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GmbH-Geschäftsführer – Missbrauchs der Vertretungsmacht – Voraussetzungen

Ein wertvolles Grundstück mitsamt profitabler Biogasanlage sollte für den Spottpreis von gerade mal 10.000 Euro verkauft werden. Das Brisante daran: Dieselbe Person unterschrieb den Vertrag für Käufer und Verkäufer gleichermaßen. Als der eigentliche Eigentümer Wind davon bekam, zog er vor Gericht. Dort fiel nun die Entscheidung über die Gültigkeit dieses ungewöhnlichen Geschäfts.

Übersicht:

Zum vorliegenden Urteil Az.: 6 O 68/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Leipzig

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eine GmbH, unter anderem in den Bereichen Landwirtschaft und Vermögensverwaltung tätig, die ein Grundstück verkauft hat und die Löschung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch begehrt.
  • Beklagte: Eine UG (haftungsbeschränkt), die das Grundstück gekauft hat und die Wirksamkeit des Kaufvertrages verteidigt sowie die Übereignung des Grundstücks und die Nutzungen beansprucht.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Die Klägerin verkaufte ein großes Grundstück mit Biogasanlage und Ställen für 10.000 € an die Beklagte. Der Geschäftsführer der Klägerin handelte beim Vertragsabschluss als Vertreter für beide Parteien. Die Klägerin hält den Vertrag wegen Missbrauchs der Vertretungsmacht und Verstoßes gegen interne Regeln für unwirksam.
  • Kern des Rechtsstreits: War der Grundstückskaufvertrag aufgrund von Missbrauch der Vertretungsmacht durch den für beide Seiten handelnden Geschäftsführer der Verkäuferin unwirksam, obwohl dieser formal vertretungsberechtigt war? Kann die Käuferin daher keine Rechte aus dem Vertrag, wie Eintragung ins Grundbuch oder Nutzungen, beanspruchen?

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Landgericht Leipzig verurteilte die Beklagte, die Löschung der für sie eingetragenen Auflassungsvormerkung zu bewilligen. Die Widerklage der Beklagten auf Übereignung des Grundstücks und Feststellung des Nutzungsübergangs wurde vollumfänglich abgewiesen.
  • Begründung: Das Gericht sah den Kaufvertrag als unwirksam an, weil der Geschäftsführer seine Vertretungsmacht missbraucht hatte. Da er als Vertreter beider Parteien handelte (Insichgeschäft), wurde der Beklagten sein Wissen um interne Beschränkungen und die Nachteiligkeit des Geschäfts für die Klägerin zugerechnet. Das Geschäft war für die Klägerin nachteilig, da es über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausging, der Gesellschafterbeschluss fehlte und sie einen wesentlichen Vermögensgegenstand sowie die Nutzungsmöglichkeiten verlor.
  • Folgen: Aus dem unwirksamen Kaufvertrag kann die Beklagte keine Rechte herleiten. Die Klägerin muss das Grundstück nicht übereignen. Die auf den Vertrag gestützten Forderungen der Beklagten wurden daher abgewiesen.

Der Fall vor Gericht


Gerichtsurteil: Grundstückskaufvertrag wegen Missbrauch der Vertretungsmacht bei Insichgeschäft unwirksam – Käuferin verliert Ansprüche

Ein bemerkenswerter Fall um den Verkauf eines wertvollen Grundstücks mit Biogasanlage zu einem Spottpreis beschäftigte das Landgericht Leipzig.

Geschäftsführer unterschreibt notariellen Grundstückskaufvertrag, im Hintergrund zustimmende Käufer-Geschäftsführerin.
Notarielle Grundstücksübertragung bei GmbH & UG: Streit um Vertretungsmacht und Vertragsgültigkeit. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Im Zentrum stand die Frage, ob ein Notarieller Grundstückskaufvertrag gültig ist, wenn der Geschäftsführer der Verkäuferin gleichzeitig für die Käuferin handelt (Insichgeschäft nach § 181 BGB) und dabei seine internen Befugnisse überschreitet. Das Gericht musste entscheiden, ob die Käuferin trotz formal korrekter Vertretung Rechte aus dem Vertrag herleiten kann, insbesondere die Eintragung ins Grundbuch oder die Nutzung des Grundstücks.

Ungewöhnlicher Grundstücksverkauf: Biogasanlagen-Grundstück für nur 10.000 Euro per Insichgeschäft verkauft

Am 8. Januar 2020 wurde vor einem Notar in L. ein Kaufvertrag über ein mehr als 40.000 Quadratmeter großes Grundstück in K. geschlossen. Verkäuferin war eine GmbH, die unter anderem in der Landwirtschaft und Vermögensverwaltung tätig ist. Käuferin war eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft (UG). Auf dem Grundstück befinden sich eine Biogasanlage sowie ehemalige Rinderställe. Der vereinbarte Kaufpreis betrug lediglich 10.000 Euro. Brisant war zudem die Vereinbarung, dass das Grundstück lastenfrei an die Käuferin übergehen sollte, obwohl es mit Belastungen im Wert von 2,91 Millionen Euro behaftet war.

