Das Landgericht Saarbrücken entschied, dass ein Wacholderstrauch, der hinter einer undurchsichtigen Einfriedung steht und diese nicht überragt, nicht entfernt werden muss, selbst wenn er den gesetzlichen Grenzabstand nicht einhält. Dies stellt eine wichtige Klarstellung für ähnliche Fälle dar. Der Kläger erhielt rechtliches Gehör und alle relevanten Aspekte wurden berücksichtigt.
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Übersicht:
- ✔ Kurz und knapp
- Wacholderstrauch zu nah am Nachbargrundstück: Grenzabstand im Fokus
- ✔ Der Fall vor dem Landgericht Saarbrücken
- ✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
- ✔ FAQ – Häufige Fragen: Grenzabstand für Wacholdersträucher
- Was sind die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen zum Grenzabstand von Pflanzen?
- Wie wird der Grenzabstand gemessen und wer ist dafür verantwortlich?
- Welche Rechte und Pflichten haben Grundstückseigentümer bei der Einhaltung von Grenzabständen?
- Was passiert, wenn Pflanzen die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzabstände nicht einhalten?
- Welche Ausnahmen gibt es von den Regelungen zu Grenzabständen?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ⬇ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Saarbrücken
✔ Kurz und knapp
- Wacholderstrauch unter Verstoß gegen Grenzabstand angepflanzt, jedoch keine Einhaltung erforderlich, da er hinter undurchsichtiger Einfriedung steht und diese nicht überragt.
- Undurchsichtige Einfriedung liegt vor, wenn sie bei Draufsicht von vorne blickdicht ist, auch wenn man von der Seite durchschauen kann.
- Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Beurteilungszeitpunkt, nicht die mögliche zukünftige Überragung der Einfriedung.
- Urteil des LG Mainz von 1994 wurde nicht verletzt, da Begriff „undurchsichtig“ im Gesetz nicht „wachstumsdicht“ bedeutet.
- Kern des Parteivorbringens zur Auslegung von „undurchsichtig“ wurde beachtet, kein Verstoß gegen rechtliches Gehör.
- Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Wacholderstrauch zu nah am Nachbargrundstück: Grenzabstand im Fokus
Nachbarschaftsstreitigkeiten gehören leider immer noch zu den häufigsten Konflikten, die vor Gericht landen. Oft geht es dabei um Fragen des Grenzabstands von Pflanzen und Sträuchern zu den Nachbargrundstücken. Die geltenden Bestimmungen sind dabei nicht immer einfach zu verstehen und anzuwenden. Wann muss ein Mindestabstand eingehalten werden und wann kann darauf verzichtet werden?
Die Rechtsprechung bietet hier wertvolle Orientierung und klärt, wie die gesetzlichen Vorschriften im Einzelfall auszulegen sind. So werden die Rechte und Pflichten von Grundstückseigentümern deutlich, um Konflikte von vornherein zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren. Im vorliegenden Fall ging es um den Grenzabstand eines Wacholderstrauchs – ein Thema, das viele Hausbesitzer betreffen kann.
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✔ Der Fall vor dem Landgericht Saarbrücken
Sachverhalt und rechtliche Problematik im Fall des Grenzabstands für Wacholdersträucher
In einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Saarbrücken stand die Frage im Mittelpunkt, ob ein Wacholderstrauch, der in Verletzung des gesetzlich vorgeschriebenen Grenzabstands gepflanzt wurde, entfernt werden müsse. Der Fall entstand, als der Kläger behauptete, der Wacholderstrauch seines Nachbarn sei zu nahe an der Grenze seines Grundstücks gepflanzt worden, was gegen § 48 Abs. 1 Nr. 3 lit. a des saarländischen Nachbarrechtsgesetzes (NachbG SL) verstieße. Dieser Paragraf regelt den Mindestabstand von Pflanzen zu Grundstücksgrenzen. Das rechtliche Problem ergab sich jedoch durch eine spezielle Regelung in § 50 Abs. 2 Nr. 1 NachbG SL, welche besagt, dass der Grenzabstand für Anpflanzungen hinter undurchsichtigen Einfriedungen, die nicht überragt werden, nicht gilt.
Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken
Das Gericht entschied, dass der Wacholderstrauch des Beklagten nicht entfernt werden muss, da er die undurchsichtige Einfriedung, einen Metallzaun, nicht überragt. Dies wurde durch Fotos belegt, die dem Gericht vorlagen. Die Erstrichterin verneinte einen Unterlassungsanspruch des Klägers, indem sie feststellte, dass der Strauch hinter einer blickdichten Einfriedung stand und diese nicht überragte. Auch die Anschauung, dass man seitlich durch den Zaun blicken könne, wurde als nicht relevant betrachtet, da es sich um einen unnatürlichen Blickwinkel handle. Die bindenden Feststellungen der Erstrichterin und das Urteil des Amtsgerichts waren für das Berufungsgericht maßgebend.
Rechtsauslegung und Bindung an die Vorinstanz
Das Landgericht bestätigte die Auslegung der Erstrichterin bezüglich des Begriffs „undurchsichtige Einfriedung“ und stellte klar, dass die rechtliche Interpretation des ersten Urteils korrekt war. Es wurde hervorgehoben, dass eine Anpflanzung, die aus einer natürlichen Draufsicht hinter einer undurchsichtigen Einfriedung liegt und diese nicht überragt, vom gesetzlichen Grenzabstand ausgenommen ist. Dies stellt eine wichtige rechtliche Klarstellung dar, die auch zukünftige ähnliche Fälle beeinflussen könnte.
Berücksichtigung des rechtlichen Gehörs und finale Entscheidung
Schließlich wies das Landgericht die Berufung des Klägers ab, da keine Aussicht auf Erfolg bestand und auch keine grundsätzliche Bedeutung oder Notwendigkeit zur Rechtsfortbildung vorlag. Das Gericht betonte dabei die Wichtigkeit des rechtlichen Gehörs, das dem Kläger gewährt wurde, und erklärte, dass alle relevanten rechtlichen und tatsächlichen Aspekte angemessen berücksichtigt wurden. Dies bestätigt die Rechtsprechung, dass Gerichte nicht jede Einzelheit des Vortrags einer Partei ausdrücklich erörtern müssen, solange die entscheidenden Punkte berücksichtigt wurden und die Entscheidung auf einer hinreichenden Würdigung des Vorbringens basiert.
✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
Das Landgericht Saarbrücken hat entschieden, dass der vorgeschriebene Grenzabstand für Anpflanzungen nicht gilt, wenn diese hinter einer undurchsichtigen Einfriedung stehen und diese nicht überragen. Entscheidend ist dabei die natürliche Betrachtungsweise, also die Draufsicht.
Die Entscheidung verdeutlicht die Ausnahmevorschrift des § 50 Abs. 2 Nr. 1 NachbG SL und bestätigt die Auslegung des Begriffs „undurchsichtige Einfriedung“ als blickdicht in der Draufsicht. Damit wird klargestellt, dass seitliche Einblickmöglichkeiten keine Verletzung des Grenzabstands darstellen, solange die Anpflanzung von vorne nicht sichtbar ist.
✔ FAQ – Häufige Fragen: Grenzabstand für Wacholdersträucher
Was sind die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen zum Grenzabstand von Pflanzen?
In Deutschland sind die gesetzlichen Bestimmungen zum Grenzabstand von Pflanzen in den jeweiligen landesrechtlichen Nachbarrechtsgesetzen geregelt. Diese Vorschriften variieren von Bundesland zu Bundesland, wobei die Regelungen spezifische Mindestabstände für das Pflanzen von Bäumen, Sträuchern und Hecken in der Nähe von Grundstücksgrenzen festlegen.
Generell gilt, dass für Pflanzen, die eine bestimmte Höhe überschreiten, ein Mindestabstand zur Grundstücksgrenze eingehalten werden muss. Beispielsweise müssen in Bayern Pflanzen, die höher als 2 Meter sind, einen Grenzabstand von mindestens 2 Metern einhalten. Gegenüber landwirtschaftlich genutzten Grundstücken, die durch Schmälerung des Sonnenlichts erheblich beeinträchtigt werden könnten, ist bei Bäumen von mehr als 2 Meter Höhe sogar ein Abstand von mindestens 4 Metern erforderlich.
