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Grenznah gepflanzte Kirschlorbeerhecke und Mandelbäumchen

LG Baden-Baden – Az.: 1 S 10/16 – Urteil vom 13.02.2017

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts xxx vom 21.03.2016, Az. 2 C 80/15, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den auf dem Grundstück der Beklagten, Flurstück-Nr. 1672/2 (Grundbuch von xxx), an der Grenze zum Grundstück der Kläger, Flurstück-Nr. 1672/1 (Grundbuch von xxx), befindlichen Sichtschutzzaun aus Rohrgeflecht auf eine Höhe von 1,50 m zu kürzen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger 242,76 € vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.05.2015 zu zahlen.

3. Die Kläger werden als Gesamtschuldner verurteilt, die sich an die Garage auf dem Grundstück der Kläger, Flurstück-Nr. 1672/1 (Grundbuch von xxx), anschließende Kirschlorbeerhecke in der Zeit vom 1. Oktober bis zum 1. März des Folgejahres einmal pro Jahr auf eine Höhe von 1,80 m zu kürzen und die Zweige der Hecke bis zur gemeinsamen Grundstücksgrenze der Flurstücke-Nr. 1672/1 und 1672/2 zurückzuschneiden.

4. Die Kläger werden als Gesamtschuldner verurteilt, die beiden auf ihrem Grundstück, Flurstück-Nr. 1672/1 (Grundbuch von xxx), entlang der Grenze zum Grundstück der Beklagten, Flurstück-Nr. 1672/2 (Grundbuch von xxx), gepflanzten Mandelbäume in der Zeit vom 1. Oktober bis zum 1. März des Folgejahres einmal pro Jahr auf eine Höhe von 1,50 m zu kürzen.

5. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Beklagten bezüglich der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO wird verworfen, im Übrigen zurückgewiesen.

II. Die Kosten erster Instanz tragen die Beklagten als Gesamtschuldner, von den Kosten der Berufungsinstanz tragen die Kläger als Gesamtschuldner 75%, die Beklagten als Gesamtschuldner 25%.

III. Das Urteil ist für die Kläger und die Beklagten jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.200 € vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.300 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien sind Nachbarn und streiten im Wege der Klage und Widerklage hinsichtlich verschiedener Störungen durch einen Sichtschutzzaun, überstehende Dachziegel sowie Bepflanzungen.

Grenznah gepflanzte Kirschlorbeerhecke und Mandelbäumchen
(Symbolfoto: Von Dmitrijs Dmitrijevs/Shutterstock.com)

1. Durch Urteil vom 21.03.2016 (Az. 2 C 80/15), auf welches wegen der zu Grunde zu legenden Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht xxx die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, den an der Grenze zum Grundstück der Kläger entlang befindlichen Sichtschutzzaun aus Rohrgeflecht auf eine Höhe von 1,50 m zu kürzen. Ferner wurden sie zur Zahlung vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 242,76 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.05.2015 verurteilt. Die Widerklage der Beklagten wurde abgewiesen und den Beklagten insgesamt die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, die Beklagten seien nach § 11 Abs. 2 NRG zur Kürzung der toten Einfriedung, um die es sich handle, verpflichtet. Das Kürzungsverlangen der Kläger sei nicht schikanös. Die von den Beklagten zuletzt gestellten Widerklageanträge Ziffer 1 und 2 seien unzulässig, da das Klagebegehren nicht hinreichend bestimmt sei. Das Rechtsschutzziel sei nicht eindeutig erkennbar und lasse sich auch nicht durch Auslegung ermitteln. Der Widerklageantrag Ziffer 3 sei unbegründet, da die Beklagten keinen Duldungsanspruch gegen die Kläger hinsichtlich einer Selbstvornahme der begehrten Maßnahme hätten. Sämtliche Beseitigungsansprüche seien aufgrund der von den Klägern erhobenen Einrede der Verjährung verjährt, weshalb auch kein Anspruch auf Duldung bestehe. Die Kostenentscheidung beruhe auf §§ 91, 91a ZPO, wobei hinsichtlich der übereinstimmend für erledigt erklärten Widerklageanträge 1, 3 und 5 keine Erledigung gegeben sei. Hinsichtlich der Entscheidung nach § 91a ZPO sei zu berücksichtigen, dass die Beklagten ohne die Erledigungserklärung mit ihren entsprechenden Anträgen unterlegen wären, weshalb sie die Kosten des Rechtsstreits hinsichtlich des für erledigt erklärten Teils zu tragen hätten.