Eine Besonderheit des Vertragsschlusses war, dass der damalige Geschäftsführer der Verkäuferin, Herr A. v. d. V., den Vertrag sowohl für die verkaufende GmbH als auch für die kaufende UG unterzeichnete. Es handelte sich also um ein sogenanntes Insichgeschäft. Die Geschäftsführerin der Käuferin genehmigte dieses Vorgehen einen Tag später. Zugunsten der Käuferin wurde eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch bewilligt und am 7. April 2020 eingetragen, um ihren Anspruch auf Eigentumsübertragung zu sichern.

Die Verkäuferin ist eine Ein-Personen-GmbH, deren einzige Gesellschafterin eine andere GmbH ist. Deren Geschäftsführer wiederum ist der Zeuge S.R. Im Gesellschaftsvertrag der Verkäuferin ist festgelegt (§ 13 Abs. 2), dass Geschäfte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen, der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfen. Das betroffene Grundstück ist zwar an die Muttergesellschaft verpachtet, diese gestattet der Verkäuferin jedoch den Betrieb der Biogasanlage, mit der die Verkäuferin erhebliche Umsätze erzielte (im Dezember 2021 beispielsweise 77.213,68 Euro netto).

Streit um Wirksamkeit des Kaufvertrags: Verkäuferin wirft Geschäftsführer Missbrauch der Vertretungsmacht vor

Die Verkäuferin hielt den Kaufvertrag für unwirksam und verlangte vor Gericht die Zustimmung der Käuferin zur Löschung der Auflassungsvormerkung. Ihr zentrales Argument war der Missbrauch der Vertretungsmacht durch ihren damaligen Geschäftsführer A. v. d. V. Sie behauptete, er habe das Grundstück weit unter Wert verkauft (tatsächlicher Wert angeblich 2,3 Millionen Euro), möglicherweise in kollusivem Zusammenwirken mit der Käuferin, um sich oder andere zu bereichern. Dieser Verkauf stelle eine massive Entwertung der Verkäuferin dar.

Konkret habe der Geschäftsführer gegen die interne Regelung im Gesellschaftsvertrag (§ 13 Abs. 2) verstoßen, da der Verkauf eines solch wesentlichen Vermögensgegenstandes eindeutig über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehe und ein erforderlicher Gesellschafterbeschluss nicht vorgelegen habe. Nach Ansicht der Verkäuferin musste die Käuferin von diesem Missbrauch wissen, da der Geschäftsführer ja für beide Seiten tätig war (Insichgeschäft). Darüber hinaus wurde der Vorwurf des Wuchers gemäß § 138 BGB erhoben, der jedoch in der gerichtlichen Entscheidung eine untergeordnete Rolle spielte.

Käuferin beharrt auf Gültigkeit: Formale Vertretungsmacht und Abwendung der Insolvenz als Argumente

Die Käuferin widersprach dieser Darstellung und hielt den Kaufvertrag für wirksam. Sie argumentierte, der Geschäftsführer der Verkäuferin sei formal zur Vertretung berechtigt gewesen (§ 35 GmbHG). Interne Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis seien im Außenverhältnis gegenüber Geschäftspartnern grundsätzlich unbeachtlich (§ 37 Abs. 2 GmbHG), um den Rechtsverkehr zu schützen.

Die Käuferin bestritt auch den von der Verkäuferin genannten Grundstückswert und verwies auf hohe Abrisskosten für die alten Stallanlagen (rund 1,2 Millionen Euro), die den Wert minderten. Sie brachte zudem vor, der Verkauf habe der Verkäuferin geholfen, eine ansonsten unvermeidliche Insolvenz abzuwenden. Um ihre Ansprüche durchzusetzen, erhob die Käuferin eine Widerklage. Sie forderte die lastenfreie Übereignung des Grundstücks, die Feststellung, dass ihr die Nutzungen des Grundstücks seit dem Tag nach Vertragsschluss zustehen, und Auskunft über die von der Verkäuferin seitdem gezogenen Nutzungen. Ferner beantragte die Käuferin, das Gerichtsverfahren auszusetzen, da ein Verwaltungsverfahren bezüglich eines Vorkaufsrechts der Gemeinde laufe.

Urteil des Landgerichts Leipzig: Kaufvertrag ist unwirksam – Käuferin muss Löschung der Vormerkung zustimmen

Das Landgericht Leipzig gab der Klage der Verkäuferin vollumfänglich statt und wies die Widerklage der Käuferin vollständig ab. Die Käuferin wurde verurteilt, die Löschung der für sie eingetragenen Auflassungsvormerkung im Grundbuch zu bewilligen. Das Gericht stellte fest, dass der zugrundeliegende Kaufvertrag unwirksam ist.

Die Kosten des gesamten Rechtsstreits wurden der Käuferin auferlegt. Das Urteil ist für die Verkäuferin gegen eine hohe Sicherheitsleistung von 2 Millionen Euro (bezüglich der Löschung der Vormerkung) bzw. 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags (bezüglich der Kosten) vorläufig vollstreckbar. Der Streitwert wurde auf beachtliche 5.400.000 Euro festgesetzt.

Gerichtsbegründung: Nachweis des Missbrauchs der Vertretungsmacht durch den Geschäftsführer

Das Gericht begründete seine Entscheidung ausführlich. Zunächst bestätigte es seine Zuständigkeit und lehnte eine Aussetzung des Verfahrens ab. Entscheidend für den Ausgang war die Frage der Wirksamkeit des Kaufvertrages.

