Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Hinweise und Tipps
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was genau ist ein Wegerecht und wie entsteht es?
- Welche Bedeutung haben Pläne und Skizzen, die einem Grundstückskaufvertrag beigefügt sind?
- Wer ist für die Instandhaltung und Verkehrssicherung eines Wegerechts verantwortlich?
- Was kann ich tun, wenn mein Nachbar das vereinbarte Wegerecht nicht einhält oder beeinträchtigt?
- Welche Kosten entstehen bei einem Streit um ein Wegerecht und wer trägt diese?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 2 O 148/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Paderborn
- Datum: 21.06.2023
- Aktenzeichen: 2 O 148/23
- Verfahrensart: Zivilprozess
- Rechtsbereiche: Grundstücksrecht, Vertragsrecht, Nachbarrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eigentümer des Grundstücks Gemarkung T, Flur 8, Flurstück 1299. Er fordert, dass die Beklagte die Zufahrt zu ihrem Grundstück gemäß einer notariellen Vereinbarung (insbesondere mit 8m Abstand zu seiner Grenze) errichtet und eine bereits bestehende, abweichende Zufahrt zurückbaut. Er war bei der Beurkundung des Kaufvertrags der Beklagten anwesend.
- Beklagte: Erwerberin (zum Zeitpunkt des Erwerbs eine GmbH in Gründung) des Grundstücks Gemarkung T, Flur 8, Flurstück 1300. Sie hat die Zufahrt zu ihrem Grundstück errichtet, jedoch nach Ansicht des Klägers nicht entsprechend den Vereinbarungen im notariellen Kaufvertrag.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Im notariellen Kaufvertrag, durch den die Beklagte ihr Grundstück erwarb und bei dessen Abschluss der Kläger anwesend war, wurde eine Regelung zur Errichtung der Zufahrt zum Grundstück der Beklagten getroffen. Die Beklagte errichtete eine Zufahrt, die nach Auffassung des Klägers nicht dieser Vereinbarung (insbesondere dem vereinbarten Abstand von 8m zur klägerischen Grenze) entspricht.
- Kern des Rechtsstreits: Ist die Beklagte verpflichtet, die Zufahrt zu ihrem Grundstück exakt nach den Vorgaben des notariellen Kaufvertrags zu bauen und die davon abweichende, bereits errichtete Zufahrt zu beseitigen?
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Beklagte wurde verurteilt, die Zufahrt zu ihrem Grundstück so zu erstellen, wie es im notariellen Kaufvertrag vom 27.05.2021 festgelegt wurde, d.h. mit einem Abstand von 8 Metern zur Grundstücksgrenze des Klägers. Die bereits abweichend errichtete Zufahrt muss sie zurückbauen. Zudem muss sie dem Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 540,50 EUR nebst Zinsen zahlen und die Kosten des Rechtsstreits tragen.
- Folgen: Die Beklagte muss die Zufahrt auf ihre Kosten umbauen und trägt alle Kosten des Rechtsstreits sowie die vorgerichtlichen Anwaltskosten des Klägers. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, die Vollstreckung durch den Kläger ist jedoch von einer Sicherheitsleistung abhängig.
Der Fall vor Gericht
Streit um Zufahrt beigelegt: Landgericht Paderborn stärkt vertragliche Vereinbarungen

Das Landgericht Paderborn hat in einem Nachbarschaftsstreit ein klares Urteil gefällt. Es ging um die korrekte Positionierung einer Zufahrt, die über das Grundstück der Beklagten führt und dem Kläger als Wegerecht dient. Das Gericht ordnete an, dass die Beklagte die Zufahrt genau nach den Vorgaben eines notariellen Kaufvertrags und des zugehörigen Lageplans errichten muss. Eine bereits abweichend gebaute Zufahrt muss zurückgebaut werden.
Der Hintergrund: Ein Grundstückskauf mit Folgen
Im Mai 2021 erwarb die Beklagte ein Grundstück (Flurstück 1300) in T von der S GmbH. Der Kläger, Eigentümer des direkt angrenzenden Grundstücks (Flurstück 1299), war bei der notariellen Beurkundung des Kaufvertrags anwesend. Dieser Umstand unterstreicht die Bedeutung der getroffenen Vereinbarungen für beide Nachbarn von Beginn an.
