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Groben Behandlungsfehler Tierarzt – Rückforderung des Honorars

Das kranke Pferd auf dem Behandlungstisch, der Tierarzt ringt um sein Leben – und verliert. Doch der Tod des geliebten Tieres löste einen erbitterten Streit um die Tierarztrechnung aus, der nun das Oberlandesgericht Dresden beschäftigte. Eine Pferdebesitzerin weigerte sich zu zahlen, weil sie einen schwerwiegenden Behandlungsfehler sah. Doch die Richter hatten eine überraschende Antwort: Der Tierarzt erhält sein Honorar auch dann, wenn das Tier ohnehin sterben musste.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 4 U 1539/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OLG Dresden
  • Datum: 09.04.2025
  • Aktenzeichen: 4 U 1539/24
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Vertragsrecht, Arzthaftungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein Tierarzt, der die Vergütung für seine erbrachten Leistungen forderte.
  • Beklagte: Die Eigentümerin eines behandelten Pferdes, die gegen ein Urteil des Landgerichts Berufung einlegte. Sie argumentierte, dass ein Grober Behandlungsfehler des Tierarztes vorliege und sie daher keine Vergütung zahlen müsse oder bereits Gezahltes zurückfordern könne.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Ein Tierarzt forderte die Bezahlung seiner Leistungen. Das von ihm behandelte Pferd verstarb, woraufhin die Eigentümerin des Pferdes die Zahlung des Arzthonorars verweigerte und die Rückforderung bereits gezahlter Beträge forderte, da ihrer Ansicht nach ein grober Behandlungsfehler des Tierarztes vorlag. Das Landgericht hatte die Eigentümerin zur Zahlung verpflichtet, wogegen sie Berufung einlegte.
  • Kern des Rechtsstreits: Die Kernfrage war, ob ein grober Behandlungsfehler eines Tierarztes automatisch zum Entfall oder zur Rückzahlung des Honorars führt, auch wenn die Behandlung aufgrund vorbestehender Umstände ohnehin keinen Erfolg gehabt hätte und dem Patienten kein Schaden entstanden ist.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung der beklagten Pferdebesitzerin gegen das Urteil des Landgerichts wurde zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens muss die Pferdebesitzerin tragen.
  • Begründung: Das Gericht stellte fest, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hatte. Ein grober Behandlungsfehler allein führt nicht automatisch zum Entfall oder zur Rückzahlung des Honorars bei einem Dienstvertrag, da die Vergütung grundsätzlich auch für fehlerhafte Leistungen geschuldet wird. Ein Anspruch auf Rückforderung besteht nur, wenn die Leistung aufgrund des Fehlers völlig unbrauchbar und wertlos ist. Im vorliegenden Fall war der Tod des Pferdes nicht auf den angeblichen Behandlungsfehler zurückzuführen, sondern auf bereits vor Behandlungsbeginn bestehende Umstände. Dem Tierhalter entstand durch den Fehler kein Schaden, da das Pferd auch bei korrekter Behandlung verstorben wäre.
  • Folgen: Die Pferdebesitzerin muss das ausstehende Arzthonorar zahlen und die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Die gerichtliche Entscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Fall vor Gericht


Tierarztfehler ohne Folgen? Gerichtsurteil zur Arzthonorarzahlung trotz Behandlungsfehlers

Jeder Tierhalter kennt die Sorge: Das geliebte Tier ist krank und braucht dringend Hilfe. Man vertraut auf das Können des Tierarztes und hofft auf eine baldige Genesung. Doch was passiert, wenn bei der Behandlung etwas schiefläuft, der Tierarzt einen Fehler macht, das Tier aber vielleicht ohnehin nicht mehr zu retten gewesen wäre? Muss man die Tierarztrechnung trotzdem bezahlen? Genau mit dieser kniffligen Frage musste sich das Oberlandesgericht Dresden auseinandersetzen.

Der Weg zum Gericht: Ein Streit um die Tierarztrechnung eines verstorbenen Pferdes

Pferdearzt reanimiert Pferd während Besitzerin diskutiert über Rechnung in Tierarztpraxis
Tierarzt kämpft um Pferdeleben, Kosten und Trauer nach tragischem Behandlungsende. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Eine Pferdebesitzerin zog vor Gericht, nachdem ihr Pferd während einer tierärztlichen Behandlung verstorben war. Sie hatte bereits einen Teil des Honorars an den behandelnden Tierarzt gezahlt und verweigerte die Zahlung des Restbetrags. Mehr noch, sie forderte den bereits gezahlten Anteil zurück. Ihrer Ansicht nach hatte der Tierarzt einen schwerwiegenden Fehler bei der Behandlung gemacht.

Der Fall landete zunächst vor dem Landgericht Chemnitz. Dieses Gericht entschied offenbar zugunsten des Tierarztes, denn die Pferdebesitzerin legte gegen dieses Urteil Berufung ein. Das bedeutet, sie beantragte, dass eine höhere gerichtliche Instanz, nämlich das Oberlandesgericht Dresden, das Urteil des Landgerichts überprüfen sollte. Sie blieb bei ihrer Auffassung: Ein grober Behandlungsfehler des Tierarztes müsse dazu führen, dass sie weder das restliche Honorar zahlen noch der Tierarzt das bereits erhaltene Geld behalten dürfe. Sie argumentierte, dies sei eine Frage von „Treu und Glauben“ – ein Rechtsgrundsatz, der besagt, dass Vertragspartner fair und ehrlich miteinander umgehen müssen.