Der Anspruch der Verkäuferin auf Zustimmung zur Löschung der Vormerkung ergibt sich aus § 894 BGB (Grundbuchberichtigungsanspruch). Das Grundbuch ist nämlich unrichtig, weil die Vormerkung einen Anspruch sichert, der nicht besteht – eben weil der Kaufvertrag unwirksam ist.

Die Unwirksamkeit leitet das Gericht aus einem Missbrauch der Vertretungsmacht durch den Geschäftsführer der Verkäuferin, A. v. d. V., her. Zwar hatte dieser formal die Befugnis, die Verkäuferin nach außen zu vertreten (§ 35 Abs. 1 GmbHG). Interne Beschränkungen, wie die Notwendigkeit einer Gesellschafterzustimmung für außergewöhnliche Geschäfte (§ 13 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages), wirken nach § 37 Abs. 2 GmbHG grundsätzlich nicht gegenüber Dritten. Diese Regelung dient dem Schutz des Geschäftsverkehrs.

Jedoch gibt es laut ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) eine wichtige Ausnahme: Das Vertrauen des Geschäftspartners in den Bestand des Geschäfts ist nicht schutzwürdig, wenn er weiß oder es sich ihm geradezu aufdrängen musste, dass der Vertreter seine Befugnisse missbraucht, also bewusst zum Nachteil des Vertretenen handelt. In einem solchen Fall des offensichtlichen Missbrauchs kann sich der Geschäftspartner nicht auf die formale Vertretungsmacht berufen.

Besonderheiten beim Insichgeschäft: Erforderliche Nachteiligkeit für die Verkäuferin nachgewiesen

Im vorliegenden Fall kam die Besonderheit des Insichgeschäfts (§ 181 BGB) hinzu, da der Geschäftsführer A. v. d. V. für beide Vertragsparteien handelte. Für die Annahme eines relevanten Missbrauchs der Vertretungsmacht bei solchen Konstellationen stellt der BGH eine zusätzliche Bedingung auf: Das Geschäft muss für den Vertretenen (hier die Verkäuferin) objektiv nachteilig sein.

Der Grund für diese zusätzliche Anforderung liegt darin, dass bei einem Insichgeschäft das Wissen des Handelnden der anderen Vertragspartei zugerechnet wird (§ 166 Abs. 1 BGB). Hier wusste A. v. d. V. als Geschäftsführer der Verkäuferin von der internen Zustimmungspflicht und seinem Verstoß dagegen. Dieses Wissen wird der Käuferin zugerechnet, da er auch für sie handelte. Ohne das Kriterium der Nachteiligkeit wäre sonst jedes Insichgeschäft, bei dem gegen interne Regeln verstoßen wird, automatisch unwirksam, selbst wenn es für den Vertretenen vorteilhaft oder neutral wäre (z.B. die Erfüllung einer bereits bestehenden Schuld).

Das Gericht sah im konkreten Fall beide Voraussetzungen für den Missbrauch der Vertretungsmacht als erfüllt an:

  1. Verstoß gegen interne Beschränkung: Der Verkauf des Grundstücks mit der Biogasanlage, einem wesentlichen Vermögenswert, war eindeutig kein Geschäft des „gewöhnlichen Geschäftsbetriebs“. Die erforderliche Zustimmung der Gesellschafterversammlung lag unstreitig nicht vor. Der Geschäftsführer der Alleingesellschafterin (Zeuge S.R.) bestätigte glaubhaft, dass er bzw. die Gesellschafterin keine Kenntnis von dem Verkauf hatten.
  2. Kenntnis der Käuferin: Aufgrund der Zurechnung des Wissens von A. v. d. V. gemäß § 166 Abs. 1 BGB (wegen des Insichgeschäfts) hatte die Käuferin rechtlich Kenntnis von diesem Verstoß gegen die interne Geschäftsführungsbefugnis.
  3. Nachteiligkeit des Geschäfts für die Verkäuferin: Das Geschäft war für die Verkäuferin erheblich nachteilig. Es begründete erst die Verpflichtung zur Übereignung und war nicht bloß die Erfüllung einer bestehenden Pflicht. Schon dies stellt formal einen Nachteil dar. Dieser wird durch den extrem niedrigen Kaufpreis von 10.000 Euro nicht aufgewogen, zumal das Grundstück lastenfrei, also frei von Schulden im Wert von 2,91 Millionen Euro, übergeben werden sollte. Entscheidend war für das Gericht aber auch, dass die Verkäuferin durch den Verkauf die Nutzungsmöglichkeit der profitablen Biogasanlage verlieren würde. Der Verlust dieser erheblichen Einnahmequelle (über 77.000 Euro Monatsumsatz als Beispiel genannt) stellt einen gravierenden Nachteil dar, unabhängig von eventuellen Abrisskosten oder der Frage, ob die Verkäuferin insolvenzgefährdet war. Diese Nachteiligkeit war für die Käuferin (aufgrund des zugerechneten Wissens) offensichtlich.