2. Mit ihrer Berufung wenden sich die Beklagten teilweise gegen die Abweisung ihrer Widerklage sowie die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO.

Zur Begründung tragen sie vor, das Amtsgericht habe den zuletzt gestellten Widerklageantrag Ziffer 1 im Tatbestand unrichtig wiedergegeben hinsichtlich der Länge, der Höhe, des Überstands sowie des Abstands der Kirschlorbeerhecke. Die Hecke sei direkt an der Grundstücksgrenze gepflanzt worden. Gleiches gelte für die Anzahl der noch vorhandenen zwei statt einem Mantelbäumchen. Die Widerklageanträge Ziffer 1 und 2 seien nicht unzulässig, sondern hätten vom Gericht ausgelegt werden müssen. Das Klageziel sei jedenfalls klar definiert gewesen. Die zu hohe Hecke sei nach Wahl der Kläger zurückzusetzen oder zu kürzen, § 12 NRG. Gewollt sei, die Heckenformation gesetzeskonform ändern zu lassen und zwar nach Wahl der Kläger durch Zurücksetzen und/oder Kürzen. Benannt werden müsse nur der Zustand der Hecke, da bei § 12 NRG nur eine Überschreitung von Grenzwerten erforderlich sei. Weshalb das Erstgericht einen Anspruch auf Duldung abgelehnt habe, obwohl es dazu vom Bundesgerichtshof Urteile gebe, sei im Urteil nicht erklärt und die abweichende Rechtsauffassung des Gerichts nicht begründet worden. Ferner habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass es sich bei der Erhebung der Verjährungseinrede im Prozess um ein erledigendes Ereignis handle. Da das Gericht die Beseitigungsansprüche für begründet halte, müsse es der Widerklage in allen Anträgen stattgeben und die Kosten der Widerklage den Klägern auferlegen.

Die Beklagten haben zuletzt beantragt, die Kläger im Wege der Widerklage zu verurteilen,

1. die sich an die Garage auf dem Grundstück der Kläger Flurstück 1672/1 des Grundbuchs von xxx anschließende Kirschlorbeerhecke, die gemäß nachfolgender Abbildung mit einem Überstand von ca. 70 cm auf das Grundstück der Beklagten rage, in der Zeit vom 1. Oktober bis zum 1. März des Folgejahres einmal pro Jahr auf eine Höhe von 1,80 m zu kürzen oder für eine Abstandswahrung nach § 12 Abs. 1 NRG und ein Zurückschneiden der Zweige nach den Vorgaben des § 12 Abs. 2 NRG zu sorgen, um durch diese Maßnahmen einen nachbarrechtsgemäßen Zustand zu erreichen;

2. die beiden gemäß nachfolgender Abbildung direkt an der Grenze zum Grundstück der Beklagten gepflanzten, inzwischen über 1,80 m hohen Mandelbäume, auf eine Höhe von 1,50 m zu kürzen oder für eine Abstandswahrung nach § 20 Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 2 NRG zu sorgen, um durch diese Maßnahmen einen nachbarrechtsgemäßen Zustand zu erreichen.

3. es zu dulden, dass die Beklagten die in dem ursprünglichen Widerklageantrag Ziffer 1 genannten Arbeiten, nämlich die Beseitigung des gemäß nachfolgender Abbildung an der Garage der Kläger auf einer Länge von etwa 9 m etwa 10 cm auf das Grundstück der Beklagten ragenden Dachziegelüberstands auf eigene Kosten vornehmen bzw. vornehmen lassen.

3. Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung tragen sie vor, die Widerklageanträge Ziffer 1 und 2 seien unzulässig. Eine Kürzung der Kirschlorbeerhecke auf 1,80 m hätte deren Absterben zur Folge. Die Hecke sei in einem Abstand von 0,50 m gepflanzt worden. Die Rechtsauffassung des Amtsgerichts hinsichtlich des Duldungsanspruchs sei nicht zu beanstanden. Die Kostenentscheidung hinsichtlich der übereinstimmend für erledigt erklärten Anträge sei richtig, da die Kläger erstmals durch die Widerklage mit dem Anspruch der Beklagten konfrontiert worden seien und daher keine Möglichkeit gehabt hätten, vor Rechtshängigkeit die Einrede der Verjährung zu erheben.

