht mehr gegeben.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen I. T., und T. sowie des Zeugen L.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 04.09.2013, Blatt 236 bis 243 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch gegen die Beklagte darauf, dass diese ihrem Hund mit der Chipnummer 7. Zutritt zu den Büroräumlichkeiten in der T. gewährt.

1. Ein solcher Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz.

a. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist die privatrechtliche Ausprägung des in Art. 3 Abs. 1 GG statuierten Gleichheitssatzes (vgl. BAG, Urteil vom 16.02.2012 – 8 AZR 97/11, zitiert nach Juris Rz. 44; BAG, Urteil vom 22.12.2009 – 3 AZR 136/08, zitiert nach Juris Rz. 39). Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Damit verbietet er eine sachfremde Gruppenbildung und die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe. Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung also für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtungsweise als willkürlich anzusehen ist (vgl. BAG, Urteil vom 25.10.2012 – 2 AZR 552/11, zitiert nach Juris Rz. 62; BAG, Urteil vom 27.06.2012 – 5 AZR 317/11, zitiert nach Juris Rz. 17; BAG, Urteil vom 16.02.2012 – 8 AZR 97/11, zitiert nach Juris Rz. 44; BAG, Urteil vom 22.12.2009 – 3 AZR 136/08, zitiert nach Juris Rz. 40; BAG, Urteil vom 21.10.2009 – 10 AZR 664/08, zitiert nach Juris Rz. 24). Billigenswert sind dabei Differenzierungsgründe, die unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Leistung auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und nicht gegen verfassungsrechtliche oder sonstige übergeordnete Wertentscheidungen verstoßen (vgl. BAG, Urteil vom 22.12.2009 – 3 AZR 136/08, zitiert nach Juris Rz. 45). Entscheidend ist, wie der Arbeitgeber sich tatsächlich verhielt und ob es dafür tragfähige Gründe gab (vgl. BAG, Urteil vom 22.12.2009 – 3 AZR 136/08, zitiert nach Juris Rz. 45).

b. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Grundsätze verstößt das Hausverbot, das die Beklagte für den Hund der Klägerin ausgesprochen hat, auch dann nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn – wie hier – andere Hund weiterhin in der Agentur der Beklagten zugelassen sind. Die Ungleichbehandlung des Hundes der Klägerin ist durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt, denn es liegen billigenswerte Gründe für diese Entscheidung der Beklagten vor.
aa. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist die Kammer mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass es im Betrieb der Beklagten Mitarbeiter gibt, die sich mit gutem Grund vor dem Hund fürchten. Die Kammer folgt insoweit den Aussagen der Zeuginnen I. T. und T. sowie des Zeugen L., die übereinstimmend schilderten, dass der Hund sie angeknurrt habe und dass sie sich dadurch bedroht gefühlt hätten.

Die Zeugin I. schilderte einen Vorfall, wo sie mit Frau T. wegen einer Besprechung mit der Geschäftsführerin, Frau H. auf die Etage kamen, auf der auch das Büro der Klägerin liegt. Die Zeugin I. berichtete, dass sie zunächst in das Büro der Klägerin gegangen seien, da die Türe der Geschäftsführerin noch verschlossen gewesen sei. Die Klägerin sei nicht in ihrem Büro gewesen. Der Hund sei ihr und Frau T. knurrend und zähnefletschend entgegengekommen. Frau T. und sie hätten dann zunächst einmal das Weite gesucht und seien ins Treppenhaus zurück in den Aufzug gelaufen und hätten dann die Klägerin gesucht. In dem Moment, als der Hund auf sie zugekommen sei, habe sie große Angst gehabt. Die Zeugin sagte des Weiteren, es habe eine Vielzahl von Gesprächen mit der Klägerin wegen des Hundes geben, die Klägerin habe sich eigentlich immer uneinsichtig gezeigt und immer die Schuld bei den Mitarbeitern, die sich fürchteten oder die irgendwas sagten, gesucht. Aufgrund der Erfahrung mit dem Hund sei es inzwischen soweit gewesen, dass man Unterlagen nicht mehr im Büro bei der Klägerin, der Assistentin der Geschäftsführung, abgegeben habe, sondern sie unter der Tür durchgeschoben worden seien. Es habe sich niemand mehr in das Büro hinein getraut. Auch sie traue sich dort nicht hinein, weil sie als Laie nicht abschätzen könne, ob der Hund nur knurre und die Zähne fletsche, um das Büro zu verteidigen, oder ob er sie vielleicht auch tatsächlich angreifen würde. Seit diesem Vorfall betrete sie das Büro überhaupt nicht mehr. Sie wickele seither Dokumente entweder über das Postfach ab oder mit den Geschäftsführern direkt. Gespräche würden inzwischen sehr oft in dem Konferenzraum in dem gegenüber Gebäude, in dem sie arbeite, geführt. Die gesamte Arbeit im Betrieb sei dadurch beeinträchtigt, dass die Sekretärin oder Assistentin der Geschäftsführung nicht als Anlaufstelle genutzt werden könne, weil sich niemand in das Büro hinein traue.

