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Grundstückskaufvertrag – arglistige Täuschung – Verteilung der Darlegungs- und Beweislast

LG Magdeburg – Az.: 10 O 2045/08 – Urteil vom 21.12.2010

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrages.

Die Mutter der Beklagten war Eigentümerin eines mit einer Doppelhaushälfte und Nebengelassen bebauten, rd. 1.350 qm großen Grundstücks, auf dem der vorverstorbene Bruder der Beklagten einst ein Kältetechnikunternehmen betrieben hatte.

Der Kläger hatte an diesem Grundstück Kaufinteresse. Am 09. Mai 2008 fand deshalb eine etwa einstündige Besichtigung statt, an welchem der Kläger und – für die Mutter der Beklagten – die Beklagte teilnahmen. Am 05. Juni 2008 kam es dann zum Abschluss eines notariellen Kaufvertrages, in dem die Vertragsparteien unter § 5 einen umfangreichen Haftungsausschluss vereinbart haben. Die Verkäuferin ließ sich auch beim Notar von der Beklagten vertreten. Unter § 5 Ziffer 1 heißt es u.a.:

„Das Kaufobjekt wird verkauft wie es steht und liegt, wie besichtigt, im gegenwärtigen und gebrauchten Zustand. Der derzeitige Zustand ist als vertragsgerecht vereinbart. Reparaturen schuldet der Verkäufer nicht. Ansprüche und Rechte des Käufers wegen eines Sachmangels des Grundstücks und des Gebäudes sind ausgeschlossen. Von der vorstehenden Rechtsbeschränkung ausgenommen ist die Haftung für Vorsatz oder Arglist.

Der Verkäufer versichert, dass ihm versteckte Mängel nicht bekannt sind. Der Käufer hat, wie er erklärt, das Kaufobjekt eingehend besichtigt.“

Auf den Kaufvertrag wird für Einzelheiten verwiesen (Bl. 34 ff. d.A.).

Mit Schreiben vom 29. Juli 2008 ließ der Kläger die Anfechtung des Kaufvertrages sowie den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären und die Beklagte – erfolglos – zur Rückzahlung des an sie ausgekehrten Kaufpreises auffordern.

Der Kläger beruft sich nun überwiegend auf die bereits außerprozessual geltend gemachten und von der Beklagten nach wie vor bestrittenen Mängel der Kaufsache. Außerdem behauptet er, arglistig getäuscht worden zu sein, indem er vor Vertragsschluss nicht über aufklärungspflichtige Umstände unterrichtet worden sei.

Der Kläger verlangt den gezahlten Kaufpreis zurück. Außerdem möchte er vergebliche Transaktionskosten ersetzt haben.

Die Beklagte hat den Rechtsstreit nach dem Tod ihrer zunächst vom Kläger in Anspruch genommenen Mutter aufgenommen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 75.599,64 Euro nebst Zinsen seit dem 11. August 2008 Zug um Zug gegen Rückübertragung des im Grundbuch von B., Blatt 171 des Amtsgerichts M. verzeichneten Grundbesitzes, Gemarkung B., Flur 3, Flurstück 398/92 herauszugeben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Kammer hat im Termin am 28. Januar 2009 Hinweise erteilt (Bl. 55 ff. d.A.). Mit Beschluss vom 25. März 2009 (Bl. 89 ff. d.A.) hat die Kammer die Einholung eines Sachverständigengutachtens in Auftrag gegeben und weitere Hinweise erteilt. Im Termin am 04. November 2009 hat die Kammer Beweis durch Zeugenvernehmung erhoben (Bl. 155 d.A.). Der Sachverständige hat mit Schreiben vom 24. August 2010 (Bl. 185 d.A.) das Gutachten übersandt. Auf den Anlagenband wird verwiesen.

Mit Beschluss vom 22. September 2009 hat die Kammer in neuer Besetzung erneut Hinweise erteilt (Bl. 197 f. d.A.).

Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen und verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nicht zu.

1.