4. Ergänzend zu den Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts ist festzustellen, dass unstreitig zwei Mandelbäumchen entlang der mit einem Sichtschutzzaun aus Rohrgeflecht versehenen gemeinsamen Grundstücksgrenze in einem Abstand von 0,40 m gepflanzt sind. Der Überstand der an der Garage der Kläger angebrachten Dachziegel beträgt jedenfalls 8 cm.

5. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 20.01.2017 Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist teilweise zulässig und, soweit zulässig, teilweise begründet.

1. Soweit sich die Beklagten mit ihrer Berufung gegen die auf der Grundlage von § 91a ZPO getroffene Kostenmischentscheidung des Amtsgerichts hinsichtlich der übereinstimmend für erledigt erklärten Widerklageanträge Ziffer 3 und 5 bezüglich der Beseitigung der Gartenhütte sowie des Maschendrahtzauns wenden, ist die Berufung mangels ausreichender, fristgerechter Berufungsbegründung unzulässig.

Zwar kann die vom erstinstanzlichen Gericht getroffene Kostenmischentscheidung nach §§ 91, 91a ZPO grundsätzlich mit einer -zulässigen – Berufung angegriffen werden (Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., §91a Rn. 54 und 56).

Mit der hinsichtlich der getroffenen Kostenentscheidung nach § 91a ZPO angeführten Begründung des erstinstanzlichen Gerichts, dass die Beklagten die Kosten tragen, weil sie wegen der Erhebung der Einrede der Verjährung (§ 214 BGB) im Rechtsstreit unterlegen wären, da die Klage deswegen von Anfang an unbegründet gewesen sei, setzt sich die Berufungsbegründung nicht auseinander. Die Beklagten greifen mit ihrer Berufung eine Billigkeitsentscheidung nach § 91a ZPO an, so dass sie darlegen müssen, welche – vom erstinstanzlichen Gericht bei der Abwägung nicht berücksichtigen – Gesichtspunkte zu einer Kostenlast der Kläger führen sollen. Bei Erhebung der Einrede der Verjährung im Prozess erschöpft sich der Vortrag hinsichtlich der zu treffenden Billigkeitsentscheidung nicht darin, dass es sich um ein erledigendes Ereignis handelt. Dazu, wie die Billigkeitsentscheidung im vorliegenden Fall – nach Auffassung der Beklagten – richtigerweise hätte ausfallen müssen, enthält weder die Berufungsbegründung der Beklagten einen Vortrag noch die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

Im Übrigen entspricht die getroffene Entscheidung billigem Ermessen, § 91a ZPO. Unstreitig haben die Beklagten die Kläger bis zum Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage nicht aufgefordert, hinsichtlich der begehrten Beseitigung tätig zu werden. Die Kläger befanden sich somit auch nicht in Verzug, § 286 ZPO. Da sie das Anliegen der Beklagten bis zum Zeitpunkt der Widerklage nicht kannten, war es ihnen auch nicht möglich, bereits vor Erhebung der Widerklage die Einrede der Verjährung zu erheben. Derjenige, der einen verjährten Anspruch einklagt, setzt einen entscheidenden Verursachungsbeitrag, unabhängig davon, ob die Klage bis zum Zeitpunkt der Erhebung der Einrede der Verjährung zulässig und begründet war. Dies ist bei der Entscheidung nach § 91a ZPO zu berücksichtigen (BGHZ 184, 128). Aus welchem Grund die Beklagten hätten davon ausgehen können, dass die – anwaltlich vertretenen – Kläger sich nicht auf die Einrede der Verjährung berufen würden, ist weder dargelegt noch ersichtlich.

Die Berufung der Beklagten ist daher hinsichtlich der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO als unzulässig zu verwerfen.

