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Unterkunftskosten (Mietwohnung) Anspruch auf vollständige Übernahme nach SGB II

Sozialgericht Aurich

Az.: S 15 AS 159/05

Urteil vom 12.10.2005


Entscheidung:

Der Bescheid der Beklagten vom 19.04.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2005 wird abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt für den Zeitraum 01.05. bis 31.10.2005 Unterkunftskosten in Höhe von 378,07 Euro monatlich zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der nach dem SGB II zu übernehmenden Unterkunftskosten für den Zeitraum 01.05.2005 – 31.10.2005.

Der im Jahr 1968 geborene Kläger bezieht nach vorangegangenem Arbeitslosenhilfebezug seit dem 01.01.2005 Leistungen nach dem SGBII. Er bewohnt im Stadtgebiet F. eine 2-Zimmer-Wohnung mit einer Größe von ca. 50 m2, die im Jahre 1994 bezugsfertig geworden ist. Hierfür zahlt er eine Warmmiete von 398,81 Euro (Grundmiete + sämtlicher Nebenkosten + Heizkosten). Nachdem die Beklagte ihm zunächst Leistungen in Gesamthöhe von 713,65 Euro gewährt hatte, bewilligte sie ihm auf seinen Folgeantrag vom 18.03.2005 mit Bescheid vom 19.04.2005 für die Monate Mai und Juni jeweils 715,27 Euro und für den Zeitraum 01.07. bis 31.10.2005 663,10 Euro monatlich. Dabei berücksichtigte sie für die Monate Mai und Juni als Grundmiete 332,17 Euro sowie Heizkosten in Höhe von 38,10 Euro und für die Zeit ab 01.07.2005 als Grundmiete 280 Euro sowie weiterhin 38,10 Euro Heizkosten. Der Kläger legte dagegen Widerspruch ein und wandte sich gegen die Kürzung der Unterkunftskosten. Dazu berief er sich auf den Mietspiegel der Stadt F., wonach eine Kaltmiete von 5,50 Euro je m2 angemessen sei. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.06.2005 als unbegründet zurück und trug vor, der Kläger sei durch die erst zukünftige Minderung der Unterkunftskosten nicht beschwert.

Mit der dagegen gerichteten Klage verfolgt der Kläger sein Begehren auf vollständige Übernahme der Unterkunftskosten weiter. Er ist der Auffassung, der Mietspiegel der Stadt F. gebe das örtliche Mietzinsniveau zutreffend wieder und müsse daher bei der Angemessenheitsprüfung berücksichtigt werden.

Der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 19.04.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die vollständigen Unterkunftskosten zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, in analoger Anwendung des Wohngeldgesetzes könnten allenfalls Kosten in Höhe von 280 Euro inklusive Nebenkosten berücksichtigt werden, die bei der Berechnung ab dem 01.07.2005 tatsächlich auch berücksichtigt worden seien.

Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten (G.)beigezogen und bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, inhaltlich ist sie im Wesentlichen auch begründet.

Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von Unterkunftskosten in Höhe von 378,07 Euro monatlich.

Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 SGB II). Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II).

