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Grunddienstbarkeit – Gestattung des Übergangs eines Flurstücks

LG Hamburg – Az.: 302 O 373/13 – Urteil vom 24.05.2017

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 6.465,15 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.10.2013 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von € 313,86 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Widerklage wird abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 83% und die Beklagte 17% zu tragen.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 38.221,70 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz aus abgetretenem Recht sowie die Unterlassung, mit einem Kraftfahrzeug das Grundstück des Klägers zu überfahren.

Die Parteien sind Nachbarn in der H. Str. in H.- O.. Der Kläger ist Eigentümer der Flurstücke 140 und 141, erworben durch notariellen Kaufvertrag vom 13.12.2012 von der Voreigentümerin J. (Anlage K10), die Beklagte ist Eigentümerin der Flurstücke 142 und 143 (vgl. die Liegenschaftskarte Anlage K1). Aufgrund Vereinbarung in den Kaufverträgen vom 07.04.1936 (Anlage B7) und 07.06.1937 (Anlage B6) sowie Eintragungsbewilligung vom 25.08.1937 (Anlage B5) ist in dem Grundbuch zu dem Flurstück 141 des Klägers eine Grunddienstbarkeit zugunsten der Beklagten mit folgendem Wortlaut eingetragen (Anlage K33 bzw. B4):

Der jeweiliger Eigentümer der noch im Grundbuch von O. Blatt… eingetragenen Parzelle 1308/17 des Kartenblatts 1 der Gemarkung O. ist berechtigt, die Parzelle 1292/17 als Übergang zu benutzen und die Versorgungsleitungen auf dieser Parzelle zu verlegen.

Im Zuge von Baumaßnahmen der Beklagten an ihrem Grundstück im Jahr 2012 wurde eine Baustraße unter Entfernung des Plattenbelags auf der Zufahrt (Flurstück 141) und dem Garagenvorplatz (Flurstück 140) errichtet, auf dem Flurstück 140 wurden zwei viertelkreisförmige Gartenmauern (nachfolgend die „Ohren“) und drei Stufen der Eingangstreppe zum Gebäude entfernt, schließlich wurde ein Teil der das Flurstück 141 begrenzenden Hecke entfernt. Bezüglich des Schriftwechsels zu den Bauarbeiten zwischen der Voreigentümerin J. und der Beklagten wird auf die Anlage K4 bis K8 verwiesen. Bezüglich der Örtlichkeiten wird auf die Lichtbilder in den Anlagen K2, K3, K9, B1, B2 verwiesen. Der Kläger selbst ließ im Zuge von Sanierungsarbeiten an seinem Gebäude im Jahr 2013 eine Kelleraußenwandabdichtung mittels Verlegung einer Drainage vornehmen.

Der Kläger behauptet, die Grunddienstbarkeit betreffe nur das Übergehen des Flurstücks 141, ein Überfahren mit einem Fahrzeug sei hiervon nicht umfasst.

Er trägt weiter vor, zur Wiederherstellung der Ohren sei ein Betrag von netto € 1.687,50, zur Wiederherstellung der Treppe ein Betrag von netto € 2.554,75, zur Wiederherstellung der Auffahrt und des Garagenvorplatzes ein Betrag von netto € 7.325,00 zur Wiederherstellung der Hecke ein Betrag von netto € 1.178,45 sowie zur Entfernung von der Beklagten in Höhe von 30 cm aufgeschütteten Erde ein Betrag von netto € 476,00 erforderlich.

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 13.221,70 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.10.2013 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von € 721,50 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, das Grundstück des Klägers in der H. Str. … in… H., Grundbuch von O., Band… , Blatt… , Flurstück 141, mit einem Auto oder einem sonstigen Fahrzeug zu überfahren.

3. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen das zu 2. genannte Unterlassen wird der Beklagten angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von € 25.000,00 oder eine Ordnungshaft bis zu einem Monat gegen sie festgesetzt wird.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen und widerklagend den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte vorgerichtliche Kosten in Höhe von € 721,50 zu zahlen.

Der Kläger beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, die allgemeine Formulierung „Übergang“ schließe die Überfahrt nicht aus, der Inhalt ergebe sich zudem aus den ursprünglichen Kaufverträgen, in denen die Nutzung eines Autos bereits vorgesehen sei.