Voraussetzung eines Anspruchs auf Rückzahlung des Kaufpreises nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB ist ein nichtiger Vertrag. Das ist nicht der Fall. Der Grundstückskaufvertrag vom 05. Juni 2008 ist wirksam. Er ist nicht aufgrund von Anfechtung nach § 142 BGB nichtig.

Die Erklärung der Anfechtung innerhalb der Frist von § 121 BGB läuft ins Leere, weil ein Anfechtungsgrund nicht vorliegt. Nach Gefahrübergang ist eine Anfechtung wegen eines Inhaltsirrtums im Sinne von § 119 Abs. 1 BGB zwar ausgeschlossen, da das Gewährleistungsrecht des Kaufrechts zur Anwendung kommt und dieses die Möglichkeit zur Anfechtung wegen Inhaltsirrtums ausschließt. Nicht ausgeschlossen ist aber eine Anfechtung, die sich auf Arglist stützt. Eine arglistige Täuschung gemäß § 123 Abs. 1, 2 BGB ist allerdings nicht erwiesen.

Beim Haus- bzw. Grundstückverkauf gilt der Grundsatz, dass den Verkäufer eine Aufklärungspflicht trifft, wenn der Verkaufsgegenstand für den Käufer nicht erkennbare Mängel aufweist, die den Haus- bzw. Grundstückswert erheblich mindern oder die Kaufsache sogar unbrauchbar machen. Eine Aufklärung über Mängel, die bei einer Besichtigung zugänglich und ohne weiteres erkennbar sind, kann der Käufer mit Rücksicht auf seine rechtsgeschäftliche Selbstverantwortung von dem Verkäufer nicht erwarten. Der Umfang der Informationspflicht des Verkäufers richtet sich danach, welche Erwartungen der Käufer angesichts von Qualität und Erhaltungszustand des Kaufobjektes an dessen Beschaffenheit stellen kann.

Eine Verletzung einer Aufklärungspflicht liegt danach nicht vor. Dem Kläger ist nicht der Nachweis gelungen, dass die Beklagte, die die Verkäuferin vertreten hatte (§ 123 Abs. 2 BGB), oder die Verkäuferin selbst ihm versteckte Mängel in Kenntnis der Mängel verschwiegen hat, über die die Beklagte oder die Verkäuferin hätte den Kläger aufklären müssen. Bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels handelt arglistig, wer einen Fehler mindestens für möglich hält, gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Damit erfasst das Tatbestandsmerkmal der Arglist nicht nur ein Handeln des Veräußerers, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, bei denen es an einer betrügerischen Absicht fehlt, die vielmehr auf bedingten Vorsatz – im Sinne eines (bloßen) „Fürmöglichhaltens“ und „Inkaufnehmens“ – reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss (BGH, Urteil vom 14. Oktober 1993, Az. III ZR 156/92 – zitiert nach juris).

a)

Etwaige Mängel des Schornsteins waren weder der Verkäuferin noch der Beklagten bekannt. Der Schornstein musste zwar erneuert werden und der Kläger wurde darauf nicht hingewiesen, jedoch hat die Beklagte ihn über den Zustand des Schornsteins nicht arglistig getäuscht. Dass weder die Beklagte noch die Verkäuferin von der Baufälligkeit des Schornsteins wussten, steht zur Überzeugung der Kammer (§ 286 ZPO) fest.

Der Beklagte vermochte seine Behauptung nicht zu beweisen, dass der Schornsteinfeger die Verkäuferin vor Abschluss des Kaufvertrages auf den baufälligen Zustand des Schornsteins hingewiesen hatte. Im Falle einer arglistigen Täuschung trifft die Darlegungs- und Beweislast für das Verschweigen einer Tatsache und die Verpflichtung zur Offenbarung denjenigen, der sich auf die Rechtsfolgen der Anfechtung beruft, weil es sich hierbei um eine anspruchsbegründende Voraussetzung handelt (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. November 1995, Az.: 9 U 95/95 – zitiert nach juris).