2. Die von den Beklagten in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Widerklageanträge Ziffer 1 und 2 sind – anders als noch in erster Instanz – zulässig. Die Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung klargestellt (II/101), dass sie damit die Herstellung nachbarrechtsgemäßer Zustände verlangen, soweit es die Kirschlorbeerhecke und die beiden Mandelbäumchen betrifft. Die Beklagten begehren zum einen die Verkürzung der Hecke von oben auf eine bestimmte Höhe sowie das Zurückschneiden (vertikal) der auf ihr Grundstück überragenden Zweige, § 12 Abs. 3 NRG. Darüber hinaus begehren sie für den Fall, dass die Kläger sich entschließen sollten, die Hecke von der Grundstücksgrenze weg zu versetzen, dass ein der Höhe der Hecke entsprechender Abstand eingehalten wird, § 12 Abs. 2 NRG.

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A) Die Beklagten können von den Klägern als Gesamtschuldner verlangen, dass diese die Kirschlorbeerhecke einmal jährlich in der Zeit vom 1. Oktober bis 31. März des Folgejahres auf eine Höhe von 1,80 m kürzen, § 12 Abs. 3 NRG.

Unstreitig hatte und hat die Kirschlorbeerhecke eine Höhe von mehr als 1,80 m, wobei dahinstehen kann, ob die Hecke 2,3 m oder 3,3 m Höhe hatte. Nach den eigenen Angaben der Kläger, die die Beklagte nicht bestritten haben, wurde die Hecke Ende Februar 2016 lediglich auf eine Höhe von 2,3 m, somit auf weniger als 1,80 m, gekürzt.

Nach § 12 Abs. 2 S. 2 NRG darf die Kirschlorbeerhecke maximal eine Höhe von 1,80 m haben.

Unerheblich ist, dass die Kläger vortragen, dass die Hecke bei einer derartigen Verkürzung auf 1,80 m nicht mehr überlebensfähig wäre. Es steht den Klägern frei, die Hecke, anstatt sie von oben zu verkürzen, bei gleichbleibender Höhe in einen Abstand von 1 m zur gemeinsamen Grundstücksgrenze (bei einer Höhe von 2,30 m) zu versetzen, § 12 Abs. 1 und 2 NRG.

B) Ferner sind die Kläger verpflichtet, die Zweige der – maximal 1,80 m hohen – Kirschlorbeerhecke bis zur gemeinsamen Grundstücksgrenze zurückzuschneiden, § 12 Abs. 1 und 3 NRG, so dass diese nicht mehr auf das Grundstück der Beklagten ragen.

Das Berufungsgericht ist nach § 529 Abs. 2 ZPO an die Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts, die Kirschlorbeerhecke sei in einem Abstand von 0,5 m zur Grundstücksgrenze gepflanzt worden, gebunden. Dieser Vortrag war in erster Instanz unstreitig und den Beklagten ist es nach § 531 Abs. 2 ZPO verwehrt, dies erstmals in der Berufungsinstanz zu bestreiten.

C) Die Beklagten können von den Klägern nach § 20 NRG, 11 Abs. 1 NRG verlangen, dass die beiden Mandelbäumchen auf eine Höhe von 1,50 m, d. h. die Höhe des zu kürzenden Sichtschutzzaunes, verkürzt werden.

Dies ist in der Berufungsinstanz unstreitig und daher – entgegen den anderslautenden Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts – ebenso zu berücksichtigen, wie dass es sich noch um zwei verbliebene Mandelbäume entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze hinter dem Sichtschutzzaun, der auf dem Grundstück der Beklagten errichtet ist, handelt.

Der Sichtschutzzaun ist eine tote Einfriedung, § 20 NRG, und die Mandelbäume sind unstreitig lediglich in einem Abstand von 0,40 m zur gemeinsamen Grundstücksgrenze gepflanzt. Die Beklagten können daher verlangen, dass diese beiden Bäume bis auf die Höhe des Sichtschutzzaunes, somit auf 1,50 m, verkürzt werden.

C) Die Beklagten können jedoch nicht verlangen, dass die Kläger bereits jetzt verpflichtet werden, die Hecke in einen Abstand zur Grundstücksgrenze zu versetzen, der der Mehrhöhe über 1,80 m (2,30 m – 1,80 m) plus 0,5 m entspricht, § 12 Abs. 1 und 2 NRG.