Sie behauptet weiter, die ursprüngliche Breite der Zufahrt auf dem Flurstück 141 von 3,01 m sei aufgrund der die Grenze überschreitenden Ohren einerseits und die stark verholzte Hecke anderseits nicht mehr gegeben, für die Baumaßnahme auf dem Grundstück der Beklagten sei jedoch die Nutzung der vollen Wegesbreite erforderlich gewesen. Die Baustraße hätte ohnehin für die Bauarbeiten des Klägers an seinem Gebäude eingerichtet werden müssen; die Ohren und die Treppe hätten ohnehin für die vom Kläger an seinem Gebäude vorgenommene Kelleraußenwandabdichtung entfernt werden müssen. Vorschäden und ein Abzug neu für alt seien zu berücksichtigen. Der Plattenbelag der Auffahrt sei noch vorhanden und könne wiederverwendet werden. Sie habe an der Grundstücksgrenze lediglich den Bereich harken lassen, den Boden aufgelockert und Mutterboden von allenfalls 5 cm aufbringen lassen.

Der Kläger habe die der Beklagten vorgerichtlich entstandenen Rechtsverfolgungskosten zu erstatten, da er rechtswidrig das Überfahren seines Grundstücks untersagt und unberechtigte Schadensersatzansprüche behauptet hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die ausgetauschten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Das Gericht hat mit Beweisbeschluss vom 05.12.2014 Beweis durch Einholung schriftlicher Sachverständigengutachten über die Schadenshöhe und Reserveursachen erhoben. Auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. Landschaftsarchitekt B. vom 05.08.2015 nebst ergänzender Stellungnahme vom 11.02.2016 sowie das schriftliche Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Ing. Architektin G. vom 01.08.2016 nebst ergänzender Stellungnahme vom 20.10.2016 und 13.12.2016 wird verwiesen. Das Gericht hat zudem die Zeugin B1 vernommen und die Sachverständige G. zu ihrem Gutachten mündlich angehört. Bezüglich des Inhalts der Vernehmung und der Anhörung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.05.2017 verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz (hierzu unter 1.), er hat jedoch keinen Unterlassungsanspruch (hierzu unter 2.).

1.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 und Abs. 2, 398 BGB aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz in Höhe von insgesamt € 6.465,15.

Der Kläger ist aktivlegitimiert, da er mit Kaufvertrag vom 13.12.2012 das Eigentum an den Flurstücken 140, 141 und etwaige Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte aufgrund von ihr durchgeführter Baumaßnahmen erworben hat.

Unstreitig hat die Beklagte im Zuge von Baumaßnahmen das Eigentum der Voreigentümerin des Klägers schuldhaft beschädigt, indem sie den Plattenbelag auf der Zufahrt und dem Garagenvorplatz, die Ohren und drei Eingangsstufen sowie einen Teil der Hecke entfernen ließ.

Die Schadenshöhe ergibt sich aus den Kalkulationen der Sachverständigen B. und G., denen sich das Gericht nach eigener Überzeugungsbildung anschließt.

Der Sachverständige B. hat ausgeführt, dass es zur Herstellung eines fachgerechten befahrbaren Wegeaufbaus erforderlich sei, einen frostsicheren und tragfähigen Oberbau in einer Größe von 60 qm herzustellen (Einheitspreise € 8,95 und € 13,65), eine Einfassung aus Bordsteinen mit einer Länge von 32 m vorzunehmen (Einheitspreis € 17,20), Gehwegplatten für 60 qm mit einem Einheitspreis von bis zu € 35,00 pro qm zu liefern und zu verlegen sowie den Plattenbelag durch Pflasterklinker zu bändern (Einheitspreis € 21,30). Hieraus ergeben sich Kosten in Höhe von € 5.071,40 netto. Bei der Bestimmung der Höhe der Vorteilsausgleichung, des Abzugs „neu für alt“ sei zu berücksichtigten, dass die Wegefläche den Ausführungen des Sachverständigen zufolge eine Nutzungsdauer von 50 bis 60 Jahren hat. Durch die Neuherstellung erfolge eine technische Wertverbesserung mit einer verlängerten Nutzungsdauer und anfänglichen optischen Aufwertung. Den glaubhaften Angaben der Zeugin B1 zufolge war der Plattenbelag auf der Zufahrt mindestens 30 Jahre alt, möglicherweise auch schon 40 Jahre alt. Genau konnte die Zeugin das Alter des Plattenbelags nicht benennen, so dass das Gericht jedenfalls von einem Alter von 30 Jahren überzeugt ist, für eine weitergehende Überzeugung waren die Angaben der Zeugin B1 nicht belastbar genug. Damit ergeben sich sich bei einer erwarteten Nutzungsdauer von 60 Jahren ein Abzug von 50% und ein Schadensbetrag in Höhe von netto € 2.535,70.

