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GmbH-Geschäftsanteileinziehung – Wirkung des Einziehungsbeschlusses

Ein Gesellschafter verliert seinen Anteil an einer GmbH, als das Oberlandesgericht Dresden die sofortige Wirksamkeit eines Einziehungsbeschlusses bestätigt und damit die Hoffnung auf nachträgliche Änderungen zunichtemacht. Die Entscheidung des Gerichts unterstreicht die endgültige Natur solcher Beschlüsse und die Notwendigkeit, alle Optionen vorab sorgfältig abzuwägen. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Komplexität gesellschaftsrechtlicher Auseinandersetzungen und die weitreichenden Folgen für die Beteiligten.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Einziehung von Geschäftsanteilen beeinflusst Gesellschaftsstruktur erheblich.
  • Einziehungsbeschluss benötigt Zustimmung der Gesellschafterversammlung.
  • Einziehung führt zum sofortigen Untergang des Geschäftsanteils.
  • Nach Einziehung sind Teilung und Übertragung des Anteils nicht mehr möglich.
  • Einziehung vernichtet alle Rechte und Pflichten des Geschäftsanteils.
  • Alternative Lösungen müssen vor der Einziehung beschlossen werden.
  • Gesellschafter müssen sich der sofortigen Wirkung der Einziehung bewusst sein.
  • Gesellschaftsvertrag spielt eine entscheidende Rolle bei Einziehungsregelungen.
  • Gericht bestätigte die sofortige Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses.
  • Gesellschafter können Rechtsfolgen der Einziehung nicht selbst gestalten.

Rechtsstreit um Geschäftsanteile: Wichtige Urteile zur GmbH-Einziehung

Die GmbH, eine beliebte Rechtsform für Unternehmen, zeichnet sich durch ihre Flexibilität und ihre klare Trennung von Vermögen und Haftung aus. Der Gesellschaftsvertrag bildet hierbei die Grundlage der Zusammenarbeit der Gesellschafter. Dieser kann unter anderem Regelungen zur Einziehung von Geschäftsanteilen beinhalten, die unter bestimmten Umständen und nach Einhaltung strenger Vorgaben möglich ist. Die Einziehung von Geschäftsanteilen stellt für die beteiligten Gesellschafter ein gravierendes Ereignis dar, da sie zu einer Veränderung der Gesellschaftsstruktur, der Stimmrechtsverhältnisse und der Verteilung der Gewinne führt. Dieser Schritt hat weitreichende Auswirkungen, die nicht nur die Gesellschafter, sondern auch die gesamte Gesellschaft betreffen können.

Die Voraussetzungen für eine wirksame Einziehung von Geschäftsanteilen sowie die rechtlichen Folgen für die betroffenen Gesellschafter sind in der Gesetzgebung und Rechtsprechung klar definiert. Es gilt, die relevanten Rechtsnormen im Detail zu analysieren, um die komplexen Zusammenhänge zu verstehen und potenzielle Risiken zu vermeiden. Im Folgenden wollen wir uns mit einem konkreten Fall befassen, der die komplizierten rechtlichen Aspekte der Geschäftsanteileinziehung veranschaulicht. Dieser Fall verdeutlicht, welche Bedeutung die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben und die genaue Beachtung der vertraglichen Bedingungen bei der Einziehung von Geschäftsanteilen hat.

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Der Fall vor Gericht


Umstrittene Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen führt zu rechtlicher Auseinandersetzung

Das Oberlandesgericht Dresden hat in einem bedeutenden Urteil (Az.: 13 U 788/15) die Berufung einer GmbH gegen ein Urteil des Landgerichts Görlitz zurückgewiesen. Der Fall dreht sich um die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen zur Teilung und Zuweisung eines Geschäftsanteils nach dessen Einziehung.

Der Kläger, ein Gesellschafter der beklagten GmbH, hatte die Feststellung der Unwirksamkeit von Beschlüssen einer Gesellschafterversammlung vom 16.10.2014 beantragt. Diese Beschlüsse betrafen die Teilung des Geschäftsanteils Nr. 2 und die Zuweisung der daraus entstandenen neuen Anteile. Das Landgericht gab der Klage statt, woraufhin die beklagte GmbH Berufung einlegte.

Rechtliche Kernfragen zur Einziehung von GmbH-Anteilen

Im Zentrum des Rechtsstreits standen mehrere komplexe gesellschaftsrechtliche Fragen:

  1. Wann wird ein Einziehungsbeschluss wirksam?
  2. Welche unmittelbaren Rechtsfolgen hat die Einziehung eines Geschäftsanteils?
  3. Können Gesellschafter die Rechtsfolgen einer Einziehung frei gestalten?
  4. Wie sind Regelungen im Gesellschaftsvertrag zur Einziehung auszulegen?

Die Beklagte argumentierte, dass die Einziehung sich laut Satzung in zwei Stufen vollziehe. Zunächst werde über die Einziehung entschieden, dann könnten die Gesellschafter bestimmen, dass der eingezogene Anteil zugewiesen werde. Sie vertrat die Ansicht, dass mit dem ersten Beschluss die Gesellschaft lediglich die Verfügungsmacht über den Anteil erlange.

Gerichtliche Bewertung der Einziehung und ihrer Folgen

Das OLG Dresden bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und stellte klar:

  1. Die Einziehung wurde wirksam beschlossen. Die erforderliche Zustimmung des betroffenen Gesellschafters lag vor und stand nicht unter einer aufschiebenden Bedingung.
  2. Die Wirkungen der Einziehung traten sofort mit der Beschlussfassung ein, da der betroffene Gesellschafter anwesend war. Eine gesonderte Mitteilung war nicht erforderlich.
  3. Die Einziehung führte zum sofortigen Untergang des Geschäftsanteils. Damit waren eine nachträgliche Teilung und Übertragung nicht mehr möglich.
  4. Der Gesellschaftsvertrag sah die Übertragung von Anteilen als Alternative zur Einziehung vor, nicht als Variante des Einziehungsvollzugs. Nach erfolgter Einziehung war diese Option nicht mehr wählbar.