Die Zeugin T. sagte aus, sie könne sich an den Vorfall im Juli 2012 nicht mehr so gut erinnern. Soweit sie sich erinnere, sei sie zusammen mit der Zeugin I. auf die dritte Etage gekommen, um mit der Geschäftsführerin Frau H. zu sprechen, die das erste Büro auf der dritten Etage habe. Das nächste Büro sei dann das der Klägerin. Als sie aus dem Fahrstuhl um die Ecke gekommen seien, seien sie nicht sehr weit gekommen, da ihnen dann der Hund entgegengekommen sei und sie angeknurrt habe. Der Hund habe bedrohlich gewirkt, als er geknurrt habe. Er sei ja auch ziemlich groß und wenn der Hund im Gang beschließe, dass sie da nicht mehr durchkämen und sie anknurre, dann sei da nichts zu machen. Als der Hund knurrend auf sie zugekommen sei, habe sie sich umgedreht und sei gegangen. Das mache sie immer, wenn der Hund sie anknurre. Sie sei wieder zurück in den Fahrstuhl gegangen. Die Zeugin I. und sie seien etwas schneller gegangen, sie renne in der Agentur ja nicht rum. Sie seien wieder in den Aufzug gestiegen und runter gefahren. Sie kenne solche Situationen, weil ihr das schon oft passiert sei. Sie sei so ca. zwei Mal in der Woche auf der entsprechenden Etage, weil sie dort zu tun habe und jedes Mal knurre sie der Hund an. Sie habe selber Tiere und sie habe Angst vor dem Hund. Sie habe die Klägerin auch verschiedentlich darauf angesprochen, warum der Hund sie anknurre. Die Klägerin habe ihr erklärt, das liege zum Beispiel an ihrem Gang, dass sie zu fest auftrete oder einmal hätten ihre Schuhe geklappert. Sie sei es immer irgendwie Schuld, dass der Hund knurre. Hinter dem Büro der Klägerin befinde sich ein Großraumbüro, in dem sie auch gelegentlich zu tun habe. Der Hund liege dann auf dem Gang und sie müsse an ihm vorbei. Sie habe dann zur Klägerin gesagt, sie solle den Hund rein rufen, was sie dann auch mache. Wenn sie dann bei den Mitarbeitern im Großraumbüro sei, habe sie schon wieder die Angst, dass sie auf dem Rückweg wieder an dem Hund vorbei müsse. Ihr sei es auch passiert, dass der Hund im Büro gewesen sei, ohne dass die Klägerin da gewesen sei, und sie nicht ins Büro gelassen habe, um die Unterlagen, die sie dort habe abholen wollen und die auf dem Schreibtisch gelegen hätten, mitzunehmen. Sie habe die Klägerin darauf angesprochen und sie habe gesagt „Sei doch froh, dass der Hund mein Büro bewacht“.