Bei Mietwohnungen setzen sich die tatsächlichen Aufwendungen aus dem Kaltmietzins und den mietvertraglich geschuldeten Betriebskosten, soweit diese rechtlich auf den Mieter umgelegt werden dürfen, zusammen (vgl. Berlit in Lehr- und Praxiskommentar zum Sozialgesetzbuch II, Rn 17 zu § 22; Lang in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, Rn 15 und 22 zu § 22). Der Begriff „Angemessenheit“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 01.04.2005, L 8 AS 55/05 ER; Berlit, a.a.O. Rn 23). Dabei ist die reale Lage auf dem maßgeblichen örtlichen Wohnungsmarkt ebenso zu berücksichtigen, wie die Größe der Wohnung, der Ausstattungsstandard und – bei Bedarfsgemeinschaften – deren Größe und Zusammensetzung (vgl. Berlit, a.a.O. Rn 23 ff; Lang a.a.O. Rn 39 ff zu § 22). Bei Prüfung der Angemessenheit der Wohnungsgröße kann typisierend auf die landesrechtlichen Verwaltungsvorschriften zum Wohnungsbindungsgesetz und die dort festgelegten Wohnungsgrößen im sozialen Wohnungsbau zurückgegriffen werden, die nach der Zahl der zum Familienhaushalt rechnenden Personen differenzieren (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.08.2005, – L 19 B 28/05 AS ER; Berlit a.a.O. Rn 25 ff; Lang, a.a.O. Rn 42 ff unter Hinweis auf die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zum BSHG). Sodann ist der für diese Wohnfläche üblicherweise auf dem örtlichen Wohnungsmarkt zu entrichtende Mietzins zu ermitteln. Dabei ist es grundsätzlich möglich auf örtliche Mietspiegel (vgl. Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 01.04.2005, – L 8 AS 55/05 ER -; Lang, a.a.O. Rn 45; Wieland in Estelmann, Kommentar zum SGB II, Rn 16 zu § 22; OVG Lüneburg Urteil vom 29.01.2004, -12 LB 454/02- und OVG Schleswig FEVS 47, 269 zur Rechtslage nach dem BSHG), auf Mietpreisübersichten von Verbänden und Organisationen, die am Wohnungsmarkt beteiligt sind (Wieland, a.a.O. Rn 17 ; Lang, a.a.O. Rn 45; VGH Baden-Württemberg in Info-AlSo 97,205 und OVG Münster FEVS 53,563 zur Rechtslage nach dem BSHG) oder auf die Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (vgl. Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 01.04.2005, L 8 AS 55/05 ER; Wieland, a.a.O. Rn 18) zurückzugreifen. Die Angemessenheit der Wohnungsgröße ist anhand der zulässigen Wohnflächen des sozialen Wohnungsbaus zu bestimmen, die sich aus den Verwaltungsvorschriften der Länder zu § 5 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) ergeben (Berlit, a.a.O. Rn 25 ff; BVerwG in FEVS, 363 ff zur Rechtslage nach dem BSHG).

Die Beklagte hat zutreffend auf der Grundlage der Niedersächsischen Verwaltungsvorschriften zu § 5 WoBindG i.V.m. § 27 Abs. 4 Wohnraumförderungsgesetz (jetzt geregelt in RdErl. d. MS – 54-25 100-3/7 – vom 27. Juni 2003 in Nds. MBl. S. 580) für einen Ein-Personen-Haushalt eine Größe von max. 50 m2 für angemessen gehalten. Die vom Kläger tatsächlich bewohnte Wohnung entspricht genau dieser maximal berücksichtigungsfähigen Größe.

Für die Beurteilung der Angemessenheit des gezahlten Mietzinses ist entgegen der Auffassung der Beklagten auf den Mietspiegel der Stadt F. und nicht auf die Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz abzustellen. Zwar ist es grundsätzlich möglich – wie ausgeführt – auch diese Tabelle zur Bestimmung der Angemessenheit heranzuziehen. Gibt es indes mehrere Möglichkeiten zur Bestimmung des angemessenen Mietzinses, ist diejenige zu wählen, die den entscheidungserheblichen örtlichen Mietzins besser abbildet. Das ist nach Überzeugung der Kammer der Mietspiegel der Stadt F. aus dem Jahre 2004.

Die Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz differenziert einerseits nach haushaltsangehörigen Familienmitgliedern und andererseits nach dem Jahr der Bezugsfertigkeit und unterteilt die jeweiligen Spalten dann in 6 Mietenstufen. In der Wohngeldverordnung werden dann sämtliche Gebietskörperschaften der Bundesrepublik Deutschland einer Mietenstufe von 1 – 6 zugeordnet. Der in der Tabelle aufgeführte Mietzins soll sämtliche kalten Nebenkosten enthalten und differenziert nicht nach der Größe der Wohnung. Demgegenüber stellt der Mietspiegel der Stadt F. (2004) auf die reine Kaltmiete je Quadratmeter Wohnfläche ohne Berücksichtigung von Nebenkosten jeglicher Art ab. Grundlage des Mietspiegels sind die von der Stadt F. (Wohngeldstelle), vom Haus- und Grundeigentümerverein F. sowie vom Mieterverein H. und von den örtlichen Auktionatoren gesammelten und vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte ausgewerteten Mieten der Jahre 2000 bis 2003, wobei das Baujahr ebenso wie die Lage und Größe der Mietobjekte berücksichtigt wurden.