Das Gericht betonte, dass die Einziehung eines Geschäftsanteils diesen vernichtet und sämtliche damit verbundenen Mitgliedschaftsrechte und -pflichten untergehen lässt. Es widersprach der Auffassung, Gesellschafter könnten die Rechtsfolgen einer Einziehung nach ihren Wünschen selbst regeln.

Bedeutung für GmbH-Gesellschafter und Geschäftsführer

Das Urteil verdeutlicht die weitreichenden Konsequenzen eines Einziehungsbeschlusses:

  • Die Einziehung ist ein endgültiger Schritt, der nicht rückgängig gemacht werden kann.
  • Gesellschafter müssen sich der sofortigen Wirkung der Einziehung bewusst sein.
  • Alternative Lösungen wie die Übertragung von Anteilen müssen vor der Einziehung beschlossen werden.
  • Die Auslegung des Gesellschaftsvertrags spielt eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung der Handlungsmöglichkeiten.

Für Gesellschafter und Geschäftsführer unterstreicht das Urteil die Notwendigkeit sorgfältiger Planung bei gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen. Es empfiehlt sich, vor einem Einziehungsbeschluss alle Alternativen gründlich zu prüfen und die Folgen genau abzuwägen.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil bekräftigt, dass die Einziehung eines GmbH-Geschäftsanteils den sofortigen und unwiderruflichen Untergang des Anteils bewirkt. Gesellschafter können die Rechtsfolgen der Einziehung nicht frei gestalten. Diese Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit, vor einem Einziehungsbeschluss alle Alternativen sorgfältig zu prüfen, da nachträgliche Korrekturen oder Umgestaltungen nicht möglich sind. Für die Praxis bedeutet dies, dass Gesellschaftsverträge präzise formuliert und Einziehungsbeschlüsse mit äußerster Sorgfalt gefasst werden müssen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als GmbH-Gesellschafter müssen Sie sich der Tragweite eines Einziehungsbeschlusses bewusst sein. Das Urteil zeigt, dass die Einziehung eines Geschäftsanteils sofort und unwiderruflich wirksam wird, sobald der Beschluss gefasst ist. Ihre Mitgliedschaftsrechte und -pflichten erlöschen damit unmittelbar. Eine nachträgliche Teilung oder Übertragung des eingezogenen Anteils ist nicht mehr möglich, selbst wenn dies ursprünglich beabsichtigt war. Um Ihre Interessen zu schützen, sollten Sie vor einer Zustimmung zur Einziehung alle Alternativen sorgfältig prüfen und die Formulierungen im Gesellschaftsvertrag genau beachten. Erwägen Sie rechtliche Beratung, um die Konsequenzen für Ihre Stellung in der GmbH vollständig zu erfassen.


FAQ – Häufige Fragen

Mit Einziehung von Geschäftsanteilen ist es oft nicht leicht, den Überblick zu behalten. Rechtliche Fragen, komplexe Vorgänge und unklare Situationen können schnell für Verwirrung sorgen. Um Ihnen in dieser Hinsicht Hilfestellung zu bieten, haben wir für Sie eine umfassende FAQ-Rubrik zusammengestellt.


Was bedeutet die Einziehung von Geschäftsanteilen bei einer GmbH?

Die Einziehung von Geschäftsanteilen bei einer GmbH ist ein rechtlicher Vorgang, bei dem ein Geschäftsanteil eines Gesellschafters durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vernichtet wird. Dieser Prozess führt zum Erlöschen der Mitgliedschaft des betroffenen Gesellschafters in der GmbH.

Grundsätzlich muss die Möglichkeit zur Einziehung von Geschäftsanteilen im Gesellschaftsvertrag der GmbH vorgesehen sein. Dies ergibt sich aus § 34 Abs. 1 des GmbH-Gesetzes. Ohne eine solche Regelung ist eine Zwangseinziehung gegen den Willen des Gesellschafters nicht möglich.

Die Einziehung kann entweder freiwillig mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters oder zwangsweise ohne dessen Zustimmung erfolgen. Bei der Zwangseinziehung müssen die Voraussetzungen hierfür bereits vor dem Erwerb des Geschäftsanteils durch den betroffenen Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag festgelegt worden sein.

Ein wichtiger Aspekt der Einziehung ist ihre sofortige Wirksamkeit. Sobald der Einziehungsbeschluss dem betroffenen Gesellschafter mitgeteilt wird, verliert dieser umgehend seine Gesellschafterstellung. Dies gilt unabhängig davon, ob eine etwaige Abfindung bereits gezahlt wurde oder nicht. Der Geschäftsanteil und alle damit verbundenen Rechte und Pflichten erlöschen mit sofortiger Wirkung.

Die Einziehung hat weitreichende Folgen für die Gesellschaftsstruktur. Der eingezogene Geschäftsanteil geht unter und das Stammkapital der GmbH muss entsprechend angepasst werden. Dies kann durch verschiedene Methoden geschehen, etwa durch eine Kapitalherabsetzung, die nominelle Aufstockung der verbleibenden Geschäftsanteile oder die Bildung eines neuen Geschäftsanteils.

Für den ausscheidenden Gesellschafter entsteht durch die Einziehung in der Regel ein Anspruch auf Abfindung gegen die GmbH. Die Höhe der Abfindung richtet sich nach dem Verkehrswert des Geschäftsanteils, sofern im Gesellschaftsvertrag keine abweichenden Regelungen getroffen wurden.