Die Messung des Grenzabstandes erfolgt bei Bäumen von der Mitte des Stammes an der Stelle, an der dieser aus dem Boden hervortritt, bei Sträuchern und Hecken in der Mitte des zunächst an der Grenze befindlichen Triebes.
Es gibt auch Ausnahmen von diesen Regelungen. Beispielsweise müssen keine Pflanzenabstände eingehalten werden, wenn sich die Pflanzen hinter einer Mauer oder einer sonstigen dichten Einfriedung befinden und diese nicht oder nicht erheblich überragen.
Diese gesetzlichen Vorgaben sind wichtig, um Konflikte zwischen Nachbarn zu vermeiden und sicherzustellen, dass jeder Grundstückseigentümer sein Eigentum im Einklang mit den Rechten der angrenzenden Grundstückseigentümer nutzen kann.
Wie wird der Grenzabstand gemessen und wer ist dafür verantwortlich?
Die Messung des Grenzabstands und die Verantwortlichkeit dafür sind in den jeweiligen landesrechtlichen Nachbarrechtsgesetzen in Deutschland geregelt. Diese Gesetze bestimmen, wie der Abstand von Pflanzen wie Bäumen, Sträuchern und Hecken zur Grundstücksgrenze zu messen ist.
Messung des Grenzabstands
Die Messung des Grenzabstands erfolgt in der Regel von einem festgelegten Punkt der Pflanze zur Grenze des Nachbargrundstücks. Die spezifischen Messpunkte können je nach Bundesland variieren:
- Bäume: Der Abstand wird meist von der Mitte des Stamms an der Stelle gemessen, an der der Stamm aus dem Boden tritt.
- Sträucher und Hecken: Bei Sträuchern wird der Abstand häufig von der Mitte der am nächsten zur Grenze wachsenden Triebe gemessen. In einigen Bundesländern, wie Bayern, wird der Abstand von der Mitte des Stammes oder der nächstgelegenen Triebe zur Grenze gemessen.
Verantwortlichkeit für die Messung
Die Verantwortung für die Einhaltung der Grenzabstände und damit auch für die korrekte Messung liegt grundsätzlich beim Eigentümer der Pflanzen. Dies bedeutet, dass der Grundstückseigentümer, der die Pflanzen setzt, dafür Sorge tragen muss, dass die gesetzlichen Abstandsregelungen eingehalten werden. Im Falle eines Konflikts mit dem Nachbarn über die Einhaltung dieser Abstände trägt der Pflanzeneigentümer die Beweislast für die korrekte Einhaltung der Abstände.
Messverfahren und -werkzeuge
Für die Messung des Grenzabstands sind keine speziellen Messverfahren oder -werkzeuge vorgeschrieben. Die Messung kann mit herkömmlichen Messwerkzeugen wie einem Maßband oder einem Laser-Entfernungsmesser durchgeführt werden. Wichtig ist, dass die Messung genau und nachvollziehbar erfolgt, um bei eventuellen Streitigkeiten als Beweismittel dienen zu können.
Zusammenfassend ist die korrekte Messung des Grenzabstands essentiell, um nachbarschaftliche Konflikte zu vermeiden und rechtliche Auseinandersetzungen zu minimieren. Der Pflanzeneigentümer ist verantwortlich für die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und sollte bei Unsicherheiten gegebenenfalls fachlichen Rat einholen oder die zuständige Behörde konsultieren.
Welche Rechte und Pflichten haben Grundstückseigentümer bei der Einhaltung von Grenzabständen?
Grundstückseigentümer haben sowohl Rechte als auch Pflichten, wenn es um die Einhaltung von Grenzabständen geht. Diese sind in den jeweiligen landesrechtlichen Nachbarrechtsgesetzen sowie im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Die spezifischen Vorschriften variieren je nach Bundesland, weshalb es wichtig ist, sich mit den lokalen Regelungen vertraut zu machen.