Die Kernfrage vor dem Oberlandesgericht: Muss man für eine fehlerhafte Behandlung zahlen, die ohnehin erfolglos geblieben wäre?

Das Oberlandesgericht Dresden stand nun vor einer komplexen Frage. Angenommen, der Tierarzt hat tatsächlich einen „groben Behandlungsfehler“ begangen – also einen Fehler, der aus medizinischer Sicht besonders schwer wiegt und einem sorgfältigen Arzt unter keinen Umständen hätte unterlaufen dürfen. Führt ein solcher Fehler automatisch dazu, dass der Tierarzt seinen Anspruch auf Bezahlung verliert oder bereits erhaltenes Geld zurückzahlen muss?

Die Pferdebesitzerin stützte ihre Forderung unter anderem auf § 280 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Diese Vorschrift regelt den Schadensersatz bei Pflichtverletzungen in einem Vertrag. Vereinfacht gesagt: Wenn ein Vertragspartner seine Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt und dadurch ein Schaden entsteht, muss er dafür geradestehen. Zudem zog sie § 628 Absatz 1 Satz 2 BGB heran. Dieser Paragraph befasst sich mit der Vergütung bei Dienstverträgen, die vorzeitig gekündigt werden, und kann unter bestimmten Umständen dazu führen, dass der Dienstleistende seinen Lohnanspruch verliert, wenn er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung provoziert hat.

Das Oberlandesgericht hatte jedoch schon vor der endgültigen Entscheidung in einem sogenannten Hinweisbeschluss vom 26. März 2025 – einer Art vorläufiger Einschätzung – angedeutet, dass der Tod des Pferdes wohl nicht auf einen Fehler des Tierarztes zurückzuführen sei. Vielmehr sei schon vor Beginn der Behandlung ein unaufhaltsamer Krankheitsverlauf im Gange gewesen, der unausweichlich zum Tod des Tieres geführt habe. Trotz dieses Hinweises hielt die Pferdebesitzerin an ihrer Berufung fest.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden: Berufung erfolglos, Pferdebesitzerin muss zahlen

Das Oberlandesgericht Dresden wies die Berufung der Pferdebesitzerin mit einem einstimmig gefassten Beschluss zurück. Das bedeutet, die Pferdebesitzerin hatte mit ihrem Anliegen keinen Erfolg und die Entscheidung des Landgerichts Chemnitz, die sie zur Zahlung verpflichtete, blieb bestehen. Die Kosten des Berufungsverfahrens, also die Gerichts- und Anwaltskosten für diese zweite Runde vor Gericht, muss ebenfalls die Pferdebesitzerin tragen. Der sogenannte Gegenstandswert des Berufungsverfahrens, der als Grundlage für die Berechnung dieser Kosten dient, wurde auf 8.974,95 EUR festgesetzt. Das Gericht entschied zudem, dass das Urteil und der Beschluss „vorläufig vollstreckbar“ sind. Das heißt, der Tierarzt kann die Zahlung von der Pferdebesitzerin verlangen, auch wenn theoretisch noch weitere rechtliche Schritte möglich wären.

Warum aber entschied das Gericht ohne eine mündliche Verhandlung, also ohne dass die Parteien nochmals persönlich ihre Argumente vortragen konnten? Das Gericht war der Ansicht, dass die Berufung „offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg“ bot, wie es § 522 Absatz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) – dem Regelwerk für Gerichtsverfahren in Zivilsachen – vorsieht. Zudem sah das Gericht in dem Fall keine „grundsätzliche Bedeutung“, also keine Rechtsfragen, die über den Einzelfall hinaus für viele andere Fälle wichtig wären. Auch eine „Fortbildung des Rechts“ oder die „Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung“ – also die Notwendigkeit, das Recht weiterzuentwickeln oder sicherzustellen, dass Gerichte in ähnlichen Fällen gleich entscheiden – sah das Gericht nicht als gegeben an.

Die Begründung des Gerichts: Ein Arztvertrag ist ein Dienstvertrag, kein Erfolgsversprechen

Das Gericht erklärte ausführlich, warum die Pferdebesitzerin auch im Falle eines groben Behandlungsfehlers das Honorar zahlen muss. Der Kern der Argumentation liegt in der rechtlichen Natur des Arztvertrages. Ein Behandlungsvertrag mit einem Arzt oder Tierarzt ist ein sogenannter „Dienstvertrag“. Das kann man sich vorstellen wie den Vertrag mit einem Nachhilfelehrer: Der Lehrer schuldet sorgfältigen Unterricht, aber nicht den Erfolg, dass der Schüler die Prüfung besteht. Ähnlich ist es beim Arzt: Er schuldet eine Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst, aber er kann keinen Heilungserfolg garantieren.

Deshalb, so das Gericht, wird die Vergütung für die ärztliche Leistung grundsätzlich auch dann geschuldet, wenn die Leistung fehlerhaft war. Ein bloßer Behandlungsfehler führt nicht automatisch zum Verlust des Honoraranspruchs. Ein Verstoß gegen „Treu und Glauben“ liege darin nicht, anders als die Pferdebesitzerin meinte.