Vertragliche Grundlage: Das Wegerecht im Notarvertrag
Kern des Streits ist eine Regelung im § 9 Nr. 2 des notariellen Kaufvertrags. Hier wurde zugunsten des klägerischen Grundstücks ein Wegerecht (Grunddienstbarkeit) über das Grundstück der Beklagten vereinbart. Dieses Recht erlaubt dem Kläger, das Grundstück der Beklagten zum Gehen und Fahren zu nutzen, um sein eigenes Grundstück zu erreichen.
Pflichten der Beklagten klar definiert
Der Vertrag legt eindeutig fest, dass die Beklagte als Eigentümerin des dienenden Grundstücks (Flurstück 1300) den Zufahrtsweg als dauerhafte Fahrbahn anlegen muss. Ob gepflastert, geteert oder geschottert, sollte zunächst gemeinsam entschieden werden, bei Nichteinigung hätte die Beklagte die Wahl gehabt. Entscheidend ist jedoch: Die Beklagte trägt sämtliche Kosten für Erstellung, Instandhaltung und Verkehrssicherung des Weges.
Der Lageplan: Mehr als nur eine Skizze
Dem Notarvertrag war ein „Lageplan II“ beigefügt, der den Bereich des Wegerechts (rot markiert) genau veranschaulichen sollte. Auf diesen Plan wurde im Vertrag ausdrücklich verwiesen. Dieser Plan enthielt jedoch nicht nur die rote Markierung, sondern auch wichtige handschriftliche Ergänzungen, die sich als entscheidend für das Urteil erwiesen.
Die entscheidende „8m“-Markierung
Auf dem Lageplan II fand sich zwischen der Grundstücksgrenze des Klägers und dem rot markierten Bereich für das Wegerecht auf dem Grundstück der Beklagten ein handschriftlich eingezeichneter Doppelpfeil mit der Beschriftung „8m“. Diese Eintragung präzisierte den exakten Abstand, den die Zufahrt zur Grenze des Klägers einhalten sollte. Weitere handschriftliche Notizen wie „Neue Einfahrt“ bekräftigten die geplante Positionierung.
Bestätigung durch Unterschrift
Besonders relevant: Beide Parteien, Kläger und Beklagte (vertreten durch ihre Geschäftsführer), unterzeichneten diesen Lageplan II mit den handschriftlichen Ergänzungen. Damit wurden diese Details zum verbindlichen Bestandteil der vertraglichen Vereinbarung über das Wegerecht. Ein ähnliches Vorgehen mit handschriftlichen Vermerken fand sich auch auf einem „Lageplan I“, der ein Leitungsrecht regelte, was die Bedeutung solcher Plananlagen unterstreicht.
Der Konflikt: Abweichende Bauausführung
Die Beklagte errichtete die Zufahrt jedoch nicht entsprechend der „8m“-Vorgabe aus dem unterzeichneten Lageplan II. Sie wählte eine andere Positionierung. Der Kläger sah dadurch die vertragliche Vereinbarung verletzt und forderte die korrekte Erstellung der Zufahrt gemäß Plan sowie den Rückbau der bereits falsch positionierten Fahrbahn.
Die Entscheidung des Landgerichts Paderborn
Das Gericht folgte vollumfänglich der Argumentation des Klägers. Es stellte fest, dass die Regelungen im notariellen Kaufvertrag in Verbindung mit dem unterschriebenen Lageplan II eindeutig und verbindlich sind. Die handschriftliche „8m“-Markierung auf dem Plan definiert die geschuldete Lage der Zufahrt.
Verpflichtung zum Rückbau und Neubau
Das Urteil verpflichtet die Beklagte nun, die abweichend erstellte Zufahrt zurückzubauen und eine neue Zufahrt exakt im vereinbarten Abstand von 8 Metern zur Grundstücksgrenze des Klägers zu errichten. Die Art der Befestigung (Pflaster, Teer, Schotter) obliegt dabei, wie im Vertrag vorgesehen, der Beklagten, falls keine Einigung erzielt wird.
Übernahme der Kosten
Die Beklagte muss nicht nur die Kosten für Rückbau und Neubau der Zufahrt tragen, sondern auch die Kosten des gesamten Rechtsstreits. Zusätzlich wurde sie zur Zahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten des Klägers in Höhe von 540,50 Euro nebst Zinsen verurteilt.
