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Grundstückskaufvertrag – arglistiges Verschweigen eines Sachmangels

LG Kleve – Az.: 1 O 94/17 – Urteil vom 29.08.2018

1.  Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt; es wird festgestellt dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Klägern den gezahlten Kaufpreis für die Immobilie B-Weg in K und die mitübereigneten beweglichen Gegenstände abzüglich einer Nutzungsentschädigung, sowie die auf die Immobilie getätigten Verwendungen und die durch die Rückübertragung des Hausobjektes und Umzuges in ein anderes Objekt entstehenden Kosten sowie sonstige Schäden aus der arglistigen Täuschung der Beklagten zu erstatten.

2.  Es wird festgestellt, dass sich die Beklagten mit der Rücknahme des Grundbesitzes im Annahmeverzug befinden.

3.  Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Tatbestand

Die Kläger machen einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufes des Hausgrundstücks B-Weg in K geltend wegen einer behaupteten arglistigen Täuschung durch die Beklagten.

Die Kläger, die zuvor in M gewohnt hatten und dauerhaft nach X umziehen wollten, kauften mit notariell beurkundetem Vertrag vom 23.12.2011 (Notar Dr. X, UR-Nr. #####/####/4) das bebaute Grundstück B-Weg in K von den Beklagten unter Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses.In dem Notarvertrag wird das Kaufobjekt wie folgt beschrieben:

„Auf vorgenanntem Grundstück befindet sich ein Einfamilienhaus mit Carport.“

Das Grundstück liegt in dem seit 1983 ausgewiesenen Wochenendhausgebiet „XXX“, das in dem Bebauungsplan der Stadt K027 definiert wurde und dessen textliche Festsetzung in der Änderung vom 17.10.2002 u.a. folgende Formulierung enthält:

„1)Das Wochenendhausgebiet XXX dient zu Zwecken der Erholung ausschließlich dem Freizeitwohnen in Wochenendhäusern.“

Die Beklagte zu 1) war in der Zeit von 1999 bis Mitte 2004 Mitglied des Rates der Stadt K.

In dem Expose der Maklerin S war das Objekt bezeichnet als „freistehendes Einfamilienhaus im Erholungsgebiet“, in dessen Obergeschoss sich Schlafzimmer, Arbeitsbereich und Stauraum befinde.

Den Klägern wurde im Rahmen der Vertragsgespräche eine Bestätigung der Stadt K zur Verfügung gestellt vom 08.08.2011 mit folgendem Wortlaut:

„… das Baugebiet „XXX“ in der G ist planungsrechtlich durch den Bebauungsplan Nr. 027 der Stadt K „Erholungsgebiet XXX“ gesichert.Dieser setzt seit 1983 die Nutzungsart „Wochenendhausgebiet“ fest. Da die melderechtlichen Bestimmungen der Begründung eines ersten Wohnsitzes in diesem Gebiet nicht entgegenstehen, hat die überwiegende Anzahl der Bewohner auch von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.Seit Inkrafttreten des Bebauungsplans haben selbstredend diverse Verkäufe von Grundstücken stattgefunden. Nach meiner Kenntnis hat dies in keinem Fall zu einem Nachteil bei der Wohnnutzung bzw. zu Nachteilen für die neuen Erwerber im Hinblick auf die Meldung des Erstwohnsitzes geführt. …“

Die Kläger renovierten nach dem Kauf die Immobilie und zogen im April 2012 dort ein.Als eine Windenergieanlage in der Nachbarschaft geplant wurde und die Klägerin dagegen Widerspruch eingelegt hatte, wurde dieser zurückgewiesen mit Widerspruchsbescheid des Kreises Kleve vom 25.11.2016 mit der Begründung, Abwehrrechte könnten nur bestehen, wenn die Wohnnutzung formell und materiell legal erfolge. Dies sei hier nicht der Fall.