Aber wann kann ein Patient oder Tierhalter dann die Zahlung verweigern oder bereits gezahltes Geld zurückfordern? Das Gericht stellte klar: Hierfür braucht es mehr als nur einen Fehler. Es bedarf einer „Pflichtverletzung“ oder eines „vertragswidrigen Verhaltens“, das so schwerwiegend ist, dass es einer Nichterfüllung des Vertrags gleichkommt. Selbst wenn der Behandlungsvertrag nicht formal gekündigt wurde, können dem Patienten bei einer schuldhaften Fehlleistung des Arztes sogenannte „Schadensersatzansprüche“ aus § 280 Absatz 1 BGB zustehen. Ein solcher Anspruch setzt aber voraus, dass die ärztliche Leistung für den Patienten „teilweise oder völlig unbrauchbar“ ist. Wenn das der Fall ist, kann der Patient diese Schadensersatzansprüche mit dem Honoraranspruch des Arztes verrechnen. Im Ergebnis kann das bedeuten, dass er von der Zahlungspflicht befreit wird und der Arzt bereits erhaltenes Geld zurückzahlen muss. Dasselbe gilt, wenn eine Behandlung medizinisch völlig unnötig oder überflüssig war.

Wann ist eine ärztliche Leistung „völlig unbrauchbar“?

Der entscheidende Begriff ist hier also die „Unbrauchbarkeit“ der Leistung. Was bedeutet das konkret? Das Gericht führte aus, dass eine Dienstleistung dann „völlig unbrauchbar“ und damit für den Patienten „wertlos“ ist, wenn die Erfüllung des Vertrages für ihn ohne jedes Interesse ist. Man stelle sich vor, ein Maler streicht eine Wand in der falschen Farbe und schüttet dabei noch Farbe auf den neuen Teppich. Hier könnte die Leistung als unbrauchbar angesehen werden. Übertragen auf den Arztfall: Die Behandlung muss aufgrund des Fehlers für den Patienten jeden Sinn verloren haben.

Im vorliegenden Fall lagen diese Voraussetzungen nach Ansicht des Gerichts nicht vor. Zwar war das Pferd während der Behandlung verstorben. Aber – und das ist der springende Punkt – dies war nicht auf einen groben Behandlungsfehler des Tierarztes zurückzuführen. Wie das Gericht bereits in seinem Hinweisbeschluss dargelegt hatte, war der Tod des Tieres die Folge eines bereits vor Behandlungsbeginn in Gang gesetzten Krankheitsverlaufs, der unaufhaltsam zum Tod führte. Die Krankheit des Pferdes, eine sogenannte Pyometra (eine schwere Gebärmutterentzündung), war laut Sachverständigengutachten anfangs nicht einmal erkennbar gewesen, sodass man dem Tierarzt auch nicht vorwerfen konnte, eine von vornherein überflüssige Behandlung begonnen zu haben.

Der Vergleich: Was wäre ohne den Behandlungsfehler passiert?

Um seine Entscheidung zu verdeutlichen, zog das Gericht einen interessanten Vergleich heran. Was wäre geschehen, wenn der Tierarzt keinen Fehler gemacht, sondern die medizinisch korrekte Behandlung durchgeführt hätte? Nach den Feststellungen wäre das Pferd auch dann verstorben, weil die Krankheit einfach zu weit fortgeschritten und unheilbar war. Der Tierarzt hätte dann aber die korrekt durchgeführten – und möglicherweise sogar umfangreicheren und damit teureren – Leistungen abrechnen können.

Das Gericht schlussfolgerte daraus: Durch den (unterstellten) Behandlungsfehler ist der Pferdebesitzerin nicht nur kein Schaden entstanden. Im Gegenteil, die von ihr geschuldete Vergütung fiel durch den Fehler möglicherweise sogar geringer aus, als sie es ohne den Fehler getan hätte. Denn eine fehlerhafte, vielleicht weniger aufwendige Behandlung ist oft günstiger als eine lege artis, also nach allen Regeln der Kunst, durchgeführte, aber im Ergebnis ebenso erfolglose Behandlung. Wenn also die korrekte Behandlung das Pferd auch nicht hätte retten können, der Tierarzt dafür aber mehr Geld hätte verlangen können, dann ist der Pferdebesitzerin durch den fehlerhaften, aber günstigeren Behandlungsversuch kein finanzieller Nachteil entstanden, den sie als Schadensersatz geltend machen könnte.

Die Kostenentscheidung stützte das Gericht auf § 97 der Zivilprozessordnung (ZPO), der besagt, dass die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits trägt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO, die regeln, unter welchen Voraussetzungen Urteile sofort durchgesetzt werden können.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass Tierhalter auch bei Behandlungsfehlern grundsätzlich die Tierarztrechnung bezahlen müssen, solange die Behandlung nicht völlig sinnlos oder unbrauchbar war. Ein Arztvertrag ist ein Dienstvertrag – der Tierarzt schuldet eine fachgerechte Behandlung, aber keine Heilungsgarantie. Nur wenn durch den Fehler die gesamte Behandlung ihren Wert verliert oder das Tier auch bei korrekter Behandlung nicht hätte gerettet werden können, entfällt die Zahlungspflicht. Die Entscheidung verdeutlicht, dass Tierbesitzer trotz des emotionalen Verlusts ihres Tieres rechtlich zur Honorarzahlung verpflichtet bleiben, wenn der Tod nicht kausal auf den Behandlungsfehler zurückzuführen ist.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist ein Behandlungsfehler und wie wird ein grober Behandlungsfehler definiert?

Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn eine ärztliche Maßnahme nicht dem medizinischen Standard entspricht. Das bedeutet, der Arzt oder die Ärztin hat bei der Behandlung, Diagnose oder Aufklärung von dem abgewichen, was ein gewissenhafter und erfahrener Mediziner in der gleichen Situation getan hätte. Es geht dabei um die Sorgfalt, die von einem Fachmann zu erwarten ist. Ein solcher Fehler kann beispielsweise eine falsche Diagnose, eine fehlerhafte Operation oder eine unzureichende Aufklärung über Behandlungsrisiken sein.

Was ist ein grober Behandlungsfehler?

Ein grober Behandlungsfehler ist eine besonders schwerwiegende Abweichung vom medizinischen Standard. Es handelt sich um einen Fehler, der einem gewissenhaften Mediziner schlechterdings nicht unterlaufen wäre und der so klar gegen grundlegende medizinische Regeln verstößt, dass seine Fehlerhaftigkeit kaum zu übersehen ist. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, ein chirurgisches Instrument wird im Körper eines Patienten vergessen oder eine offensichtlich notwendige Untersuchung wird unterlassen. Solche Handlungen können als grober Behandlungsfehler eingestuft werden, weil sie auf eine extreme Missachtung der Sorgfaltspflicht hindeuten.

Welche praktischen Auswirkungen hat ein grober Behandlungsfehler?

Die Einstufung eines Fehlers als grober Behandlungsfehler hat eine entscheidende rechtliche Bedeutung, insbesondere für den Patienten. Wenn ein grober Behandlungsfehler feststeht und dieser Fehler generell geeignet ist, einen Schaden der eingetretenen Art zu verursachen, wird vom Gesetz vermutet, dass der Fehler den Schaden verursacht hat.

Das bedeutet, der Patient muss dann nicht mehr beweisen, dass der Fehler den Schaden verursacht hat. Stattdessen muss der Arzt oder die Ärztin beweisen, dass der Schaden auch ohne den Fehler eingetreten wäre oder eine andere Ursache hatte. Diese Umkehr der Beweislast bedeutet für den Patienten eine erhebliche Erleichterung, da es oft schwierig ist, einen direkten Zusammenhang zwischen einem Fehler und einem Gesundheitsschaden zweifelsfrei nachzuweisen. Die Einstufung eines Fehlers als grob führt jedoch nicht automatisch dazu, dass der Behandlungsvertrag unwirksam wird. Es geht vielmehr um die Frage, wer die Verantwortung für den entstandenen Schaden trägt.


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Wann muss ich die Tierarztrechnung trotz eines Fehlers bezahlen?

Die Tierarztrechnung müssen Sie in der Regel auch dann bezahlen, wenn der gewünschte Behandlungserfolg ausbleibt oder Sie einen Fehler vermuten. Dies liegt an der rechtlichen Natur des Tierarztvertrags.

Der Tierarztvertrag als Dienstvertrag

Ein Vertrag, den Sie mit einem Tierarzt oder einer Tierärztin eingehen, ist rechtlich meist ein sogenannter Dienstvertrag. Bei einem Dienstvertrag schuldet die Tierärztin oder der Tierarzt das Bemühen um die Behandlung Ihres Tieres nach den Regeln der tierärztlichen Kunst und Sorgfalt. Das bedeutet, es wird kein bestimmter Erfolg garantiert, wie zum Beispiel die vollständige Heilung Ihres Tieres.

Stellen Sie sich vor, Sie engagieren einen Bauarbeiter, der Ihnen eine Mauer setzen soll (Werkvertrag). Er schuldet Ihnen die fertige Mauer. Beim Tierarzt ist es anders: Er schuldet Ihnen sein fachmännisches Handeln – die sorgfältige Untersuchung, Diagnose und die Durchführung der Behandlung. Für diese erbrachte Leistung wird die Vergütung fällig.

Wann die Zahlungspflicht bestehen bleibt

Die Verpflichtung zur Zahlung der Rechnung bleibt grundsätzlich bestehen, solange die Tierärztin oder der Tierarzt die Behandlung ordnungsgemäß und nach bestem Wissen und Gewissen durchgeführt hat.

  • Kein garantierter Behandlungserfolg: Es ist möglich, dass Ihr Tier trotz aller tierärztlichen Bemühungen nicht genesen kann oder dass unerwünschte Komplikationen auftreten. Dies muss nicht bedeuten, dass ein Fehler gemacht wurde. Die erbrachte tierärztliche Leistung ist auch in solchen Fällen grundsätzlich zu vergüten.
  • Vermutung eines Fehlers genügt nicht: Ihre persönliche Annahme, es sei ein Fehler passiert, reicht nicht aus, um die Zahlung der Rechnung zu verweigern. Eine solche Vermutung muss eindeutig beweisbar sein und rechtlich als tatsächlicher Behandlungsfehler qualifiziert werden.

Was ist ein Behandlungsfehler?

Ein juristisch relevanter Behandlungsfehler liegt nur dann vor, wenn die Tierärztin oder der Tierarzt von den anerkannten Standards der tierärztlichen Wissenschaft und Praxis abgewichen ist und dies zu einem Schaden geführt hat. Ein solcher Fehler ist oft schwer nachzuweisen und erfordert eine genaue Prüfung der medizinischen und rechtlichen Umstände.