Nach der Rechtsprechung der OVG Lüneburg zur Vorgängerregelung im BSHG (vgl. Urteil vom 29.01.2004, – 12 LB 454/02 -) ist die Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz nur dann heranzuziehen, wenn und soweit andere konkrete Anhaltspunkte für die Lage auf dem Wohnungsmarkt – wie etwa Mietenspiegel – fehlen. Das OVG Lüneburg bezieht sich dabei auf die Feststellungen eines Sachverständigengutachtens, wonach wesentliche Ausstattungsmerkmale von Wohnungen in der Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz nicht berücksichtigt werden und die Tabelle nicht beachtet, dass fast alle Altbauwohnungen im Hinblick auf immissionsschutzrechtliche Bestimmungen über neuere Heizungsanlagen sowie auch über neuere, den Anforderungen einer wirksamen Wärmedämmung genügende Fenster verfügen, während es auf der anderen Seite schlicht ausgestattete Neubauwohnungen gibt, die zu einem günstigeren Mietzins angeboten werden als hochwertig ausgestattete Altbauwohnungen. Individuelle örtliche Marktentwicklungen seien überhaupt nicht berücksichtigt. Eine Anwendung der Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz komme trotz dieser Defizite mangels anderer Alternativen nur unter Abgleichung mit der konkreten örtlichen Marktsituation und unter evtl. Berücksichtigung von Zuschlägen in Betracht.

Die Kammer schließt sich dieser Rechtsauffassung jedenfalls insoweit an, als ein örtlicher Mietspiegel in aller Regel das örtliche Mietpreisniveau präziser wiedergibt als die Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz. Dies liegt zum einen an der wesentlich differenzierteren Herangehensweise, zum weiteren an der breiten Auswertung ausschließlich örtlicher Mietverträge und schließlich an der Berücksichtigung der Fachkunde derjenigen, die maßgeblich am örtlichen Wohnungsmarkt auftreten. Insbesondere die Tatsache, dass an der Abbildung des örtlichen Mietenmarktes die gegensätzlichen Interessengruppen wie der Haus- und Grundeigentümerverein einerseits und der Mieterverein andererseits mitwirken, führt zu einem ausgewogenen Abbild des örtlichen Mietenmarktes und vermeidet nach Überzeugung des Gerichts eine einseitig verzerrende Darstellung des Mietniveaus. Die Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz legt demgegenüber einen deutlich gröberen Maßstab an, berücksichtigt regionale Besonderheiten nur stark pauschalierend und kann daher– ggf. unter Vornahme von Korrekturen – allenfalls dort zum Einsatz gelangen, wo es an örtlich fundierten Erkenntnissen auf breiter Basis fehlt.

Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass der Mietspiegel ein veraltetes Mietniveau wiedergibt. Der Mietspiegel 2004 beruht auf Daten, die in der Zeit zwischen dem 01.01.2000 und 31.12.2003 erhoben wurden und soll zukünftig im Abstand von 2 Jahren der Marktentwicklung angepasst werden. Eine noch aktuellere Wiedergabe ist praktisch kaum vorstellbar. Dem stehen die Werte in der Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz gegenüber, die seit 2001 unverändert geblieben sind und daher neben der unzureichenden Berücksichtigung örtlicher Besonderheiten auch noch eine geringere Aktualität aufweist.