Der Zeuge L. hat bekundet, dass er über den Zustand des Schornsteins mit Frau N., der Verkäuferin, nicht gesprochen habe. Das habe daran gelegen, dass sie den Schornstein lediglich zur Belüftung ihrer Gasheizung benutzt habe und der Schornstein darum nicht auf seine feuertechnische Sicherheit überprüft worden sei. Aus der Bekundung des Zeugen ergibt sich nicht, dass die Beklagte oder die Verkäuferin über den Zustand des Schornsteins Bescheid wussten. Noch bekundete der Zeuge selbst, dass er die Beklagte und deren Mutter über den ihm bekannten Zustand des Schornsteins in Kenntnis gesetzt hat. Deshalb kann dahingestellt bleiben, welchen Kenntnisstand der Zeuge L. selbst hatte und hätte mitteilen können.

Die Verkäuferin traf keine Pflicht, vor einem Verkauf des Hauses Erkundigungen zum Zustand des Schornsteines oder zu anderen Eigenschaften des Kaufobjekts einzuholen. Maßgeblich ist der Kenntnisstand zum Zeitpunkt des Verkaufs. Vielmehr ist der Käufer eines Hauses in der Pflicht, sich das Kaufobjekt genau anzusehen und gegebenenfalls weitere Erkundigungen, möglicherweise durch Nachfragen beim Verkäufer oder durch die Einschaltung eines privaten Sachverständigen, einzuholen, vor allem dann, wenn es sich – wie hier – um ein altes Haus handelt.

b)

Der Kammer erschließt sich nicht, woher der Beklagte ableitet, dass die Seitenwand des Gebäudes nicht den Brandschutzbestimmungen genüge. § 27 Abs. 2 BauO LSA bestimmt, dass die Wände aus nicht brennbarem Material bestehen müssen. Das ist vorliegend der Fall, denn die Wand besteht aus Ziegeln. Doch selbst wenn man von einem nach aktuellen Erkenntnissen fehlerhaften oder gar fehlenden Brandschutz ausgehen würde, wäre dies ein Umstand, der bei einem so alten Haus nicht von vornherein auszuschließen wäre und ausschließlich die Sphäre des Käufers betrifft. Die Wand und vor allem deren Stärke waren für den Kläger bei der Besichtigung ersichtlich, so dass ein arglistiges Verschweigen des Zustandes bereits nicht anzunehmen ist. Überdies ist kein Vortrag dazu erfolgt, wonach die Verkäuferin oder die Beklagte positive Kenntnis über irgendeinen Zustand der Seitenwand gehabt haben sollen. Die Kammer nimmt vielmehr an, dass sich die Verkäuferin oder die Beklagte über den Zustand der Mauer keinerlei Gedanken gemacht haben und auch nicht machen mussten.

c)

Dasselbe gilt für fehlenden Schallschutz. Bei einer so alten Doppelhaushälfte wie diesem muss jeder Käufer damit rechnen, dass ein moderner Schallschutz nicht besteht. Zum Zeitpunkt der Errichtung des Hauses waren die heute für den Schallschutz verwendeten Materialien gar nicht vorhanden. Eine Nachrüstung hat die Verkäuferin nicht angegeben. Der Kläger hätte sich während der Besichtigung eine Vorstellung davon machen können, in welcher Lautstärke Geräusche des Nachbarn herüber dringen. Unter Umständen hätte er eine Tageszeit auswählen müssen, in welcher besonders mit Geräuschen von außen oder von der angrenzenden Doppelhaushälfte zu rechnen ist. Eine Aufklärungspflicht der Verkäuferin oder der Beklagten bestand jedenfalls nicht.