Rechte von Grundstückseigentümern
- Recht auf Einhaltung der Grenzabstände: Eigentümer haben das Recht, von ihren Nachbarn die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Grenzabstände zu verlangen. Dies gilt für Bäume, Sträucher und bauliche Anlagen.
- Recht auf Beseitigung: Überschreiten Pflanzen oder bauliche Anlagen die Grenzabstände, können Eigentümer die Beseitigung oder Rückschnitt fordern. Dies ist im § 1004 BGB als Abwehranspruch gegen Beeinträchtigungen des Eigentums geregelt.
- Recht auf Schadensersatz: Bei Schäden, die durch die Nichteinhaltung der Grenzabstände entstehen, können Eigentümer unter Umständen Schadensersatzansprüche geltend machen.
Pflichten von Grundstückseigentümern
- Pflicht zur Einhaltung der Grenzabstände: Eigentümer sind verpflichtet, die gesetzlichen Vorschriften zu Grenzabständen einzuhalten. Dies betrifft sowohl die Pflanzung von Bäumen und Sträuchern als auch die Errichtung von baulichen Anlagen.
- Informationspflicht: Vor der Pflanzung oder Errichtung von Anlagen nahe der Grundstücksgrenze sollten Eigentümer die genauen Vorschriften in ihrem Bundesland recherchieren und gegebenenfalls das Gespräch mit dem Nachbarn suchen, um Konflikte zu vermeiden.
- Pflicht zur Beseitigung: Werden Grenzabstände nicht eingehalten, sind Eigentümer verpflichtet, auf Aufforderung des Nachbarn hin die entsprechenden Pflanzen zu entfernen oder bauliche Anlagen anzupassen.
Rechtliche Schritte bei Nichteinhaltung
- Gütliche Einigung: Zunächst sollte immer der Versuch einer einvernehmlichen Lösung mit dem Nachbarn angestrebt werden.
- Mediation: Bei anhaltenden Konflikten kann eine Mediation helfen, eine außergerichtliche Einigung zu erzielen.
- Gerichtliches Verfahren: Bleiben alle anderen Versuche erfolglos, kann der Weg über das Gericht beschritten werden, um die Einhaltung der Grenzabstände oder die Beseitigung von Beeinträchtigungen durchzusetzen.
Es ist wichtig, dass Grundstückseigentümer sich über ihre Rechte und Pflichten im Klaren sind und bei Bedarf rechtzeitig handeln, um ihre Interessen zu wahren und nachbarschaftliche Konflikte möglichst zu vermeiden.
Was passiert, wenn Pflanzen die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzabstände nicht einhalten?
Wenn Pflanzen die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzabstände nicht einhalten, können verschiedene rechtliche Konsequenzen und Maßnahmen folgen, die darauf abzielen, die Einhaltung dieser Vorschriften sicherzustellen und mögliche Konflikte zwischen Nachbarn zu lösen.
Rechtliche Konsequenzen und Maßnahmen
- Beseitigungsanspruch: Der Nachbar hat das Recht, die Beseitigung der Pflanzen zu verlangen, wenn diese die vorgeschriebenen Grenzabstände nicht einhalten. Dieser Anspruch basiert auf § 1004 BGB, der es einem Grundstückseigentümer ermöglicht, die Entfernung einer Beeinträchtigung zu fordern.
- Verjährung des Beseitigungsanspruchs: Der Anspruch auf Beseitigung verjährt in der Regel nach einer bestimmten Frist. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise muss die Klage auf Beseitigung innerhalb von sechs Jahren nach der Anpflanzung erhoben werden. Nach Ablauf dieser Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden, es sei denn, die Anpflanzung beeinträchtigt den Nachbarn erheblich.
- Kein Anspruch bei gegenseitigen Verstößen: Wenn beide Nachbarn ähnliche Verstöße gegen die Grenzabstandsregelungen begangen haben, kann dies den Abwehranspruch des jeweils anderen Nachbarn ausschließen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Verstöße vergleichbar sind und keine erheblichen Beeinträchtigungen verursachen.
- Gerichtliche Klärung: Bei anhaltenden Streitigkeiten oder wenn eine gütliche Einigung nicht möglich ist, kann der betroffene Nachbar gerichtliche Schritte einleiten, um die Einhaltung der Grenzabstände oder die Beseitigung der Pflanzen zu erzwingen.