Entgegen der Auffassung der Beklagten sieht das erkennende Gericht auch keine Gleichbehandlungsproblematik. Zum einen dürfte das Mietniveau in den Kernbereichen der Städte F. und I. höher sein als in den kleineren Gemeinden des Umlandes, zum anderen ist es kein Gebot des Gleichheitsgrundsatzes ein präziseres Instrument zur Erfassung eines örtlichen Marktes deshalb nicht einzusetzen, weil dieses nicht in allen Regionen zur Verfügung steht.

Unter Berücksichtigung des Mietspiegels der Stadt F. (2004) ergibt sich für Wohnungen mit einem Baujahr 1994 und einer Größe von 50 m2 unter Interpolation der Werte auf Seite 5 des Mietspiegels ein Quadratmeterpreis von 5,70 Euro (Mittelwert aus den auf das Jahr 1994 interpolierten Werten für 40 m2-Wohnungen und 60 m2-Wohnungen für das Baujahr 1990 und für das Baujahr 2000).

40 qm 60 qm 1990 5,75 5,25 1994 5,95 5,45 2000 6,20 5,70

Der Mietspiegel schreibt kein Verfahren zur Ermittlung von Zwischenwerten vor, die Abbildung der Kurven auf Seite 5 des Mietspiegels legt daher eine Interpolation der Werte nahe. Die Angaben beziehen sich auf eine mittlere Wohnlage, so dass weder Zu- noch Abschläge zu berücksichtigen sind; denn Wohnungen bis zu einer mittleren Wohnlage sind auch im Rahmen des SGB II noch als angemessen anzusehen (vgl. Wieland a.a.O. Rn 16).

Die angemessene Höhe der Unterkunftskosten ist sodann aus dem Produkt des Quadratmeterpreises und der abstrakt ermittelten angemessenen Wohnungsgröße zu ermitteln (Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 24.08.2005, – L 19 B 28/05 AS ER -; Berlit, a.a.O. Rn 32). Unter Anwendung dieser Produktmethode ergibt sich bei einer im Falle des Klägers angemessenen Wohnungsgröße von 50 m2 und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins von 5,70 Euro je Quadratmeter ein Betrag von 285 Euro als Kaltmiete (ohne Nebenkosten).

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Die angemessenen Betriebskosten (ohne Heizung und Warmwasser) belaufen sich für diese Wohnung auf ca. 80 Euro.

Als angemessene Unterkunftskosten sind grundsätzlich die nach dem Mietvertrag geschuldeten Hausnebenkosten zu berücksichtigen, soweit diese nicht ausnahmsweise aus besonderen Gründen unangemessen oder nicht auf den Mieter umgelegt werden dürfen (vgl. etwa Berlit, a.a.O. Rn 17; Wieland, a.a.O. Rn 22; Lang, a.a.O. Rn 26). Problematisch ist im vorliegenden Fall indes, dass es sich um eine sogenannte Warmmiete handelt, die pauschal den Grundmietzins, die kalten Nebenkosten und die Kosten für Heizung und Warmwasserzubereitung beinhaltet, ohne diese Positionen im Einzelnen zu differenzieren. Es ist daher unumgänglich jedenfalls näherungsweise eine Angemessenheitsprüfung der (kalten) Betriebskosten vorzunehmen. Dies kann unter entsprechender Anwendung von sogenannten Betriebskostenspiegeln geschehen.