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d)

Auch in dem Umstand, dass die Beklagte oder die Verkäuferin dem Kläger nichts von einer bestehenden Baulast gesagt hat, ist keine arglistige Täuschung zu sehen. Die Baulast begünstigt nämlich das streitgegenständliche Grundstück. Belastet wird hingegen das Nachbargrundstück. Die Baulast hat keinerlei negative Auswirkungen auf das vom Kläger gekaufte Grundstück, so dass die Beklagte schon deshalb nicht verpflichtet war, den Kläger von der Baulast zu unterrichten.

e)

Unterstellt, es träfe zu, dass die Beklagte dem Kläger versprochen habe, die Laube werde abgerissen, folgt aus dem Nichtabriss kein Anfechtungsgrund. Dies würde allenfalls eine vertragliche Pflichtverletzung darstellen, welche zum Schadensersatz führen kann. Eine arglistige Täuschung ist darin nicht zu sehen, weil der Kläger nicht über den tatsächlichen Zustand des Grundstücks im Unklaren gelassen worden ist.

f)

Auch der unterlassene Hinweis auf ein Asbestdach ist keine arglistige Täuschung. Ein Verkäufer handelt nicht arglistig, wenn er bei einem alten Haus, bei dem damals zulässigerweise Asbest verwendet worden ist, nicht darauf hinweist, wenn es in der Nutzungszeit des Verkäufers zu keinen Problemen mit dem Baustoff kam (vgl. insoweit auch OLG Celle, Urteil vom 10. Mai 2007, Az.: 8 U 11/07; LG M., Urteil vom 15. Januar 2002, Az. 9 O 2665/01 – zitiert nach juris).

Es liegt aber auch keine arglistige Täuschung vor, weil ein Asbest gedecktes Dach leicht zu erkennen gewesen wäre. Der Kläger hat in dem Kaufvertrag zugestimmt, dass der vorgefundene Zustand des Hauses als vertragsgemäß anzusehen sei. In einem Asbestdach könnte zwar ein Sachmangel zu sehen sein, jedoch wurden im Kaufvertrag alle Rechte des Käufers ausgeschlossen, zumindest soweit sie sich auf sichtbare Mängel beziehen. Solche hätte der Kläger bei der Besichtigung sehen und in seine Kaufentscheidung mit einbeziehen können. Dass keine Besichtigung des Daches stattgefunden hat, geht zu Lasten des Klägers. Hat der Kläger sich das Dach nicht angeschaut oder das von ihm angeschaute Dach nicht moniert, kann er sich nach Vertragsschluss nun nicht darauf berufen, er habe vom Asbestdach nichts gewusst und man habe es ihm auch nicht gesagt.

g)

Im Hinblick auf die Hauswasserversorgung ergibt sich eine arglistige Täuschung schon nach dem Vortrag des Klägers nicht. Unterstellt, es träfe zu, dass die Hauswasserversorgung dem Kläger nicht gezeigt wurde, weil sich diese hinter einem Vorhang befunden habe, hätte sich der Kläger bei der Besichtigung danach erkundigen können und ggf. müssen, was sich hinter dem Vorhang befindet. Es liegt am Kläger, sich das Kaufobjekt genau anzuschauen und gegebenenfalls beim Verkäufer nachzufragen. Die Beklagte oder die Verkäuferin war hier nicht in der Pflicht, ihn darauf ungefragt hinzuweisen. Im Übrigen dürfte es sich bei dem Zustand der Hauswasserversorgung nicht um eine wesentliche Eigenschaft des Hauses und damit nicht um einen aufklärungsbedürftigen Umstand gehandelt haben, weil das Haus grundsätzlich an die zentrale Wasserversorgung angeschlossen und damit eine Versorgung mit Wasser sichergestellt ist.

h)

Auch etwaiger Schimmel unter dem Fußbodenbelag begründet keine Arglist. Es sind bereits keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass die Beklagte oder deren Mutter von dem Schimmel unter dem Fußbodenbelag positive Kenntnis hatten. Außerdem wäre bei einem alten Haus damit zu rechnen, weil Baumaterialien nur über eine begrenzte Haltbarkeit verfügen und Feuchtigkeit bei alten Häusern nicht selten auftritt. Der Beklagte hätte bei der Besichtigung den Fußbodenbelag anheben können. Dies hat er offensichtlich nicht getan, so dass seine darauf zurückzuführende Unkenntnis auch zu seinen Lasten geht.

i)