Selbst wenn ein nachweisbarer Behandlungsfehler vorliegt, führt dies nicht automatisch dazu, dass die gesamte Rechnung für die bereits erbrachte Leistung nicht mehr geschuldet ist. Vielmehr kann ein solcher Fehler zu einem Schadensersatzanspruch führen. Das bedeutet, die Tierärztin oder der Tierarzt müsste die durch den Fehler entstandenen Schäden ersetzen, wie beispielsweise die Kosten für notwendige Nachbehandlungen oder Medikamente. Der Anspruch auf das ursprüngliche Honorar für die erbrachte Behandlung bleibt aber oft bestehen, es sei denn, die gesamte Behandlung war aufgrund des Fehlers von Anfang an für Ihr Tier völlig nutzlos geworden.

Für Sie bedeutet das: Die Rechnung für die tierärztliche Leistung ist grundsätzlich zu begleichen, auch wenn das gewünschte Ergebnis nicht eintrat oder Sie den Verdacht eines Fehlers haben. Die Zahlungspflicht für die eigentliche Behandlung wird nur unter sehr spezifischen und nachweisbaren Umständen vollständig aufgehoben.


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Unter welchen Voraussetzungen kann ich mein Tierarzthonorar zurückfordern oder die Zahlung verweigern?

Grundsätzlich schuldet ein Tierhalter das vereinbarte Tierarzthonorar, sobald die tierärztliche Leistung erbracht wurde. Ein Vertrag mit einem Tierarzt ist in der Regel ein sogenannter Dienstvertrag. Das bedeutet, der Tierarzt schuldet Ihnen die sorgfältige Behandlung Ihres Tieres und den Einsatz seiner Fachkenntnisse, aber nicht zwingend einen bestimmten Heilungserfolg. Das Tierarzthonorar kann daher nur unter ganz bestimmten, hohen Voraussetzungen zurückgefordert oder die Zahlung verweigert werden. Dies ist typischerweise dann der Fall, wenn die Leistung des Tierarztes entweder als „völlig unbrauchbar“ anzusehen ist oder eine andere schwerwiegende Pflichtverletzung vorliegt, die einen Schadensersatzanspruch gegen den Tierarzt begründet.

Wann gilt eine tierärztliche Leistung als „völlig unbrauchbar“?

Eine tierärztliche Leistung gilt als „völlig unbrauchbar“, wenn sie aufgrund schwerwiegender Mängel oder grober Fehler des Tierarztes keinerlei Nutzen für das Tier hatte, sondern im Gegenteil möglicherweise sogar dessen Zustand verschlechtert hat oder die Behandlung völlig sinnlos war. Stellen Sie sich vor, eine Diagnose war so eklatant falsch, dass die darauf basierende Behandlung dem Tier nicht nur nicht half, sondern es schwer schädigte. In solchen Fällen ist die Leistung nicht nur „nicht erfolgreich“, sondern von Anfang an wertlos oder gar schädlich. Die Hürde dafür ist sehr hoch: Es muss sich um einen massiven, offensichtlichen Behandlungsfehler handeln, der den Zweck der tierärztlichen Behandlung vollkommen verfehlt hat. Für Sie als Tierhalter bedeutet das, dass nicht jeder Misserfolg einer Behandlung ausreicht, um die Leistung als unbrauchbar einzustufen; es muss ein klarer, gravierender Fehler des Tierarztes vorliegen.

Was sind weitere schwerwiegende Pflichtverletzungen?

Neben der „völlig unbrauchbaren“ Leistung gibt es andere schwerwiegende Pflichtverletzungen, die einen Schadensersatzanspruch gegen den Tierarzt begründen können. Hierzu zählen zum Beispiel:

  • Grober Behandlungsfehler: Dies liegt vor, wenn der Tierarzt offenkundig gegen anerkannte medizinische Standards verstoßen hat und der Fehler aus fachlicher Sicht unverständlich erscheint. Ein Beispiel wäre die Gabe eines Medikaments, das für die Tierart oder den Zustand des Tieres absolut ungeeignet ist und dadurch Schaden verursacht.
  • Verletzung der Aufklärungspflicht: Der Tierarzt muss den Tierhalter vor einer Behandlung oder einem Eingriff über die notwendigen Risiken und Erfolgsaussichten aufklären. Wird diese Aufklärungspflicht verletzt und hätte der Tierhalter bei ordnungsgemäßer Aufklärung einer Behandlung nicht zugestimmt, kann ein Schadensersatzanspruch entstehen, wenn dem Tier dadurch Schaden zugefügt wurde.
  • Verletzung der Sorgfaltspflicht: Dazu gehören zum Beispiel Mängel bei der Hygiene, die zu Infektionen führen, oder der Verlust von Befunden oder Dokumenten.

Wenn eine solche Pflichtverletzung des Tierarztes Ihrem Tier einen Schaden zugefügt hat (z.B. weitere Krankheitskosten, Wertminderung des Tieres), können Sie unter Umständen einen Schadensersatzanspruch gegen den Tierarzt haben.