Die Kläger behaupten, erst durch den Widerspruchsbescheid des Kreis Kleve seien sie auf die Problematik der illegalen und bauordnungsrechtswidrigen Nutzung der erworbenen Immobilie aufmerksam geworden.Weder sei ihnen bekannt gewesen oder mitgeteilt worden, dass es sich bei dem Gebiet, in dem das Haus liege um ein Wochenendhausgebiet handele, in dem ein dauerhaftes Wohnen unzulässig sei. Noch seien sie darüber informiert worden, dass das Haus eine unzulässig große Grundfläche aufweise, das Obergeschoss nicht zum Wohnen genutzt werden dürfe, das Gartenhaus an unzulässiger Stelle und zu groß errichtet worden sei und die durch die Anbringung des Tores entstandene Garage unzulässig sei. Die Beklagten hätten jedoch von den zugrundeliegenden Sachverhalten von Anfang an Kenntnis gehabt. So sei auch das Bauvorhaben ursprünglich in 1998 für die Beklagten als Wochenendhaus errichtet worden. Hätten sie, die Kläger,  Kenntnis von der Nutzungseinschränkung gehabt, hätten sie den Vertrag mit den Beklagten nicht abgeschlossen. Ihnen drohe nun auch die Untersagung der Nutzung, wie sich aus dem Schreiben des Kreis Kleve vom 28.04.2017 ergebe mit dem sie zur Nutzungsuntersagung angehört werden sollten (Bl. 41 ff. d.A.).Anfang Dezember 2016 sei ihnen von den Beklagten ein weiterer Ordner mit Unterlagen zum Hausgrundstück übergeben worden. Darin habe sich die Anfrage der Beklagten an die Stadt Kalkar vom 05.08.2011 befunden, nicht aber der Vertrag, mit dem die Beklagten die Immobilie seinerzeit erworben hatten.

Auf die vorgerichtliche Rüge im anwaltlichen Schreiben vom 16.01.2017, über die Situation nicht zutreffend informiert worden zu sein, reagierten die Beklagten unstreitig mit anwaltlichem Schreiben vom 08.02.2017, mit dem Gewährleistungsansprüche der Kläger zurück gewiesen wurden.

Die Kläger erklärten daraufhin unstreitig mit Schreiben vom 11.04.2017 den Rücktritt vom Vertrag und machen neben der Rückabwicklung des Kaufvertrages einen Anspruch auf Ersatz des ihnen insgesamt daraus entstandenen Schadens geltend, den sie wie nachfolgend aufgeführt beziffern:

Kosten des Immobilienerwerbs einschließlich Notar- und Gerichtskosten und Finanzierungsaufwendungen    218.720,08 EUR

Umzugskosten  2.300,00 EUR

Renovierungskosten      63.577,21 EUR

Kosten des Engagements gegen die Windenergieanlage              16.755,31 EUR

Rechtsanwaltskosten    4.704,19 EUR

Gesamt              306.056,79 EUR

abzüglich  Nutzungsentschädigung in Höhe fiktiver Miete für 60 Monate  (April 2012 bis April 2017) 39.374,85 EUR

verbleiben         266.681,94 EUR

Die Kläger beantragen letztlich,

1.  die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 266.681,94 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung Zug um Zug gegen Rückauflassung des im Grundbuch von a) Hl Blatt xxxaa) G, Flur X, Flurstück X, Freifläche G, groß 444 qm

bb) G, Flur X, Flurstück X, Freifläche G, groß 14 qm

cc) G, Flur X, Flurstück X, Freifläche G, groß 17 qm

b) Hl Blatt xxx, G, Flur X, Flurstück X, Freifläche, xxallee, groß 74 qm verzeichneten Grundstückes an die Beklagten und

und Bewilligung der Eintragung im Grundbuch durch die Kläger

2.  festzustellen, dass sich die Beklagten mit der Rücknahme des im Antrag zu 1. genannten Grundbesitzes in Annahmeverzug befinden,

3.  festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Klägern alle über die bis jetzt bezifferbaren Ansprüche wegen Rückübertragung des Hausobjektes und Umzuges in ein anderes Objekt entstehenden Kosten zu erstatten,

4.  die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, vorgerichtliche Kosten zu erstatten in Höhe von 5.953,93 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Klagezustellung.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie tragen vor, es gebe nichts, was sie den Klägern verschwiegen hätten. So seien den Klägern alle Unterlagen zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt worden und das Objekt sei mehrfach besichtigt worden.