Auch die behaupteten Feuchtigkeitsschäden bilden keinen Anfechtungsgrund. Zum einen ist nicht ersichtlich, wann die Feuchtigkeitsschäden entstanden sind. Der Kläger bezog das Haus nach dem Kauf nicht, so dass es lange Zeit, vor allem auch im Winter, leer stand. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Feuchtigkeitsschäden zum Zeitpunkt des Verkaufs vorhanden waren, ergibt sich daraus kein Umstand, der auf eine arglistige Täuschung schließen lässt. Anhaltspunkte, dass es sich um verdeckte Feuchtigkeitsschäden handelt, liegen nicht vor. Wenn Feuchtigkeitsschäden aber schon bei der Besichtigung sichtbar waren, wurden sie dem Kläger nicht pflichtwidrig verschwiegen. Der Kläger hätte sie selbst wahrnehmen können. Waren die Feuchtigkeitsschäden bei einer Besichtigung nicht sichtbar, so ist zugleich nicht belegt, dass die Verkäuferin oder die Beklagte hiervon Kenntnis hatten. Weder die Verkäuferin noch die Beklagte hätten deshalb den Kläger darauf hinweisen können.

j)

Auch der Zustand der Sickergruben führt nicht zur arglistigen Täuschung. Die Behauptung des Klägers, ihm seien die Gruben nicht gezeigt worden, kommt keine maßgebliche Bedeutung zu. Unterstellt, diese Behauptung trifft zu, hatte für den Kläger aber gleichwohl die Möglichkeit bestanden, das Gelände des Grundstücks eingehend zu besichtigen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei Besichtigung des Grundstücks eine ausführliche Inspektion der Außenfläche nicht möglich war, sind nicht dargetan. Dasselbe gilt, wenn sich der Käufer auf den maroden Zustand des Sichtschachts beruft. Dieser wurde ihm bei der Besichtigung gezeigt. Er hätte ihn aber auch ohne Hinweis sehen können. Eine Offenbarungspflicht hinsichtlich solcher Mängel der Kaufsache, die bei einer Besichtigung zugänglich und damit ohne weiteres erkennbar sind, besteht nicht. Der Käufer kann insoweit eine Aufklärung nicht erwarten, weil er diese Mängel bei einer im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst hätte wahrnehmen können.

Anders verhält es sich bei etwaigen Ölrückständen in der alten Kläranlage. Hierbei handelt es sich zwar nicht um einen offensichtlichen Mangel. Den Verkäufer trifft eine Offenbarungspflicht für solche Umstände, die für die Entscheidung des Käufers von entscheidender Bedeutung sind und deren Mitteilung dieser nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte. Eine Kontaminierung des Grundstücks mit Altölrückständen stellt einen offenbarungspflichtigen Umstand dar.

Der Sachverständige Ch. hat in seinem Gutachten vom 23. August 2010 (Anlagenband) festgestellt, dass in der Grube auf Höhe des Nebengelasses eine rund 10 cm dicke Schlammschicht auf dem Boden der Grube festgestellt worden sei. Unterstellt, dieser Zustand habe auch zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorgelegen, ist damit eine arglistige Täuschung nicht erwiesen. In der Grube 2 hat der Sachverständige einen öligen Schmierfilm festgestellt. Das damit belastete Wasser müsse, so der Sachverständige, über ein Spezialunternehmen als Sondermüll entsorgt werden.