Vorläufige Vollstreckbarkeit
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das bedeutet, der Kläger kann die Umsetzung des Urteils (Neubau, Rückbau) bereits jetzt verlangen, muss dafür aber eine Sicherheitsleistung von 12.650 Euro hinterlegen. Für die Zahlung der Kosten ist ebenfalls eine Sicherheitsleistung (110% des Betrags) erforderlich, falls die Beklagte nicht freiwillig zahlt und der Kläger die Zwangsvollstreckung betreiben möchte.
Bedeutung für Betroffene
Dieses Urteil verdeutlicht eindringlich die hohe Verbindlichkeit notarieller Verträge und ihrer Anlagen, wie Lageplänen. Auch handschriftliche Ergänzungen auf Plänen können, wenn sie von den Parteien akzeptiert und unterschrieben werden, zum maßgeblichen Vertragsinhalt werden.
Für Grundstückseigentümer und Bauherren
Für Käufer und Verkäufer von Grundstücken sowie Bauherren ist die Botschaft klar: Alle Vertragsbestandteile, einschließlich Pläne und Skizzen, müssen vor der Unterzeichnung genauestens geprüft werden. Unklarheiten oder Abweichungen von mündlichen Absprachen sollten unbedingt vor der Beurkundung geklärt und präzise im Vertrag oder den Anlagen festgehalten werden. Die Nichteinhaltung solcher Details kann, wie dieser Fall zeigt, zu erheblichen Kosten für Rückbau und Neubaumaßnahmen führen.
Für Inhaber von Wegerechten
Für Berechtigte eines Wegerechts (Grunddienstbarkeit) bestätigt das Urteil, dass sie auf die exakte Einhaltung der vereinbarten Modalitäten bestehen können. Dies betrifft nicht nur das Recht zur Nutzung an sich, sondern auch die genaue Lage, Beschaffenheit und die Verteilung der Kosten für Erstellung und Unterhalt des Weges, sofern dies vertraglich klar geregelt ist. Die präzise Dokumentation im Grundbuch und in den zugrundeliegenden Verträgen ist hierfür essenziell.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die Gerichtsentscheidung verdeutlicht, dass handschriftliche Eintragungen in Lageplänen, die einem notariellen Vertrag beigefügt und von allen Parteien unterzeichnet wurden, rechtlich bindend sind und exakt umgesetzt werden müssen. Der Fall zeigt, dass präzise Abstandsangaben (hier 8 Meter) in Grundstücksverträgen durchsetzbar sind, selbst wenn eine Partei bereits abweichende bauliche Maßnahmen durchgeführt hat. Für Grundstückseigentümer ist besonders wichtig, dass alle Anlagen eines Notarvertrags sorgfältig geprüft werden sollten, da auch handschriftliche Markierungen und Notizen auf Plänen vollständig rechtswirksam sind und bei Nichtbeachtung zu erheblichen Rückbau- und Anwaltskosten führen können.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Grundstückseigentümer und -erwerber zum Thema Zufahrtsregelungen und Grenzbebauung
Notarielle Vereinbarungen zu Grundstückszufahrten und -grenzen sind rechtsverbindlich und müssen exakt eingehalten werden. Selbst geringfügige Abweichungen von vereinbarten Plänen können zu kostspieligen Rechtsstreitigkeiten und Rückbauverpflichtungen führen.
⚖️ DISCLAIMER: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar und ersetzen nicht die individuelle juristische Beratung. Jeder Fall ist anders und kann besondere Umstände aufweisen, die einer speziellen Einschätzung bedürfen.
Tipp 1: Vor Baubeginn Pläne und Verträge genauestens prüfen
Prüfen Sie vor Beginn jeglicher Baumaßnahmen alle notariellen Verträge, Grundbucheintragungen und Baugenehmigungen auf konkrete Auflagen und Einschränkungen. Exakte Maßangaben und Abstände zu Nachbargrundstücken sind rechtlich bindend und müssen zentimetergenau eingehalten werden.
Beispiel: Wenn in einer notariellen Vereinbarung festgelegt ist, dass eine Zufahrt mit 8 Metern Abstand zur Grundstücksgrenze zu errichten ist, kann bereits eine geringfügige Abweichung einen Nachbarschaftsstreit auslösen und zu einer gerichtlich angeordneten Rückbaupflicht führen.
⚠️ ACHTUNG: Mündliche Absprachen mit Nachbarn haben vor Gericht in der Regel keinen Bestand gegenüber schriftlich fixierten notariellen Vereinbarungen. Verlassen Sie sich nicht auf vermeintlich wohlwollende Nachbarn.