Es ist zu beachten, dass die Einziehung nur dann wirksam ist, wenn die Abfindung aus dem freien Vermögen der GmbH gezahlt werden kann, ohne das Stammkapital anzugreifen. Ist dies nicht der Fall, ist der Einziehungsbeschluss nichtig. Diese Regelung dient dem Gläubigerschutz und soll verhindern, dass das Stammkapital der GmbH durch Abfindungszahlungen gefährdet wird.

Die Einziehung von Geschäftsanteilen ist ein komplexer Vorgang mit erheblichen rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen. Sie bietet der GmbH die Möglichkeit, sich von unerwünschten Gesellschaftern zu trennen, ohne dass diese ihre Anteile an Dritte veräußern können. Gleichzeitig stellt sie einen schwerwiegenden Eingriff in die Rechte des betroffenen Gesellschafters dar und unterliegt daher strengen rechtlichen Voraussetzungen und Kontrollen.

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Unter welchen Voraussetzungen kann ein Geschäftsanteil eingezogen werden?

Die Einziehung eines Geschäftsanteils einer GmbH unterliegt strengen rechtlichen Voraussetzungen. Grundsätzlich muss die Möglichkeit der Einziehung im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehen sein. Dies ergibt sich aus § 34 Abs. 1 GmbHG. Ohne eine solche Regelung ist eine Zwangseinziehung gegen den Willen des betroffenen Gesellschafters nicht möglich.

Der Gesellschaftsvertrag sollte dabei die konkreten Gründe für eine Einziehung festlegen. Typische Einziehungsgründe sind beispielsweise die Insolvenz eines Gesellschafters, die Pfändung des Geschäftsanteils durch Gläubiger oder schwerwiegende Pflichtverletzungen des Gesellschafters. Auch der Tod eines Gesellschafters kann als Einziehungsgrund vereinbart werden.

Ein weiteres wichtiges Kriterium ist, dass der einzuziehende Geschäftsanteil vollständig eingezahlt sein muss. Dies dient dem Schutz des Stammkapitals der Gesellschaft.

Die eigentliche Einziehung erfolgt durch einen Beschluss der Gesellschafterversammlung. Dabei ist zu beachten, dass der betroffene Gesellschafter in der Regel nicht stimmberechtigt ist, wenn es um die Einziehung seines eigenen Anteils geht. Dies folgt aus dem allgemeinen Grundsatz des Stimmrechtsausschlusses bei der Beschlussfassung in eigenen Angelegenheiten.

Besonders wichtig ist die Frage der Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters. Grundsätzlich steht dem Gesellschafter, dessen Anteil eingezogen wird, eine angemessene Abfindung zu. Die Höhe und Modalitäten der Abfindung sollten ebenfalls im Gesellschaftsvertrag geregelt sein. Dabei ist zu beachten, dass die Abfindung nicht so niedrig angesetzt werden darf, dass sie einer faktischen Enteignung gleichkommt.

Ein kritischer Punkt bei der Einziehung ist die finanzielle Situation der Gesellschaft. Die Rechtsprechung hat klargestellt, dass ein Einziehungsbeschluss nichtig ist, wenn bereits bei der Beschlussfassung feststeht, dass die Abfindung nicht aus freiem Vermögen der Gesellschaft gezahlt werden kann, ohne das Stammkapital zu beeinträchtigen. Dies dient dem Gläubigerschutz und soll verhindern, dass die Gesellschaft durch die Einziehung in finanzielle Schieflage gerät.

In der Praxis ist es ratsam, vor der Einziehung eine sorgfältige Prüfung der finanziellen Situation der Gesellschaft vorzunehmen. Dabei sollte nicht nur die aktuelle Lage, sondern auch die zu erwartende finanzielle Entwicklung berücksichtigt werden. Insbesondere wenn die Abfindung in Raten gezahlt werden soll, muss die Gesellschaft in der Lage sein, diese Zahlungen zu leisten, ohne das Stammkapital anzugreifen.

Es ist zu beachten, dass der von der Einziehung betroffene Gesellschafter den Einziehungsbeschluss anfechten kann, wenn er Mängel im Verfahren oder in der Begründung sieht. Eine solche Anfechtungsklage muss innerhalb eines Monats nach Kenntniserlangung vom Beschluss erhoben werden.

Die Einziehung eines Geschäftsanteils ist ein komplexer Vorgang mit weitreichenden Folgen für alle Beteiligten. Sie erfordert eine sorgfältige Vorbereitung und Durchführung, um rechtliche Risiken zu minimieren und die Interessen aller Beteiligten angemessen zu berücksichtigen.

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Welche Folgen hat die Einziehung eines Geschäftsanteils für die Gesellschaftsstruktur?

Die Einziehung eines Geschäftsanteils in einer GmbH hat weitreichende Folgen für die Gesellschaftsstruktur. Mit dem Wirksamwerden des Einziehungsbeschlusses erlischt der betroffene Geschäftsanteil und der Gesellschafter scheidet aus der GmbH aus. Dies führt zu einer Neuordnung der Beteiligungsverhältnisse und kann die Machtverhältnisse innerhalb der Gesellschaft erheblich verändern.

Eine zentrale Auswirkung ist die Verringerung der Gesamtzahl der Geschäftsanteile. Da der eingezogene Anteil nicht mehr existiert, reduziert sich die Summe aller Anteile entsprechend. Dies hat direkte Konsequenzen für die prozentualen Beteiligungsverhältnisse der verbleibenden Gesellschafter. Ihre relativen Anteile am Stammkapital erhöhen sich automatisch, ohne dass sie zusätzliche Einlagen leisten müssen.