Konsequenzen der Unwirksamkeit: Keine Ansprüche der Käuferin auf Grundstück oder Nutzungen

Da der Kaufvertrag wegen des nachgewiesenen Missbrauchs der Vertretungsmacht unter den besonderen Bedingungen des Insichgeschäfts als unwirksam anzusehen ist, kann die Käuferin keine Rechte daraus herleiten. Ihr vermeintlicher Anspruch auf Übereignung des Grundstücks besteht nicht.

Folgerichtig war auch die Widerklage der Käuferin vollständig unbegründet. Ihre Forderungen auf Übereignung des Grundstücks, Feststellung des Nutzungsübergangs und Auskunft über die gezogenen Nutzungen basierten ausschließlich auf dem unwirksamen Kaufvertrag. Ohne gültigen Vertrag gibt es keine Grundlage für diese Ansprüche.

Kosten und Streitwert: Käuferin trägt die gesamten Verfahrenskosten

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits folgt den gesetzlichen Regelungen (§§ 91, 91a ZPO). Da die Käuferin vollständig unterlegen ist, muss sie die gesamten Kosten des Verfahrens tragen. Dies schließt auch die Kosten für den Teil der Klage ein, den die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt hatten (Feststellung der Nichtigkeit des Vertrages), da dieser Antrag ursprünglich zulässig und begründet gewesen wäre.

Der Streitwert wurde vom Gericht auf 5.400.000 Euro festgesetzt. Dieser hohe Wert spiegelt die wirtschaftliche Bedeutung des Falles wider und setzt sich zusammen aus dem geschätzten Wert des Grundstücks (2 Mio. Euro), dem Wert der Freistellung von den Belastungen (2,9 Mio. Euro) und einem anteiligen Wert für die Nutzungsansprüche (0,5 Mio. Euro).


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass ein Insichgeschäft unwirksam sein kann, wenn der handelnde Vertreter seine Vertretungsmacht missbraucht und das Geschäft für die vertretene Partei nachteilig ist. Im konkreten Fall wurde ein wertvolles Grundstück mit Biogasanlage für nur 10.000 Euro verkauft, wobei der Geschäftsführer sowohl für die verkaufende GmbH als auch für die Käuferin handelte und dabei gegen interne Vorgaben des Gesellschaftsvertrags verstieß. Die Quintessenz liegt darin, dass selbst bei formaler Vertretungsbefugnis ein Geschäft scheitern kann, wenn es offensichtlich zum Nachteil des Vertretenen abgeschlossen wird und interne Genehmigungspflichten umgangen werden.

FAQ - Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet „Missbrauch der Vertretungsmacht“ im Zusammenhang mit einem GmbH-Geschäftsführer?

Stellen Sie sich vor, der Geschäftsführer einer GmbH ist wie ein Bevollmächtigter der Gesellschaft. Er hat die Befugnis, im Namen der GmbH Verträge abzuschließen, Geschäfte zu tätigen und die Gesellschaft nach außen hin zu vertreten. Man spricht hier von der Vertretungsmacht. Diese Macht ist im Handelsregister eingetragen und für Dritte (also Personen oder Unternehmen außerhalb der GmbH) normalerweise umfassend und nicht beschränkt sichtbar.

Gleichzeitig gibt es aber auch Regeln und Absprachen innerhalb der GmbH, zum Beispiel im Gesellschaftsvertrag oder in Beschlüssen der Gesellschafter. Diese internen Regeln können die Freiheit des Geschäftsführers einschränken. So kann zum Beispiel festgelegt sein, dass der Geschäftsführer bei Geschäften über einen bestimmten Betrag hinaus die Zustimmung der Gesellschafter einholen muss.

Von „Missbrauch der Vertretungsmacht“ spricht man dann, wenn der Geschäftsführer nach außen hin innerhalb seiner formellen Vertretungsmacht handelt (also etwas tut, wozu er grundsätzlich die Befugnis hat), dabei aber gegen interne Beschränkungen oder Weisungen der Gesellschafter verstößt. Er nutzt seine äußere Macht also entgegen den inneren Spielregeln der Gesellschaft aus.

Auswirkungen des Missbrauchs

Für Dritte, die mit der GmbH Geschäfte machen, ist dies ein wichtiger Punkt:

  • Nach außen hin ist das Geschäft meist wirksam: Wenn ein Dritter (z.B. ein Geschäftspartner) in gutem Glauben ist, d.h. nicht wusste und auch nicht wissen musste, dass der Geschäftsführer durch interne Regeln beschränkt war und gegen diese verstößt, dann ist der mit dem Geschäftsführer geschlossene Vertrag für die GmbH verbindlich. Die GmbH muss sich an diesen Vertrag halten, auch wenn der Geschäftsführer seine interne Befugnis überschritten hat. Dies schützt den Geschäftsverkehr und Dritte, die auf das Handeln des eingetragenen Geschäftsführers vertrauen.
  • Ausnahme: Kenntnis des Dritten: Der Vertrag ist für die GmbH ausnahmsweise nicht verbindlich, wenn der Dritte wusste oder aufgrund der Umstände grob fahrlässig nicht wusste (es sich ihm also hätte aufdrängen müssen), dass der Geschäftsführer durch sein Handeln interne Beschränkungen missbraucht hat. Dies ist aber oft schwer nachzuweisen.