Aufgrund der immer weiter ausufernden Mietnebenkosten, die schlagwortartig bereits als „Zweite Miete“ bezeichnet werden (so der Titel einer Broschüre des Deutschen Mieterbundes zu diesem Thema), besteht ein ausgeprägtes Bedürfnis die Angemessenheit dieser Nebenkosten zu vergleichen. Gegenwärtig bemüht sich der Deutsche Mieterbund eine bundesweit gültige Übersicht in Form eines sogenannten Betriebskostenspiegels unter Auswertung möglichst vieler Mietverträge zu erstellen. Ein entsprechendes Werk liegt bislang aber noch nicht vor. Indes haben einige örtliche Mietervereine derartige Übersichten erstellt. Am bekanntesten ist der Regensburger Betriebskostenspiegel (vgl. Bericht in der Süddeutschen Zeitung vom 10.06.2005, auch unter sueddeutsche.de, sowie den Aufsatz von Schmidt in WuM 2002, 359 ff). Die Kammer hat vorliegend sowohl diesen Regensburger Betriebskostenspiegel als auch – vergleichsweise – den Leipziger Betriebskostenspiegel zur Orientierung herangezogen, da es im Nordwesten Niedersachsens – soweit ersichtlich – bislang keine derartigen örtlichen Betriebskostenspiegel gibt. Beide Betriebskostenspiegel unterscheiden sich in den Werten nur geringfügig: Der Leipziger Betriebskostenspiegel errechnet pro Quadratmeter im Jahr 2000 Betriebskosten in Höhe von 1,99 Euro, der Regensburger Betriebskostenspiegel solche von 1,94 Euro. Herauszurechnen sind die Kosten für Heizung und Warmwasser, die im Leipziger Betriebskostenspiegel mit 57 Cent und im Regensburger Betriebskostenspiegel mit 61 Cent veranschlagt werden, so dass sich bezogen auf das Jahr 2000 kalte Betriebskosten im Durchschnitt von 1,42 Euro bzw. 1,33 Euro ergeben. Unter Berücksichtigung der gestiegenen Abgaben in den letzten 5 Jahren ist dieser Wert anzupassen, so dass nach Einschätzung des Gerichts gegenwärtig jedenfalls Betriebskosten von 1,60 Euro je qm noch nicht unangemessen sind. Dabei ist zu beachten, dass es sich um einen Mittelwert handelt und auch deutliche Abweichungen noch nicht automatisch zu unangemessenen Betriebskosten führen. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung des § 22 SGB II ist es angesichts der groben Pauschalierung, die eine Warmmiete notwendigerweise beinhaltet, indes sachgerecht von diesen Mittelwerten auszugehen. Das erkennende Gericht ist daher der Auffassung, dass mit einem hochgerechneten Wert der (kalten) Betriebskosten von 1,60 Euro für das Jahr 2005 in diesen Fällen auch den Unwägbarkeiten hinreichend Rechnung getragen wird und ein praktikabler Annäherungswert für die Bestimmung der angemessenen Betriebskosten im Rahmen der Angemessenheitsprüfung des § 22 SGB II zur Verfügung steht.

Unter Berücksichtigung dieser Werte ergibt sich für die Wohnung des Klägers, dass Betriebskosten in Höhe von ca. 80 Euro ( 50 x 1,60 EUR) jedenfalls noch nicht als unangemessen im Sinne des § 22 SGB II anzusehen sind.

Die Heizkosten sind grundsätzlich in der tatsächlich anfallenden Höhe zu übernehmen, soweit diese nicht im Einzelfall unangemessen ist. Ob die Unangemessenheit im Regelfall bereits dadurch nachgewiesen werden kann, dass die tatsächlichen Heizkosten nicht mit den von den Leistungsträgern verwendeten so genannten Heizkostentabellen oder Heizkostenrichtlinien übereinstimmen, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. In den Fällen einer so genannten Warmmiete, in denen – wie vorliegend – die tatsächlichen Heizkosten nicht bekannt sind, können diese indes nur abstrakt ermittelt werden. Jedenfalls in diesen Fällen bestehen keine Bedenken gegen die Anwendung von Heizkostentabellen, soweit sie den aktuellen Stand der Energiepreise wiedergeben.

Nach der von der Beklagten verwendeten Tabelle ist für eine 50 m2-Wohnung für die Zeit vor dem 01.08.2005 ein Betrag von 45,60 Euro monatlich und für den Zeitraum ab 01.08.2005 ein solcher von 50,60 Euro monatlich als noch angemessen anzusehen. Beide Beträge ergeben angesichts einer angemessenen Grundmiete von 285 Euro und angemessener (kalter) Nebenkosten von 80 Euro, dass die seitens des Klägers zu entrichtende Warmmiete von 398,81 Euro nicht unangemessen und daher grundsätzlich von der Beklagten als Kosten der Unterkunft zu übernehmen ist. Einer inhaltlichen Überprüfung dieser Tabellen bedurfte es nicht, da sie, falls sie unzutreffende Angaben beinhalten sollten, jedenfalls nicht zum Nachteil des Klägers falsch wären.