Besonders bedeutsam ist die Veränderung der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung. Mit dem Wegfall des eingezogenen Anteils steigt der relative Stimmrechtsanteil der übrigen Gesellschafter. Dies kann zu einer Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse führen. Ein Gesellschafter, der zuvor knapp unter 50% der Stimmen hatte, könnte nun plötzlich die absolute Mehrheit erlangen. Solche Veränderungen können die Entscheidungsfindung in der GmbH maßgeblich beeinflussen.

Die Einziehung kann auch Auswirkungen auf bestehende Sperrminoritäten haben. Verfügte ein Gesellschafter bisher über eine Beteiligung von mehr als 25%, mit der er wichtige Beschlüsse blockieren konnte, könnte diese Position durch die Einziehung gefährdet sein. Umgekehrt können andere Gesellschafter durch die Neuverteilung der Anteile in eine solche Sperrminoritätsposition gelangen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die mögliche Veränderung der Gewinnverteilung. Sofern der Gesellschaftsvertrag keine abweichenden Regelungen vorsieht, richtet sich die Gewinnverteilung nach den Beteiligungsverhältnissen. Mit dem Wegfall eines Gesellschafters erhöht sich somit der Gewinnanteil der verbleibenden Gesellschafter entsprechend.

Die Einziehung kann auch Auswirkungen auf die Geschäftsführung haben. War der ausgeschiedene Gesellschafter gleichzeitig Geschäftsführer, muss diese Position neu besetzt werden. Dies kann zu einer Neuausrichtung der Geschäftspolitik führen, insbesondere wenn der neue Geschäftsführer andere Vorstellungen von der Unternehmensführung hat.

In Bezug auf das Stammkapital der GmbH ist zu beachten, dass dieses durch die Einziehung grundsätzlich unverändert bleibt. Es entsteht eine Differenz zwischen der Summe der Nennbeträge der verbleibenden Geschäftsanteile und dem Stammkapital. Diese Differenz wird als sogenannter „Einziehungsüberhang“ bezeichnet. Um diese Diskrepanz zu beseitigen, können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, wie etwa die Erhöhung der Nennbeträge der verbleibenden Geschäftsanteile oder die Neubildung eines Geschäftsanteils.

Die Einziehung kann auch Auswirkungen auf bestehende Gesellschaftervereinbarungen haben. Stimmbindungsverträge oder Poolvereinbarungen müssen möglicherweise angepasst werden, um der neuen Situation Rechnung zu tragen. Ebenso können sich Vorkaufsrechte oder Andienungspflichten durch die veränderten Beteiligungsverhältnisse in ihrer praktischen Bedeutung wandeln.

Für die verbleibenden Gesellschafter ergeben sich durch die Einziehung oft neue strategische Möglichkeiten. Sie können die veränderten Mehrheitsverhältnisse nutzen, um bisher blockierte Entscheidungen durchzusetzen oder eine neue Ausrichtung der Gesellschaft voranzutreiben. Gleichzeitig besteht die Herausforderung, das Ausscheiden eines Gesellschafters operativ und strategisch zu kompensieren, insbesondere wenn dieser wichtiges Know-how oder Geschäftsbeziehungen in die GmbH eingebracht hat.

Die Einziehung eines Geschäftsanteils kann somit tiefgreifende Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur einer GmbH bewirken. Sie beeinflusst nicht nur die formalen Beteiligungsverhältnisse, sondern kann auch die Machtverhältnisse, die strategische Ausrichtung und die operative Führung der Gesellschaft nachhaltig verändern. Gesellschafter sollten diese potenziellen Auswirkungen sorgfältig abwägen, bevor sie einem Einziehungsbeschluss zustimmen.

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Was passiert mit den Rechten des Gesellschafters nach der Einziehung?

Die Einziehung eines GmbH-Geschäftsanteils hat weitreichende Konsequenzen für die Rechte des betroffenen Gesellschafters. Mit der wirksamen Einziehung erlöschen sämtliche Mitgliedschaftsrechte des Gesellschafters gegenüber der GmbH. Dies bedeutet einen vollständigen Verlust der Gesellschafterstellung.

Konkret verliert der Gesellschafter mit der Einziehung folgende wesentliche Rechte:

Das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung entfällt. Der betroffene Gesellschafter kann somit nicht mehr an Beschlussfassungen teilnehmen und hat keinen Einfluss mehr auf Entscheidungen der GmbH.

Auch der Anspruch auf Gewinnausschüttungen erlischt. Der ehemalige Gesellschafter partizipiert nicht mehr an zukünftigen Gewinnen der Gesellschaft. Bereits entstandene, aber noch nicht ausgezahlte Gewinnansprüche bleiben jedoch in der Regel bestehen.

Das Recht auf Teilnahme an Gesellschafterversammlungen entfällt ebenfalls. Der ausgeschiedene Gesellschafter hat keinen Anspruch mehr darauf, zu Versammlungen eingeladen zu werden oder daran teilzunehmen.

Zudem verliert der Gesellschafter sein Informations- und Einsichtsrecht nach § 51a GmbHG. Er kann keine Auskünfte über Angelegenheiten der Gesellschaft mehr verlangen oder Einsicht in Bücher und Schriften der GmbH nehmen.

Das Recht zur Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen steht dem ausgeschiedenen Gesellschafter ebenfalls nicht mehr zu. Er kann keine Beschlüsse mehr gerichtlich anfechten, selbst wenn diese fehlerhaft sein sollten.

Auch sonstige Mitverwaltungsrechte, wie etwa das Recht zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung oder zur Ergänzung der Tagesordnung, gehen verloren.