Tipp 2: Vermessungstechnische Absteckung vor Baubeginn durchführen lassen
Beauftragen Sie vor Beginn jeglicher Baumaßnahmen einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur mit der exakten Absteckung der Baumaßnahme. Dadurch stellen Sie sicher, dass alle vorgegebenen Abstände und Grenzen exakt eingehalten werden.
Beispiel: Der Vermessungsingenieur markiert die genaue Position einer Zufahrt gemäß den notariellen Vereinbarungen direkt auf dem Grundstück, sodass Bauunternehmen diese Markierungen genau einhalten können.
⚠️ ACHTUNG: Die Kosten für einen nachträglichen Rückbau bei falsch positionierten Zufahrten oder anderen baulichen Anlagen übersteigen die Kosten einer vorherigen professionellen Vermessung um ein Vielfaches.
Tipp 3: Dokumentieren Sie den Bauprozess lückenlos
Fertigen Sie vor, während und nach der Baumaßnahme detaillierte Foto- und Videodokumentationen an. Lassen Sie sich vom ausführenden Unternehmen schriftlich bestätigen, dass die Arbeiten gemäß den vertraglichen Vereinbarungen und exakten Maßvorgaben durchgeführt wurden.
Beispiel: Fotografieren Sie die vom Vermesser angebrachten Markierungen sowie den Baufortschritt in jeder Phase. Halten Sie alle Abstände mit einem Maßband im Bild fest.
⚠️ ACHTUNG: Im Streitfall liegt die Beweislast für die korrekte Umsetzung bei Ihnen als Bauherrn. Ohne ausreichende Dokumentation stehen Sie vor Gericht oft auf verlorenem Posten.
Tipp 4: Bei Änderungen immer schriftliche Zustimmung aller Beteiligten einholen
Sollten während der Bauphase Abweichungen vom ursprünglichen Plan notwendig werden, holen Sie unbedingt die schriftliche Zustimmung aller betroffenen Nachbarn und gegebenenfalls eine Änderung der notariellen Vereinbarung ein, bevor Sie die Änderungen umsetzen.
Beispiel: Wenn Sie feststellen, dass die vereinbarte Position der Zufahrt aufgrund unvorhergesehener Geländebedingungen problematisch ist, vereinbaren Sie einen Notartermin mit allen Beteiligten, um die Änderung rechtssicher zu dokumentieren.
⚠️ ACHTUNG: Eigenmächtige Änderungen können zu sofortigen Unterlassungsansprüchen führen und im schlimmsten Fall einen kompletten Rückbau nach sich ziehen.
Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Achten Sie darauf, dass bei Grundstückskäufen oft Auflagen aus früheren Verträgen übernommen werden. Dies gilt auch für GmbHs in Gründung – die vertraglichen Pflichten gehen vollständig auf die später eingetragene Gesellschaft über. Prüfen Sie daher vor dem Kauf sorgfältig alle bestehenden Vereinbarungen und Belastungen.
✅ Checkliste: Rechtssichere Grundstückszufahrten
- Alle notariellen Vereinbarungen und Grundbucheinträge auf Zufahrtsregelungen prüfen
- Exakte Abstände zu Nachbargrundstücken aus den Verträgen ermitteln und notieren
- Vor Baubeginn professionelle Vermessung und Absteckung durchführen lassen
- Schriftliche Genehmigungen für alle Baumaßnahmen prüfen und archivieren
- Baufortschritt fotografisch dokumentieren, besonders Abstände und Positionierungen
- Bei Abweichungsbedarf frühzeitig rechtliche Anpassungen mit allen Beteiligten vereinbaren
Benötigen Sie Hilfe?
Herausforderungen bei vertraglichen Zufahrtsregelungen
Gerade bei Fragen rund um Wegerecht und Zufahrtspositionierung zeigen sich oft Unsicherheiten, wenn vertragliche Vereinbarungen nicht eindeutig umgesetzt werden. Die Komplexität solcher Regelungen – insbesondere der präzisen Festlegung von Lageplänen und handschriftlichen Ergänzungen – erfordert ein genaues Verständnis der gesetzlichen Grundlagen und vertraglichen Verpflichtungen.