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Die Kammer hat keine Veranlassung gesehen, die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen anzuzweifeln. Die Aussagen waren in sich im Wesentlichen schlüssig und widerspruchsfrei. Dass die Zeuginnen in ihren Aussagen nicht genau übereinstimmten hinsichtlich der Stelle, an der sich der Hund befand, als sie ihn wahrnahmen, erscheint nicht erheblich, denn zu bedenken ist, dass der Vorfall zum Zeitpunkt der Zeugenaussage bereits mehr als ein Jahr zurücklag. Insbesondere die Zeugin T. schilderte, dass sie häufiger von dem Hund angeknurrt wurde, so dass es nachvollziehbar erscheint, dass sie sich an den genauen Einzelfall nicht mehr in allen Details erinnert. Beide Zeuginnen beschrieben aber eine Situation, in der sie sich – nach Ansicht der Kammer – zu Recht vor dem Hund fürchteten, weil dieser knurrend auf sie zukam, als sie den Flur vom Aufzug aus betraten. Zu bedenken ist auch, dass es sich bei dem Hund nicht um eine kleines Tier handelt. Beide Zeuginnen erklären auch, dass sie sich schnell wieder von der Etage entfernt hätten, wobei es nicht entscheiden ist, ob sie gerannt oder schnell gegangen sind. Auch wenn die Zeugin T. auf Befragen des Klägervertreters einräumte, im Vorfeld der Verhandlung mit der Zeugin I. über den Sachverhalt gesprochen zu haben, erscheinen der Kammer die Aussagen gerade aufgrund der vorstehend aufgezeigten Unterschiede nicht abgesprochen und damit unglaubhaft.

Die Zeugin T. schilderte im Rahmen ihrer Vernehmung den folgenden Vorfall. Im Juni/Juli 2011 sei sie auf dem Weg zur Kreation gewesen und habe eine Reinzeichnung in der Hand gehabt. Der Hund habe vor dem Büro der Klägerin gelegen und sie angeknurrt als sie auf ihn zugekommen sei. Sie habe dann die Klägerin, die mit dem Gesicht zum Gang hin sitze, angesprochen, sie möchte doch bitte den Hund herein rufen. Das habe sie dann getan, allerdings ohne sie anzusehen, und sie habe ihr die Schuld dafür gegeben, weil sie das Papier in der Hand gehabt habe und der Hund deshalb geknurrt habe. Später habe es nochmal ein ähnliches Ereignis gegeben. Da seien ihre Schuhe schuld gewesen, dass der Hund geknurrt habe. Sie habe dann entschieden, dass sie nicht mehr auf diese Etage gehe, wenn der Hund auf dem Gang liege, weil sie nicht angeknurrt werden wolle und man ja auch nicht wisse, ob der Hund es nicht vielleicht doch ernst meine. Wenn sie durch die Glastür den Hund nicht auf dem Gang liegen sehe, dann gehe sie zur Besprechung zu dem Kollegen, andernfalls bitte sie die Kollegen zu ihr zu kommen. Normalerweise habe sie keine Angst vor Hunden, sie habe selber eine englische Bulldogge und sie könne unterscheiden, ob ein Hund ernsthaft knurrt oder nicht. Wenn der Hund vor dem Büro stehe, dann knurre er und dass sei ein ganz klares Verteidigen des Territoriums. Die Kammer hat keine Veranlassung gesehen, die Glaubwürdigkeit der Zeugin und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage anzuzweifeln. Die Aussage war in sich schlüssig und widerspruchsfrei. Dies ergibt sich insbesondere auch daraus, dass die Zeugin auf Befragen des Klägervertreters ohne weiteres angab, dass sie diese Bedrohungssituation nur empfindet, wenn der Hund auf dem Gang liegt, und dass sie sich dann, wenn die Klägerin das abstellen würde, angstfrei in der Agentur aufhalten könnte. Wäre es der Zeugin allein darum gegangen, den Hund aus der Agentur zu verdrängen, so hätte sie eine solche Aussage nicht gemacht.