Der Verlust dieser Rechte tritt grundsätzlich mit sofortiger Wirkung ein, sobald der Einziehungsbeschluss wirksam wird. Dies ist in der Regel der Zeitpunkt der Beschlussfassung, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht.

Es ist wichtig zu beachten, dass der Gesellschafter trotz Einziehung einen Abfindungsanspruch gegen die GmbH behält. Dieser Anspruch tritt an die Stelle der Mitgliedschaftsrechte und stellt einen schuldrechtlichen Anspruch dar. Die Höhe und Modalitäten der Abfindung richten sich nach den Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag oder, falls dort nicht geregelt, nach dem tatsächlichen Wert des Geschäftsanteils.

In bestimmten Fällen kann der ausgeschiedene Gesellschafter noch Nachwirkungen seiner früheren Stellung erfahren. So kann er unter Umständen für bestimmte Verbindlichkeiten der GmbH haften, die vor seinem Ausscheiden entstanden sind. Auch können Wettbewerbsverbote oder Verschwiegenheitspflichten über das Ausscheiden hinaus fortbestehen.

Für den Fall, dass die Wirksamkeit der Einziehung später erfolgreich angefochten wird, können die Mitgliedschaftsrechte rückwirkend wieder aufleben. Dies unterstreicht die Bedeutung einer rechtssicheren Durchführung des Einziehungsverfahrens.

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Welche Handlungsmöglichkeiten haben Gesellschafter bei einer drohenden Einziehung?

Bei einer drohenden Einziehung von Geschäftsanteilen haben Gesellschafter einer GmbH verschiedene Handlungsmöglichkeiten, um ihre Interessen zu wahren und sich gegen den Verlust ihrer Anteile zu schützen.

Eine zentrale Maßnahme ist die gründliche Prüfung des Gesellschaftsvertrags. Dieser muss eine Einziehungsklausel enthalten, damit eine Zwangseinziehung überhaupt zulässig ist. Fehlt eine solche Klausel, ist die Einziehung von vornherein unwirksam. Auch wenn eine Einziehungsklausel vorhanden ist, sollten Gesellschafter genau prüfen, ob die dort festgelegten Voraussetzungen für eine Einziehung tatsächlich erfüllt sind.

Gesellschafter haben zudem das Recht, an der Gesellschafterversammlung teilzunehmen, in der über die Einziehung entschieden wird. Dabei steht ihnen grundsätzlich ein Stimmrecht zu, es sei denn, der Gesellschaftsvertrag sieht für den Fall der Zwangseinziehung aus Gründen in der Person des Gesellschafters etwas anderes vor. Die aktive Teilnahme an der Versammlung ermöglicht es, Argumente gegen die Einziehung vorzubringen und möglicherweise andere Gesellschafter zu überzeugen.

Sollte es trotz Widerspruch zu einem Einziehungsbeschluss kommen, können betroffene Gesellschafter diesen gerichtlich anfechten. Eine Anfechtungsklage muss innerhalb eines Monats nach Beschlussfassung erhoben werden. Dabei ist zu beachten, dass die Einziehung trotz Anfechtungsklage zunächst wirksam bleibt, bis ein Gericht sie für unwirksam erklärt.

In dringenden Fällen besteht die Möglichkeit, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorzugehen. Hierbei kann beispielsweise beantragt werden, die Eintragung einer geänderten Gesellschafterliste zu verhindern oder einen Widerspruch nach § 16 Abs. 3 GmbHG eintragen zu lassen. Dies dient dazu, einen gutgläubigen Erwerb der Anteile durch Dritte zu verhindern.

Gesellschafter sollten auch prüfen, ob die Gesellschaft überhaupt in der Lage ist, die gesetzlich vorgeschriebene Abfindung zu zahlen. Ist dies nicht der Fall, kann der Einziehungsbeschluss unter Umständen nichtig sein. Die Zahlung der Abfindung selbst ist nach aktueller Rechtsprechung zwar keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Einziehung, jedoch kann die offensichtliche Unmöglichkeit der Abfindungszahlung die Nichtigkeit des Beschlusses begründen.

Eine weitere Option ist der Versuch, mit den anderen Gesellschaftern in Verhandlungen zu treten. Möglicherweise lassen sich Konflikte auf diesem Weg beilegen oder alternative Lösungen finden, wie etwa der freiwillige Verkauf der Anteile zu fairen Konditionen.

Gesellschafter sollten auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, eigene Einziehungsgründe geltend zu machen, falls solche vorliegen. Dies könnte eine Gegenmaßnahme darstellen, um Druck auf die anderen Gesellschafter auszuüben und eine einvernehmliche Lösung zu erreichen.