Die Sachverständige G. hat ausgeführt, dass für das Aufmauern der Ohren einschließlich dem Herstellen eines Anschlusses an die Außenwände sowie das Ausbessern des Risses an der östlichen Außenwand inkl. An- und Abfahrt ein Betrag von netto € 1.159,00 erforderlich sei. Angesichts einer Lebensdauer von Fundamenten im Erdreich von 100 bis 150 Jahren seien die Kosten für eine Fundamenterstellung sowie Abdeckplatten nicht erforderlich. Weiter sei bzgl. der Außentreppenanlage für Abbrucharbeiten und Entsorgung der vorhanden Fliesen/Mörtelbett, Ausbesserungen an der vorhandenen Betonunterkonstruktion, Verlegung der neuen Spaltklinker auf allen drei Stufen inkl. An- und Abfahrt ein Betrag von netto € 1.116,00 erforderlich. Angesichts der vorhandenen Lichtbilder sei davon auszugehen, dass die bestehende Betonunterkonstruktion wiederverwendet werden könne.

Der Sachverständige B. hat weiter ausgeführt, dass die Wiederherstellung der Hecke einen Betrag von netto € 1.178,45 entsprechend dem Kostenvoranschlag in der Anlage K30 erfordere. Die Neupflanzung des zerstörten Heckenabschnitts stelle zudem aus sachverständiger Sicht keine Wertverbesserung, sondern die annähernde Wiederherstellung mit einem Erscheinungsbild entsprechend dem ursprünglichen Zustand dar. Eine Erhöhung der Lebenserwartung sei mangels erkennbarer Schäden der vormals vorhandenen Hecke nicht zu erwarten.

Die Beklagte hat nicht nachgewiesen, dass die genannten Schäden durch die Sanierungsmaßnahmen auf dem Grundstück des Klägers ohnehin eingetreten wären. Im Schadensersatzrecht besteht Einigkeit darüber, dass es sich bei der so genannten hypothetischen Kausalität – ebenso wie beim Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens (BGH, Urt. v. 17. Oktober 2002 – IX ZR 3/01, zitiert nach juris) nicht um ein Problem der Kausalität, sondern um eine Frage der Schadenszurechnung handelt. Dass der durch das haftungsbegründende Ereignis real bewirkte Schaden später durch einen anderen Umstand (die Reserveursache) ebenfalls herbeigeführt worden wäre, kann an der Kausalität der realen Ursache nichts ändern. Ob die Reserveursache beachtlich ist und zu einer Entlastung des Schädigers führt, ist eine Wertungsfrage. Vorliegend fehlt es bereits an einem Nachweis des späteren Schadenseintritts. Den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen G. zufolge war die Einrichtung einer Baustraße für die Sanierungsmaßnahmen des Klägers nicht erforderlich, vielmehr hätte die Aufnahme und anschließende Wiederverlegung von 1-2 Reihen Betonplatten ausgereicht. Auch bzgl. der Hecke wäre zwar bei einer Gesamtlänge von 5 Metern eine Teilausgrabung von ca. 1 Meter notwendig gewesen. Damit hat die Beklagte jedoch nicht nachgewiesen, dass die Hecke in einem entsprechenden Umfang vernichtet und zu ersetzen gewesen wäre. Schließlich hat die Beklagte auch nicht nachgewiesen, dass der Kläger für die von ihm vorgenommene Kelleraußenwandabdichtung die Ohren und das Podest hätte abreißen müssen. Die Sachverständige G. hat im Rahmen ihrer Anhörung ausgeführt, dass sie dieses Vorgehen zwar empfehlen würde, es letztlich aber verschiedene Möglichkeiten zur Abdichtung gäbe. Ziel der Abdichtung sei es, den Eintritt von Wasser zu verhindern, die Gefahr des Wassereintritts sei vor allem durch das Grundwasser aber auch durch die Bodenfeuchte – abhängig von den Bodenverhältnissen – gegeben. Die Abdichtung unter Abriss der Ohren und des Podestes stelle die 100% sichere Lösung dar. Bei einer Abstützung des Fundaments bleibe das Risiko des Wassereindringens, allerdings sei dieses Risiko unter Berücksichtigung der von dem Kläger verlegten Drainage, die den Eintritt von Grundwasser verhindert, als relativ gering anzusehen. Nach alledem ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass die Beseitigung der Ohren und des Podestes für die Sanierungsarbeiten ohnehin erforderlich gewesen wäre, Zweifel gehen vorliegend zu Lasten der insoweit beweisbelasteten Beklagten.