Folgen für den Geschäftsführer

Intern hat der Missbrauch der Vertretungsmacht in der Regel Konsequenzen für den Geschäftsführer selbst. Er kann der GmbH gegenüber schadensersatzpflichtig sein, wenn der Gesellschaft durch sein Handeln ein Schaden entstanden ist. Dies liegt daran, dass er gegen seine Pflichten gegenüber der Gesellschaft verstoßen hat.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Der Missbrauch der Vertretungsmacht betrifft das Spannungsfeld zwischen der weitreichenden äußeren Befugnis des Geschäftsführers und seinen inneren Verpflichtungen gegenüber der GmbH. Es ist ein wichtiger Aspekt des GmbH-Rechts, der die Beziehung zwischen Geschäftsführer, Gesellschaftern und Dritten regelt.


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Was ist ein „Insichgeschäft“ und warum ist es im vorliegenden Fall relevant?

Ein „Insichgeschäft“ klingt vielleicht kompliziert, meint aber einen relativ einfachen Sachverhalt: Es liegt vor, wenn eine Person bei einem Vertrag auf beiden Seiten gleichzeitig handelt.

Stellen Sie sich vor: Jemand soll für eine andere Person (die „Vertretene“ oder den „Vertretenen“) einen bestimmten Gegenstand verkaufen. Gleichzeitig möchte diese Person den Gegenstand aber selbst kaufen. Wenn diese eine Person nun sowohl als Verkäufer (für den Vertretenen) als auch als Käufer (für sich selbst) auftritt und den Kaufvertrag abschließt, ist das ein Insichgeschäft. Die Person schließt also sozusagen einen Vertrag „mit sich selbst“ ab, allerdings in unterschiedlichen Rollen.

Warum sind Insichgeschäfte problematisch?

Das Problem bei einem Insichgeschäft ist der Interessenkonflikt. Die Person, die auf beiden Seiten handelt, könnte versucht sein, ihre eigenen Interessen oder die Interessen einer Seite über die der anderen Seite zu stellen.

  • Zum Beispiel könnte der Verkäufer, der auch der Käufer ist, versuchen, den Gegenstand zu einem besonders niedrigen Preis an sich selbst zu verkaufen, anstatt den bestmöglichen Preis für den Vertretenen zu erzielen.

Um die vertretene Person vor solchen Interessenkonflikten und möglichen Nachteilen zu schützen, sieht das Gesetz in Deutschland (§ 181 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) grundsätzlich vor, dass solche Insichgeschäfte nicht gültig sind (unwirksam sind).

Ausnahmen vom Verbot

Allerdings gibt es auch Ausnahmen von diesem Verbot:

  • Wenn das Gesetz das Insichgeschäft ausdrücklich erlaubt.
  • Wenn die vertretene Person der handelnden Person ausdrücklich erlaubt hat, das Geschäft mit sich selbst zu machen („Befreiung von § 181 BGB“).
  • Wenn das Geschäft nur darin besteht, eine bereits bestehende Verpflichtung zu erfüllen (man spricht hier von einer „Erfüllung einer Verbindlichkeit“). Beispielsweise wenn ein Kaufvertrag bereits abgeschlossen ist und die Person nur noch den Kaufpreis bezahlen muss.

Im Fall, in dem ein Geschäftsführer auf beiden Seiten eines Vertrags agiert, wie im beschriebenen Sachverhalt, handelt es sich typischerweise um ein Insichgeschäft im Sinne des Gesetzes. Der Geschäftsführer vertritt hier die Gesellschaft, für die er handelt, und ist gleichzeitig die Privatperson oder vertritt eine andere Gesellschaft, mit der der Vertrag geschlossen wird. Die Relevanz liegt genau in diesem potenziellen Interessenkonflikt, den das Gesetz mit dem Verbot von Insichgeschäften vermeiden will. Es muss geprüft werden, ob eine der Ausnahmen vom Verbot vorlag, damit der Vertrag trotz der Konstellation wirksam ist.


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Welche Rolle spielt der Gesellschaftsvertrag der GmbH bei der Beurteilung eines Missbrauchs der Vertretungsmacht?

Der Gesellschaftsvertrag einer GmbH ist im Grunde das interne Regelbuch der Firma. Er enthält Bestimmungen darüber, wie die GmbH geführt werden soll, wer Entscheidungen trifft und welche Grenzen dem Geschäftsführer bei seinen Handlungen gesetzt sind. Zum Beispiel kann im Gesellschaftsvertrag stehen, dass Geschäfte über einen bestimmten Wert hinaus nur mit Zustimmung der Gesellschafter getätigt werden dürfen. Diese Regeln gelten in erster Linie für das Innenverhältnis, also die Beziehung zwischen den Gesellschaftern und dem Geschäftsführer.

Die Vertretungsmacht des Geschäftsführers – also seine Fähigkeit, die GmbH nach außen gegenüber Dritten (wie Kunden, Lieferanten oder Banken) rechtswirksam zu vertreten – ist im Gesetz geregelt und wird im Handelsregister eingetragen. Diese äußere Befugnis ist normalerweise weit gefasst. Das bedeutet: Wenn ein Geschäftsführer im Namen der GmbH einen Vertrag abschließt, ist dieser Vertrag für die GmbH grundsätzlich gültig, auch wenn der Geschäftsführer dabei intern gegen eine Regel aus dem Gesellschaftsvertrag verstoßen hat. Der externe Vertragspartner kann sich auf die im Handelsregister eingetragene Vertretungsmacht verlassen.