- Schadensersatz: In einigen Fällen kann der betroffene Nachbar auch Schadensersatz fordern, wenn durch die Nichteinhaltung der Grenzabstände ein Schaden entstanden ist. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn Wurzeln das Eigentum des Nachbarn beschädigen.
Praktische Schritte zur Konfliktvermeidung
- Kommunikation: Es wird empfohlen, dass Nachbarn versuchen, durch offene Kommunikation eine einvernehmliche Lösung zu finden, bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden.
- Mediation: Eine Mediation kann eine effektive Methode sein, um eine Lösung zu finden, die für beide Parteien akzeptabel ist, ohne dass ein Gerichtsverfahren notwendig wird.
Die Einhaltung der gesetzlichen Grenzabstände ist wichtig, um Konflikte zu vermeiden und ein harmonisches Zusammenleben in der Nachbarschaft zu gewährleisten. Bei Nichteinhaltung dieser Vorschriften stehen den betroffenen Nachbarn verschiedene rechtliche Mittel zur Verfügung, um ihre Rechte durchzusetzen.
Welche Ausnahmen gibt es von den Regelungen zu Grenzabständen?
In Deutschland gibt es verschiedene Ausnahmen von den Regelungen zu Grenzabständen, die in den landesrechtlichen Nachbarrechtsgesetzen festgelegt sind. Diese Ausnahmen können es Grundstückseigentümern erlauben, von den üblichen Abstandsregeln abzuweichen. Die spezifischen Ausnahmen variieren je nach Bundesland, aber einige allgemeine Beispiele können aufgeführt werden:
Allgemeine Ausnahmen
- Einfriedungen: In vielen Bundesländern müssen keine Grenzabstände eingehalten werden, wenn die Pflanzen hinter einer Mauer oder einer sonstigen undurchsichtigen Einfriedung stehen, die die Pflanzen nicht oder nicht erheblich überragen. Diese Regelung soll verhindern, dass die Pflanzen den Nachbarn beeinträchtigen, wenn sie bereits durch eine Einfriedung abgeschirmt sind.
- Zustimmung des Nachbarn: Wenn der Nachbar ausdrücklich zustimmt, dass bestimmte Pflanzen näher an der Grenze gepflanzt werden dürfen, können die gesetzlichen Grenzabstände unterschritten werden. Diese Zustimmung sollte idealerweise schriftlich festgehalten werden, um mögliche zukünftige Konflikte zu vermeiden.
- Öffentliches Interesse: In einigen Fällen können Ausnahmen aufgrund von öffentlichem Interesse gemacht werden, beispielsweise bei der Anpflanzung von Bäumen durch kommunale Behörden in städtischen Gebieten, wo der Platz möglicherweise begrenzt ist.
- Alte Anpflanzungen: Für bereits bestehende Anpflanzungen, die vor Inkrafttreten der aktuellen gesetzlichen Regelungen erfolgten, können Ausnahmen gelten, insbesondere wenn sie die gesetzlichen Grenzabstände nicht einhalten, aber seit vielen Jahren bestehen und keine Beschwerden verursacht haben.
Spezifische Ausnahmen in einigen Bundesländern
- Bayern: In Bayern gibt es beispielsweise spezielle Regelungen für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke, wo unter bestimmten Umständen geringere Grenzabstände erlaubt sind.
- Nordrhein-Westfalen: In Nordrhein-Westfalen können unter bestimmten Bedingungen Ausnahmen für die Anpflanzung von niedrigen Ziersträuchern gemacht werden, die nicht höher als 1,25 Meter sind.