Die Kläger haben ihr – nach Ansicht der Beklagten bestehendes – „Wahlrecht“ hinsichtlich der Herstellung nachbarrechtsgemäßer Zustände seit Jahren dadurch ausgeübt, dass sie die Hecke unstreitig zuletzt Ende Februar 2016 von oben auf die Höhe 2,30 m gekürzt haben, sich somit gerade nicht für ein seitliches Versetzen der immerhin 15 m langen Hecke entschieden haben. Die Beklagten wiederum haben sich dazu entschlossen, ihren Anspruch auf Verkürzung und Zurückschneiden nach § 12 Abs. 1 und 3 NRG geltend zu machen.

Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger die Hecke, sollten sie sich – anders als bislang – dazu entschließen, die Hecke von der Grenze weg zu versetzen, nicht die nachbarrechtlichen Vorschriften einhalten werden, sind bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung weder dargelegt noch ersichtlich geworden.

Es besteht somit keine – für einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch erforderliche – Erstbegehungsgefahr hinsichtlich einer Störung, die sich durch ein nicht ausreichendes Versetzen der Hecke ergeben könnte.

Die Widerklage ist daher insoweit abzuweisen.

3. Gleiches gilt, soweit die Beklagten verlangen, dass die Kläger die beiden Mandelbäume, die derzeit unstreitig einen Abstand von 0,40 m zur Grenze haben, in einen ausreichenden Abstand versetzen. Die Kläger haben bereits in erster Instanz in der mündlichen Verhandlung vom 08.02.2016, AS I/205f., angegeben, dass sie bereit sind, die Mandelbäume ganz zu entfernen.

4. Den Beklagten steht ferner kein Anspruch auf Duldung der Beseitigung, hier Kürzung, der unstreitig 8 bis 10 cm auf das Grundstück der Beklagten ragenden, an der Brüstung der Garage der Kläger angebrachten Dachziegel (Lichtbilder II/85 ff.) nach § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 903 BGB zu.

A) Zwar umfassen die Eigentümerbefugnisse nach § 903 BGB auch den Luftraum über dem Grundstück der Beklagten. Insofern stellt es grundsätzlich eine Eigentumsstörung dar, wenn die Dachziegel über die Grundstücksgrenze auf das Grundstück der Beklagten ragen, wobei dahinstehen kann, ob dies nun mit 8 cm, was die Kläger behaupten, oder mit 10 cm, was die Beklagten behaupten, der Fall ist.

Der Duldungsanspruch besteht auch dann, wenn der Beseitigungsanspruch, wie hier, verjährt ist und die Einrede der Verjährung erhoben wurde. Der bestehende Zustand bleibt rechtswidrig und ist nicht zu dulden (BGH, NJW-RR 2014, 1543).

B) Die Beklagten sind jedoch nach § 1004 Abs. 2 BGB i.V.m. § 7b NRG zur Duldung der Störung verpflichtet.

Die Voraussetzungen von § 7b Abs. 1 NRG liegen vor, da unstreitig nach den baurechtlichen Vorschriften unmittelbar an die gemeinsame Grundstücksgrenze gebaut werden darf.

Bei den Dachziegeln, die an der Terrassenbrüstung der Garage der Kläger angebracht sind, handelt es sich um untergeordnete Bauteile, die den baurechtlichen Vorschriften entsprechen (Pelka, das Nachbarrecht, 2. 20. Aufl., § 7b).

Es handelt sich nicht deswegen um ein untergeordnetes Bauteil, weil die Dachziegel unstreitig über eine Länge von etwa 9 m an der Brüstung angebracht sind. Die Dachziegel erweitern nicht die nutzbare Fläche, § 7b Abs. 1 S. 2 NRG, was anhand der vorgelegten Lichtbilder ersichtlich ist. Sie dienen lediglich als Abschluss der Brüstung in Form eines Wetterschutzes.