Wir unterstützen Sie dabei, Ihre vertraglichen Vereinbarungen und Planungsdetails umfassend zu beleuchten. Dabei legen wir Wert auf eine sachliche Analyse Ihrer Situation, die Ihnen hilft, Ihre Rechte im Kontext komplexer Zufahrtsregelungen klar zu erkennen und zu wahren.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was genau ist ein Wegerecht und wie entsteht es?
Ein Wegerecht ermöglicht es, über ein fremdes Grundstück zu gehen oder zu fahren, um sein eigenes Grundstück zu erreichen, wenn kein direkter Zugang zu einer öffentlichen Straße besteht. Es handelt sich um eine Belastung für das dienende Grundstück, das überquert wird, und dient dem Nutzen des herrschenden Grundstücks, das Zugang gewinnen möchte.
Entstehung des Wegerechts
Ein Wegerecht kann auf verschiedene Arten entstehen:
- Vertraglich: Durch eine notarielle Vereinbarung zwischen dem Eigentümer des dienenden Grundstücks und dem des herrschenden Grundstücks. Diese Vereinbarung wird im Grundbuch eingetragen, um das Recht rechtlich abzusichern.
- Grunddienstbarkeit: Eine dauerhafte Belastung für das dienende Grundstück, die im Grundbuch eingetragen wird und unabhängig vom Eigentümerwechsel bleibt.
- Ersitzung: Ein Wegerecht kann auch durch langjährige und gutgläubige Nutzung über 30 Jahre entstehen, ohne dass eine formelle Vereinbarung notwendig ist. Dieses Recht muss jedoch ebenfalls im Grundbuch eingetragen werden, um es dauerhaft zu sichern.
- Notwegerecht: Gemäß § 917 BGB kann ein Eigentümer das Notwegerecht in Anspruch nehmen, wenn sein Grundstück keinen ausreichenden Zugang zu einer öffentlichen Straße hat.
Stellen Sie sich vor, Sie leben in einer abgelegenen Gegend, wo Ihr Grundstück nicht direkt an eine öffentliche Straße angrenzt. In diesem Fall benötigen Sie ein Wegerecht, um über ein Nachbargrundstück zu fahren oder zu gehen. Solche Rechte sind wichtig, da sie den Zugang zu Ihrem Grundstück sicherstellen.
Wenn Sie ein Wegerecht haben, müssen Sie es sorgfältig nutzen und das Eigentum des dienenden Grundstücks nicht beeinträchtigen.
Welche Bedeutung haben Pläne und Skizzen, die einem Grundstückskaufvertrag beigefügt sind?
Pläne und Skizzen, die einem Grundstückskaufvertrag beigefügt sind, spielen eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung des Vertragsgegenstandes. Sie dienen nicht nur zur Illustration, sondern können verbindliche Festlegungen enthalten, die den Vertragsinhalt ergänzen und präzisieren. Insbesondere Lagepläne, in denen die zu verkaufende Teilfläche eingezeichnet ist, haben oft Vorrang vor schriftlichen Angaben im Vertrag.
Warum sind diese Pläne so wichtig?
- Präzises Verständnis des Kaufgegenstandes: Sie helfen, die genaue Position und Größe der zu übertragenden Teilfläche festzulegen. Dies ist besonders wichtig beim Kauf von unvermessenen oder noch zu vermessenden Grundstücksteilen.
- Rechtliche Verbindlichkeit: Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die zeichnerische Darstellung einer Teilfläche in einem Plan Vorrang vor den im Vertrag geschriebenen Angaben hat, insbesondere wenn es um ungefähre („ca.“) Größenangaben geht.
Handschriftliche Ergänzungen und Markierungen
Handschriftliche Ergänzungen oder Markierungen auf den Plänen können ebenfalls Vertragsbestandteil werden, wenn sie von beiden Parteien anerkannt und im Vertrag festgehalten sind. Daher ist es entscheidend, solche Ergänzungen sorgfältig zu betrachten und zu überprüfen, bevor der Vertrag unterzeichnet wird.
Sorgfaltspflichten beim Unterzeichnen
Beim Lesen und Unterzeichnen eines Grundstückskaufvertrags ist es ratsam, alle Anlagen sorgfältig zu prüfen. Dies umfasst nicht nur den Text, sondern auch alle beigelegten Pläne und Skizzen. Notarielle Beglaubigung istpflichtig, was sicherstellt, dass beide Parteien einen rechtsverbindlichen Vertrag schließen.