In der Klageerwiderung behaupten die Beklagten, das Objekt sei im Jahr #####/#### von einer Firma „Langen“ erbaut und anschließend von den Beklagten gekauft worden. In dem Schriftsatz vom 05.10.2017 behaupten die Beklagten, das Grundstück, das noch mit einem schlüsselfertigen Haus zu bebauen gewesen sei, von der M GmbH gekauft zu haben. Dass das Haus im Hinblick auf die Grundfläche und die Nutzung des Dachgeschosses nicht den baurechtlichen Vorschriften entsprochen habe, hätten sie nicht gewusst. Auch bei der nachträglichen Errichtung des Gartenhauses sei den Beklagten nicht bewusst gewesen, dass dieses nicht den baurechtlichen Anforderungen entspreche. Dieses habe aber auch keinen Einfluss auf die Kaufentscheidung der Kläger gehabt, wie sich daraus ergebe, dass es im Kaufvertrag keine Erwähnung finde.In den etwa 14 Jahren, in denen sie, die Beklagten, das Haus bewohnt haben, habe es keine Probleme oder Beanstandungen genehmigungsrechtlicher Art gegeben. Bis zu der Mitteilung durch die Kläger hätten sie keinerlei Kenntnis von irgendwelchen bauordnungswidrigen Zuständen gehabt.Hinsichtlich des Tors am Carport tragen die Beklagten an einer Stelle vor, es sei den Klägern erklärt worden, dass die Stadt K das zwar nicht befürworte, es aber auch nie beanstandet habe. An anderer Stelle tragen sie vor, sie hätten davon, dass ihr Carport mit der Tür nicht genutzt werden dürfe, keine Kenntnis gehabt. Der Zustand inklusive Tür werde von der Stadt Kalkar so genehmigt oder sei es bereits.Auch seien alle insoweit von den Klägern behaupteten Mängel von der Stadt K geheilt worden, die in der Ratssitzung im Februar 2018 eine Änderung des Bebauungsplans Nr. 27 beschlossen habe, nach der nun Wochenendhäuser mit einer Dachneigung bis 30 ° eine Grundfläche bis zu 95 m² haben dürften, sowie Garagen und Stellplätze und Nebenanlagen, die wenn sie in Angliederung an den Hauptkörper erricht et werden, eine Grundfläche von 10 m² und anderenfalls von 15 m²  haben dürften.Auch die Nutzung als Erstwohnsitz sei von der Stadt Kalkar jederzeit genehmigt worden. Dass den Klägern ein Widerruf dieser Genehmigung drohe, werde bestritten.

Die Kläger hätten zunächst vorgehabt, in dem Gebiet selbst zu bauen und deshalb den Architekten M aufgesucht gehabt, dem die planungsrechtliche Situation des Gebietes hinlänglich bekannt sei. Dabei sei davon auszugehen, dass dieser die Kläger informiert habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist dem Grunde nach berechtigt.

Die Kläger machen einen Anspruch auf Zahlung (Rückzahlung von Kaufpreis, aufgewendeten Verwendungen auf die gekaufte Immobilie und Schadenersatz) im Rahmen der Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrages geltend.Dieser ist nach Grund und Höhe streitig.Entscheidungsreif ist derzeit der Anspruch lediglich dem Grunde nach, während vor der Entscheidung zur Höhe noch weiterer Vortrag und Beweisaufnahme notwendig sind.Über den Grund des Anspruches soll vorab entschieden werden gem. § 304 ZPO. Dem steht nicht entgegen, dass die Kläger die Zahlung lediglich Zug um Zug gegen (Rück-)übertragung eines Grundstücks und damit auch Abgabe einer Willenserklärung geltend machen, da hier (anders als in dem der Entscheidung des BGH vom 04.12.2012 – II ZR 159/10 zugrundeliegenden Fall) der Klageanspruch gerichtet ist auf eine Zahlung von Geld.