Es ist wichtig zu beachten, dass jeder Fall individuell zu betrachten ist und die konkreten Handlungsmöglichkeiten von den spezifischen Umständen und den Regelungen im Gesellschaftsvertrag abhängen. Eine frühzeitige und umfassende rechtliche Beratung ist in solchen Situationen oft unerlässlich, um die eigenen Rechte effektiv zu wahren und die bestmögliche Strategie zu entwickeln.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Einziehung von Geschäftsanteilen: Die Einziehung von Geschäftsanteilen ist ein rechtlicher Vorgang, bei dem die Anteile eines Gesellschafters an der GmbH zwangsweise zurückgenommen werden. Dies geschieht meist, wenn der Gesellschafter gegen gesellschaftsrechtliche Pflichten verstößt. Nach der Einziehung erlischt der Anteil, und der Gesellschafter verliert seine Rechte und Pflichten gegenüber der GmbH.
  • Gesellschafterbeschluss: Ein Gesellschafterbeschluss ist eine Entscheidung, die von den Gesellschaftern einer GmbH in einer Gesellschafterversammlung getroffen wird. Diese Beschlüsse können verschiedene Themen betreffen, wie z.B. die Einziehung von Geschäftsanteilen, und erfordern oft eine bestimmte Mehrheit der Stimmen.
  • Rechtswidrigkeit: Rechtswidrigkeit bedeutet, dass eine Handlung oder Entscheidung gegen geltendes Recht verstößt. Im Kontext der Einziehung von Geschäftsanteilen bedeutet dies, dass der Einziehungsbeschluss nicht den gesetzlichen Anforderungen oder den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags entspricht und daher ungültig ist.
  • Gesellschaftsstruktur: Die Gesellschaftsstruktur bezeichnet die organisatorische und rechtliche Struktur einer GmbH, einschließlich der Verteilung der Geschäftsanteile und der Rechte und Pflichten der Gesellschafter. Veränderungen wie die Einziehung von Geschäftsanteilen können die Gesellschaftsstruktur erheblich beeinflussen.
  • Mitgliedschaftsrechte: Mitgliedschaftsrechte sind die Rechte, die einem Gesellschafter aufgrund seines Anteils an der GmbH zustehen. Dazu gehören z.B. das Stimmrecht in Gesellschafterversammlungen und das Recht auf Gewinnbeteiligung. Bei der Einziehung von Geschäftsanteilen erlöschen diese Rechte.
  • Einziehungsentgelt: Das Einziehungsentgelt ist die finanzielle Abfindung, die ein Gesellschafter im Falle der Einziehung seiner Geschäftsanteile erhält. Die Höhe dieses Entgelts richtet sich nach dem Wert des Geschäftsanteils zum Zeitpunkt der Einziehung und soll den Verlust des Gesellschafters ausgleichen.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 34 GmbHG (Einziehung von Geschäftsanteilen): Die Einziehung von Geschäftsanteilen ist ein zentraler Bestandteil des GmbH-Rechts und ermöglicht es der Gesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen, Anteile eines Gesellschafters zu entziehen. Dies kann beispielsweise bei vereinbarungswidrigem Verhalten oder zur Sicherung des Gesellschaftszwecks erfolgen. Im vorliegenden Fall wurde der Geschäftsanteil eines Gesellschafters eingezogen, was zu einem Rechtsstreit über die Wirksamkeit dieses Beschlusses und die daraus resultierenden Folgen führte.
  • § 16 GmbHG (Gesellschafterbeschlüsse): Gesellschafterbeschlüsse sind das zentrale Entscheidungsinstrument in einer GmbH. Sie regeln wichtige Angelegenheiten wie die Geschäftsführung, die Gewinnverteilung oder Veränderungen im Gesellschafterbestand. Im vorliegenden Fall wurden Gesellschafterbeschlüsse über die Teilung und Zuweisung eines Geschäftsanteils nach dessen Einziehung gefasst, deren Wirksamkeit jedoch rechtlich umstritten war.
  • § 158 BGB (Bedingung): Eine Bedingung ist eine Bestimmung in einem Rechtsgeschäft, wonach der Eintritt oder der Wegfall einer Rechtswirkung von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängt. Im vorliegenden Fall argumentierte die Beklagte, dass die Zustimmung des Gesellschafters zur Einziehung seines Geschäftsanteils unter einer aufschiebenden Bedingung stand, nämlich dass der Anteil an eine bestimmte Person übertragen werden könne. Das Gericht wies diese Argumentation jedoch zurück.
  • § 60 GmbHG (Anwachsung): Die Anwachsung ist ein gesetzlicher Mechanismus, der im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters greift. Dabei wachsen dessen Geschäftsanteile den übrigen Gesellschaftern im Verhältnis ihrer bisherigen Beteiligung an. Im vorliegenden Fall war die Frage relevant, ob der eingezogene Geschäftsanteil den übrigen Gesellschaftern angewachsen ist oder ob er noch übertragen werden konnte.
  • § 134 BGB (Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts): Ein Rechtsgeschäft ist nichtig, wenn es gegen ein gesetzliches Verbot verstößt oder sittenwidrig ist. Im vorliegenden Fall wurde die Frage aufgeworfen, ob die Übertragung des eingezogenen Geschäftsanteils nichtig sein könnte, da ein Missverhältnis zwischen dem Wert des Anteils und der dafür gebotenen Gegenleistung bestand.

Das vorliegende Urteil

OLG Dresden – Az.: 13 U 788/15 – Urteil vom 28.10.2015


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I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 24.04.2015 – Az.: 1 O 331/14 – wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss:

Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 125.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 16.10.2014 über die Teilung des Geschäftsanteils Nr. 2 und die Zuweisung der durch die Teilung entstandenen Geschäftsanteile unwirksam sind. Auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung begehrt die Beklagte die Abweisung der Klage.

Die Beklagte meint, die vom Landgericht aufgezeigten Alternativen seien nicht gangbar gewesen. Fehlerhaft sei die Auffassung, der Beschluss über die Einziehung des Gesellschaftsanteils habe zu dessen Untergang geführt und der Anteil sei sofort den übrigen Gesellschaftern angewachsen. In welcher Form und in welcher zeitlichen Abfolge eine Einziehung vorgenommen werden könne, sei im Gesetz nicht geregelt. Maßgeblich sei daher die Satzung. Nach dieser vollziehe sich die Einziehung in zwei Stufen, indem zunächst über die Einziehung selbst entschieden werde und die Gesellschafter sodann bestimmen könnten, dass der eingezogene Geschäftsanteil einzelnen oder mehreren Gesellschaftern zugewiesen werde. Mit dem Beschluss in der ersten Stufe erlange die Gesellschaft die bloße Verfügungsmacht über den Anteil. Die vom Landgericht vorgenommene Auslegung verkehre den Zweck, den der Gesellschafter R. mit seiner Zustimmung zur Einziehung verfolgt habe, praktisch in sein Gegenteil. Die Zustimmung zur Einziehung habe hier jedenfalls unter der aufschiebenden Bedingung gestanden, dass das gewünschte Ziel Abtretung an die S. GmbH und Herrn R. erreicht werden könne.