Der Zeuge L., der bei der Beklagten für die Installation und die Wartung der Rechner zuständig ist und regelmäßig Wartungsarbeiten an den PCs durchführen muss, schilderte in seiner Aussage seine Probleme mit dem Hund der Klägerin. Er führte aus, dass es normalerweise kein Problem sei, die Wartungsarbeiten durchzuführen, aber im Büro der Klägerin und wenn er auf die dritte Etage kommen müsse gebe es ein Problem. Der Hund zeige ein ausgeprägtes Revierverhalten. Er springe auf, belle ihn an, knurre, habe ihn auch schon an die Wand gedrängt, was besonders unangenehm sei, wenn er grade irgendwelches schweres Equipment, wie z.B. Drucker oder Bildschirme trage, und keine Möglichkeit habe, sich in irgendeiner Weise zu verteidigen. Wenn er im Büro der Klägerin zu tun habe, sei der Hund, auch wenn sie da sei, zunächst einmal angesprungen, die Klägerin habe ihn dann zurückgerufen und der Hund sei dann meist widerwillig in seine Ecke gegangen. Er habe dann die Arbeiten erledigen können, allerdings habe er dabei ständig ein Knurren im Ohr gehabt und da fühle man sich auch nicht sicher. Größere Wartungsarbeiten mache er normalerweise, wenn der User grade nicht im Büro sei, was im Falle der Klägerin nicht möglich sei, weil dann, wenn sie nicht da sei, der Hund alleine im Büro gewesen sei und wenn er die Tür aufgemacht habe, wieder angesprungen sei und ihn nicht ins Büro gelassen habe. Wenn der Hund im Ruhezustand gewesen sei, dann habe er in einer Ecke auf dem Boden gelegen. In dem Moment, wo er die Tür geöffnet habe, sei er aufgesprungen, habe gebellt und auch geknurrt und sei auf die Tür zugelaufen. Das verstehe er unter angesprungen. Er habe die Klägerin verschiedentlich darauf angesprochen und dann habe sie ihm mal gesagt, er sei zu laut oder in dem letzten Fall habe sie gesagt „Ist doch gut, dass der Hund sein Revier verteidigt“. Jedenfalls sei er es im Zweifel schuld gewesen. Er habe selber Katzen, er habe auch Bekannte die Hunde hätten und er habe keine Angst vor Tieren, also auch keine Angst vor Hunden. Man fühle sich bei dem Hund eigentlich nie sicher. Die Kammer hat auch hier keine Veranlassung gesehen, die Glaubwürdigkeit des Zeugen und die Glaubhaftigkeit seiner Aussage anzuzweifeln. Auch diese Aussage war in sich schlüssig und widerspruchsfrei. Der Zeuge hat nachvollziehbar sein Problem mit dem Hund der Klägerin geschildert. Dass man es als unangenehm, ja sogar bedrohlich empfindet, wenn man sein Arbeit ausführen muss, während hinter einem ein knurrender Hund liegt oder wenn man die Hände voll hat und von dem Hund an die Wand gedrängt wird, ist verständlich. Der Umstand, dass es Fotos gibt, auf denen der Zeuge „entspannt“ auf einem Barhocker sitzt und der Hund in der Nähe liegt, macht die Aussage nicht unglaubhaft. Der Zeuge schildert in seiner Aussage die Situation, dass der Hund „sein Büro“ und „seinen Gang“ verteidigt. Dass der Hund sich außerhalb dieses Bereichs auch aggressiv oder bedrohlich zeigt, behauptet nicht einmal die Beklagte.