Die Kläger haben dem Grunde nach einen Anspruch auf Rückzahlung des von ihnen an die Beklagten geleisteten Kaufpreises für die Immobilie B-Weg in K, auf Erstattung der von den Klägern getätigten Verwendungen auf die Immobilie und auf Ersatz des ihnen aus dem Kauf entstandenen Schadens (§§ 346, 347 BGB), Zug um Zug gegen Rückübereignung  der betroffenen Immobilie, da sie von dem Kaufvertrag vom 23.12.2011 wegen eines Sachmangels des Kaufgegenstandes, den die Beklagten arglistig verschwiegen haben, wirksam zurückgetreten sind (§§ 433, 437, 440, 346 ff. BGB).

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 23.12.2011 (Notar Dr. X, UR-Nr. #####/####/4) kauften die Kläger die mit Haus, Carport und Gartenhaus bebaute Liegenschaft B-Weg in Kalkar, bestehend aus den Grundstückeneingetragen im Grundbuch von HiBlatt xxx G, Flur X, Flurstück X, xxx und xxx und Blatt xxx, G, Flur X, Flurstück Xzu einem Kaufpreis von 195.000,00 EUR, von dem ausweislich Ziffer II.1. des Kaufvertrages 10.000,00 „auf die mitverkauften beweglichen Gegenstände (Einbauküche, Carport, Gartenhaus)“ entfielen.

Diese Immobilie weist Sachmängel (§ 434 BGB) auf, die darin bestehen, dass sie in einem bebauungsplanmäßig ausgewiesenen Wochenendhausgebiet liegt, mit der Folge, dass das dauerhafte Wohnen in diesem Haus nicht zulässig ist und die errichteten Bauwerke nicht den Regelungen des zur Zeit der Bebauung und zur Zeit des Verkaufs geltenden Bebauungsplanes entsprechen. Bei dem Kauf eines „Einfamilienhaus mit Carport“ besteht die übliche Beschaffenheit der Sache, die ein nicht abweichend informierter Käufer erwarten darf, darin, dass dieses Haus zu allgemeinen dauernden Wohnzwecken genutzt werden kann. Dies ist hier nicht der Fall.

Das Vorliegen der Sachmängel berechtigt die Kläger als Käufer zur Erklärung des Rücktritts von dem Kaufvertrag.

Zwar enthält der Kaufvertrag einen Gewährleistungsausschluss in Ziffer III. 1. der folgenden Wortlaut hat:

„Das Kaufobjekt wird im gegenwärtigen Zustand übertragen, ohne Haftung für erkennbare oder verborgene Sachmängel und ohne Garantie für eine bestimmte Größe, Güte und Beschaffenheit. Ansprüche und Rechte des Käufers wegen eines Sachmangels sind deshalb ausgeschlossen. Der Verkäufer versichert, dass ihm versteckte Sachmängel nicht bekannt sind. Der Käufer hat das Kaufobjekt vor der Beurkundung besichtigt. …“

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Jedoch können die Beklagten sich auf diesen Haftungsausschluss nicht berufen, da sie den Klägern das Vorliegen des Sachmangels arglistig verschwiegen haben (§ 444 BGB).

Die Beklagten hatten Kenntnis von der Festlegung im Bebauungsplan und deren Konsequenzen, wie sie auch Kenntnis davon hatten, dass die in ihrem Auftrag vorgenommene Bebauung des Grundstücks zumindest teilweise baurechtswidrig erfolgte.

Dies ergibt sich daraus, dass die Beklagten entgegen ihrem Vortrag in der Klageerwiderung vom 26.06.2017 keineswegs das bereits fertig gestellte Objekt nach dessen Fertigstellung von der errichtenden Firma „Langen“ gekauft haben. Vielmehr war Gegenstand des zwischen den Beklagten und der „M GmbH“ geschlossenen „Kaufvertrag und Werkvertrag“ vom 25.03.1998  gerade die Errichtung des Gebäudes. Dabei ist das zu errichtende Bauwerk auch in dem Vertrag und der anliegenden „Baubeschreibung“ als „Wochenendhaus“ bezeichnet.