Die Gutachten der Sachverständigen B. und G. sind gut nachvollziehbar und ohne logische Fehler. Die Sachverständigen legen die zutreffenden Anknüpfungspunkte zu Grunde und erläutern überzeugend und schlüssig, wie sie zu ihren Ergebnissen kommen.

Die Beklagte hat dem Kläger im Übrigen Schadensersatz in Höhe von € 476,00 zu leisten (Rechnung Anlage K31). Unstreitig war die Beklagte auf dem Grundstück des Klägers neben der Garage tätig und hat dort Erde aufgetragen, streitig ist lediglich die Höhe der aufgetragenen Erde. Gemäß der Rechnung in der Anlage K31 hat der Kläger diese Erde abtragen lassen. Damit hat die Beklagte die erforderlichen Kosten zur Beseitigung des von ihr – ohne Einverständnis des Klägers auf seinem Grundstück – geschaffenen Zustands zu ersetzen.

Insgesamt schuldet die Beklagte nach alledem Schadensersatz in Höhe von € 6.465,15. Die Beklagte hat die dem Kläger geschuldete Schadenersatzleistung wegen Verzugs nach erfolgter Fristsetzung bis zum 09.10.2013 (Anlage K21) gemäß §§ 286, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB ab dem 10.10.2013 zu verzinsen.

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2.

Der Kläger kann von der Beklagten gemäß §§ 1004 Abs. 1, 1018 BGB nicht verlangen, das Flurstück 141 nur als Übergang, zu Fuß zu benutzen und die Überfahrt mit einem Fahrzeug zu unterlassen.

Die auf dem Grundstück des Klägers lastende Grunddienstbarkeit verpflichtet ihn zur Duldung nicht nur des Übergehens zu Fuß, sondern auch des Überfahrens des Flurstücks 141 mit einem Fahrzeug durch die Beklagte. Die Grunddienstbarkeit berechtigt ihrem Inhalt nach die Beklagte zu einer Nutzung des dienenden Grundstücks für Fahrten von und zu ihrem Grundstück.

Zur Ermittlung des ursprünglichen Inhalts einer Dienstbarkeit ist vorrangig auf Wortlaut und Sinn der Grundbucheintragung und der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt; Umstände außerhalb dieser Urkunden dürfen jedoch insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGH, Urteil vom 08.02.2002, V ZR 252/00, zitiert nach juris).

Nach dem Wortlaut der Grundbucheintragung vom 09.06.1936 ist die Beklagte berechtigt, das Flurstück 141 als „Übergang“ zu benutzen. Unter den Begriff Übergang fällt nach dem maßgeblichen Verständnis im Zeitpunkt der Rechtseinräumung zur Überzeugung des Gerichts auch die Überfahrt mit einem Kraftfahrzeug. Das Automobil war in Europa bis zum Zweiten Weltkrieg vor allem dem Transportwesen und für private Zwecke nur wenigen vermögenden Personen vorbehalten. Frühestens in den 1950er-Jahren wurde eine Massenmotorisierung verwirklicht. Im Jahr 1936 war daher der Begriff „Übergang“ allgemeiner Sprachgebrauch, während der Begriff „Überfahrt“ mangels Vorhandensein bzw. Verbreitung von Kraftfahrzeugen nicht im Vordergrund stand.

Darüber hinaus liegen außerhalb der Grundbucheintragung Anhaltspunkte dafür vor, dass das Wegerecht auch die Nutzung mit einem Kraftfahrzeug umfasst. Zu den bei der Auslegung einer Grundbucheintragung zu berücksichtigenden ohne weiteres erkennbaren Umständen gehören die tatsächlichen Verhältnisse der beteiligten Grundstücke. Bereits die Breite der Zufahrt ermöglicht die Nutzung nicht nur zu Fuß, sondern auch mit einem Kraftfahrzeug. Zudem ist in dem der Eintragung zugrundeliegenden Kaufvertrag vom 07.04.1936 bereits die Nutzung mit einem Kraftfahrzeug vorgesehen: Dort ist geregelt, dass der Eigentümer zur Unterhaltung der Zufahrt verpflichtet ist, es sei denn der Begünstigte hält ein Auto, dann sei eine Vereinbarung zu treffen, wonach der Autohalter die Pflicht zur Unterhaltung übernehme.