Ein Missbrauch der Vertretungsmacht liegt jedoch vor, wenn der Geschäftsführer zwar im Rahmen seiner äußeren Befugnis handelt, diese Befugnis aber zweckwidrig oder gegen die Interessen der GmbH einsetzt und dabei bewusst interne Beschränkungen missachtet.

Hier spielt der Gesellschaftsvertrag eine Rolle: Wenn der externe Vertragspartner Kenntnis von diesem Missbrauch hat oder die Umstände so offensichtlich waren, dass er die Kenntnis hätte haben müssen, kann der Vertrag unter bestimmten Voraussetzungen unwirksam sein. Der Gesellschaftsvertrag ist in diesem Zusammenhang wichtig, weil er die internen Pflichten und Beschränkungen des Geschäftsführers festlegt. Die Kenntnis des externen Partners von diesen spezifischen internen Beschränkungen, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben, ist oft ein entscheidender Punkt bei der Beurteilung, ob ein Missbrauch der Vertretungsmacht vorliegt und ob der externe Vertragspartner dabei bösgläubig gehandelt hat.

Vereinfacht gesagt: Die Regeln im Gesellschaftsvertrag binden grundsätzlich nur intern. Sie werden für den externen Vertrag mit einem Dritten nur dann unmittelbar relevant, wenn der Dritte weiß, dass der Geschäftsführer durch das Geschäft gegen diese spezifischen internen Regeln aus dem Gesellschaftsvertrag verstößt und damit seine Vertretungsmacht missbraucht.


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Unter welchen Voraussetzungen kann ein Grundstückskaufvertrag wegen Missbrauchs der Vertretungsmacht für unwirksam erklärt werden?

Ein Grundstückskaufvertrag, der von jemandem abgeschlossen wurde, der eine Vollmacht (Berechtigung zur Vertretung) für den Eigentümer hatte, ist nicht automatisch unwirksam, nur weil der Vertreter seine Befugnisse intern gegenüber dem Eigentümer überschritten oder missbraucht hat. Die Vollmacht regelt das „Dürfen“ im Innenverhältnis zum Vollmachtgeber, aber das „Können“ im Außenverhältnis zum Vertragspartner.

Wann der Vertrag unwirksam werden kann

Ein solcher Vertrag kann für unwirksam gehalten werden, wenn zusätzliche Voraussetzungen erfüllt sind. Das ist dann der Fall, wenn der Vertragspartner (also der Käufer des Grundstücks) vom Missbrauch der Vertretungsmacht Kenntnis hatte oder diesen Missbrauch grob fahrlässig nicht erkannt hat.

  • Was bedeutet Missbrauch der Vertretungsmacht? Stellen Sie sich vor, der Eigentümer gibt einer Person eine schriftliche Vollmacht, sein Grundstück zu verkaufen. Intern hat der Eigentümer dem Vertreter aber gesagt, er darf es nur für einen bestimmten Mindestpreis verkaufen. Der Vertreter verkauft das Grundstück dann für einen viel niedrigeren Preis, um sich selbst oder einem Freund einen Vorteil zu verschaffen. Er handelt also innerhalb seiner äußeren Vollmacht („darf verkaufen“), aber außerhalb der internen Absprachen („muss Mindestpreis erzielen“). Das ist Missbrauch.
  • Wann wird der Vertrag unwirksam? Entscheidend ist die Haltung des Käufers. Der Kaufvertrag gilt als unwirksam, wenn der Käufer
    • positiv wusste, dass der Vertreter den Eigentümer durch den Verkauf schädigte oder gegen klare interne Weisungen handelte,
    • oder dies grob fahrlässig nicht wusste. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Käufer die gebotene Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen. Zum Beispiel, wenn der vereinbarte Preis offensichtlich weit unter dem Verkehrswert liegt und der Käufer das bemerkt oder bemerken müsste.

Für den Käufer bedeutet das: Er darf sich grundsätzlich auf die schriftliche Vollmacht verlassen. Nur wenn er weiß oder ganz offensichtlich erkennen müsste, dass der Vertreter die Vollmacht missbraucht, ist er nicht mehr schutzwürdig.

Wer muss was beweisen?

Wer die Unwirksamkeit des Grundstückskaufvertrages wegen Missbrauchs der Vertretungsmacht geltend macht (dies ist in der Regel der Eigentümer, der vertreten wurde), muss beweisen, dass der Käufer zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Kenntnis hatte oder grob fahrlässig keine Kenntnis hatte vom Missbrauch. Diesen Nachweis zu führen, kann in der Praxis schwierig sein. Es müssen konkrete Umstände vorliegen, die belegen, dass der Käufer Bescheid wusste oder die Augen vor offensichtlichen Anzeichen verschloss.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Ein Grundstückskaufvertrag wird wegen Missbrauchs der Vertretungsmacht des Vertreters nur dann unwirksam, wenn der Käufer selbst in diesen Missbrauch involviert war, indem er davon wusste oder dies aufgrund offensichtlicher Umstände hätte erkennen müssen.


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Was bedeutet eine „Auflassungsvormerkung“ im Grundbuch und welche Auswirkungen hat ihre Löschung?