Ungeachtet davon, dass es sich um eine verhältnismäßig geringfügige Kontamination, begrenzt auf den Inhalt einer vereinzelten Grube, handelt, ist nicht nachgewiesen, dass die Verkäuferin oder die Beklagte hiervon Kenntnis hatte. Nicht einmal vorgetragen ist sogar, dass die Verkäuferin oder die Beklagte eine Belastung des in der Grube befindlichen Wassers mit einem öligen Schmierfilm wenigstens für möglich gehalten habe, so dass eine unaufgeforderte Aufklärung über die Verdachtslage zu erwarten gewesen wäre. Die Kammer geht vielmehr davon aus, dass die Verkäuferin oder die Beklagte sich keinerlei Vorstellungen über den Inhalt der Gruben gemacht hat. Außerdem ist nicht belegt, ob der ölige Schmierfilm im Zusammenhang mit dem einst vom Bruder der Beklagten betriebenen Kältetechnikunternehmen steht. Allein mit dem Wissen, dass auf dem Grundstück ein Kältetechnikunternehmen betrieben worden war, muss sich der Verkäuferin oder der Beklagten nicht aufdrängen, dass Rückstände von Kältemitteln oder ähnlichem in der Grube oder auf einer anderen Stelle auf dem Grundstück verblieben sind. Die Kammer schließt sich der Auffassung an, dass nicht jedes ehemalige Industriegelände von vornherein als altlastenverdächtig einzustufen sei (BGH, aaO.,) und nicht jede frühere gewerbliche Nutzung einen offenbarungspflichtigen Mangel darstelle. Das Oberlandesgericht Celle ist in dem zur Entscheidung anstehenden Fall (Urteil vom 07. Februar 1997, Az.: 4 U 188/95 – zitiert nach juris) nicht der Ansicht der Berufungsführer gefolgt, dass die Beklagten schon die bloße Tatsache, dass auf dem verkauften Grundstück eine chemische Reinigung betrieben worden sei, hätten offenbaren müssen; die Beklagten meinen, die frühere Nutzung eines zu Wohnzwecken verkauften Grundstückes für den Betrieb einer chemischen Reinigung sei in gleicher Weise wie eine frühere Nutzung als Deponie „altlastenverdächtig“, so dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu ehemaligen Deponiegrundstücken allein ein solcher Verdacht einen gegebenenfalls offenbarungspflichtigen Mangel darstelle.

Die Kammer schließt sich der ablehnenden Auffassung auch für den vorliegenden Fall an. Es ergaben sich für die Verkäuferin oder die Beklagte keinerlei konkrete Anhaltspunkte für Bodenbelastungen. Die Abdeckung der Gruben mit einer Kühlschranktür oder ähnlichem lässt darauf jedenfalls auch nicht schließen. Überdies ist der Betrieb eines Kältetechnikunternehmens nicht mit dem Betrieb einer Mülldeponie vergleichbar, bei welcher ohne weiteres davon auszugehen ist, dass das Grundstück zur Ablagerung von Stoffen dient, dadurch eine Kontaminierung eintreten kann und wenigstens ein Altlastenverdacht besteht. Ein Kältetechnikunternehmen birgt nicht ein solches Gefahrenpotential. Die Verkäuferin oder die Beklagte durfte davon ausgehen, dass etwaige Abfälle oder Abwässer der Firma stets ordnungsgemäß entsorgt wurden und das Grundstück frei von Öl- oder sonstigen Rückständen geblieben ist. Es lagen keinerlei Anhaltspunkte vor, dass dies anders sein könnte.

2.

Dem Kläger steht schließlich auch kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nach §§ 346 ff. BGB zu. Voraussetzung hierfür ist ein wirksamer Rücktritt vom Kaufvertrag. Ein solcher ist nicht erfolgt. Die Voraussetzungen der §§ 437 Nr. 2, 434, 440, 323 BGB liegen nämlich nicht vor.

Im Kaufvertrag haben die Parteien vereinbart, dass der vorhandene Zustand des Hauses als vertragsgemäß vereinbart gelte und dem Kläger keine Mängelrechte zustünden, solange sie von der Beklagten nicht vorsätzlich verschwiegen wurden sind. Anhaltspunkte für ein vorsätzliches Verschweigen sind – wie sich aus 1. ergibt – nicht vorhanden. Überdies liegt ein wirksam vereinbarter Haftungsausschluss vor, der dem Kläger das Recht zum Rücktritt nimmt. Der Haftungsausschluss ist nicht nach § 444 BGB unwirksam. Ein Fall des arglistigen Verschweigens liegt – wie sich aus 1. ergibt – nicht vor, so dass sich die Beklagte als Nachfolgerin der Verkäuferin zu Recht auf den Haftungsausschluss berufen kann.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 Satz 2 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 76.000 Euro festgesetzt.

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