Auswirkungen auf die Zahlung des Honorars

Wenn eine der oben genannten Voraussetzungen erfüllt ist – also die Leistung als „völlig unbrauchbar“ gilt oder eine schwerwiegende Pflichtverletzung vorliegt, die zu einem Schadensersatzanspruch Ihrerseits führt –, dann kann dies die Zahlungspflicht für das Tierarzthonorar beeinflussen.

  • Ist die Leistung des Tierarztes völlig unbrauchbar, kann dies dazu führen, dass der Anspruch des Tierarztes auf Honorar ganz entfällt.
  • Besteht aufgrund einer schwerwiegenden Pflichtverletzung ein Schadensersatzanspruch Ihrerseits gegen den Tierarzt, kann dieser Anspruch mit dem Honoraranspruch des Tierarztes verrechnet werden. Dies wird als Aufrechnung bezeichnet. Das bedeutet, wenn Sie dem Tierarzt Geld wegen eines entstandenen Schadens schulden, und der Tierarzt Ihnen Honorar schuldet, können diese Beträge gegeneinander aufgerechnet werden, sodass Sie im Idealfall weniger oder gar nichts zahlen müssen.

Wichtig ist in jedem Fall, dass die Beweislast für die Unbrauchbarkeit der Leistung oder die Pflichtverletzung grundsätzlich beim Tierhalter liegt. Das bedeutet, Sie müssten darlegen und beweisen, dass die genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Kleinere Unstimmigkeiten oder ein ausbleibender Heilungserfolg ohne nachweisbaren Behandlungsfehler berechtigen in der Regel nicht zur vollständigen Verweigerung der Zahlung.


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Welche Rolle spielt es, ob das Tier auch ohne Behandlungsfehler verstorben wäre?

Die Frage, ob ein Tier auch ohne einen Behandlungsfehler verstorben wäre, ist für rechtliche Ansprüche von entscheidender Bedeutung. Juristisch geht es hier um den ursächlichen Zusammenhang, auch Kausalität genannt. Für einen Anspruch auf Schadensersatz – zum Beispiel die Rückforderung von Behandlungskosten oder den Ersatz des Tierwerts – muss der Schaden, hier der Tod des Tieres, direkt durch den Behandlungsfehler verursacht worden sein.

Ursächlicher Zusammenhang als Schlüssel

Stellen Sie sich vor, ein Tier hat eine sehr schwere, unaufhaltsame Krankheit. Trotz bester Behandlungsaussichten und ohne jeden Fehler würde das Tier mit hoher Wahrscheinlichkeit sterben. Wenn nun bei der Behandlung ein Fehler passiert, das Tier aber tatsächlich stirbt, ist die zentrale Frage: Wäre das Tier auch ohne diesen Fehler verstorben?

  • Wenn der Tod ohnehin unvermeidlich war: Liegt eine schwere Vorerkrankung vor, die den Tod des Tieres auch bei einer fehlerfreien Behandlung unausweichlich gemacht hätte, dann ist der Behandlungsfehler nicht die alleinige oder entscheidende Ursache für den Tod. Das bedeutet, der Fehler hat den Tod nicht herbeigeführt, sondern das Tier wäre auch ohne ihn verstorben. In solchen Fällen können Sie keine Ansprüche geltend machen, die sich spezifisch auf den Tod des Tieres beziehen. Dazu gehören beispielsweise die Kosten für das verstorbene Tier selbst oder die Rückforderung der Tierarztkosten mit der Begründung, dass der Tod durch den Fehler verursacht wurde.
  • Wenn der Tod durch den Fehler verursacht wurde: Nur wenn der Behandlungsfehler ursächlich für den Tod des Tieres war, also den Tod herbeigeführt oder beschleunigt hat und das Tier ohne diesen Fehler überlebt hätte oder eine deutlich längere Lebensspanne gehabt hätte, können Sie entsprechende Ansprüche geltend machen.

Was das für Sie bedeutet

Diese juristische Betrachtung stellt sicher, dass nur derjenige für einen Schaden haftet, der ihn auch tatsächlich verursacht hat. Ein Tierarzt haftet also nicht für jeden Fehler, wenn der Schaden (der Tod des Tieres) nicht direkt auf seinen Fehler zurückzuführen ist, sondern auf einen ohnehin unaufhaltsamen Krankheitsverlauf oder eine vorhersehbare negative Entwicklung.

Es geht darum, ob der konkrete Fehler des Behandelnden die Todesursache war oder ob der Tod aus anderen, vom Behandler nicht zu beeinflussenden Gründen eingetreten wäre. Die Beweispflicht für diesen ursächlichen Zusammenhang liegt grundsätzlich bei demjenigen, der einen Anspruch geltend macht.


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Was sind die nächsten Schritte, wenn ich einen Behandlungsfehler vermute und meine Rechte durchsetzen möchte?

Wenn Sie den Verdacht haben, dass ein Behandlungsfehler vorliegt und Sie die Situation klären sowie mögliche Ansprüche prüfen möchten, sind bestimmte allgemeine Schritte von Bedeutung. Es geht darum, Informationen zu sammeln, den Sachverhalt zu bewerten und die verschiedenen Optionen zu verstehen.