Wer ist für die Instandhaltung und Verkehrssicherung eines Wegerechts verantwortlich?
Die Verantwortung für die Instandhaltung und Verkehrssicherung eines Wegerechts wird in der Regel durch vertragliche Vereinbarungen zwischen den Parteien geregelt. Diese Vereinbarungen legen fest, wer die Kosten für die Instandhaltung und Verkehrssicherung trägt. Fehlt eine solche Vereinbarung, greifen oft gesetzliche Bestimmungen, die unter Umständen den Eigentümer des herrschenden Grundstücks (das Grundstück, das den Nutzen des Wegerechts hat) zur Instandhaltung verpflichten können.
Die Verkehrssicherungspflicht ist ein wichtiger Aspekt, da sie sicherstellt, dass der Weg für alle Nutzer sicher ist. Dies umfasst Maßnahmen wie das Räumen von Schnee und Eis sowie die Beseitigung von Gefahrenquellen. Beide Parteien können diese Pflicht übernehmen, wobei die konkrete Verteilung je nach vertraglicher Regelung variiert.
Zusammengefasst obliegt es den beteiligten Parteien, klare Vereinbarungen zu treffen, um Klarheit über die Verantwortlichkeiten zu schaffen und mögliche Konflikte zu vermeiden. Eine klare und schriftliche Festlegung der Aufgaben kann Abweichungen und Rechtsstreitigkeiten verhindern.
Was kann ich tun, wenn mein Nachbar das vereinbarte Wegerecht nicht einhält oder beeinträchtigt?
Wenn Ihr Nachbar das vereinbarte Wegerecht nicht einhält oder beeinträchtigt, gibt es mehrere Schritte, die Sie unternehmen können. Diese reichen von außergerichtlichen Einigungen bis hin zu gerichtlichen Aktionen.
1. Außergerichtliche Einigung:
- Verhandeln Sie mit Ihrem Nachbarn: Versuchen Sie, das Problem direkt mit ihm zu klären und eine Lösung zu finden.
- Mediation: Wenn direkte Gespräche nicht helfen, kann ein Mediator bei der Streitschlichtung unterstützen.
2. Rechtliche Schritte:
- Abmahnung: Senden Sie Ihrem Nachbarn eine schriftliche Abmahnung, in der Sie ihn auffordern, die Behinderung zu beenden.
- Klage vor Gericht: Wenn andere Maßnahmen nicht helfen, können Sie rechtliche Schritte einleiten. Gerichtliche Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche sind dabei mögliche Optionen.
3. Beweissicherung:
- Beweise sammeln: Sichern Sie alle relevanten Dokumente, wie den Grundbucheintrag oder schriftliche Vereinbarungen.
- Fotografische Aufzeichnungen: Machen Sie Fotos oder Videos der Behinderung, um diese als Beweis zu verwenden.
Wenn das Wegerecht im Grundbuch eingetragen ist, haben Sie rechtliche Handlungsoptionen, um Ihre Rechte durchzusetzen.
Welche Kosten entstehen bei einem Streit um ein Wegerecht und wer trägt diese?
Ein Streit um ein Wegerecht kann finanzielle Belastungen verursachen, die sich auf verschiedene Arten von Kosten verteilen. Zu den Hauptkosten gehören Anwaltskosten, Gerichtskosten und Gutachterkosten, falls ein Sachverständiger den Wert des Wegerechts bewerten muss.
Anwaltskosten
Anwälte vertreten die Interessen der Beteiligten in einem Rechtsstreit und berechnen Honorare, die je nach Dauer und Komplexität des Falls variieren können.
Gerichtskosten
Gerichtskosten umfassen Gebühren, die je nach Gerichtsbarkeit und Art des Verfahrens unterschiedlich hoch ausfallen. Diese werden in der Regel von der unterlegenen Partei getragen, können jedoch auch anteilig verteilt werden, wenn beide Seiten rechtliche Ansprüche abgewiesen bekommen.
Gutachterkosten
Gutachter werden oft eingesetzt, um den Wert des Wegerechts zu schätzen oder andere relevante technische Fragen zu klären. Diese Kosten fallen zusätzlich an und können je nach Schätzungsauftrag teuer sein.
Kostenverteilung
Die Kostenverteilung in einem Prozess wird normalerweise durch das Gericht bestimmt. Gewöhnlich trägt die unterlegene Partei die Kosten. In Einzelfällen kann die Kostenverteilung jedoch auch anteilig erfolgen.