Weiterhin hatten die Beklagten zumindest positive Kenntnis davon, dass die Errichtung einer Garage mit einem Tor baurechtswidrig erfolgte. Dies ergibt sich daraus, dass die entsprechende Anfrage der Beklagten vom 19.04.2002 (Anlage K5), abschlägig beschieden wurde mit Schreiben der Stadt K vom 02.05.2002 (Anlage K6), das folgenden Wortlaut hat:

„…durch den Einbau eines abschließbaren Holztores an Ihrem Carport entsteht eine nach allen Seiten hin geschlossene Garage. Garagen sind im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 027 – Erholungsgebiet XXX – allerdings ausdrücklich als nicht zulässig festgesetzt.Ich bedauere, Ihnen keine positivere Auskunft geben zu können und bitte Sie, sich nicht baurechtswidrig zu verhalten.“

Dennoch haben die Beklagten das Tor einbauen lassen, haben den Klägern jedoch im Rahmen der Verkaufsgespräche nicht mitgeteilt, dass der vorhandene Zustand baurechtswidrig ist. Soweit die Beklagten pauschal vortragen, den Klägern sei mitgeteilt worden, dass die Stadt K den Zustand dulde, ist dieser Vortrag nicht konkret genug, weder hinsichtlich dessen, was den Kläger konkret mitgeteilt worden sein soll, noch dazu wann und in welchem Zusammenhang dies den Klägern mitgeteilt worden sein soll.

Die Beklagten hatten auch positive Kenntnis von den Festsetzungen für dieses Gebiet im Bebauungsplan, was sich daraus entnehmen lässt, dass die Beklagte zu 1) bei Beschließen der am 17.10.2002 bekannt gemachten Änderung des Bebauungsplans 027, der die Festsetzung der Zweckbestimmung dieses Gebietes als Wochenendhausgebiet nochmals enthält, unbestritten Mitglied des Rates der Stadt K war.

Dass den Beklagten das daraus resultierende Problem, dass allgemeine Wohnnutzung in diesem Gebiet unzulässig ist, bekannt war, lässt sich ihrer Anfrage an die Stadt Kalkar vom 05.08.2011 (Anlage K4) entnehmen, die folgenden Wortlaut hat:

„…Da wir H und U xy aus gesundheitlichen Gründen unser im Jahr 1998 gebautes Haus im Ferienhausgebiet XXX verkaufen möchten, ersuchen wir die Stadt K uns eine schriftliche Erklärung aus zu stellen mit der Bestätigung, dass der nachfolgende Besitzer der Immobilie B-Weg kein Nachteil bei der Wohnnutzung hat.“

Nach allgemeiner Lebenserfahrung, gehört eine solche Anfrage nicht zu den üblichen Vorbereitungen, die eine Privatperson trifft, wenn sie ihr selbstgenutztes Wohnhaus verkaufen möchte. Daraus lässt sich vielmehr erkennen, dass die Beklagten über hinreichendes Problembewusstsein verfügten, die Frage des dauerhaften Wohnens in ihrem Haus betreffend.

Die von der Stadt K verfasste Antwort vom 08.08.2011 (Bl. 79 d.A.), die folgenden Wortlaut hat:

„..das Baugebiet „XXX“ in der G ist planungsrechtlich durch den Bebauungsplan Nr. 027 der Stadt K „Erholungsgebiet XXX“ gesichert.Dieser setzt seit 1983 die Nutzungsart „Wochenendhausgebiet“ fest. Da die melderechtlichen Bestimmungen der Begründung eines ersten Wohnsitzes in diesem Gebiet nicht entgegenstehen, hat die überwiegende Anzahl der Bewohner auch von dieser Möglichkeit Gebraucht gemacht.Seit Inkrafttreten des Bebauungsplans haben selbstredend diverse Verkäufe von Grundstücken stattgefunden. Nach meiner Kenntnis hat dies in keinem Fall zu einem Nachteil bei der Wohnnutzung bzw. zu Nachteilen für die neuen Erwerber im Hinblick auf die Meldung des Erstwohnsitzes geführt. …“