Sammlung und Sicherung von Informationen

Der erste wichtige Schritt ist die systematische Sammlung aller relevanten Unterlagen und Informationen. Dies umfasst Ihre vollständige Patientenakte, Arztbriefe, Befunde, Röntgenbilder, Laborergebnisse und gegebenenfalls weitere Dokumente, die mit Ihrer Behandlung in Verbindung stehen. Für Sie bedeutet das, dass Sie ein Recht auf Einsicht in Ihre Patientenakte haben, um diese Unterlagen zu erhalten. Zusätzlich ist es hilfreich, sich persönliche Notizen zu machen. Halten Sie darin detailliert fest, wann welche Behandlungen stattgefunden haben, welche Symptome Sie wahrgenommen haben, welche Gespräche geführt wurden und welche Beobachtungen Sie gemacht haben. Eine solche sorgfältige Dokumentation von Zeitabläufen und Beobachtungen kann für die spätere Bewertung des Falls von großer Bedeutung sein und bildet die Grundlage für alle weiteren Schritte.

Medizinische Bewertung des Sachverhalts

Nach der Informationssammlung folgt die medizinische Bewertung des mutmaßlichen Behandlungsfehlers. Hierbei wird geprüft, ob die medizinische Behandlung von dem anerkannten medizinischen Standard (dem sogenannten Facharztstandard) abgewichen ist. Es wird beurteilt, ob diese Abweichung ursächlich für einen bei Ihnen eingetretenen Gesundheitsschaden war. Stellen Sie sich vor, ein medizinischer Experte würde die gesammelten Unterlagen analysieren, um zu beurteilen, ob der Behandlungsverlauf den Erwartungen entsprach und ob ein möglicher Fehler die Ursache für die Verschlechterung Ihres Gesundheitszustandes war. Dies ist ein zentraler Punkt, um überhaupt festzustellen, ob ein Behandlungsfehler im juristischen Sinne vorliegt und welche Auswirkungen er hatte.

Wege zur Geltendmachung von Ansprüchen

Wenn eine medizinische Einschätzung vorliegt, können die verschiedenen Wege zur Geltendmachung möglicher Ansprüche wie Schadensersatz oder Schmerzensgeld in Betracht gezogen werden. Es gibt hierfür unterschiedliche Möglichkeiten. Ein Ansatzpunkt kann die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens sein, zum Beispiel bei einer Schlichtungsstelle der Ärzteschaft. Solche Verfahren sind in der Regel darauf ausgelegt, eine außergerichtliche Einigung zu erzielen und können oft eine Alternative zu einem langwierigen Gerichtsverfahren darstellen. Eine weitere Möglichkeit ist die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens, bei dem ein Gericht über die Ansprüche entscheidet. Für Sie ist wichtig zu wissen, dass jeder dieser Wege spezifische Voraussetzungen und Abläufe hat und eine gründliche Prüfung der Sachlage unerlässlich ist, um den passenden Weg zu identifizieren.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Juristisches Glossar: Symbolbild der Justitia mit Waage und Richterhammer.

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Dienstvertrag

Ein Dienstvertrag ist eine rechtliche Vereinbarung, bei der die vertragsmäßige Leistung in der Erbringung einer Tätigkeit oder eines Dienstes besteht, aber kein bestimmter Erfolg garantiert wird. Das bedeutet, der Dienstleister – zum Beispiel ein Tierarzt – schuldet die sorgfältige und fachgerechte Ausführung seiner Pflichten, nicht aber, dass das gewünschte Ergebnis eintritt, etwa die vollständige Heilung des Tieres. Im § 611 BGB ist der Dienstvertrag geregelt und von anderen Vertragsarten, wie dem Werkvertrag, abzugrenzen, bei dem ein konkretes Ergebnis geschuldet wird (z.B. ein fertig gebautes Haus). Im Kontext des Textes bedeutet dies, dass der Tierarzt trotz Fehlern Anspruch auf Honorar haben kann, wenn er seine Tätigkeit fachgerecht erbracht hat.

Beispiel: Wenn Sie einen Nachhilfelehrer engagieren, schuldet dieser Ihnen, den Unterricht sorgfältig durchzuführen, aber nicht zwangsläufig, dass Sie am Ende die Prüfung bestehen.


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Grober Behandlungsfehler

Ein grober Behandlungsfehler ist ein besonders schwerwiegender Fehler bei einer medizinischen Behandlung, der deutlich und offensichtlich gegen die anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst verstößt, so dass er einem gewissenhaften Behandler kaum unterlaufen könnte. Im Fall eines groben Fehlers wird gesetzlich vermutet, dass dieser Fehler die Ursache für den eingetretenen Schaden ist (§ 630a BGB analog auf Behandlungsfehler anzuwenden). In der Praxis bedeutet dies eine erleichterte Beweisführung für den Patienten oder Tierhalter, da der Arzt nachweisen muss, dass der Schaden auch ohne seinen Fehler eingetreten wäre.

Beispiel: Wenn der Tierarzt ein Medikament verschreibt, das für die betroffene Tierart gefährlich ist und dies objektiv als grober Fehler anzusehen ist, kann der Tierhalter leichter Schadensersatzansprüche durchsetzen.


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Schadensersatzanspruch nach § 280 Absatz 1 BGB

§ 280 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs regelt den Anspruch auf Schadensersatz, wenn ein Vertragspartner seine vertraglichen Pflichten verletzt und dadurch ein Schaden entsteht. Dies bedeutet, wer seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht ordnungsgemäß nachkommt und dadurch einen Schaden verursacht, muss diesen ersetzen. Im Kontext des Tierarztfalls kann der Tierhalter Schadensersatz verlangen, wenn der Tierarzt seine Behandlungs- oder Sorgfaltspflichten verletzt hat und dies den Schaden (z.B. eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes) verursacht hat.