Soweit die Beklagten im – nicht nachgelassenen – Schriftsatz vom 20.01.2017 vorgetragen haben, dass sie beabsichtigen, ebenfalls eine Garage direkt an die Grenze zu bauen, ergibt sich daraus nicht, dass sie mehr als nur unwesentlich durch die Dachziegel beeinträchtigt sind. Zum einen ist bereits nicht dargelegt, dass es sich um eine ausreichend konkretisierte, aktuelle Absicht zur Bebauung handelt. Zum anderen erschließt sich dem Gericht nicht, weshalb es nicht möglich sein soll, die eigene Garage kurz unterhalb der Dachziegel enden zu lassen. Das Dach des derzeit vorhandenen Carports (Lichtbilder AS II/85 und 87) endet ebenfalls unterhalb der Dachziegel und kann sogar noch höher gesetzt werden. Dass und aus welchen Gründen die bislang zur Verfügung stehende Höhe des Carports bei der neuen Garage nicht ausreichen soll, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Bei geschlossener Bauweise sieht § 7b Abs. 2 NRG vor, dass ein Anschluss durch übergreifende Bauteile erfolgen darf.

§ 7b NRG ist vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsrechtlich unbedenklich eingestuft worden (BVerfG, NJW-RR 2008, 26, Rn. 44ff.; Pelka, Das Nachbarrecht, 4. Aufl., § 7b NRG; Staudinger/Karl-Dieter Albrecht, Neubearbeitung 2012, EGBGB Art. 124 Rn. 8).

Die Klage ist daher hinsichtlich der Duldung der Beseitigung der Dachziegel abzuweisen.

5. Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht dargelegt und nicht ersichtlich.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91, 92, 97 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 ZPO.

Die Kostenentscheidung erster Instanz ergibt sich aus §§ 91, 91a ZPO. Da die Beklagten erstinstanzlich trotz entsprechendem Hinweis des Gerichts an ihren unveränderten Widerklageanträgen Ziffer 1 und 2 festgehalten haben, die in der damaligen Form mit der damaligen Begründung unzulässig und auch nicht auslegungsfähig waren, tragen sie insoweit die Kosten des Rechtsstreits. Hinsichtlich der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.

Die Kosten in der Berufungsinstanz sind nach §§ 92, 97 ZPO zu verteilen. Die Beklagten obsiegen mit ihren geänderten und weiter begründeten Widerklageanträgen Ziffer 1 und 2 teilweise und unterliegen im Übrigen hinsichtlich des seitlichen Versetzens sowie der Duldung.

Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sie zu einem geringen Anteil mit ihren Anträgen Ziffer 1 und 2 unterliegen, ergibt sich ein Anteil von 75% für die Kläger, von 25% für die Beklagten selbst.

Die Sicherheitsleistung, § 709 S. 1 ZPO, wird für die Kläger wie in erster Instanz auf 2.200 € festgesetzt, was deren Anspruch auf Erstattung der Kosten in beiden Instanzen berücksichtigt. Für die Beklagten wird sie ebenfalls auf 2.200 € festgesetzt.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird nach §§ 47 GKG, 3 ZPO in Höhe von 2.300 € festgesetzt.

Maßgeblich ist die Beeinträchtigung, die die Kirschlorbeerhecke sowie die beiden Mandelbäume- für das Grundstück der Beklagten bedeuten. Bei einer Länge von ca. 15 m erachtet das Gericht einen Betrag von 1.500 € (15 m x 100 €) für angemessen. Von den beiden Mandelbäumen, die sich unstreitig hinter einer von den Beklagten selbst angebrachten Sichtschutzmatte befinden, geht eine eher untergeordnete Beeinträchtigung in Form einer möglichen Verschattung aus, so dass hierfür ein Betrag von insgesamt 300 € (2 x 150 €) festgesetzt wird. Für die Duldung der Beseitigung der Dachziegel setzt das Gericht einen Betrag in Höhe von 500 € fest. Diese befinden sich im Luftraum über dem Dach des Carports, wo eine Nutzung durch die Beklagten derzeit nicht stattfindet.

Soweit die Beklagten sich gegen die erstinstanzliche Kostenentscheidung bezüglich der übereinstimmenden Erledigungserklärung hinsichtlich der Gartenhütte und des Maschendrahtzauns wenden, erhöht dies den Streitwert des Berufungsverfahrens nicht, da deswegen keine Kostenquotelung in erster Instanz zu ihren Gunsten hätte vorgenommen werden müssen.

Gründe, die Revision nach § 543 ZPO zuzulassen, liegen nicht vor.

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