Dass die Zeuginnen und der Zeuge aufgrund der von ihnen geschilderten Situationen Angst vor dem Hund haben, erscheint nachvollziehbar und kann auch nicht als „Anstellerei“ abgetan werden. Der Hund der Klägerin ist kein kleiner Hund, den man schon wegen seiner Größe nicht ernstnehmen kann sondern ein mittelgroßer Hund, von dem man annehmen kann, dass er in der Lage ist zuzubeißen. Wenn ein solcher Hund einen Menschen, der ihn nicht gut kennt anknurrt und die Zähne fletscht, ist das aus Sicht der Kammer ein begründeter Anlass, sich vor dem Tier zu fürchten. Zu beachten ist hier auch, dass sogar die Zeugin T., die selbst einen Hund hat, aussagt, sie könne nicht erkennen, ob das Knurren ernst gemeint sei und ob man einen Angriff befürchten müsse.

bb. Da aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer feststeht, dass es bei der Beklagten Arbeitnehmer gibt, die sich vor dem Hund der Klägerin fürchten bzw. sich von dem Hund nicht grundlos bedroht fühlen, war die Beklagte aufgrund ihrer den Arbeitnehmer gegenüber bestehenden Fürsorgepflicht gehalten, für Abhilfe zu sorgen.
(1). Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrages zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks (vgl. BAG, Urteil vom 12.02.2013 – 3 AZR 99/11, zitiert nach Juris Rz. 39; BAG, Urteil vom 16.02.2012 – 8 AZR 242/11, zitiert nach Juris Rz. 58). Im Arbeitsverhältnis können die Vertragspartner deshalb zur Verwirklichung des Leistungsinteresses zu leistungssichernden Maßnahmen verpflichtet sein. Dazu gehört auch die Pflicht, im Zusammenwirken mit dem Vertragspartner die Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrages zu schaffen, Erfüllungshindernisse nicht entstehen zu lassen bzw. zu beseitigen und dem anderen Teil den angestrebten Leistungserfolg zukommen zu lassen (vgl. BAG, Urteil vom 16.02.2012 – 8 AZR 242/11, zitiert nach Juris Rz. 58). Die Interessen des Arbeitnehmers sind dabei so zu wahren, wie dies unter Berücksichtigung der Interessen und Belange beider Vertragspartner sowie der anderen Arbeitnehmer nach Treu und Glauben verlangt werden kann (vgl. BAG, Urteil vom 16.02.2012 – 8 AZR 242/11, zitiert nach Juris Rz. 58), d.h. die Reichweite der Fürsorgepflicht kann nicht ohne Rücksicht auf die eigenen Interessen des Arbeitgebers bestimmt werden (vgl. BAG, Urteil vom 16.02.2012 – 8 AZR 242/11, zitiert nach Juris Rz. 58).

(2). Unter Zugrundelegung der vorstehenden Grundsätze war die Beklagte gehalten im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht allen Mitarbeitern gegenüber zum Schutz des Interesses ihrer Arbeitnehmer auf einen „angstfreien“ Arbeitsplatz das Interesse der Klägerin daran, auch weiterhin ihren Hund mit in die Agentur zu bringen zurückzustellen. Im Rahmen des Arbeitsverhältnisses geht es vorrangig darum, die Bedingungen für die Erbringung der Arbeitsleistung in zumutbarer Weise für die Beschäftigten zu gestalten. Das Mitbringen eines Hundes in das Büro ist für die Erbringung der Arbeitsleistung jedenfalls nicht erforderlich. Wenn – wie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer feststeht – einige Mitarbeiter gezwungen sind, ihre Arbeitsweise zu ändern und Betriebsabläufe umzustellen, damit sie dem Hund der Klägerin, von dem sie sich bedroht fühlen, nicht begegnen, ist die Arbeitgeberin aufgrund ihr Fürsorgepflicht gegenüber diesen Arbeitnehmern verpflichtet, zu handeln und das Problem zu lösen. Da die vorherigen Versuche in Form von Gesprächen ebenso wenig wie die Einschaltung eines Tiertrainers zum Erfolg geführt haben, hatte die Beklagte keine andere Möglichkeit als für den Hund der Klägerin den Zutritt zur Agentur zu verbieten. Die Klägerin hatte es aufgrund der zuvor geführten Gespräche selbst in der Hand diese Folge zu vermeiden, aber – warum auch immer – ist es ihr nicht gelungen, das Problem zu beseitigen. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass mit einer kurzfristigeren Verbesserung der Situation aufgrund des von den Zeugen übereinstimmend geschilderten Verhaltes der Klägerin nicht zu rechnen war. Alle vier Zeugen sagten aus, dass die Klägerin kein Verständnis für ihre Ängste hatte und ihnen die Schuld dafür gab, dass der Hund sie anknurrte. Bei einer derartigen Verhaltensweise kann man nicht mit dem Verständnis der Kollegen und dem Vertrauen der Arbeitgeberin darauf rechnen, dass ein weiteres Gespräch erfolgversprechend sein könnte.

2. Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht auf die ihr erteilte Zusage stützen, sie dürfe den Hund mit ins Büro nehmen. Diese Zusage verbietet der Beklagten nicht, in – wie oben bereits ausgeführt – begründeten Fällen, das Mitbringen des Hundes zu untersagen. Das eine solche Zusage nicht ohne weiteres unbeschränkt auf ewige Zeit gelten kann, ist offensichtlich, denn es muss dem Zusagenden auch weiterhin möglich sein, auf Vorkommnisse oder Entwicklungen zu reagieren. Gerade in Bezug auf die Gestattung der Mitnahme eines Hundes ins Büro kann man sich viele Sachverhalte vorstellen, die zur Rücknahme der Erlaubnis führen können, ja müssen. Zu denken wäre an Kollegen mit Tierhaarallergien, an (neue) Kollegen, die sich grundsätzlich vor Hunden fürchten, Gerüche, die von dem Tier ausgehen können, Verunreinigungen, die durch ein Tier verursacht werden können, usw. Um von einer unwiderruflichen Zusage ausgehen zu könne, wie die Klägerin sie annehmen möchte, müsste dies aus Sicht der Kammer unmissverständlich und ausdrücklich vereinbart worden sein. Dies behauptet aber nicht einmal die Klägerin.

3. Entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht hat die Beklagte ihr Recht, ihre Erlaubnis in Bezug auf das Mitbringen des Hundes zurückzunehmen, auch nicht verwirkt.
a. Die sog. Verwirkung schließt als Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) eine illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten aus. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn der Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die beim Verpflichteten den Eindruck erweckt haben, der Berechtigte wolle sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Weiterhin muss das Vertrauen des Verpflichteten, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen, das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (Zumutbarkeitsmoment; vgl. BAG, Urteil vom 12.12.2012 – 4 AZR 327/11, zitiert nach Juris Rz. 27; BAG, Urteil vom 22.02.2012 – 4 AZR 3/10, zitiert nach Juris Rz. 26).

b. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Beklagte ihr Recht, die der Klägerin erteilte Zusage zu widerrufen bzw. die Mitnahme des Hundes in die Agentur zu verbieten nicht verwirkt.

Selbst wenn man die Erfüllung des Zeitmoments zugunsten der Klägerin bejahen würde, so müsste die Beklagte außerdem durch ihr Verhalten einen Vertrauenstatbestand bei der Klägerin hervorgerufen haben, dass sie den Hund auch weiterhin stets mit ins Büro bringen darf. Dass die Beklagte zum Ausdruck gebracht hat, unabhängig von dem Verhalten des Hundes dessen Anwesenheit im Büro zu gestatten, hat auch die Klägerin nicht behauptet. Zwischen den Parteien ist vielmehr im Verlauf des Verfahrens unstreitig geworden, dass es zumindest seit April 2011 Beanstandungen hinsichtlich des Hundes gegeben hat, denn in dem Jahresgespräch 2011 wurde mit der Klägerin als Ziel vereinbart, dass die Hilfe eines Tiertrainers wegen des Bellens und Knurrens des Hundes in Anspruch genommen werden sollte. Dass die Beklagte der Klägerin nach diesem Gespräch Gelegenheit gegeben hat, das Verhalten des Hundes zu verbessern und die von ihm ausgehende Störung zu beseitigen, durfte die Klägerin nicht dahingehend verstehen, dass die Zusage fest und unwiderruflich auf ewige Zeit erteilt sein sollte. Dies konnte sie insbesondere schon deshalb nicht annehmen, weil es zumindest mit dem Geschäftsführer der Beklagten K. immer wieder Probleme wegen des Hundes gab. Insoweit ist unstrittig, dass der Geschäftsführer die Klägerin immer wieder bitten musste, den Hund in ihr Büro zu rufen, weil er nicht an dem Hund vorbei über den Gang gehen konnte.