Schließlich liegen Inhalt und Umfang einer zeitlich unbegrenzten Grunddienstbarkeit nicht in jeder Beziehung von vornherein für alle Zeiten fest, sondern sind gewissen Veränderungen unterworfen, die sich aus der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung ergeben. Maßgeblich ist nicht die augenblickliche, bei Bestellung der Grunddienstbarkeit gerade bestehende Nutzung; es kommt vielmehr auf den allgemeinen, der Verkehrsauffassung entsprechenden und äußerlich für jedermann ersichtlichen Charakter des betroffenen Grundstücks an sowie auf das Bedürfnis, von dem Wegerecht in diesem Rahmen Gebrauch zu machen (BGH, Urteil vom 25.04.1975, V ZR 185/73, zitiert nach juris) Dementsprechend kann der Umfang einer Dienstbarkeit mit dem Bedürfnis des herrschenden Grundstücks wachsen, wenn sich die Bedarfssteigerung in den Grenzen einer der Art nach gleichbleibenden Benutzung dieses Grundstücks hält und nicht auf eine zur Zeit der Dienstbarkeitsbestellung nicht vorhersehbare oder auf eine willkürliche Benutzungsänderung zurückzuführen ist (BGH, Urteil vom 08.02.2002, V ZR 252/00, zitiert nach juris. Soweit man – abweichend von der Auffassung des erkennenden Gerichts – die Nutzung der Zufahrt mit einem Kraftfahrzeug als Änderung ansieht, könnte sich die Beklagte auf eine derartige entwicklungsbedingte – mit der Massenmotorisierung einhergehende – Änderung des Inhalts der Grunddienstbarkeit berufen.

Ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass ein Notwegerecht der Beklagten gemäß § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht, da es an einer zur ordnungsgemäßen Benutzung des Grundstücks der Beklagten notwendigen Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehlt. Zur ordnungsgemäßen Benutzung gehört die Möglichkeit, sein Wohngrundstück mit dem eigenen Kraftfahrzeug anfahren zu können (vgl. BGH, Urteil vom 12.12.2008, V ZR 106/08, zitiert nach juris).

Nach alledem hat der Kläger die Benutzung der in seinem Eigentum stehenden Zufahrt durch die Beklagte bzw. berechtigte Dritte (Mitbewohner oder Besucher) mit einem Kraftfahrzeug zu dulden. Eine Unterlassungspflicht der Beklagten besteht nicht.

3.

Aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung hat die Beklagte auch die notwendigen Rechtsverfolgungskosten zu erstatten beantragt ist der Ersatz einer 0,65 Geschäftsgebühr zzgl. Pauschale und Mehrwertsteuer, dies ergibt bezogen auf den tatsächlichen Ersatzbetrag Kosten in Höhe von € 313,86 (Rechtsstand bis 31.07.2013).

II.

Die zulässige Widerklage ist abzuweisen. Ein materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch besteht nicht. Wird jemand unberechtigt als angeblicher Schuldner mit einer Forderung konfrontiert bzw. Unterlassung begehrt und entstehen bei der Abwehr Kosten, dann kommen als Anspruchsgrundlage für einen Ersatzanspruch lediglich Ansprüche aus §§ 280, 311 BGB oder deliktische Ansprüche (§§ 823, 826 BGB), in seltenen Ausnahmefällen auch eine Geschäftsführung ohne Auftrag in Frage (§§ 677 ff. BGB) in Betracht. Das Vorliegen einer solchen Anspruchsgrundlage ist nicht ersichtlich, geltend gemacht wird ein reiner Vermögensschaden.

Die Entscheidung über die Kosten ergeht nach § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Berichtigungsbeschluss vom 4. September 2017

Das Endurteil des Landgerichts Hamburg – Zivilkammer 2 – vom 24.05.2017 wird im Tatbestand wie folgt berichtigt:

Auf Seite 2 wird der Halbsatz „… und drei Stufen der Eingangstreppe zum Gebäude entfernt,…“ ersetzt durch: „ … und die Eingangstreppe zum Gebäude beschädigt,…“.

Gründe:

Zu Recht weist die Antragstellerin darauf hin, dass der zwar die Beschädigung der Eingangstreppe unstreitig ist, nicht jedoch der Umfang derselben. Der Tatbestand war gemäß § 320 ZPO entsprechend zu berichtigen.

 

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