Im Übrigen fehle dem Kläger schon das Rechtsschutzbedürfnis, da er die fragliche Klage nur angestrengt habe, um als lästiger Gesellschafter ausscheiden zu können und für seinen Anteil einen möglichst hohen Preis zu erzielen.

Die Beklagte beantragt, in Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und meint, die Satzung sehe die Abtretung eines Geschäftsanteils an andere Gesellschafter als Alternative zur Einziehung vor, nicht aber als deren Durchführung. Mit der Beschlussfassung und deren Bekanntgabe, die hier aufgrund der Anwesenheit sämtlicher Gesellschafter nicht gesondert erforderlich gewesen sei, sei die Einziehung wirksam geworden und habe zur Vernichtung des eingezogenen Geschäftsanteils geführt. Dieser habe daher nicht mehr abgetreten werden können.

Im Übrigen bedürfe die Abtretung eines Geschäftsanteils der Zustimmung aller Gesellschafter. Diese liege hier nicht vor. Der Kläger sei zur Zustimmung auch nicht deshalb verpflichtet, weil nur so dem Treuhänder die Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber seinen Treugebern möglich sei. Ohnehin hätte das angestrebte Ziel dadurch erreicht werden können, dass Herr R. seinen Geschäftsanteil künftig für die S. GmbH halte.

Unabhängig von allen anderen Überlegungen führe schon das Missverhältnis zwischen dem Wert des Geschäftsanteils und der den Mitarbeitern zugesagten Gegenleistung zur Nichtigkeit der Abtretung.

II.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

1. Die Klage ist zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers kann nicht deswegen verneint werden, weil er möglicherweise seinen Geschäftsanteil zu einem möglichst guten Preis abgeben will. Grundsätzlich muss jeder Gesellschafter die Möglichkeit haben, von ihm für unwirksam erachtete Beschlüsse gerichtlich anzugreifen. Die Berechtigung eines solchen Vorgehens entfällt nicht dadurch, dass der Gesellschafter sein Ausscheiden ins Auge gefasst hat, die Verwirklichung einer solchen Absicht aber, wie hier, gänzlich ungewiss ist.

2. Die angegriffenen Beschlüsse sind unwirksam, da nach der wirksamen Einziehung des Geschäftsanteils dessen Teilung und Abtretung nicht mehr möglich waren.

a) Der Geschäftsanteil wurde wirksam eingezogen.

aa) Die Einziehung eines Geschäftsanteils ist nur zulässig, wenn die Einlage vollständig eingezahlt wurde. Dies war unstreitig der Fall.

bb) Der Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses steht nicht die fehlende Zustimmung des betroffenen Gesellschafters R. entgegen.

Der Gesellschafter hat der Einziehung zugestimmt. Dies stand nicht, wie die Beklagte meint, unter der aufschiebenden Bedingung, dass das gewünschte Ziel der Abtretung erreicht werden könne. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesellschafter R. bei Erteilung der Zustimmung allen Beteiligten zu erkennen gab, dass diese nur unter einer aufschiebenden Bedingung gelten sollte. Zudem kann der Wunsch, dass ein bestimmtes Ergebnis rechtlich erreicht werden kann, nicht als Bedingung im Sinne von § 158 Abs. 1 BGB gestellt werden, da die objektive Rechtslage, auch wenn sich die Vertragsparteien über sie im Zweifel befinden oder einem Irrtum unterliegen, kein ungewisses zukünftiges Ereignis darstellt,

cc) Ein Einziehungsbeschluss ist entsprechend § 241 Nr. 3 AktG nichtig, wenn bereits bei Beschlussfassung feststeht, dass das Einziehungsentgelt nicht aus freiem, die Stammkapitalziffer nicht beeinträchtigendem Vermögen der Gesellschaft gezahlt werden kann (BGH, Urteil vom 24.01.2012 – II ZR 109/11, Rn. 7, zitiert nach juris). Dass dies hier der Fall war, kann nicht festgestellt werden. Die Parteien haben weder zur Höhe des Einziehungsentgelts noch zur finanziellen Leistungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Einziehung nachvollziehbar vorgetragen. Zwar hat die Beklagte im Schriftsatz vom 08.04.2015 (dort S. 4/5, GA 117 f.) unter Bezug auf die Anlage K 10 gemeint, der Kläger komme auf einen Wert des eingezogenen Geschäftsanteils von 722.037,98 €, dessen Auszahlung ihr ohne Beeinträchtigung des Stammkapitals nicht möglich sei. Der genannte Betrag ist indes vom Kläger als Verkehrswert des Geschäftsanteils vorgetragen worden. Nach § 9 des Gesellschaftsvertrags ist für das Entgelt bei der Einziehung jedoch nicht der Verkehrswert des Unternehmens, sondern der Einheitswert des Betriebsvermögens der Gesellschaft ohne Berücksichtigung eines Firmenwerts maßgeblich. Dass dieser Einheitswert dem Verkehrswert, dessen vom Kläger behauptete Höhe die Beklagte zudem bestritten hat, entspricht, ist nicht ersichtlich. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass schon bei der Fassung des Einziehungsbeschlusses feststand, dass das Entgelt ohne Beeinträchtigung des Stammkapitals nicht gezahlt werden kann. Dies liegt bei einem Gewinnvortrag von über einer Million Euro und jährlichen Überschüssen in sechsstelliger Höhe auch nicht nahe.

dd) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Wirksamkeit der Einziehung nicht davon abhängig, dass die Abfindung für den eingezogenen Geschäftsanteil tatsächlich gezahlt wird (BGH, Urteil vom 24.01.2012 – II ZR 109/11, Rn. 13 ff., zitiert nach juris).

b) Der Einziehungsbeschluss bewirkte den sofortigen Untergang des eingezogenen Geschäftsanteils, so dass er nicht mehr geteilt und übertragen werden konnte.

aa) Die Wirkungen der Einziehung traten sofort mit der Beschlussfassung ein.