Diese Ausnahmen sind wichtig, um die Flexibilität in der Gestaltung und Nutzung von Grundstücken zu gewährleisten, während gleichzeitig die Rechte und das Wohlbefinden der Nachbarn geschützt werden. Es ist ratsam, sich bei Unsicherheiten bezüglich der spezifischen Regelungen und möglichen Ausnahmen an die zuständige kommunale Behörde oder einen Rechtsbeistand zu wenden.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 1004 Abs. 1 BGB: Dieser Paragraph regelt den Anspruch auf Beseitigung und Unterlassung bei Beeinträchtigungen. Im vorliegenden Fall wurde der Anspruch des Klägers auf Entfernung des Wacholderstrauchs, der zu nahe am Grundstücksgrenze gepflanzt wurde, abgelehnt. Der Bezug ergibt sich aus der Interpretation, dass die Pflanzung hinter einer undurchsichtigen Einfriedung erfolgte, was eine Ausnahme nach dem Nachbarrecht darstellt.
- § 48 Abs. 1 Nr. 3 lit. a NachbG SL: Spezifiziert den erforderlichen Grenzabstand von Pflanzen zu Nachbargrundstücken im Saarland. Im untersuchten Fall war der Wacholderstrauch entgegen dieser Vorschrift gepflanzt, was den Rechtsstreit auslöste.
- § 50 Abs. 2 Nr. 1 NachbG SL: Erläutert Ausnahmen von der Regelung des Grenzabstands. Relevant im Kontext des Falls, da die Anpflanzung hinter einer undurchsichtigen, nicht überragenden Einfriedung erfolgte und somit nicht den üblichen Abstandsregeln unterlag.
- Art. 103 Abs. 1 GG: Garantiert das Recht auf rechtliches Gehör im Gerichtsverfahren. Dieser Artikel ist wichtig für das Verständnis des gerichtlichen Entscheidungsprozesses, insbesondere weil das Gericht die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nehmen und erwägen muss.
- § 522 Abs. 2 ZPO: Ermöglicht es Gerichten, eine Berufung ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn die Sache keine Aussicht auf Erfolg hat. Diese Norm wurde angewandt, um die Berufung des Klägers im vorliegenden Fall abzulehnen.
⬇ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Saarbrücken
LG Saarbrücken – Az.: 13 S 16/23 – Beschluss vom 29.08.2023
Der Kläger und Berufungskläger wird darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Der Kläger und Berufungskläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Beschlusses.
Gründe
Die Berufung hat aus den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung, auf die im Einzelnen Bezug genommen wird, keine Aussicht auf Erfolg. Die angegriffene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
1. Die Erstrichterin hat zu Recht einen Anspruch des Klägers aus § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 3 lit. a NachbG SL verneint. Zwar wurde der streitgegenständliche Wacholderstrauch unter Verstoß gegen den in § 48 Abs. 1 Nr. 3 lit. a NachbG SL normierten Grenzabstand angepflanzt. Jedoch gilt gem. § 50 Abs. 2 Nr. 1 NachbG SL u.a. diese Norm nicht für Anpflanzungen, die hinter einer undurchsichtigen Einfriedung vorgenommen werden und diese nicht überragen. So liegt es hier.
a) Eine undurchsichtige Einfriedung liegt – wie schon das Amtsgericht jedenfalls sinngemäß festgestellt hat – vor, wenn diese blickdicht ist (siehe LG Koblenz, Urteil vom 10. Juli 2020 – 13 S 6/20 –, juris, Rn. 26 zur wortlautgleichen Norm des § 46 Abs. 2 Nr. 1 LNRG RLP; vgl. auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 17. Juli 2020 – 12 U 113/19 –, juris, Rn. 127 zur ähnlichen Norm des § 20 NRG BW). Der Metallzaun des Klägers erfüllt nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Amtsgerichts, an die das Berufungsgericht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden ist, bei einer Draufsicht von vorne diese Voraussetzungen. Dies ergibt sich auch bei Ansicht der beklagtenseits vorgelegten Bilderserie (Bl. 28 ff. d.eAkte). Soweit die klägerseits vorgelegten Bilder (Bl. 40 d.eAkte) – insoweit zweitinstanzlich unstreitig – erkennen lassen, dass man bei einem seitlichen Blick parallel daneben stehend durch den Zaun hindurchschauen kann, ändert dies nichts an den amtsgerichtlichen Feststellungen. Denn hierbei handelt es sich um einen unnatürlichen Blickwinkel. Nach der Systematik der Norm ergibt sich aus einem Vergleich der Nrn. 1, 2 und 4 in § 50 Abs. 2 NachbG SL, dass die Abstandsflächen dann nicht eingehalten werden müssen, wenn keine Störung der angrenzenden Fläche durch die Anpflanzung zu befürchten ist, da der Nachbar keinen anerkennenswerten Grund für die Einhaltung derselben vorbringen kann. Das ist bei der hier einschlägigen Variante erfüllt, wenn bei einer natürlichen Betrachtungsweise im Wege der Draufsicht die Anpflanzung nicht zu erkennen ist.