Eine Auflassungsvormerkung ist wie eine Reservierung oder ein Platzhalter im Grundbuch. Stellen Sie sich das Grundbuch als ein offizielles Register für Grundstücke und deren Eigentümer vor. Wenn Sie ein Haus oder Grundstück kaufen, einigen Sie sich mit dem Verkäufer im Kaufvertrag über den Verkauf. Aber bis Sie tatsächlich als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen sind, vergeht meist einige Zeit. In dieser Zeit gehört das Grundstück juristisch noch dem Verkäufer.

Genau hier kommt die Auflassungsvormerkung ins Spiel. Sie wird aufgrund des notariellen Kaufvertrags in das Grundbuch eingetragen. Ihr Zweck ist es, Ihren Anspruch als Käufer auf Übertragung des Eigentums an diesem Grundstück rechtlich abzusichern. Sie schützt Sie als Käufer davor, dass der Verkäufer das Grundstück in der Zwischenzeit anderweitig verkauft, belastet (zum Beispiel mit einer Hypothek) oder dass Gläubiger des Verkäufers auf das Grundstück zugreifen. Die Vormerkung sorgt dafür, dass Ihre spätere Eintragung als Eigentümer im Grundbuch Vorrang vor solchen zwischenzeitlichen Änderungen hat. Sie sichert also Ihren zukünftigen Eigentumserwerb.

Was passiert, wenn die Auflassungsvormerkung gelöscht wird?

Wird die Auflassungsvormerkung gelöscht, bevor Sie als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen sind, entfällt dieser besondere Schutz Ihres Anspruchs auf Eigentumsübertragung. Ihr Anspruch aus dem Kaufvertrag selbst bleibt zwar bestehen, ist aber nicht mehr speziell im Grundbuch abgesichert und hat keinen Vorrang mehr vor anderen Eintragungen, die nach der Löschung erfolgen könnten.

Für Sie als Käufer bedeutet die Löschung der Vormerkung, dass Sie das Risiko tragen, dass der Verkäufer das Grundstück doch noch an jemand anderen verkauft oder neue Belastungen im Grundbuch eintragen lässt, die Ihren Anspruch beeinträchtigen oder sogar vereiteln könnten. Haben Sie bereits Teile des Kaufpreises bezahlt, könnten Sie Schwierigkeiten haben, Ihr Eigentum zu erhalten, und wären unter Umständen darauf angewiesen, den bereits gezahlten Kaufpreis vom Verkäufer zurückzufordern. Die Löschung der Vormerkung nimmt Ihnen die starke rechtliche Position, die den Verkäufer zwingt, das Grundstück wie vereinbart nur an Sie zu übertragen.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar - Juristische Fachbegriffe kurz und knapp einfach erklärt

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Notarieller Grundstückskaufvertrag

Ein notarieller Grundstückskaufvertrag ist ein Kaufvertrag über ein Grundstück, der zwingend in der Anwesenheit und mit Mitwirkung eines Notars abgeschlossen wird. Der Notar stellt sicher, dass der Vertrag den gesetzlichen Anforderungen entspricht, die Vertragsparteien über Rechte und Pflichten aufgeklärt werden und der Vertrag eine verbindliche Grundlage für die Eigentumsübertragung bildet (§ 311b Abs. 1 BGB). Ohne notarielle Beurkundung wäre der Grundstückskaufvertrag nicht rechtswirksam.

Beispiel: Wenn Sie ein Haus kaufen, müssen Sie den Kaufvertrag vor einem Notar unterschreiben, der anschließend dafür sorgt, dass der Eigentumswechsel im Grundbuch eingetragen wird.


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Insichgeschäft (§ 181 BGB)

Ein Insichgeschäft liegt vor, wenn eine Person für beide Seiten eines Vertrags gleichzeitig handelt, also als Vertreter sowohl für den Verkäufer als auch für den Käufer auftritt. Nach § 181 BGB ist ein solches Geschäft grundsätzlich unwirksam, um Interessenkonflikte und Nachteile für eine Partei zu verhindern. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Vertretene dem Insichgeschäft ausdrücklich zustimmt oder es sich um die Erfüllung einer bestehenden Verpflichtung handelt.

Im vorliegenden Fall war der Geschäftsführer der Verkäufer-GmbH gleichzeitig auch für die Käuferin tätig, sodass ein typisches Insichgeschäft vorlag.

Beispiel: Ein Geschäftsführer verkauft ein Grundstück, das seiner GmbH gehört, gleichzeitig an eine andere GmbH, die er ebenfalls vertritt. Dadurch könnte er versucht sein, sich selbst oder eine Partei zu bevorzugen.


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Missbrauch der Vertretungsmacht

Der Missbrauch der Vertretungsmacht liegt vor, wenn ein Vertreter (z. B. ein GmbH-Geschäftsführer) zwar formal befugt ist, für seine Gesellschaft rechtsverbindliche Handlungen vorzunehmen, dabei aber interne Regeln oder Weisungen bewusst missachtet und seine Befugnisse zum Nachteil der Gesellschaft ausnutzt. Nach § 37 Abs. 2 GmbHG sind solche internen Beschränkungen gegenüber Dritten grundsätzlich unbeachtlich, es sei denn, der Dritte wusste oder hätte erkennen müssen, dass die Vertretungsmacht missbraucht wird. In diesem Fall kann der Vertrag unwirksam sein.