befasst sich für die kundigen anfragenden Beklagten gut erkennbar, nicht mit dem Problem der Illegalität des dauernden Wohnens sondern verschleiert dieses Problem, indem lediglich auf den melderechtlichen Teil der Problemstellung eingegangen wird. Eine – dann möglicherweise bindende – Erklärung zur Gestattung des Dauerwohnens wird nicht abgegeben. Selbst hinsichtlich der melderechtlichen Situation wird nicht etwa eine bindende Erklärung der Stadt abgegeben, sondern lediglich mitgeteilt, es sei bislang nach Kenntnis der Stadt nicht zu Problemen gekommen. Auch wenn sich den Beklagten aufdrängen musste, dass diese Auskunft gerade nicht zur Frage der Rechtmäßigkeit des Dauerwohnens verbindlich Auskunft gab, war dies für die Kläger, die ohne Vorkenntnis über die Problemlage in diesem Wohngebiet sich für einen Zuzug interessierten, nicht erkennbar. Eine solche Erklärung trug allenfalls zur Verschleierung des tatsächlich vorliegenden Problems bei, war aber nicht geeignet, den Klägern insoweit die notwendigen Informationen zu verschaffen, um die gegebene Situation und die damit verbundenen Risiken, die aus einer reinen tatsächlichen Duldung des rechtswidrigen Dauerwohnens in diesem Gebiet durch die Stadt K liegen, zu erkennen und zutreffend zu bewerten.

Auch wenn in dem Schreiben der Stadt K die Qualifizierung des Gebietes als Wochenendhausgebiet explizit benannt wird, reichte dies in diesem konkreten Fall nicht aus, den Klägern die notwendige Kenntnis davon zu verschaffen, dass das Objekt, das sie zu erwerben beabsichtigten um darin dauerhaft zu wohnen und für das sie auch einen üblichen Preis für ein „normales“ Hausgrundstück zahlen sollten, tatsächlich nicht dauerhaft bewohnt werden durfte.

Diese Information hätten die Beklagten den Klägern, die nicht aus der Region stammten und denen daher diese Problemstellung nicht bekannt sein konnte, jedoch deutlich erkennbar vermitteln müssen.

Stattdessen haben die Beklagten durch Überreichen der verschleiernden Auskunft der Stadt K und durch Benennung der Bebauung des verkauften Objektes als „Einfamilienhaus mit Carport“ in dem notariellen Kaufvertrag versucht, für die Kläger die Erkennbarkeit der tatsächlichen Eigenschaft des Objektes und dessen für die Kläger nur sehr eingeschränkt tauglichen Nutzbarkeit zu erschweren.Dass die Kenntnis über die eingeschränkte Nutzbarkeit des Hauses die Kläger, die einen dauerhaften Umzug und damit eine Immobilie zum Dauerwohnen suchten, von der Kaufabsicht abgebracht hätte, war auch für die Beklagten deutlich erkennbar.

Die eingeschränkte Nutzbarkeit stellt gegenüber der üblichen Nutzbarkeit eines „Einfamilienhaus mit Carport“ einen Sachmangel dar, dessen Vorliegen die Beklagten damit den Klägern arglistig verschwiegen haben.

Dies berechtigte die Kläger zum Rücktritt vom Kaufvertrag, den sie auch im Schreiben vom 11.04.2017 erklärt haben.

Die Kläger haben mit der Erklärung des Rücktritts den Beklagten die Rückabwicklung und damit die Rückübertragung der streitbetroffenen Immobilie angeboten. Vorliegend ist ein wörtliches Angebot ausreichend, da die Beklagte die Ansprüche der Kläger zurückgewiesen haben (§ 295 BGB). Daher befinden die Beklagten sich gem. § 293 BGB im Annahmeverzug mit der Entgegennahme der Rückübereignung der Immobilie, an dessen Feststellung ein schützenswertes Interesse der Kläger besteht.

Darüber, in welchem Umfang den Klägern Anspruch auf Erstattung der für die außergerichtliche Tätigkeit seines Prozessbevollmächtigten entstandenen Anwaltskosten zusteht, kann erst im Betragsverfahren entschieden werden.

Auch die Entscheidung über die Kosten und eine vorläufige Vollstreckbarkeit bleibt dem Endurteil vorbehalten.

 

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