Beispiel: Verliert der Tierarzt wichtige Befunde, die zu einer fehlerhaften Behandlung führen und das Tier dadurch Schaden erleidet, kann der Tierhalter basierend auf § 280 BGB Ersatz der dadurch entstandenen Kosten verlangen.


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Unbrauchbarkeit der ärztlichen Leistung

Die „Unbrauchbarkeit“ einer ärztlichen Leistung liegt vor, wenn die erbrachte Behandlung für den Patienten (oder Tierhalter) keinen positiven Nutzen hat und somit wertlos ist. Das ist dann der Fall, wenn die Leistung durch einen Fehler so mangelhaft ist, dass der gesamte Zweck der Behandlung verfehlt wird. Juristisch ist der Begriff besonders relevant, weil bei völliger Unbrauchbarkeit die Pflicht zur Zahlung der Vergütung entfallen kann. Für den Nachweis der Unbrauchbarkeit ist eine substanzielle und klare Erfüllungsverweigerung notwendig, die über einen bloßen Misserfolg oder eine unerwünschte Folge hinausgeht.

Beispiel: Wenn eine falsche Diagnose gestellt wurde, die Behandlung dadurch komplett unnötig war und das Tier trotz der Behandlung unverändert krank blieb oder sich verschlechterte, kann die Leistung als unbrauchbar eingestuft werden.


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Vorläufige Vollstreckbarkeit (§§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO)

Vorläufige Vollstreckbarkeit bedeutet, dass ein Urteil oder Beschluss eines Gerichts sofort vollstreckt werden darf, auch wenn gegen das Urteil noch Rechtsmittel eingelegt werden können. Nach den §§ 708 Nr. 11, 711 und 713 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann das Gericht anordnen, dass trotz noch laufender Berufung oder Revision die vollstreckbare Forderung (z.B. Zahlung des Honorars) sofort durchgesetzt wird, um Ansprüche des Siegers rasch zu sichern. Im konkreten Fall kann der Tierarzt die Zahlung vom Tierhalter sofort verlangen, auch wenn die Pferdebesitzerin theoretisch noch weiter vor Gericht gehen könnte.

Beispiel: Das Gericht entscheidet, dass Sie eine offene Rechnung zahlen müssen und ordnet vorläufige Vollstreckbarkeit an. Der Gläubiger kann also ohne Verzögerung das Geld einfordern, obwohl Sie noch Berufung einlegen können.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 611 BGB (Dienstvertrag): Regelt den Dienstvertrag, bei dem der Dienstleister eine Leistung nach bestem Können schuldet, aber keinen Erfolg garantiert. Ein Tierarztvertrag fällt unter diese Kategorie, weshalb auch bei erfolgloser oder fehlerhafter Behandlung grundsätzlich ein Anspruch auf Vergütung besteht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die tierärztliche Behandlung ist als Dienstvertrag anzusehen, weshalb der Tierarzt trotz eines möglichen Behandlungsfehlers das Honorar beanspruchen kann, da kein Erfolg versprochen wird.
  • § 280 Absatz 1 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung): Diese Vorschrift macht den Schuldner schadensersatzpflichtig, wenn er eine vertragliche Pflicht verletzt und dadurch Schaden entsteht. Voraussetzung ist eine Pflichtverletzung samt Verschulden und Schaden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Pferdebesitzerin berief sich auf diese Regelung, um den Tierarzt zur Rückzahlung gezahlter Honorare wegen eines angeblichen Behandlungsfehlers heranzuziehen; das Gericht erkannte jedoch keinen kausalen Schaden an.
  • § 628 Absatz 1 Satz 2 BGB (Vergütung bei vorzeitiger Kündigung von Dienstverträgen): Bei vorzeitiger Beendigung eines Dienstvertrags kann der Anspruch auf Vergütung entfallen, wenn der Dienstleister durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung herbeiführt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Pferdebesitzerin versuchte, hierüber die Zahlungsansprüche des Tierarztes auszuschließen, was vom Gericht abgelehnt wurde, da kein vertragswidriges Verhalten mit kündigungsrelevanten Folgen vorlag.
  • § 522 Absatz 2 ZPO (Aussichtslosigkeit der Berufung): Ermöglicht Gerichten die Zurückweisung einer Berufung, wenn diese offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, ohne mündliche Verhandlung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Oberlandesgericht nutzte diese Vorschrift, um die Berufung der Pferdebesitzerin wegen fehlender Erfolgsaussichten abzuweisen.
  • § 97 ZPO (Kostenentscheidung): Regelt, dass die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, einschließlich Gerichts- und Anwaltskosten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Pferdebesitzerin musste aufgrund ihrer Niederlage die Kosten des Berufungsverfahrens tragen.
  • §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO (Vorläufige Vollstreckbarkeit): Bestimmen die Voraussetzungen, unter denen Urteile sofort vollstreckbar sind, auch wenn noch Rechtsmittel möglich sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Urteil gegen die Pferdebesitzerin wurde vorläufig vollstreckbar erklärt, sodass der Tierarzt seine Forderung sofort einziehen kann.

Das vorliegende Urteil


OLG Dresden – Az.: 4 U 1539/24 – Beschluss vom 09.04.2025


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