Rechtsschutzversicherung
Für die finanziellen Risiken eines Rechtsstreits kann eine Rechtsschutzversicherung sinnvoll sein, da sie die Kosten für Anwälte und Gerichtsverfahren übernimmt, falls die Versicherungsbedingungen erfüllt sind.
Zusammengefasst betreffen die finanziellen Risiken in einem Wegerechtsstreit sowohl direkte Kosten wie Anwaltshonorare und Gerichtsgebühren als auch indirekte Kosten wie Gutachterhonorare. Eine Rechtsschutzversicherung kann helfen, diese Belastungen zu mindern.
⚖️ DISCLAIMER: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Wegerecht
Ein Wegerecht ist ein dingliches Recht, das es dem Berechtigten erlaubt, ein fremdes Grundstück zu betreten oder zu befahren, um zu seinem eigenen Grundstück zu gelangen. Es gehört zu den Grunddienstbarkeiten gemäß § 1018 BGB und stellt eine Belastung des dienenden Grundstücks dar. Das Wegerecht wird typischerweise im Grundbuch eingetragen und ist damit auch für zukünftige Eigentümer bindend.
Beispiel: In diesem Fall darf der Kläger über das Grundstück der Beklagten fahren, um zu seinem eigenen Grundstück zu gelangen. Die genaue Position dieser Zufahrt war Gegenstand des Rechtsstreits.
Notarieller Kaufvertrag
Ein notarieller Kaufvertrag ist eine durch einen Notar beurkundete Vereinbarung über den Kauf und Verkauf von Immobilien. Bei Grundstücksgeschäften ist die notarielle Beurkundung gemäß § 311b BGB zwingend erforderlich für die Rechtswirksamkeit der Vereinbarung. Der Notar prüft dabei die Identität der Beteiligten, erklärt ihnen die rechtlichen Folgen und sorgt für die Eintragung ins Grundbuch.
Beispiel: Im vorliegenden Fall enthielt der notarielle Kaufvertrag vom 27.05.2021 eine verbindliche Regelung zur Errichtung der Zufahrt mit einem Abstand von 8 Metern zur Grundstücksgrenze des Klägers.
Lageplan
Ein Lageplan ist eine maßstabsgetreue zeichnerische Darstellung eines Grundstücks und seiner unmittelbaren Umgebung, die die räumlichen Verhältnisse, Grenzen und baulichen Anlagen zeigt. Im rechtlichen Kontext dient er als wichtiges Beweismittel und kann als Anlage zu Verträgen verbindliche Festlegungen enthalten. Gemäß § 3 der Bauvorlagenverordnung gehört er zu den notwendigen Unterlagen bei Bauanträgen.
Beispiel: Der dem notariellen Kaufvertrag beigefügte Lageplan enthielt handschriftliche Eintragungen zur Position der Zufahrt, die vom Gericht als verbindlich angesehen wurden, obwohl die Beklagte davon abweichend gebaut hatte.
Vorläufige Vollstreckbarkeit
Die vorläufige Vollstreckbarkeit bezeichnet die Möglichkeit, ein Gerichtsurteil bereits vor seiner Rechtskraft durchzusetzen. Nach § 708 ff. ZPO kann ein Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt werden, was bedeutet, dass der obsiegende Teil seine Ansprüche bereits geltend machen kann, bevor das Urteil rechtskräftig wird. Oft wird diese Vollstreckbarkeit von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht.
Beispiel: Im vorliegenden Fall kann der Kläger das Urteil gegen die Beklagte vollstrecken lassen, muss aber eine Sicherheitsleistung hinterlegen, um eventuelle Schäden auszugleichen, falls das Urteil in einer höheren Instanz aufgehoben werden sollte.
Grunddienstbarkeit
Eine Grunddienstbarkeit ist ein beschränktes dingliches Recht, das einem Grundstückseigentümer (herrschendes Grundstück) bestimmte Nutzungsrechte an einem anderen Grundstück (dienendes Grundstück) einräumt. Sie ist in den §§ 1018-1029 BGB geregelt und wird im Grundbuch eingetragen. Grunddienstbarkeiten können als Wegerecht, Leitungsrecht oder ähnliche Rechte ausgestaltet sein.
Beispiel: Das im Text erwähnte Wegerecht ist eine Form der Grunddienstbarkeit, bei der das Grundstück der Beklagten als dienendes Grundstück belastet ist und dem Kläger als Eigentümer des herrschenden Grundstücks ein Zufahrtsrecht gewährt.