Beispiel: Ein Geschäftsführer verkauft ein Grundstück weit unter dem Wert, obwohl er innerbetrieblich dazu keine Genehmigung hat, und der Vertragspartner ist (oder war grob fahrlässig) darüber im Bilde.


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Auflassungsvormerkung (§ 883 Abs. 1 Nr. 2 BGB)

Die Auflassungsvormerkung ist ein Grundbucheintrag, der den Anspruch auf Eigentumsübergang bei einem Grundstückskauf sichert. Sie schützt den Käufer davor, dass der Verkäufer das Grundstück vor der tatsächlichen Eigentumsumschreibung noch anderweitig verkauft oder mit Belastungen belegt. Die Vormerkung bewirkt, dass der spätere Eigentumswechsel Vorrang vor späteren Rechteänderungen hat, solange der endgültige Eigentümerwechsel (Auflassung) noch nicht vollzogen ist.

Beispiel: Wenn Sie ein Haus kaufen, aber die Eintragung im Grundbuch auf Sie noch aussteht, sichert die Auflassungsvormerkung Ihre Rechte bis zur endgültigen Übertragung.


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Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung bei außergewöhnlichen Geschäften (§ 13 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag)

In vielen GmbHs regelt der Gesellschaftsvertrag, dass bestimmte wichtige oder ungewöhnliche Geschäfte der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfen, weil sie nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören. Solche internen Beschränkungen sollen verhindern, dass der Geschäftsführer ohne Zustimmung weitreichende Entscheidungen trifft, die die Gesellschaft erheblich belasten könnten. Wird diese Zustimmung nicht eingeholt, kann dies intern einen Missbrauch der Vertretungsmacht darstellen.

Beispiel: Der Verkauf eines wertvollen Grundstücks gehört nicht zum normalen Tagesgeschäft eines landwirtschaftlichen Unternehmens und benötigt daher die Zustimmung aller Gesellschafter.


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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 181 BGB (Insichgeschäft): Dieses Gesetz regelt, dass ein Vertreter grundsätzlich keine Rechtsgeschäfte mit sich selbst oder als Vertreter beider Parteien abschließen darf, es sei denn, dies ist ausdrücklich erlaubt. Bei einem Insichgeschäft wird die Rechtmäßigkeit zusätzlich durch die objektive Nachteiligkeit für den Vertretenen geprüft, um Missbrauch auszuschließen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Geschäftsführer handelte für Verkäuferin und Käuferin zugleich, wodurch besondere Anforderungen an die Wirksamkeit des Vertrages gelten; das Geschäft musste objektiv nachteilig für die Verkäuferin sein, was das Gericht bestätigte.
  • § 35 GmbHG (Vertretung der GmbH): Regelt die Vertretungsmacht der Geschäftsführer gegenüber Dritten, wonach diese die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Die Vertretungsmacht ist formal wirksam, auch wenn interne Beschränkungen bestehen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Formal war der Geschäftsführer berechtigt zu handeln, weshalb die Käuferin sich zunächst auf seine Vertretungsmacht berufen konnte; diese formale Vertretungsmacht wurde jedoch durch den Missbrauch überlagert.
  • § 37 Abs. 2 GmbHG (Unwirksamkeit interner Beschränkungen im Außenverhältnis): Interne Weisungen und Beschränkungen der Geschäftsführung gelten im Rechtsverkehr gegenüber Dritten grundsätzlich nicht, um den Schutz Dritter sicherzustellen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die interne Zustimmungspflicht der Gesellschafterversammlung konnte die Käuferin nicht ohne weiteres entlasten, da solche Beschränkungen grundsätzlich keine Wirkung gegenüber Dritten entfalten.
  • § 166 Abs. 1 BGB (Zurechnung des Wissens bei Insichgeschäft): Das Wissen eines Vertreters wird bei einem Insichgeschäft der anderen Vertragspartei zugerechnet, damit Doppelvertretung nicht zum Nachteil Dritter führen kann. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Wissen des Geschäftsführers über die fehlende internen Zustimmung wurde der Käuferin zugerechnet, wodurch ihr Missbrauch der Vertretungsmacht vorgeworfen werden konnte.
  • § 894 BGB (Grundbuchberichtigungsanspruch): Schutz des Grundbuchverkehrs, der eine Berichtigung bei Unrichtigkeit des Grundbuchs ermöglicht, wenn ein gesicherter Anspruch tatsächlich nicht besteht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da der Kaufvertrag unwirksam war, bestand kein Recht auf Eigentumsübertragung; deshalb war die Eintragung der Auflassungsvormerkung unrichtig und musste gelöscht werden.
  • § 138 BGB (Sittenwidriges Rechtsgeschäft/Wucher): Verbietet Verträge, die gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen, insbesondere wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Obwohl der Vorwurf des Wuchers erhoben wurde, spielte diese Norm eine untergeordnete Rolle; das Gericht fokussierte die Unwirksamkeit auf Missbrauch der Vertretungsmacht.

Das vorliegende Urteil


LG Leipzig – Az.: 6 O 68/21 – Urteil vom 23.03.2022


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