Soweit sich dem klägerseits zitierten Urteil des Landgerichts Mainz vom 30.08.1994 – 6 S 112/93 – entnehmen lässt, dass entscheidend sei, ob die Einfriedung so dicht ist, dass die angrenzend gesetzte Pflanze nicht hindurch wachsen könne, ist dieser Auffassung nicht zu folgen. Diese findet schon keine Grundlage im Wortlaut der Norm, welche lediglich von einer undurchsichtigen Einfriedung und gerade nicht von einer wachstumsdichten Einfriedung spricht.
b) Nach den insoweit bindenden Feststellungen der Erstrichterin überragt der streitgegenständliche Wacholderstrauch auch nicht den klägerischen Metallzaun. Dies zeigen auch die zweitinstanzlich zur Akte gereichten Bilder eindeutig. Insoweit kommt es nach dem Wortlaut der Norm – wie schon das Erstgericht jedenfalls sinngemäß dargelegt hat – auf den hier maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt an. Ob der streitgegenständliche Wacholderstrauch in Zukunft möglicherweise den Metallzaun einmal überragen wird, spielt demnach im Moment keine Rolle.
2. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass sich das Amtsgericht nicht gesondert mit dem klägerseits zitierten Urteil des Landgerichts Mainz vom 30.08.1994 – 6 S 112/93 – auseinandergesetzt hat. Insoweit ist kein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG gegeben.
a) Der in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör ist eine Folgerung aus dem Rechtsstaatsgedanken für das gerichtliche Verfahren. Der Einzelne soll nicht nur Objekt der richterlichen Entscheidung sein, sondern vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen, um als Subjekt Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können. Da dies nicht nur durch tatsächliches Vorbringen, sondern auch durch Rechtsausführungen geschehen kann, gewährleistet Art. 103 Abs. 1 GG dem Verfahrensbeteiligten das Recht, sich nicht nur zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt, sondern auch zur Rechtslage zu äußern. Der Anspruch auf rechtliches Gehör bedeutet auch, dass das entscheidende Gericht die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen muss. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Art. 103 Abs. 1 GG ist indes verletzt, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass ein Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Bei der Abfassung seiner Entscheidungsgründe hat das Gericht eine gewisse Freiheit. Es ist nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen ausdrücklich zu befassen. Wenn aber ein bestimmter Vortrag einer Partei den Kern des Parteivorbringens darstellt und für den Prozessausgang eindeutig von entscheidender Bedeutung ist, besteht für das Gericht eine Pflicht, die vorgebrachten Argumente zu erwägen. Ein Schweigen lässt hier den Schluss zu, dass der Vortrag der Prozesspartei nicht oder zumindest nicht hinreichend beachtet wurde, sofern der Vortrag nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 07.06.2023 – 2 BvR 2139/21 –, juris, Rn. 13 ff. m.w.N.).
b) Hier hat sich das Erstgericht mit dem maßgeblichen Punkt, nämlich der Auslegung des Begriffs „undurchsichtige Einfriedung“ i.S.d. § 50 Abs. 2 Nr. 1 NachbG SL, hinreichend befasst und damit den Kern des klägerischen Vorbringens beachtet. Mehr fordert Art. 103 Abs. 1 GG nicht.
Die Berufung hat damit offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat im Übrigen keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Da weder der Rechtsstreit für die Berufungsklägerseite existenziell wichtig noch das erstinstanzliche Urteil unrichtig begründet ist und auch im Übrigen keine Anhaltspunkte vorliegen, wonach eine mündliche Verhandlung geboten ist, soll die Berufung durch Beschluss zurückgewiesen werden.