GmbH in Gründung
Eine „GmbH in Gründung“ bezeichnet eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Gründungsstadium, die bereits im Rechtsverkehr auftritt, aber noch nicht im Handelsregister eingetragen ist. Nach § 11 GmbHG haften die handelnden Personen für Verbindlichkeiten persönlich, bis die endgültige Eintragung erfolgt. Nach der Eintragung gehen alle Rechte und Pflichten auf die GmbH über.
Beispiel: Die Beklagte war zum Zeitpunkt des Grundstückserwerbs eine GmbH in Gründung, was bedeutet, dass sie bereits als vorläufige Gesellschaft den Kaufvertrag abschließen konnte, aber die volle Rechtsfähigkeit erst mit Eintragung ins Handelsregister erlangte.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Grunddienstbarkeit (§§ 1018 ff. BGB): Eine Grunddienstbarkeit räumt dem Eigentümer eines Grundstücks das Recht ein, ein anderes Grundstück in bestimmter Weise zu nutzen (z.B. Wegerecht) oder auf dem anderen Grundstück bestimmte Handlungen zu untersagen. Sie wird im Grundbuch eingetragen und wirkt gegenüber allen zukünftigen Eigentümern des belasteten Grundstücks. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Im Kaufvertrag wurde eine Grunddienstbarkeit vereinbart, die dem Kläger das Recht einräumt, die Zufahrt auf dem Grundstück der Beklagten zu nutzen. Die genaue Ausgestaltung dieser Dienstbarkeit, insbesondere der Verlauf der Zufahrt, ist hier streitentscheidend.
- Vertragsrecht, insbesondere Auslegung von Verträgen (§§ 133, § 157 BGB): Verträge sind so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist nicht nur der reine Wortlaut entscheidend, sondern auch der erkennbare Wille der Vertragsparteien und die Umstände des Vertragsschlusses. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht musste den notariellen Kaufvertrag und den zugehörigen Lageplan auslegen, um zu ermitteln, wo genau die Zufahrt laut Vereinbarung errichtet werden sollte. Die handschriftliche Eintragung „8m“ auf dem Plan war hierbei besonders wichtig für die Auslegung des Parteiwillens.
- Erfüllungsanspruch aus Kaufvertrag (§ 433 Abs. 1 Satz 1, § 311b BGB): Ein Kaufvertrag verpflichtet den Verkäufer, dem Käufer das Eigentum an der Kaufsache zu verschaffen und die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu übergeben. Dies umfasst auch Nebenpflichten aus dem Vertrag, wie im vorliegenden Fall die Errichtung der Zufahrt gemäß den vertraglichen Vereinbarungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger macht einen Erfüllungsanspruch geltend, da die Beklagte sich im Kaufvertrag zur Errichtung einer Zufahrt in einer bestimmten Weise verpflichtet hat, dieser Verpflichtung aber nicht vertragsgemäß nachgekommen ist.
- Beseitigungsanspruch (§ 1004 Abs. 1 BGB): Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer vom Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Dieser Anspruch setzt eine Eigentumsbeeinträchtigung und eine Störereigenschaft des Beklagten voraus. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger hat einen Anspruch auf Beseitigung der falsch errichteten Zufahrt, da diese nicht dem vereinbarten Verlauf entspricht und somit sein durch die Grunddienstbarkeit gesichertes Recht beeinträchtigt. Die Beklagte ist als Handlungsstörerin für die Errichtung der falschen Zufahrt verantwortlich.
Das vorliegende Urteil
LG Paderborn – Az.: 2 O 148/23 – Urteil vom 21.06.2023
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Ich bin seit meiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2003 Teil der Kanzlei der Rechtsanwälte Kotz in Kreuztal bei Siegen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht, sowie als Notar setze ich mich erfolgreich für meine Mandanten ein. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind Mietrecht, Strafrecht, Verbraucherrecht, Reiserecht, Medizinrecht, Internetrecht, Verwaltungsrecht und Erbrecht. Ferner bin ich Mitglied im Deutschen Anwaltverein und in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. Als Rechtsanwalt bin ich bundesweit in allen Rechtsgebieten tätig und engagiere mich unter anderem als Vertragsanwalt für […] mehr über Dr. Christian Gerd Kotz