Die Einziehung setzt neben dem Gesellschafterbeschluss die Mitteilung an den betroffenen Gesellschafter voraus. Mit der Bekanntgabe des Beschlusses an den betroffenen Gesellschafter wird sie sofort wirksam (BGH, Urteil vom 24.01.2012 – II ZR 109/11, Rn. 6, zitiert nach juris).

Nach h.M. bedarf es einer gesonderten Mitteilung nicht, wenn der Gesellschafter bei der Beschlussfassung anwesend ist (Baumbach/Hueck-Fastrich, GmbHG, 20. Aufl., § 34 Rn. 16; a.A. MünchKommGmbHG-Strohn, 2. Aufl., § 34 Rn. 36). Das war hier der Fall. Allerdings sieht der Gesellschaftsvertrag in § 8 vor, dass die Einziehung durch den Geschäftsführer erfolgt. Soweit damit die Mitteilung des Beschlusses an den betroffenen Gesellschafter gemeint ist, ändert das nichts daran, dass für eine gesonderte Mitteilung durch den Geschäftsführer an den betroffenen Gesellschafter kein Bedürfnis bestand und deshalb eine solche nicht erfolgen musste. Dies gilt umso mehr, als die Geschäftsführer der Beklagten bei der Beschlussfassung ebenfalls gegenwärtig waren.

bb) Die Einziehung vernichtet den Geschäftsanteil des betroffenen Gesellschafters und lässt sämtliche mit dem Geschäftsanteil verbundenen Mitgliedschaftsrechte und -pflichten untergehen (BGH, Urteil vom 14.09.1998 – II ZR 172/97, Rn. 8, zitiert nach juris). Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 02.12.2014 (II ZR 322/13) ergibt sich nicht, wie die Beklagte meint, dass die Gesellschafter die Rechtsfolgen einer Einziehung nach ihren Wünschen selbst regeln können. In dem Urteil wird zwar ausgeführt, es gebe gute Gründe, die Entscheidung, wie weiter verfahren werden solle, den Gesellschaftern zu überlassen. Dies bezieht sich indes nicht auf die Rechtsfolgen der Einziehung selbst, sondern auf die Frage, welche Folgen eine sich aus der Einziehung ergebende, gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG unzulässige Abweichung der Summe der Nennbeträge aller Geschäftsanteile vom Stammkapital hat, die sich gerade daraus ergibt, dass die eingezogenen Geschäftsanteile untergehen. Von seiner Auffassung, dass die Einziehung zur Vernichtung des Geschäftsanteils führt, ist der Bundesgerichtshof damit nicht abgerückt.

Entgegen der Ansicht der Beklagten gestattet auch ihre Satzung nicht, nach der Einziehung den Geschäftsanteil auf eine andere Person zu übertragen. Diese Möglichkeit sieht § 8 des Gesellschaftsvertrags vielmehr „statt der Einziehung“ vor. Sie stellt also nach dem eindeutigen Wortlaut nicht, wie die Beklagte meint, eine Variante für den Vollzug der Einziehung dar, sondern eine Alternative, die die Gesellschaft nicht mehr wählen konnte, nachdem sie die Einziehung beschlossen und dem betroffenen Gesellschafter bekannt gegeben hatte. Für das Verständnis der Beklagten gibt die Formulierung des Gesellschaftsvertrags nichts her. Allein der Umstand, dass der betreffende Absatz des § 8 in seinem ersten Satz die Durchführung der Einziehung nach deren Beschließung durch die Gesellschafterversammlung auf den Geschäftsführer überträgt, lässt nicht erkennen, dass die Übertragung der Geschäftsanteile trotz der sprachlich zweifelsfreien Formulierung als Alternative zur Einziehung selbst nicht als solche, sondern als Variante der Einziehungsdurchführung zu verstehen ist. Auch § 5 des Vertrags, der in seinem siebten Absatz die Folgen einer Kündigung regelt, führt die Einziehung des Anteils des kündigenden Gesellschafters als Alternative zur Übertragung an die Gesellschaft, einen Gesellschafter oder einen Dritten an, wie sich aus der Verknüpfung mit „oder“ zweifelsfrei ergibt.

c) Offen bleiben kann, ob der Kläger vor der Einziehung des Geschäftsanteils verpflichtet gewesen wäre, der Abtretung der Gesellschaftsanteile durch den Gesellschafter R. an die S. ..  GmbH zuzustimmen, da aufgrund der späteren wirksamen Einziehung die Abtretung nicht mehr möglich ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711, § 709 Satz 2 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung erfolgte nach Maßgabe des § 247 Abs. 1 Satz 1 AktG, der auf gesellschaftsrechtliche Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen entsprechend anzuwenden ist (BGH, Beschluss vom 10.11.2009 – II ZR 196/08, Rn. 3, zitiert nach juris), unter Berücksichtigung der Bedeutung der Sache für beide Parteien.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.

 


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