Die Beklagte hat für die Monate Mai und Juni 2005, für die sie aufgrund der Übergangsregelung in § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II bereit war die tatsächlichen Unterkunftskosten zu übernehmen, eine Kürzung um 28,73 Euro vorgenommen und dies damit begründet, dass die in der Warmmiete enthaltenen Stromkosten bereits im Regelsatz gemäß § 20 SGB II enthalten und damit zur Vermeidung einer Doppelzahlung herauszurechnen seien. Dies ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, da der Regelsatz in Gruppe 4 entsprechende Aufwendungen beinhaltet (vgl. etwa Berlit, a.a.O. Rn 49; Wieland a.a.O. Rn 26). Die Höhe ist jedoch auf 20,74 Euro zu reduzieren.

Das erkennende Gericht folgt insoweit der Rechtsprechung des Sozialgerichts Freiburg (Entscheidungen vom 12.08.2005, S 9 AS 1456/05 und S 9 AS 1048/05), wonach die Ausgabengruppe des Regelsatzes, die u.a. die Energiekosten enthält, auch weitere Pauschalsätze berücksichtigt, die zur Ermittlung der tatsächlichen Energiekosten herauszurechnen sind. Das Sozialgericht Freiburg führt dazu aus:

„Aus § 20 SGB II sowie der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/1516, S. 56) ist ersichtlich, dass für die Höhe der Regelleistung die Vorschriften des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XII) über die Regelsätze einschließlich der Regelsatzverordnung (RSV) maßgeblich sind. Diese wurden vom Verordnungsgeber – der Verordnungsbegründung zufolge (BR-Drucks. 206/04, s. a. Info also 2004, S. 184 ff.) – auf der Grundlage der Verbrauchsausgaben der untersten 20 vom Hundert der nach ihrem Nettoeinkommen geschichteten Haushalte der zum 1.7.2003 hochgerechneten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998 des statistischen Bundesamts (ESV) unter Mitwirkung von Sachverständigen ermittelt. Die Verordnungsbegründung lässt eine exakte Bezifferung der Beträge, die jeweils einzelnen Bedarfen zuzuordnen sind, nicht zu. Dort wird lediglich angegeben, welcher Prozentsatz des sog. Eckregelsatzes auf welche Ausgabenabteilung nach der EVS entfällt. Für die Abteilung 04 „Wohnung, Wasser, Strom, Gas u. a. Brennstoffe“, der der verfahrensgegenständliche Warmwasserbedarf zuzuordnen ist, wird ein Satz von 8% (dies entspricht 27,60 EUR) angegeben. Darin sind allerdings neben den laut Verordnungsgeber lediglich „weitgehend“ – und eben nicht in vollem Umfang – zu berücksichtigenden Energiekosten gemäß EVS auch die „voll“ anzuerkennenden Positionen für Reparatur und Instandhaltung der Wohnung enthalten. Nach der Veröffentlichung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes (DPWV) „Zum Leben zuwenig“ (Berlin 2004) sowie nach Roth/Thomé, Leitfaden Sozialhilfe/Alg II von A-Z, Frankfurt a. M. 2005, S. 137, 247 f. schließlich können die im Regelsatz berücksichtigten Energiekosten aus der fortgeschriebenen EVS 1998 mit 20,74 EUR (die Reparaturen mit 3,50 EUR und die Instandhaltungs- bzw. Renovierungsaufwendungen mit 1,69 EUR) berechnet werden.

Die um diesen Betrag reduzierte Warmmiete von insgesamt 398,81 Euro beläuft sich auf 378,07 Euro und ist für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum zu zahlen.

Die Berufung wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit zugelassen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

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