4. Das Hausverbot für den Hund der Klägerin ist auch nicht deshalb unwirksam, weil es unverhältnismäßig ist, da die Beklagte zunächst ein milderes Mittel hätte wählen müssen und der Klägerin eine Abmahnung hätte aussprechen müssen.
Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung stellt die Abmahnung der Klägerin im Verhältnis zu dem Hausverbot für den Hund arbeitsrechtlich kein milderes Mittel dar. Es mag sein, dass die Klägerin eine Abmahnung als das „kleiner Übel“ empfindet. Im Arbeitsrecht wird eine Abmahnung aber als Vorstufe zu einer drohenden verhaltensbedingten Kündigung ausgesprochen, so dass einer solchen Maßnahme ein viel größeres Gewicht zukommt als dem Verbot, den Hund weiterhin mit ins Büro zu bringen. Während die Abmahnung eine Vertragspflichtverletzung rügt und für den Wiederholungsfall unter anderem die Beendigung des Arbeitsverhältnisses androht, wirkt sich das Hausverbot für den Hund in keiner Weise auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses aus und ist daher nach Ansicht der Kammer unzweifelhaft die weniger einschneidende Maßnahme und damit das mildere Mittel.

II.

Auch die Hilfsanträge der Klägerin sind unbegründet.

1. Der Hilfsantrag zu 1) ist unbegründet. Es ist nicht ersichtlich, welche Anspruchsgrundlage der Klägerin einen Anspruch auf Zutritt zu den Büroräumlichkeiten in der T. im Beisein des Sachverständigen, Leiter der Polizeidiensthundestaffel W. für zwei Tage von 09:00 Uhr bis 18:00 Uhr geben sollte, um ein etwaiges aggressives territoriales Verhalten des im Hauptantrag genannten Hundes aufzuheben und ihr Verhaltensauflagen zur ordnungsgemäßen Führung des Hundes zu geben, wenn die Beklagte der Klägerin – wie unter I. ausgeführt – zu Recht die Mitnahme des Hundes in die Agentur untersagt hat.

2. Der Hilfsantrag zu 2) ist ebenfalls unbegründet. Es ist auch nicht ersichtlich, welche Anspruchsgrundlage der Klägerin einen Anspruch Zutritt zu den Büroräumlichkeiten in der T. mit der Maßgabe geben soll, dass der Hund im Büro der Klägerin in einem 1,20 m x 1,20 m Gitterlaufstall gehalten wird und außerhalb des Büros von der Klägerin an einer 1 m langen Leine geführt wird und einen Maulkorb trägt und die Klägerin die Kosten des Laufstalls und der Laufstallinstallation trägt, wenn die Beklagte der Klägerin – wie unter I. ausgeführt – zu Recht die Mitnahme des Hundes in die Agentur untersagt hat.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 46 Abs. 2, 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ZPO, 63 Abs. 2 GKG. Für den Hauptantrag wurde ein einfacher Hilfswert angesetzt. Die beiden Hilfsanträge wurden mit jeweils der Hälfte des Hilfswertes bewertet.

Die Berufung war – soweit sie nicht bereits kraft Gesetzes zulässig ist (§ 64 Abs. 2 Buchstaben b) und c) ArbGG) – nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen für eine gesonderte Berufungszulassung vorliegend nicht gegeben sind. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung.


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